Protokoll der Sitzung vom 24.10.2001

Es ist ein Gebot der Stunde, bestehende Risiken nicht länger zu verharmlosen und die Sicherheitslage zu analysieren, um Maßnahmen einzuleiten, die geeignet sind, mögliche Gefahren zu minimieren oder gar auszuschalten. Dabei wird das Maß an Gemeinsamkeit, das wir in dieser entscheidenden Frage herstellen, über den Fortbestand unserer Freiheit entscheiden.

Die Menschen - auch in Brandenburg - erwarten entschlossenes und zielgerichtetes Handeln und sie sind bereit, alle sinnvollen Maßnahmen zu unterstützen. Gerade vor diesem Hintergrund einer sehr weit reichenden Solidarität mit den Regierenden sollten wir der Öffentlichkeit nicht länger ideologische Diskussionen zumuten, wie sie noch in diesem Jahr, beispielsweise um die Videoüberwachung, geführt worden sind. Nehmen wir einfach zur Kenntnis, dass die Bevölkerung selbstverständlich bereit ist, an jeder Tankstelle, wo es lediglich um Treibstoffdiebstahl geht, Kameras zu akzeptieren. Wie viel mehr tut sie es dort, wo es um persönliche Sicherheit geht.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Für die CDU und insbesondere für meine Fraktion sind die innere Sicherheit und auch der Kampf gegen Terrorismus kein

Modethema. Bereits in unseren „Eckpunkten zur inneren Sicherheit” aus dem Jahr 1997 war ein Abschnitt dem Kampf gegen den Terrorismus gewidmet, in dem es unter anderem hieß:

„Die CDU Brandenburg bekennt sich zu allen nationalen und internationalen Bestrebungen, den sich weltweit ausbreitenden Terrorismus zu bekämpfen.”

Wenn auch die Dimension der Bedrohung damals noch nicht erkennbar war, hat es doch immer wieder Anzeichen von international agierenden terroristischen Gruppierungen gegeben, deren Gefährlichkeit leider vielfach unterschätzt worden ist.

Ich wehre mich gegen die Behauptung, dass wir durch die Verstärkung der Sicherheit in bestimmten Bereichen die Freiheit einschränken. Wenn Freiheit durch Kriminalität oder Terrorismus bedroht ist, ist sie in ihrer Substanz gefährdet. Es ist unsere Aufgabe, dies zu verhindern.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Die Sorge derer, die die angebliche Bedrohung durch den Staat für gefährlicher halten als die Bedrohung durch Terrorismus, scheint mir völlig abwegig, solange sämtliche Maßnahmen einer rechtsstaatlichen Überprüfung standhalten. Darin unterscheiden sich eben die Bemühungen um innere Sicherheit in der Demokratie von der gewaltsamen Herstellung einer Staatssicherheit in einer Diktatur, Herr Prof. Bisky.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Wer das ernsthafte Bemühen von Demokraten um die Abwehr von Gefahren auch nur in die Nähe diktatorischer Sicherheitsstrukturen rückt, vergeht sich in unverantwortlicher Weise an unserem Gemeinwesen und verliert meines Erachtens auch jede Legitimation, als Gesprächspartner in diesem Prozess ernst genommen zu werden.

(Beifall bei der CDU - Oh! bei der PDS - Vietze [PDS]: Das ist natürlich diktatorisch! - Zuruf der Abgeordneten Frau Tack [PDS])

Ich habe noch sehr gut die Diskussionen aus dem vergangenen Sommer in Erinnerung, als aus den Reihen der PDS Polizeieinsätze als überzogen charakterisiert worden sind, nur weil sie erfolgreich waren und Ausschreitungen und darüber hinausgehende Straftaten im Vorfeld unterbunden werden konnten.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD - Zurufe der Abgeordneten Frau Kaiser-Nicht und Frau Tack [PDS])

Ich appelliere deshalb an Sie, unsere Vorschläge zur Verbesserung der allgemeinen Sicherheitslage in Brandenburg ernst zu nehmen

(Vietze [PDS]: Das ist sehr gut!)

und sie nicht aus rein ideologischen und parteipolitischen Erwägungen heraus zu kritisieren.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die neuen Herausforderungen zwingen uns zu einer neuen Sichtweise und zu veränderter Schwerpunktsetzung bei den Anforderungen, die wir zu erfüllen haben. Diese schwierige Aufgabe lässt sich am besten bewältigen, wenn es hierfür eine entschlossene politische Rückendeckung aller Demokraten gibt, eine Rückendeckung, die wir wiederum allen Einrichtungen und Institutionen geben werden, denen wir unsere Sicherheit anvertrauen.

Die große Mehrheit der Bevölkerung erwartet einen Kurswechsel in der Sicherheitspolitik. Trotz aller Sparzwänge müssen die Polizei, der Verfassungsschutz und die Justiz sowie der Zivil- und Katastrophenschutz besser ausgestattet werden. Dazu werden wir als ersten Schritt zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen.

Die Sicherheitskräfte bedürfen neuer Befugnisse, um erfolgreich in die Strukturen des Terrorismus eindringen zu können. Sie müssen auch über die notwendigen Eingriffsrechte verfügen, um die erkannten Gefahren im Vorfeld wirksam bekämpfen zu können. Hier brauchen wir das Zusammenspiel zwischen allen Gesetzgebern sowohl auf der europäischen als auch auf der Bundes- wie auch auf der Landesebene.

