Aber wie das im Leben so ist: Die Schutzmaßnahmen, die ich ergreife, um mich persönlich zu schützen, müssen natürlich unterschiedlich ausfallen, je nachdem, ob ich im Sonnenschein oder im Schneesturm wandere. In dieser Bedrohungslage brauchen wir andere Schutzmaßnahmen als in so genannten Friedenszeiten, in denen nichts los ist. Von daher darf es kein Tabu sein, auch über Datenschutz zu reden; denn wir wollen nicht den Überwachungsstaat, sondern wir wollen das größtmögliche Maß an Sicherheit für unsere Bürger.
Wir haben diese Debatte in ähnlicher Form schon einmal geführt, als wir über die Videoüberwachung diskutiert haben. Jeder hat es hingenommen, an Tankstellen und in Sparkassen, überall videoüberwacht zu werden, aber im öffentlichen Raum wurde das plötzlich problematisch. Wenn man, insbesondere mit jüngeren Menschen, die da offenbar ganz besonders empfindlich sind, im Detail darüber diskutiert, dann stellt sich als Kern der Befürchtungen Folgendes heraus: Es könnte ja sein, dass ich mit der falschen Freundin erwischt werde. - Meine Güte, wenn das die einzige Sorge ist, dann ist mir die Sicherheit der Bürger doch deutlich wichtiger.
- Ich weiß, dass das eine verkürzte Darstellung des Problems ist. Aber diskutieren Sie einmal mit jungen Leuten!
Meine Damen und Herren, wenn es denn Aufgabe von Politik ist - ich bin davon überzeugt, dass das Aufgabe von Politik ist -, das Zusammenleben der Bürger eines Landes zu organisieren, dann muss es unverzichtbar auch ihre Aufgabe sein, die Sicherheit des Zusammenlebens zu organisieren.
Wir alle hoffen, dass die Maßnahmen zur Sicherheit beitragen. Vor allem hoffen wir, dass der Ernstfall nicht eintritt. Es gibt noch keine Anzeichen dafür, dass Deutschland, Berlin oder Brandenburg Zielgebiet solcher Anschläge sind. Es gibt keinen Grund zur Panik. Aber es leben, wie wir erfahren mussten, einige potenzielle Täter, schlafend, unerkannt unter uns. Deshalb der Appell zur Wachsamkeit. Die Wachsamkeit kann nicht nur bei BGS und Polizei angesiedelt bleiben; vielmehr ist jeder Brandenburger dazu aufgefordert.
Über die Trittbrettfahrer ist schon gesprochen worden. Ich habe dem nichts hinzuzufügen. Es ist in dieser Zeit kein Schüleroder Studentenstreich, Briefe mit weißem Pulver zu verschicken. Die Täter sollen und müssen hart genug bestraft werden.
Wir haben also die Aufgabe, die innere Sicherheit sicherzustellen und für den Verteidigungsfall den reibungslosen Zivilschutz und die Hilfe bei der Ermittlung potenzieller Täter zu organisieren. Die zweite, mittel- und langfristig sicherlich viel schwerer zu lösende Aufgabe ist es, im Sinne des Zitats von Johannes Rau dafür zu sorgen, dass Terrorismus und Gewalt in dieser Welt in Zukunft keinen Nährboden mehr finden. Dafür zu arbeiten ist sicherlich aller Anstrengungen wert.
Ich danke dem Abgeordneten Fritsch und gebe das Wort an die Fraktion der DVU. Frau Abgeordnete Hesselbarth, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gewalt darf nicht mit Gegengewalt beantwortet werden oder Gleiches darf nicht mit Gleichem vergolten werden, Herr Minister Reiche, um mit Ihren Worten zu sprechen.
Die Terroranschläge auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington sind zutiefst verabscheuungswürdig und durch nichts zu rechtfertigen. Sie haben gezeigt, dass selbst eine vermeintlich unangreifbare Weltmacht wie die Vereinigten Staaten von Amerika auf ihrem eigenen Territorium angreifbar und verwundbar ist. Die politische, ökonomische und militärische Einwirkung der USA in internationale Konflikte, insbesondere die Bombardements auf unschuldige Zivilisten zum Beispiel im Irak und in Serbien oder nun in Afghanistan, ist jedoch ebenfalls auf das Schärfste zu verurteilen.
