Protokoll der Sitzung vom 21.11.2001

Solche Stoffe kommen natürlich auch aus dem schlesischen Raum und müssen per Schiff transportiert werden.

(Frau Tack [PDS]: Ich habe da noch eine Frage!)

- Ich weiß ja, was Sie sagen wollen. - Genauso ist es notwendig, dass wir die Verbindung von Königs Wusterhausen nach Eisenhüttenstadt erhalten. Daher bitte ich auch die Abgeordneten der PDS, in dieser Frage mit mir sachlich über die einzelnen Kriterien zu diskutieren, damit wir hier eine einheitliche Sprache auch in Richtung Berlin sprechen können. - Danke schön.

(Beifall bei SPD und CDU)

Danke, Herr Minister. Wenn Sie am Rednerpult bleiben, dann haben Sie gleich noch Gelegenheit zur Beantwortung der letzten Frage, der Frage 931 (ZiS 2000). Herr Abgeordneter Neumann, bitte.

Mit der Initiative des Landes Brandenburg „Zukunft im Stadtteil - ZiS 2000" wurde für ausgewählte Städte die Möglichkeit geschaffen, Fördermittel für die Durchführung strukturpolitischer Maßnahmen in städtischen Gebieten mit besonderem Entwicklungsbedarf zu beantragen. Dazu gehören beispielsweise Maßnahmen zur Beseitigung städtebaulicher Missstände, zur Verbesserung der Infrastruktur oder zur Beschäftigungs- und Arbeitsmarktförderung. Pressemeldungen zufolge wurde Anfang Oktober das erste ZiS-Projekt genehmigt.

Welche Ziele verfolgt die Landesregierung mit der Durchführung des Förderprogramms „Zukunft im Stadtteil - ZiS 2000"?

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Neumann, im Prinzip steckt doch bereits in Ihrer Begründung zur Fragestellung die Antwort.

Wir haben auf der einen Seite komplexe Gebiete des Wohnungsbaus aus den Jahren 1960 bis 1989 zu verzeichnen, die aufgewertet werden müssen. Auf der anderen Seite gibt es Städte wie Wittenberge, wo wir Viertel aus der Gründerzeit, im Prinzip baulich dem Verfall recht nahe, wieder aufbauen müssen, weil wir das Stadtzentrum nicht verkommen lassen dürfen.

Wir kommen mit einzelnen Förderprogrammen und Richtlinien, die vom Bund oder vom Land in den letzten Jahren gezielt eingesetzt wurden, einfach nicht weiter. Aus diesem Grunde haben wir uns recht schnell dazu bekannt, ein integrativ angelegtes Programm aufzulegen, nämlich das Programm „ZiS Zukunft im Stadtteil”. Damit sollen vorhandene Defizite und Probleme, bei denen eine besondere Entwicklung erforderlich ist, behoben werden. Die Landesregierung von Brandenburg hat also unter Nutzung europäischer und nationaler Förderstrategien die Handlungsinitiative „ZiS 2000" ins Leben gerufen.

Dieses im besonderen Maße integrativ angelegte Programm verfolgt die umfassende Zielstellung der nachhaltigen Verbesserung der Lebensbedingungen für die Bewohner in den teilnehmenden Stadtgebieten. Das sind insbesondere: Stärkung der Beschäftigung durch Verbesserung der Rahmenbedingungen für neue wirtschaftliche Tätigkeiten, Förderung von sozialer Eingliederung, etwa durch Verbesserung der Beschäftigungschancen und der soziokulturellen Infrastruktur, Schutz und Verbesserung der Umwelt, insbesondere durch Verbesserung des unmittelbar identitätsstiftenden Wohnumfeldes, Effektivierung des Stadtmanagements und Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung für den Stadtteil. Mithilfe der dafür zur Verfügung stehenden EU-Mittel können wir erstmals auf breiter Basis die klassischen Instrumente des Städtebaus mit arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen verknüpfen.

Dieser integrierte Förderansatz verspricht unseres Erachtens langfristige Erfolge für die Entwicklung von bisher problematischen Vierteln. Er ist also übergreifend. Das Innenministerium ist ebenso gefragt wie das Sozialministerium oder das Wirtschaftsministerium, und zwar gemeinsam mit uns.

Die 15 ZiS-Städte haben derzeit nahezu 60 Vorhaben in das Bewilligungsverfahren eingebracht. Elf Städte arbeiten gegenwärtig an der Erstellung des integrierten Handlungskonzepts, während die vier Pilotstädte die ersten größeren Startmaßnahmen in Angriff genommen haben. Dazu gehören beispielsweise der Aufbau eines Stadtteilmanagements im ZiS-Gebiet Eisenhüttenstadt, die Einrichtung von Öffentlichkeitsbüros wie in Potsdam Am Schlaatz oder Umbauvorhaben für soziokulturelle Nutzungen, wie sie in der Innenstadt von Frankfurt (Oder) vorgesehen sind.

