Zweite Frage: Welche Auswirkungen auf die medizinische und Wissenschaftslandschaft in Berlin und Brandenburg hatte es, dass die große Koalition aus CDU und SPD in Berlin die Bettenkapazität des Akademischen Lehrkrankenhauses Berlin-Buch um zwei Drittel zusammengestrichen hat, es also, um mit Herrn Niekisch zu sprechen, platt gemacht hat?
Verehrte Kollegen, ich mache noch einmal darauf aufmerksam, dass in unserer Geschäftsordnung klar geregelt ist, dass sich die Fragen auf aktuelle landespolitische Aspekte richten sollen. Die jetzt gestellten Fragen haben für mich schwerlich Bezug zu aktueller Landespolitik.
Ich bin gern bereit, darauf zu antworten, Herr Präsident. Ich kann das aber auch separat machen. Sie müssen entscheiden.
1993 hat der Wissenschaftsrat evaluiert, welche Kapazitäten in der Medizinausbildung in Berlin bestehen. Er hat vorgeschlagen, die medizinische Ausbildung zu konzentrieren. Das Klinikum „Rudolf Virchow” ist nicht platt gemacht worden, sondern wurde der Charité angegliedert. Wir haben jetzt also zwei große Universitätsklinika. Nach der Einschätzung des Wissenschaftsrates von 1997 ist damit immer noch eine überproportionale Versorgung mit Studienplätzen im Bereich Medizin - wenn man nur Berlin, nicht aber die Region betrachtet - gesichert. Der Wissenschaftsrat hat eindeutig empfohlen, dies so zu belassen und nicht weiter abzubauen. Bei der ursprünglichen Entscheidung war Berlin-Buch nicht mit einbezogen worden.
Wir sind damit bei der Frage 1010 (Bundesweite Ausdehnung des Mainzer Modells) der Abgeordneten Frau Dr. Schröder. Bitte sehr.
Die Bundesregierung hat angekündigt, das so genannte Mainzer Modell, bei dem Niedriglohnarbeit durch staatliche Zuschüsse zu den Sozialabgaben subventioniert wird, bundesweit ausdehnen zu wollen. Bekanntermaßen sind dazu im Land Brandenburg Modellprojekte durchgeführt worden. Bis heute sind nach aktueller Auskunft der Arbeitsämter im Arbeitsamtsbezirk Eberswalde lediglich 77 Anträge gestellt und 59 bewilligt worden. Ähnlich ernüchternd fällt die Statistik im Arbeitsamtsbezirk Neuruppin aus. Hier wurden bis heute lediglich 79 An
träge gestellt und 67 bewilligt. Somit gibt es aktuell in Brandenburg ganze 126 staatlich subventionierte Niedriglohnjobs im Rahmen des Mainzer Modells.
Es hat sich also gezeigt, dass Kombilohnmodelle insbesondere für Ostdeutschland völlig ungeeignete Instrumente zur Lösung der hier bestehenden Beschäftigungsprobleme sind. Es existiert bereits ein ausgedehnter Niedriglohnsektor und auch für Unternehmen gibt es wesentlich attraktivere Förderinstrumentarien. Zudem trägt jede Subventionierung von Billigjobs zum weiteren Absenken des allgemeinen Lohnniveaus bei. Dies wäre insbesondere für Brandenburg eine verheerende Entwicklung, die die so dringend erforderliche Stärkung der Binnennachfrage konterkarierte. Bereits heute arbeiten Tausende Brandenburgerinnen und Brandenburger für Niedriglöhne, von denen sie mehr schlecht als recht leben müssen.
Ich frage daher die Landesregierung: Wie lautet angesichts der Erfahrungen mit dem Mainzer Modell in den beiden Brandenburger Modellregionen ihre Empfehlung gegenüber der Bundesregierung?
Ich appelliere - das soll Sie ein wenig unterstützen - an die Abgeordneten: Denken Sie daran, dass jeder von Ihnen das Recht hat, Fragen an die Regierung zu stellen. In einer Stunde können im Allgemeinen etwa zwölf Fragen gestellt werden. Wenn die Vorbemerkungen jedoch so lang sind, dann werden wir deutlich darunter bleiben.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich teile Ihre Auffassung nicht, Frau Kollegin Dr. Schröder, die Bilanz des Mainzer Modells sei in Brandenburg durchweg negativ. Gewiss, dieses Modell ist auch kein Königsweg in der Arbeitsmarktpolitik, wenn es einen solchen überhaupt gibt. Schon gar nicht kann dieses Modell allein in den neuen Bundesländern durchschlagenden Erfolg haben. Doch fragen Sie einmal die mehr als 120 geförderten Brandenburger Arbeitslosen, wie sie darüber denken. Angesichts des strukturellen Arbeitsplatzdefizits sind auch einige Tausend Arbeitsmöglichkeiten in ganz Deutschland nicht zu verachten, die so auf den Weg gebracht werden können.
Wir hatten die Erwartungen an das Mainzer Modell aus gutem Grund nicht zu hoch geschraubt und das Modell auch zeitlich begrenzt. Schließlich ist es nicht sinnvoll, einen solchen Kombilohn auf Dauer öffentlich zu subventionieren. Täten wir das, setzte das eine endlose Kostenspirale in Gang. Das würde wohl auch Herr Eichel nicht mitmachen, denn es geht hier um Geld des Bundes.
