Erstens: Wir nehmen zur Kenntnis, dass sich internationale Bedingungen verändert haben. Aber wir alle wissen, dass im Bundestag eine Steuerreform mit einer Steuerentlastung von insgesamt 45 Milliarden DM beschlossen wurde. Diese Mittel fließen nicht mehr in öffentliche Kassen. Das wissen auch Sie. Ich traue Ihnen die finanzpolitische Kompetenz durchaus zu, einschätzen zu können, dass Steuerentlastungen in der Vergangenheit eventuell Impulse für Markt und Wirtschaft ausgelöst haben, das aber mit einer Verzögerung von zwei bis drei Jahren. Wir müssen hier also vielleicht noch ein bisschen Geduld haben. Ihre Ahnungslosigkeit und Aufgeregtheit in Bezug auf diese Einschätzung kann ich wirklich nicht verstehen und ich teile sie natürlich auch nicht.
Zweitens: Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, in der Begründung Ihres Antrags schreiben Sie von Maßnahmen, um den Konsolidierungskurs nicht zu gefährden. Ich frage Sie: Welche Maßnahmen und welcher Konsolidierungskurs?
Vor langer, langer Zeit, im Jahr 2000, hat sich diese Koalition darauf gegründet, ab 2002 keine Kredite mehr aufzunehmen, das heißt, keine Neuverschuldung mehr zu betreiben. Schritt für Schritt wurde dieses Ziel dann aufgegeben - die Zahlen sind uns bekannt - bzw. es ist in weite Ferne gerückt. Das Land steuert zurzeit auf eine Verschuldung von 26 Milliarden DM zu. Deshalb bitte ich Sie: Legen Sie die Karten auf den Tisch! Manchmal hilft Transparenz auch für Verständnis. Einen solchen Slogan wie „Wir bleiben bei diesem Kurs” können Sie sich sparen. Damit lügen Sie sich in die eigene Tasche. Im Übrigen kennen wir das aus alten Zeiten.
Gestatten Sie mir jetzt noch eine kurze Bemerkung zum Thema der Konsolidierung. Konsolidierung ist übrigens nicht nur ein mathematischer Begriff für die Höhe der Schulden, sondern dieser Begriff beinhaltet auch die Vorsorge für die Zukunft, günstigere Verwertungsbedingungen, neue Einnahmen, verbunden mit Aufgabenkritik.
Das ist eine Medaille mit zwei Seiten. Man muss also berücksichtigen, welches Geld man braucht, welches Geld man sich borgt und wie man damit zukünftig effektiv umgeht. Ich höre in diesem Zusammenhang nur Schlagworte wie Verwaltungsoptimierung. Ich meine, wir müssen in stärkerem Maße überlegen, wie wir durch gesetzliche Regelungen, Strukturen und auch Fördermittel in Zukunft mehr Geld in die Brandenburger Kas
Meine dritte Bemerkung: Sie haben sich bei der Einschätzung der Steuern - ich habe mir die Mühe gemacht, das auszurechnen - in der Zeit von 1994 bis 2000 im Durchschnitt um 218 Millionen DM pro Jahr verschätzt. Das ging mal ganz hoch und mal ganz runter, aber Sie haben die Zahl nie richtig getroffen. Das muss man einfach wissen.
In alter Brandenburger Regierungsmanier versuchen Sie, für ungelöste Probleme im Lande die Steuerschätzung verantwortlich zu machen.
Die wirklichen Risiken in dem vorliegenden Entwurf des Doppelhaushalts 2002/2003 sind andere, zumindest was die Höhe angeht. Im Haushaltsgesetz ist für den Kreditrahmen mehr als 1 Milliarde Euro vorgesehen. Das ist Geld, das man sich borgen muss. Mehr als 1 Milliarde Euro ist dann für Bürgschaften vorgesehen. Was ist, wenn das Land für die Bürgschaften wirklich in Anspruch genommen wird? Des Weiteren ist eine Minderausgabe von rund 480 Millionen Euro einschließlich der Einsparungen bei den Personalkosten vorgesehen. Das ist ein richtiges Loch. Da müssen wir also erst einmal schauen, wie wir das Loch überhaupt stopfen können.
Hinzu kommen Fragezeichen bei der LEG, bei frischem Geld für die Chipfabrik, beim zukünftigen Flughafen. Eine weitere Frage lautet, wie wir uns auf die zukünftigen Bedingungen der EU einstellen und wie wir den sozialen Frieden in unserem Lande erhalten können.
Unsere Fragen zu dem Thema, meine Damen und Herren von der CDU, unterscheiden sich also in hohem Maße voneinander. Sie wissen aber wohl, dass wir die Antworten in diesem Lande selber finden müssen.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Osten. - Das Wort geht an die Fraktion der SPD, an Herrn Abgeordneten Bischoff.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich meine, bei diesem zentralen Thema hätten wir vonseiten der Opposition konstruktive Kritik und machbare Ansätze, machbare Alternativen zu unserer Politik erwarten dürfen. Hätten!
Frau Kollegin Osten, damit der hier schon mehrfach geäußerte Irrtum nicht so stehen bleibt, sage ich Ihnen im Übrigen Folgendes: Die Steuerschätzung macht niemand, schon gar nicht die Ministerin, über den Daumen, sondern das sind Experten aus
Während wir heute hier über die enormen Steuerausfälle des Landes Brandenburg - darunter leiden übrigens alle Bundesländer in dieser Republik - diskutieren, haben Sie als Opposition im Haushalts- und Finanzausschuss munter Änderungsanträge gestellt, die nur ein Ziel haben, nämlich die Steuereinnahmen um 69 Millionen Euro pro Jahr zu erhöhen. Zur Deckung der Mehrausgaben aufgrund Ihrer Anträge wollen Sie also erhöhte Steuereinnahmen einsetzen.