Wenn, meine Damen und Herren, der amerikanische Kontinent, der durch zwei Weltmeere von der übrigen Welt getrennt ist, in der Art und Weise, wie es am 11. September geschehen ist, durch Terroristen angreifbar ist, so gilt diese Angreifbarkeit auch für die Bundesrepublik Deutschland mit ihrer europäischen Zentrallage und ihren nahezu ungeschützten Grenzen und erst recht für Brandenburg wegen der Hauptstadtnähe und aufgrund seiner EU-Außengrenze.
Dies trifft auch deshalb zu, weil sich in dem ungesteuerten Zustrom von Millionen Menschen aus aller Welt nach Deutschland auch Kriminelle und Terroristen befinden. Aktuelle Bei
spiele erlebten wir in Hamburg, in Berlin und auch in Brandenburg. Es kann - neben einer konsequenten Ausländer- und Sicherheitspolitik - Schaden nur dann vom deutschen Volk abgewendet werden, wenn die Bundesrepublik Deutschland eine aktive Friedenspolitik auf nationaler und internationaler Ebene betreibt.
Doch kommen wir zunächst zu den Erfordernissen in der Ausländer- und Sicherheitspolitik. Es ist festzustellen, dass wir es seit dem 11. September mit einer neuen Form von Extremismus und Terrorismus zu tun haben. Anders als zu Zeiten der RAF ist die Ursache dieses jetzt ins öffentliche Licht getretenen Terrorismus nicht in den Verhältnissen des Inlands zu sehen, sondern er kommt von außen. Es handelt sich um einen Terrorismus, welcher für uns und unsere christlich-abendländische Wertegemeinschaft fundamental gefährlich werden kann.
Daraus ergibt sich für die deutsche Sicherheitspolitik unter anderem folgende Konsequenz: Die im Inland befindlichen so genannten Schläfer sind mit allen zur Verfügung stehenden polizeilichen Mitteln aufzuspüren und danach abzuschieben bzw. zu inhaftieren. Hier, meine Damen und Herren und Herr Innenminister Schönbohm, böte sich wirklich eine sinnvolle Einsatzmöglichkeit der unter Ihrem Einfluss stehenden Organe.
Die Streichung des Personals bei der Polizei ist hierbei jedoch die falsche Politik. Wir fordern Sie auf: Stärken Sie die Polizei, und zwar nicht auf dem Papier, sondern wirklich! Nutzen Sie die eingetretene Situation nicht dahin gehend aus, den rechtsstaatlich fragwürdigen Verfassungsschutz personell weiter aufzustocken!
Auch wenn hier in Brandenburg die fundamental-islamistischen Gruppierungen aufgrund des geringen Ausländeranteils gegenüber anderen Bundesländern nicht so deutlich aktiv sind, besteht trotzdem die Pflicht der Sicherheitsorgane zu einer umfassenden Sicherheitsvorsorge gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern.
Dies kann und darf jedoch nicht bedeuten, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, insbesondere Sie, Herr Minister Schönbohm, dass die gegenwärtige Bedrohung zum Vorwand genommen wird, um die demokratischen Freiheitsrechte des Grundgesetzes sowie unserer Landesverfassung mehr und mehr auszuhöhlen. Das könnte letzten Endes bedeuten, Brandenburg oder auch ganz Deutschland sicherheitstechnisch und freiheitsrechtlich in den Zustand einer Groß-DDR zurückzuführen.
Genau dies verstehen Sie, wenn ich es Ihren Ausführungen richtig entnommen habe, unter dem Begriff Rechtsstaat. Es ist daher klar zu sagen: Es ist nicht so, wie es teilweise von etablierten Politikern in letzter Zeit propagiert wird, dass Sicherheit alleinige Voraussetzung für die Freiheit ist.
Als Fraktion der Deutschen Volksunion vertreten wir den Standpunkt, Freiheit und Sicherheit müssen gleichermaßen in genügender Weise beachtet werden. Freiheit sowie innere und äußere Sicherheit stehen in einem Korrespondenzverhältnis zueinander. Die eine bedingt die andere. Sicherheit ist nur Mittel zum Zweck der Freiheit, nicht mehr und nicht weniger. Ziel ist ein möglichst hohes Maß an Freiheit für die Bürgerinnen und Bürger. Daraus ergibt sich zwingend folgender Schluss: Wir
können es nur zulassen, dass die Freiheit nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, das heißt in einem geeigneten erforderlichen und gebotenen Umfang, eingeschränkt wird.
