Protokoll der Sitzung vom 24.10.2001

Studien der Bertelsmann-Stiftung haben ergeben, dass in den USA bereits 56 % der Lehrer das Internet für ihren schulischen Alltag in Vorbereitung und Durchführung des Unterrichts nutzen und wir in Deutschland momentan bei 28 % stehen. Das heißt, meine Damen und Herren, hier gibt es einen Nachholbedarf, den wir ändern müssen.

Ich muss auch noch betonen, dass Anfang dieses Jahres ca. 76 % der 14- bis 19-jährigen Jugendlichen in unserem Land das Internet schon benutzt haben, also ein höherer Wert als in den Schulen umgesetzt werden kann. Deshalb müssen wir diesen Aspekt noch näher betrachten.

Das Internet birgt neben Chancen auch Risiken. Neben den strafbaren Inhalten sind dabei insbesondere jugendgefährdende Inhalte zu nennen, die sich negativ auf die Entwicklung unserer Jugendlichen auswirken können. Es geht also um ein umfassendes Maßnahmenpaket, um Schaden von unseren Kindern und Jugendlichen abzuwenden.

Ich möchte daher drei entscheidende Handlungsfelder dokumentieren:

Erstens: Vermittlung und Herausbildung von Medienkompetenz, von Verhaltensregeln und eine aktive Begleitung von Jugendlichen bei der Nutzung des Internets. Hier ist die Bedeutung der Familie ganz besonders und deutlich zu betonen.

(Einzelbeifall bei der CDU)

Es geht zweitens um die freiwillige Selbstkontrolle der Betreiber und Provider, und es geht um technische Filter- und Sicherungsmaßnahmen.

Drittens geht es um die staatliche Aufsicht, insbesondere um Strafverfolgung und Schaffung von internationalen Standards und Regelungen. Das wurde heute schon von meinen Vorrednern in dieser Weise beschrieben.

Meine Damen und Herren! Das Internet bietet Extremisten eine willkommene Plattform. Zwar dürfte die Wirksamkeit extremistischer Propaganda gegenüber dem durchschnittlichen Be

nutzer begrenzt sein, allerdings kann auf diese Art und Weise eine extremistische Karriere ihren Anfang nehmen bzw. befördert werden. Das Internet wird sowohl von Rechts- als auch von Linksextremisten genutzt.

In diesem Zusammenhang ist es sehr interessant, dass der Abgeordnete Sarrach über sein virtuelles Bürgerbüro gleich auf zwei bedeutende Links verweist. Ein Link verweist auf die „Jungen Demokraten” in diesem Land, die laut Verfassungsschutzbericht ein ständiger Partner von Linksextremisten in Aktionsbündnissen seien.

(Oh! bei der PDS)

Zweitens wirbt Herr Sarrach für das so genannte „nadir”-Projekt. Ich zitiere aus dem Verfassungsschutzbericht 2000:

„Das von Angehörigen der autonomen Szene Hamburg aufgebaute „nadir”-Projekt hat unter anderem wegen seiner Informationsfülle eine Vorbildfunktion für linksextremistische Internetspezialisten.”

Meine Damen und Herren! Hier zeigt sich, dass auch wir Abgeordneten des Landtages, die eine Homepage besitzen, eine ganz besondere Verantwortung tragen und diese auch umsetzen sollten.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU - Zuruf der Abgeordneten Frau Kaiser-Nicht [PDS])

Meine Damen und Herren, die staatsanwaltschaftliche Verfolgung und Ahndung strafbarer Inhalte wurde zwar in den letzten Jahren deutlich verbessert - ich möchte an dieser Stelle nur stellvertretend die Stärkung der Staatsanwaltschaft Cottbus nennen -, allerdings stößt sie zunehmend an Grenzen. Die noch bestehenden Regelungslücken und unterschiedlichen gesetzlichen Grundlagen der Länder werden beispielsweise durch Verlagerung der Homepages ins Ausland genutzt. Hier sind - ich betonte es eingangs schon Standards und Regelungen dringend notwendig.

Meine Damen und Herren! Mit Blick auf die Uhr möchte ich nur noch auf einen ganz besonderen Punkt eingehen und einen bereits betrachteten Aspekt etwas näher darstellen.

Den Straftaten im virtuellen Netz gehen oftmals andere Straftaten voraus oder sie gehen mit ihnen einher. Die Kinderpornographie ist nach Angaben des BKA im Jahr 2000 mit ca. 76 % das Hauptdelikt im Internet, der Internetkriminalität. Noch bevor das Material also ins Internet gelangt, ist bereits eine verabscheuungswürdige Straftat, nämlich der sexuelle Missbrauch eines Kindes, Realität und ohne das Internet geschehen.

Hier müssen wir weiterhin ansetzen. Das heißt, wir müssen mit allen Mitteln des Staates gegen die Verbrecher vorgehen und sie auch bestrafen. Das heißt im Umkehrschluss: Die effektive Straftatenbekämpfung im klassischen Sinn hat nicht an Bedeutung verloren, sondern die Bekämpfung von Straftaten im Internet muss separat betrachtet werden, aber die anderen Aufgaben dürfen nicht verloren gehen.