Ich sage Ihnen noch einmal ganz genau, was Sie beantragt haben: Sie haben beantragt eine höhere Einkommensteuer und eine höhere Umsatzsteuer. Das sind nur zwei von sechs Steuerarten, die Sie zur Kita-Finanzierung einsetzen wollen. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Das ist nicht unser Verständnis von solider Finanzpolitik.
Wir sagen den Menschen im Lande Brandenburg, was geht, wir sagen den Menschen aber auch ganz ehrlich, was nicht leistbar ist bzw. was wir verändern wollen. Zur Finanzierung der Kita zum Beispiel sagen wir, dass wir dann, wenn wir die Kita bezahlen - wir wollen das auf hohem Niveau weiterführen -, an anderer Stelle in der Verwaltung sparen müssen. Das ist für uns solide Finanzpolitik.
Ich gebe in diesem Zusammenhang hier auch einmal zu bedenken, dass in Brandenburg der schlimme, grausame Mord an Ulrike nach neun Monaten abgeurteilt worden ist, während in Mecklenburg-Vorpommern unter Ihrer Beteiligung die Täter, die in Rostock-Lichtenhagen
einen unverschämten Anschlag auf ausländische Mitbürger verübt haben, erst jetzt - nach neun Jahren - vor Gericht stehen.
Aktuelle Stunde zur Zukunft des Landes Brandenburg unter sich verändernden finanzpolitischen Rahmenbedingungen - ein Thema, das offenbar viele Abgeordnete - das war nicht immer so und hoffentlich auch viele Zuschauer interessiert. Dabei möchte ich noch einmal unterstreichen: Finanzpolitik ist eines der zentralen Felder, das wir weit über die 3. Wahlperiode hinaus bearbeiten müssen. Dabei haben wir nicht Antworten für das Protokoll, sondern gegenüber denjenigen zu geben, die uns ihr sauer verdientes Geld anvertrauen,
damit wir davon unter anderem Schulen und Polizisten bezahlen. Ich meine, jeder Bürger hat einen Anspruch darauf, dass wir Abgeordnete als befristet tätige Sachwalter seines Geldes - das ist nicht unser Geld, sondern das ist das Geld der Bürger - die
Frage beantworten, was wir mit dem Geld machen, das heißt, dass wir wirklich klar und deutlich sagen, dass wir als Verwalter seines Geldes auf Dauer nicht mehr ausgeben, als vorhanden ist.
Meine Damen und Herren von der Opposition, ich möchte, dass nicht die Großbanken, sondern die heutigen Kita-Kinder eine soziale Zukunft haben.
Im Jahre 1991 - machen Sie sich das einmal klar - reichte die eigene Finanzkraft des Landes Brandenburg nicht einmal bis zu den Frühjahrsferien, 2001 genau bis zum 24. Juni.
Im Jahre 1991 haben wir nicht einmal 20 % unserer eigenen Ausgaben selbst verdient. Heute liegen wir, gleichauf mit Sachsen, bei rund 50 %.
Wir Brandenburger haben deshalb allen Grund, für die enorme Solidarität unserer neuen Bundesregierung, der Geberländer und insbesondere der Europäischen Union zu danken, die uns mehr als 50 % der Mittel für unsere Ausgaben zur Verfügung stellen.
Mussten wir Mitte der 90er Jahre ein Viertel aller Ausgaben über Kredite finanzieren, so sind es heute nur noch rund 4 %. Aber auch das ist zu viel.
Unsere Investitionsquote liegt mit 23 % um mehr als ein Fünftel über der von Bayern und ist doppelt so hoch wie die von BadenWürttemberg. 2,1 Milliarden Euro! Wir investieren je Einwohner viermal so viel für Straßen- und Brückenbau, zehnmal so viel im Wohnungswesen wie die alten Bundesländer. Auch das ist ein klarer Erfolg beharrlicher Finanzpolitik und ein wichtiger Beitrag für Investitionen in Brandenburg.
Hier - und wahrscheinlich nur hier! - entstehen auch dauerhafte Arbeitsplätze. Mit der großen Steuerreform der Bundesregierung wurden erstmals in der Geschichte Deutschlands die Unternehmen und die Familien gleichermaßen steuerlich entlastet. Mit den Stimmen der CDU in Brandenburg und der PDS in Mecklenburg-Vorpommern wurde diese Steuerreform im Bundesrat so beschlossen.
Die wichtige und aktuelle Steuerschätzung weicht aber nicht aus diesem Grund von den bisherigen Prognosen ab; denn die große Steuerreform ist längst in die Schätzung einkalkuliert worden. Der Grund für die Abweichung nach unten ist die weltweite Konjunkturflaute. Übrigens liegt Deutschland mit seinem Wachstum zurzeit noch leicht über dem in Amerika.
Diese Konjunkturflaute macht um Brandenburg - bis 1999 noch Spitzenwachstum in Ostdeutschland - inzwischen keinen Bogen mehr. Die Folge ist ein Einnahmenrückgang von 1 % bei den Steuern. Diese Korrektur kann und wird aber nicht dazu führen, dass wir vom finanzpolitisch gebotenen Konsolidierungskurs abweichen. Im Übrigen lassen dies unsere europäischen Verpflichtungen auch gar nicht zu.
Eine niedrige Inflationsrate und die steuerliche Entlastung von Unternehmen bilden ein positives Umfeld für die Wirtschaftstätigkeit. Es ist und bleibt unser Ziel, mit sozialem Augenmaß die Ausgaben des Landes an die Einnahmen anzupassen.