In Wittenberge - das ist Ihr besonderes Interesse - seien beispielhaft die Wohnumfeldverbesserungsmaßnahmen genannt, die in engem Zusammenhang mit der Neuerrichtung eines Marktplatzes im öffentlichen Interesse stehen. In Wittenberge werden wir auch versuchen, die Viertel, über die wir hier schon gemeinsam diskutiert haben, in diesen Ansatz hineinzubekom

men. Wir wollen das aber auch mit den Mitteln des Stadtumbaus bündeln. Sie wissen, dass wir dabei auch über Abriss einzelner Teile des Quartiers sprechen, um es dann aber qualitativ wieder entsprechend aufzuwerten, damit dieses Quartier nicht nachhaltig stillgelegt wird. - Schönen Dank.

Ich danke auch. Da es keine Nachfragen gibt, schließe ich Tagesordnungspunkt 1, die Fragestunde.

Ich begrüße unsere Gäste, die zum einen aus der Niederlausitz, aus Forst, und zum anderen von einem Frauenverband aus dem Havelländischen kommen. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Aktuelle Stunde

Thema: Zukunft des Landes Brandenburg unter sich verändernden finanzpolitischen Rahmenbedingungen

Antrag der Fraktion der CDU

Ich erteile das Wort dem Vertreter der beantragenden Fraktion, Herrn Lunacek.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir heute die Möglichkeit haben, die finanzielle Situation des Landes zu diskutieren und insbesondere darüber zu sprechen, wie wir unter den sich ändernden finanziellen Rahmenbedingungen mit Mindereinnahmen und mit Ausgaben, die wir zusätzlich zu tätigen haben, die Zukunft des Landes gestalten können. Denn darauf kommt es an: Wir wollen die Zukunft gestalten.

Als Anfang September dieses Jahres der Haushaltsentwurf der Landesregierung für 2002/2003 das Parlament erreichte, war die Welt noch in Ordnung. Dann gab es zwei Ereignisse, die alles veränderten. Der 11. September versetzte die westliche Welt in Angst und Schrecken. Rasch wurde klar, dass Deutschland hier mit betroffen ist: als Rückzugs- und Planungsgebiet für Terroristen und auch als mögliches Angriffsziel. Die Menschen haben Angst. Ich bekenne freimütig, auch ich habe Sorge um die Zukunft meiner Familie, meiner Kinder.

Uns war klar, dass die Landesregierung auch für Brandenburg handeln muss. Wir haben gehandelt, schnell und konsequent. Noch während der laufenden Haushaltsverhandlungen haben Landesregierung und Koalitionsfraktionen ein Sicherheitspaket auf den Weg gebracht: 36 Millionen DM mehr für die Polizei, für den Verfassungsschutz, für medizinische Notfallversorgung und Katastrophenschutz.

(Beifall bei der CDU)

Die Ereignisse des 11. September waren nicht vorauszusehen. Deshalb gab es selbstverständlich keine Rücklagen dafür. Aber die Menschen erwarten, dass wir handeln, und die Koalition hat bewiesen, dass sie die Situation richtig einschätzt und handlungsfähig ist. Das sollten wir auch laut und deutlich betonen, meine Damen und Herren.

Am 9. November gab es dann die Steuerschätzung für das nächste Jahr. Prognostiziert wurden uns gravierende Mindereinnahmen gegenüber den bisherigen Einschätzungen für das nächste und voraussichtlich in der Folge auch für das übernächste und die folgenden Jahre. Die Steuereinnahmen für 2002 und voraussichtlich auch 2003 sind nach der Prognose um jeweils 240 Millionen DM geringer als erwartet. Um einmal die Dimension zu verdeutlichen: Das ist fast so viel, wie das Land in jedem Jahr für alle Brandenburger Kitas ausgibt.

Wir tragen für diese Steuerausfälle nicht die Verantwortung, aber wir müssen mit den Ergebnissen umgehen. Die Verantwortung für diese Steuerausfälle liegt in der Politik auf Bundesebene. Deutschland steht am Rande einer Rezession, und das nicht erst seit dem 11. September. Bereits zu Jahresbeginn hat sich das Wirtschaftswachstum in Deutschland deutlich verlangsamt. Die Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihre Prognosen Schritt für Schritt nach unten korrigiert, auf zuletzt nur noch 1 % Wachstum. Inzwischen scheint auch dies nicht mehr erreichbar. Die Prognosen stehen im Augenblick bei 0,7 % Wirtschaftswachstum.

Wir wirken damit als Konjunkturbremse in Europa. Deutschland ist im Verhältnis zu fast allen anderen Staaten Schlusslicht in Europa. Besser als wir sind Großbritannien, Frankreich, Spanien; selbst Italien hat uns im Wirtschaftswachstum überholt.