Es sind verbesserte Rahmenbedingungen zu schaffen. Dazu zähle ich insbesondere die Möglichkeiten zur erleichterten Ausweisung von ausländischen Extremisten und Gewalttätern, die Einführung der verbindlichen Regelanfrage beim Verfassungsschutz, die Sicherstellung des Schutzes vor Sabotage in sicherheitskritischen Bereichen, die verstärkte Durchführung von Raumschutzmaßnahmen, die verbesserte Bekämpfung von Geldwäsche sowie verstärkte Kontrollmaßnahmen an den EU-Außengrenzen.

Weitere Maßnahmen sind hier bereits genannt worden. Auch im Bereich der Justiz ist zumindest eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft, die sich mit dieser Art Terrorismus beschäftigt, erforderlich.

Der Zivil- und Katastrophenschutz wurde in Deutschland lange vernachlässigt, weil terroristische Anschlagsszenarien in dieser Größenordnung und auch der Einsatz biologischer oder chemischer Kampfmittel bisher als unrealistisch galten. Ich erwarte, dass die Landesregierung schnell und gründlich prüft, was notwendig ist, um den Zivil- und Katastrophenschutz auf die neuen Anforderungen auszurichten.

Meine Damen und Herren! Datenschutz darf nicht dazu führen, dass es so genannten Schläfern - möglicherweise im eigenen Bundesland - gelingt, neue Anschläge zu planen und durchzuführen. Die Mehrheit der Bevölkerung macht sich in diesem Zusammenhang wenig Sorgen, dass die neuen Maßnahmen zu ihrem Nachteil ausschlagen und ihre Freiräume beschnitten werden könnten. Im Gegenteil, sie befürwortet die Pläne und Beschlüsse zur Terrorismusbekämpfung und erwartet entschlossenes Handeln.

Absolut nicht in die Zeit passt deshalb der Antrag der PDS, der noch mehr Datenschutz fordert. Diese Initiative birgt die Gefahr von mehr Täterschutz in sich

(Beifall bei der CDU - Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Bisky [PDS])

und ist daher in meinen Augen kontraproduktiv.

Meine Damen und Herren! Die Bundesrepublik Deutschland darf nicht mehr Ausgangspunkt terroristischer Attacken sein. Daher sind die derzeitigen Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung und zur Gewährleistung der inneren Sicherheit unseres Landes getragen von der Verantwortung nicht nur gegenüber unseren Bürgerinnen und Bürgern, sondern auch gegenüber der Bevölkerung der Vereinigten Staaten und allen in der Welt, die in Frieden und Freiheit leben wollen.

Was wir jetzt brauchen, ist eine breite Allianz gegen Terrorismus und Gewalt. Deshalb müssen wir gemeinsam den Terrorismus bekämpfen, denn er geht uns alle an. Wer sich dieser Allianz verweigert, muss sich fragen lassen, welchen Stellenwert Freiheit und Demokratie für ihn haben.

(Beifall bei CDU und SPD)

Erinnern möchte ich abschließend auch noch daran, dass die Vereinigten Staaten von Amerika als Schutzmacht im freien Teil Europas und Deutschlands Freiheit und Demokratie für lange Zeit garantiert und ganz wesentlich zum Zustandekommen der deutschen Einheit in Frieden und Freiheit beigetragen haben.

(Beifall bei CDU und SPD)

Deshalb habe ich mich sehr gefreut über die unzähligen Beweise von Anteilnahme und Unterstützung, die auch von Brandenburg ausgingen. Die Haltung meiner Fraktion ist von uneingeschränkter Solidarität zu den Vereinigten Staaten geprägt. Wir hoffen, dass die Verantwortlichen für die Terroranschläge bald gefunden und ihrer gerechten Strafe zugeführt werden. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Blechinger. - Damit, meine Damen und Herren, sind wir am Ende der Aussprache zum Tagesordnungspunkt 2 angekommen und ich kann feststellen, dass Sie die Regierungserklärung zur Kenntnis genommen haben.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 2 und rufe den Tagesordnungspunkt 3 auf:

Gesetz zu dem Staatsvertrag zwischen dem Land Brandenburg und dem Land Mecklenburg-Vorpommern über die grenzüberschreitende kommunale Zusammenarbeit in Zweckverbänden, Planungsverbänden nach § 205 des Baugesetzbuches und durch öffentlich-rechtliche Vereinbarungen

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 3/2892

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Inneres

Drucksache 3/3322

2. Lesung

Es wurde vereinbart, zu diesem Tagesordnungspunkt keine Debatte zu führen, sodass wir sofort zur Abstimmung kommen können.

Ich rufe zur Abstimmung die Beschlussempfehlung - Drucksache 3/3322 - des Ausschusses für Inneres auf. Wer dieser Beschlussempfehlung seine Zustimmung geben will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit haben Sie einstimmig der Beschlussempfehlung zugestimmt und das Gesetz zu dem Staatsvertrag zwischen dem Land Brandenburg und dem Land Mecklenburg-Vorpommern über die grenzüberschreitende kommunale Zusammenarbeit ist damit in 2. Lesung verabschiedet worden.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 3 und unterbreche die Sitzung des Landtages bis 13.30 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung: 12.23 Uhr)

(Fortsetzung der Sitzung: 13.30 Uhr)

Meine Damen und Herren! Wir beginnen mit dem Nachmittagsteil unserer Sitzung. Ich begrüße junge Gäste aus dem Norden von Brandenburg. Wenn ich richtig informiert bin, kommen sie aus Lenzen. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)