Konkret bedeutet dies, dass die Freiheit im Hinblick auf die innere und äußere Sicherheit nur einzelfallbezogen eingeschränkt werden darf, nämlich nach einzelfallbezogener Prüfung, ob und inwieweit ihre Einschränkung das mildeste Mittel zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit darstellt.
Um die Freiheit unserer Bürger so weit wie möglich zu erhalten, ist Folgendes notwendig: Von außen kommender Terrorismus und Extremismus muss nach Möglichkeit schon außerhalb der Grenzen Deutschlands und nicht erst im Inland abgewehrt werden. Extremistische sowie terroristische Kräfte dürfen überhaupt nicht erst nach Deutschland gelangen. Das ist die Kernforderung der DVU-Fraktion.
Wir sehen durchaus, dass aufgrund der ausländer- und sicherheitspolitischen Versäumnisse der etablierten Politiker sowie der Sicherheitsbehörden in den vergangenen 20 Jahren inzwischen vorübergehende einschneidende Maßnahmen gegenüber dem ausländischen Extremismus und Terrorismus auch in unserem Bundesland erforderlich sind. Dieser „kriminelle Krake” ist hier zu erfassen und zu beseitigen. Dazu müssen - leider - vorübergehend auch mehr Freiheitsrechte unserer Bürger eingeschränkt werden. Es wäre nicht notwendig gewesen, wenn die verantwortlichen Politiker nicht sicherheitspolitisch „geschlafen” und ausländerpolitisch versagt hätten.
Der Zustrom weiterer Terroristen und Fundamentalisten muss in jedem Fall mit allen Mitteln unterbunden werden. Dazu sind seitens aller politisch Verantwortlichen zum Wohle Brandenburgs wie der Bundesrepublik Deutschland insgesamt alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Deshalb begrüßen wir auch, Herr Minister Prof. Dr. Schelter, die von Ihnen in Eberswalde vorbeugend eingerichtete Abteilung der Staatsanwaltschaft zur Bekämpfung des Terrorismus.
Zur Verhinderung der Einreise ausländischer krimineller Elemente nach Deutschland halten wir als DVU-Fraktion folgende weitere Maßnahmen als dringend erforderlich: Vor der Einreise von Ausländern, insbesondere aus nichteuropäischen und vor allem aus islamischen Staaten, sind von den deutschen Auslandsvertretungen über diese Personen umfassende Informationen einzuholen, bevor ein Visum erteilt wird. Anhand dokumentierter lückenloser Lebensläufe, die unter anderem auch Grundvoraussetzung für die Visumerteilung sein sollten, sind Raster zu bilden. Bei einreisenden Ausländern, die in diese Raster fallen, sollte eine Regelanfrage beim Bundesnachrichtendienst dringend eingeführt werden. Darüber hinaus müssen regelmäßig personenbezogene Kontrollen ausländischer Studenten und Arbeitnehmer durchgeführt werden. Universitäten und Arbeitgeber sind gesetzlich zur Ermittlung dieser Daten zu verpflichten. Eine elektronische Erfassung dieser Daten von ausländischen Einzelpersonen bei der Ein- und auch Ausreise und die Verweigerung der Wiedereinreise bei Unstimmigkeiten insbesondere hinsichtlich der Identität ist eine weitere absolute Notwendigkeit. Behilflich sind hier Fingerabdrücke auf Einreisevisa zur Verhinderung von Fälschungen und zur Sicherstellung der Identität von Pass und Passinhaber, notfalls auch
durch Ausstellung von Zusatzausweisen für Ausländer. Dazu ist organisatorisch gesehen eine enge Zusammenarbeit der Ausländerbehörden mit den Polizei- und Ordnungsbehörden notwendig. Verdächtige Personen, welche unter das Raster fallen, sowie Mitglieder und Anhänger extremistisch und gewaltbereit eingestufter ausländischer Organisationen, auch wenn keine unmittelbar begangenen Gewalttaten vorliegen, sind unverzüglich auszuweisen.
Wir fordern eine einheitliche, für alle Bundesländer geltende Regelung bei der Rasterfahndung. Dazu gehört auch die Vereinbarkeit der Netzwerke in den Ämtern der Länder untereinander. Nach Überwindung der gegenwärtigen Ausnahmesituation sind die erforderlichen Raster so umzugestalten, dass sie sich auf spezifische Tätermerkmale beschränken und nicht in die Freiheitsrechte der deutschen Bürger eingreifen. Darüber hinaus sind ausländische extremistische Organisationen aufgrund der konsequenten Anwendung des Vereinsrechts bzw. dessen Änderung unverzüglich zu verbieten, und zwar auch dann, wenn sie sich auf das Religionsprivileg berufen.
Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, kommen wir nun zu dem von Ihnen gestern verabschiedeten Maßnahmenpaket. Es kam wohl gerade noch rechtzeitig. Die DVU-Fraktion hätte alle diese Maßnahmen bei der bevorstehenden Haushaltsdebatte eingefordert.
Letztendlich war es auch die DVU-Fraktion mit ihrem morgen noch zu behandelnden Antrag „Berichterstattung der Landesregierung über die Lage der inneren Sicherheit”, welche den Stein für die heutige Debatte ins Rollen brachte.
Einen sinnvollen Vorschlag möchte ich an dieser Stelle noch unterbreiten: Die Aufklärung der Bevölkerung über die Gefahren des islamischen Extremismus und Terrorismus muss bereits in der Schule beginnen.
Meine Damen und Herren, all diese Maßnahmen, so notwendig und erforderlich sie sind, bieten letzten Endes keine wirkliche Sicherheit im Falle terroristischer Angriffe mit chemischen oder biologischen Waffen oder im Falle von Sabotage an Atomkraftoder Chemiewerken. Daran würden auch Ihre sechs schönen neuen ABC-Erkundungskraftwagen nicht das Geringste ändern. Es ist daher wichtig, dass sich die deutsche Politik endlich aus der Abhängigkeit von den USA befreit und von der Politik der USA insbesondere gegenüber den islamischen Ländern distanziert.
Genau dafür können Sie sich bei der Bundesregierung einsetzen. Dies gilt insbesondere für Raketenbeschuss, Bombardierung oder gar Besetzung arabischer Staaten. Es ist gegenwärtig die Regierung Schröder/Fischer, die am lautesten den USA militärische Hilfe anbietet, obwohl sie doch überhaupt nicht weiß, auf welche Weise die USA den weltweiten Terrorismus konkret bekämpfen wollen. Sollten sich aber auch deutsche Flugzeuge am Beschuss und an der Bombardierung islamischer Staaten beteiligen, dann wird auch die Bundesrepublik Deutschland und damit Brandenburg zum unweigerlichen Ziel terroristischer Angriffe.
Das Gebot der Stunde ist daher die konsequente Beachtung der Artikel 25 und 26 des Grundgesetzes ebenso wie die Verpflichtung, deutsche Streitkräfte nur auf dem Territorium der Bundes
republik Deutschland selbst bzw. im NATO-Gebiet einzusetzen sowie von den auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen anderer NATO-Staaten zu verlangen, dass sie keine kriegerischen Handlungen, in welcher Form auch immer, außerhalb des NATO-Gebietes von deutschem Boden aus durchführen.
Die amerikanischen Familien, die in New York und Washington ihre Angehörigen verloren, haben unser tiefstes Mitgefühl. Dies hat jedoch nicht die Konsequenz, dass wir die kriegerische Politik, wie sie die USA derzeit betreiben, unterstützen.
Terroristen bekämpft man mit der Polizei, meine Damen und Herren, und nicht mit Bombenteppichen. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Ich danke der Frau Abgeordneten Hesselbarth. - Ich gebe das Wort an die Fraktion der CDU. Frau Abgeordnete Blechinger, bitte.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Voraussetzungen, unter denen das Thema „Innere Sicherheit” nicht nur in Deutschland augenblicklich diskutiert wird, haben sich seit dem 11. September dieses Jahres radikal verändert. Plötzlich wurde für jeden offensichtlich, wie bedroht und massiv verwundbar die offene Gesellschaft der westlichen Industrienationen ist. Nicht Armeen, sondern skrupellose Terroristen, nicht Raketen und Granaten, sondern der Missbrauch unserer Verkehrsmittel, nicht die Verfolgung militärischer Ziele, sondern der Anschlag auf die Zivilbevölkerung kennzeichnen die neue menschenverachtende Qualität der Bedrohung.
Es ist ein Gebot der Stunde, bestehende Risiken nicht länger zu verharmlosen und die Sicherheitslage zu analysieren, um Maßnahmen einzuleiten, die geeignet sind, mögliche Gefahren zu minimieren oder gar auszuschalten. Dabei wird das Maß an Gemeinsamkeit, das wir in dieser entscheidenden Frage herstellen, über den Fortbestand unserer Freiheit entscheiden.