Dieser Wachstumsrückgang kommt nicht von ungefähr. Hier rächt sich eine falsche Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung. Die Wirtschaft, insbesondere der Arbeitsplatzmotor Mittelstand, wurde in den letzten Jahren kontinuierlich stärker belastet. Das ist die Wahrheit. Der Abschluss befristeter Arbeitsverhältnisse wurde erschwert. Die Neuregelungen bezüglich der 630-Mark-Jobs und zur so genannten Scheinselbstständigkeit gehen zulasten der Beschäftigungsmotoren Existenzgründer und Mittelstand. Die Einführung eines generellen Teilzeitanspruchs und die Änderungen bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bedeuten neue Belastungen für die Wirtschaft und geringere Beschäftigungschancen.

(Beifall bei der CDU)

Ich frage Sie, meine Damen und Herren: Warum in Gottes Namen wurde das Betriebsverfassungsgesetz geändert? Welchen triftigen Grund gab es dafür? Der Wirtschaft wurden damit erneut Kosten in Milliardenhöhe aufgebürdet. Das ist doch nicht angebracht, sondern falsch. Das Ergebnis ist, dass die Arbeitslosigkeit steigt.

In unseren Nachbarländern - in Frankreich, Italien, den Niederlanden - wurde die Arbeitslosigkeit gesenkt. In Deutschland dagegen waren mit über 3,7 Millionen Arbeitslosen im September dieses Jahres mehr Menschen arbeitslos als ein Jahr zuvor.

Auch die Investitionspolitik der Bundesregierung entwickelt sich in die falsche Richtung.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Ist das das Ende der Koaliti- on?)

Die Investitionsquote im Bundeshaushalt liegt ab 2003 voraussichtlich bei nur noch 10 % - 1998 lag sie noch bei 12,5 % - und wird damit im Jahre 2002 voraussichtlich den niedrigsten Stand seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland erreichen. Das heißt: weniger Mittel für Infrastrukturmaßnahmen, weniger Mittel für Forschung und Bildung, weniger Mittel für den Aufbau Ost. Das, meine Damen und Herren, bleibt natürlich nicht ohne Auswirkungen auf die Investitionsquote im Landeshaushalt.

(Vietze [PDS]: Reden Sie doch einmal von der erfolgrei- chen Wirtschaftspolitik dieses Landes!)

Wir haben mit den Konsequenzen umzugehen: mehr Arbeitslose und weniger Steuereinnahmen. Wir haben außerdem mit Mehrbelastungen, die wir mit dem von uns beschlossenen Sicherheitspaket in Höhe von 36 Millionen DM selbst initiiert haben, umzugehen. Wir haben in den nächsten beiden Jahren außerdem mit Steuermindereinnahmen in Höhe von insgesamt 480 Millionen DM umzugehen.

Meine Damen und Herren, die Koalition hat sich auf ein Gesamtpaket verständigt, das folgende Eckpunkte enthält: Es enthält weiterhin einen hohen Anteil an Investitionen. Durch die Anhebung des Schulbauzinshilfeprogramms werden Investitionen in Höhe von 128 Millionen DM bewirkt. Die Investitionen bleiben somit auf hohem Niveau. Es können dringend notwendige Sanierungen an Schulen erledigt und Schulneubauten errichtet werden. Hier besteht Handlungsbedarf.

(Beifall bei der CDU)

Wer durch das Land fährt und sieht, wie viele unserer Schulen aussehen, erkennt dies. Mir ist es lieber, wenn in der Landesverwaltung die eine oder andere Hochbaumaßnahme um ein Jahr verschoben wird und stattdessen Schulen, die es nötig haben, in Ordnung gebracht werden.

(Beifall bei CDU und PDS)

Die Konsolidierung wird fortgesetzt, auch wenn wir sie angesichts der Steuerausfälle strecken müssen. Wir senken die Nettoneuverschuldung kontinuierlich von Jahr zu Jahr. Allein durch die von den Koalitionsfraktionen veranlassten Maßnahmen wurden 165 Millionen DM netto gespart und müssen entsprechend weniger Kredite aufgenommen werden.

(Zuruf des Abgeordneten Vietze [PDS])

Die Kommunen werden nicht über Gebühr belastet. Aufgrund der Rücknahme der von der Landesregierung vorgeschlagenen Kürzung der Kita-Zuweisungen werden die Gemeinden in ihrer Handlungsfähigkeit nicht weiter eingeschränkt. Wenn wir kommunale Selbstverwaltung ernst nehmen, dann müssen wir den Kommunen auch das Geld dafür geben, damit sie handlungsfähig sind.

(Zurufe von der PDS: Jawohl! Tun Sie es doch! - sowie Beifall)

Das soziale Augenmaß bleibt gewahrt. Diejenigen, die es schwerer haben als andere - beispielsweise die Gehörlosen erhalten weiterhin eine Unterstützung vom Land. Ich halte es für richtig und notwendig - auch angesichts dieser relativ kleinen Beträge im Landeshaushalt -, bei diesen Menschen, die es wirklich schwer haben, nichts zu streichen. Die Koalition hat damit soziales Augenmaß bewiesen.

(Beifall bei der CDU - Unmut bei der PDS)