Ich möchte deshalb den Fraktionen nahe legen, diesem Antrag zuzustimmen und den weiteren Beratungen in den Ausschüssen nicht vorzugreifen. - Danke sehr.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich danke dem Abgeordneten Senftleben. - Das Wort geht an die Fraktion der DVU. Frau Abgeordnete Fechner, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Den meisten von Ihnen wird aufgefallen sein, dass die Abgeordneten der Brandenburger DVU-Fraktion sich mit allen bisher eingereichten Anträgen der anderen Fraktionen sehr sachlich auseinander gesetzt haben, auch bei noch so kritischer Betrachtungsweise. Zu verbalen Entgleisungen ist es bisher nicht gekommen

(Frau Siebke [SPD]: Da sind wir aber sehr dankbar!)

im Gegensatz zu manch anderen Abgeordneten anderer Fraktionen, die sich hier am Pult oftmals sehr wortstark unsachlich artikuliert haben.

Frau Abgeordnete, ich glaube nicht, dass der Präsident Entgleisungen zulassen würde.

Aber zu dem vorliegenden Antrag möchte ich kurz sagen, dass dieser an Inkompetenz nicht mehr zu überbieten ist. Ich werde Ihnen auch gleich sagen, warum.

In Ihrer Begründung schreiben Sie:

„Wegen der Globalität, Komplexität und Vielschichtigkeit der Entwicklung im Multimedia-Bereich reichen nationale gesetzliche Regelungen nicht mehr aus, um einen effektiven Jugendschutz zu gewährleisten. Sie müssen flankiert werden durch internationale Jugendschutzstandards...”

und

(Zuruf von der PDS)

„durch den Einsatz wirksamer technischer Hilfsmittel zur Filterung problematischer Netzinhalte...”

Meine Damen und Herren der Koalitionsfraktionen, diese Filterprogramme gibt es schon.

(Frau Siebke [SPD]: Denkste!)

Ich denke da ganz speziell an die vielen deutschen Heilpraktiker, die in der Vergangenheit Opfer dieser Filterprogramme geworden sind. Sie wurden gelegentlich herausgefiltert, weil die Programme nicht zwischen dem Wort „Heil” in der Berufsbezeichnung und dem Wort „Heil” in strafbaren Äußerungen unterscheiden konnten.

(Frau Siebke [SPD]: Wie bei der Rasterfahndung!)

Und, meine Damen und Herren der Koalitionsfraktionen, man hat heutzutage auch schon die Möglichkeit, Seiten codiert ins Netz zu stellen.

(Zuruf von der PDS)

Das heißt, dass die Inhalte von diesen Filterprogrammen nicht erfasst werden.

(Frau Siebke [SPD]: Das wissen wir doch alles!)

Man hat heutzutage auch schon die Möglichkeit, unliebsame Seiten zu sperren. Aber haben Sie eine Vorstellung davon, wie viele Seiten täglich, stündlich, minütlich ins Netz gestellt werden?

(Zuruf: 10 oder 20?)

Bei der Erstellung dieses Antrages hätten Sie einen Computeroder Softwareexperten zurate ziehen sollen, denn der hätte Ihnen sagen können, wie unrealistisch die Umsetzung Ihres Wunsches nach dem Einsatz wirksamer technischer Hilfsmittel zur Filterung problematischer Netzinhalte ist.

Aber es geht Ihnen gar nicht in erster Linie um den Einsatz wirksamer technischer Mittel; es geht Ihnen - jedenfalls war das der Antragsbegründung zu entnehmen - um den effektiven Jugendschutz. Dieser soll gewährleistet werden durch die Vermittlung von Medienkompetenz und Eigenverantwortung im Umgang mit den neuen Medien.

Das heißt, diese von Ihnen gewünschte Medienkompetenz der Lehrkräfte und der mit Mediendiensten im Jugendbereich befassten Sozialarbeiter, Sozialpädagogen etc. ist unter anderem durch geeignete, kontinuierlich aktualisierte Fortbildungsangebote zu sichern. Na, das klingt doch viel versprechend. Noch mehr Erfolg bringt es, wenn man den Eltern, Tanten, Onkeln, InternetcaféBesitzern - also jedem, der einen Zugang zum Internet hat - ein Fortbildungsangebot unterbreitet, um auch diesen die gewünschte Medienkompetenz zukommen zu lassen - nicht zu vergessen die weltweiten Internetprovider.

Meine Damen und Herren der Koalitionsfraktionen, prinzipiell ist es richtig: Man sollte Kinder und Jugendliche vor geistig, körperlich, seelisch verdummenden oder wie auch immer schädigenden Einflüssen bewahren,

(Zurufe von der SPD)

aber nicht mit den Maßnahmen, wie Sie sie hier vorgeschlagen haben. Wie wäre es, wenn Sie erst einmal etwas gegen die tagtäglichen Gewaltdarstellungen in Funk und Fernsehen tun würden, wie es unsere Fraktion schon seit längerer Zeit fordert und diesbezüglich auch einen Antrag in das Plenum einbrachte, den Sie jedoch unter fadenscheiniger Begründung abgelehnt haben.

Meine Damen und Herren! Noch etwas gibt es zu bedenken: Das Internet ist das zurzeit noch einzige Medium, in dem keine direkte Zensur stattfindet,

(Zuruf des Abgeordneten Schippel [SPD])