Kombilöhne sind doch nur ein Instrument im Rahmen all der Maßnahmen, die seit 1998 zur Verbesserung der Rahmenbedingungen auf den Weg gebracht wurden. Denken Sie auch an Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, an Strukturanpassungsmaßnahmen sowie an die gezielte Förderung von Frauen, von Langzeitarbeitslosen und von Sozialhilfeempfängern, zum Beispiel an das Programm „Arbeit statt Sozialhilfe”. Das sind doch ganz direkte, handfeste Hilfen. Angesichts des hohen Arbeitsplatzdefizits bleibt all das gerade für den Osten auch künftig unverzichtbar. Deswegen setzen wir diese Maßnahmen gemeinsam mit der Bundesanstalt für Arbeit fort.
Das Vorhaben der Bundesregierung, die Arbeitslosigkeit mit diesen Instrumenten zu senken, war doch nicht aus der Luft gegriffen. Andere Situationen erfordern auch andere Maßnahmen, die so nicht geplant waren, auch Maßnahmen wie das Mainzer Modell.
Ein Weiteres: Ein die aktuellen Entwicklungen berücksichtigendes Instrument ist das Job-AQTIV-Gesetz, das die Arbeitsvermittlung und die Möglichkeiten einer Beschäftigung schaffenden Infrastrukturförderung verbessert. Wir dürfen hier aber nicht zu ungeduldig sein und Ergebnisse bereits einfordern, bevor das Projekt überhaupt richtig in Gang gekommen ist.
Da Sie mich so direkt gefragt haben, Frau Kollegin Dr. Schröder, antworte ich wie folgt: Ich würde der Bundesregierung empfehlen, diese Dinge mit besonderem Blick auf die Entwicklung im Osten fortzusetzen. Wir sind da längst über erste Signale hinaus. So begrüße ich sehr die Ankündigung des Bundeskanzlers, das zunächst bis 2003 befristete Zukunftsinvestitionsprogramm nun aus den UMTS-Erlösen bis 2007 fortzuführen.
Meine Damen und Herren, ich bin davon überzeugt, dass wir mit unseren verschiedenen Ansätzen Erfolg haben werden. Wenn es gelingt, das alles sinnvoll miteinander zu verknüpfen, können wir den Arbeitsmarkt entlasten. - Vielen Dank.
Herr Minister Ziel, angesichts der Rekordarbeitslosigkeit in Land und Bund müssen wir ungeduldig sein. Deswegen frage ich: Können wir die Debatte um die in Ostdeutschland gescheiterten Kombilöhne nicht endlich in den Papierkorb werfen, uns endlich aktiver Arbeitsmarktpolitik widmen und Geld in die Hand nehmen? Müsste Ihre Empfehlung an die Bundesregierung nicht lauten, endlich mehr aktive Arbeitsmarktpolitik zu betreiben und zum Beispiel das von Ihnen geforderte kommunale Infrastrukturprogramm in Milliardenhöhe und nicht nur in Höhe von lächerlichen 20 Millionen Euro aufzulegen?
Frau Dr. Schröder, ich habe ausgeführt, dass die verschiedenen Maßnahmen gemeinsam zum Erfolg führen können. Das kommunale Beschäftigungs- und Infrastrukturprogramm - ich habe es „Kommunale Beschäftigungs- und Infrastrukturinitiative”
genannt - enthält Vorschläge, die weiterhin diskutiert werden. Inzwischen sind wir damit auf einer höheren Ebene gelandet und die Ministerpräsidenten setzen sich damit auseinander. Dabei geht es um die Vergabe zusätzlicher Aufträge zu Ausbau und Pflege kommunaler Infrastruktur. Es geht darum, dass die Kommunen die Maßnahmen selber steuern sollen. Wir haben diesbezüglich viel Vertrauen in die Kommunen; dass sie es verdienen, haben sie in der Vergangenheit bewiesen. Es geht um die Vergabe von globalen Zielen mit Beschäftigungswirkung und es geht um mehrjährige Laufzeiten; ich hatte fünf Jahre vorgeschlagen. Das alles kann aber nicht kurzfristig wirken. Das muss längerfristig wirken. Daran arbeiten wir.
Frau Dr. Enkelmann, die Geschäftsordnung sagt klar und deutlich, dass sich Zusatzfragen auf das zu beziehen haben, was in der Originalfrage enthalten ist. Insofern brauchen Sie nicht zu erklären, was in der Originalfrage steht.
Ich stelle das Modell nicht infrage, weil ich alle Möglichkeiten ausschöpfen will, die es gibt. Eine der Möglichkeiten ist das Mainzer Modell. Tatsache ist allerdings, dass wir das Mainzer Modell nicht dort einsetzen können, wo Arbeitsplätze fehlen. Das habe ich auch selbst schon gesagt.
Wir kommen damit zur Frage 1011 (Drogenprävention durch die Lehrkörper an Brandenburger Schulen) der Abgeordneten Fechner. Ich gebe ihr Gelegenheit, sie zu formulieren.
Im August 2001 teilte das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport mit, dass das Ministerium eine Initiative gestartet habe, die Lehrkräfte an Brandenburger Schulen umfassend über Drogen zu informieren und handlungssicherer im Umgang mit Drogenmissbrauch zu machen. Unter anderem sollten Lehrkräfte zu schulischen Suchtpräventionsfachkräften fortgebildet werden, um vor Ort als direkte kompetente Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen.
Ich frage die Landesregierung: Wie viele Lehrerinnen und Lehrer an Brandenburger Schulen sind inzwischen zu Suchtpräventionsfachkräften ausgebildet worden und tätig?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Fechner, es gibt derzeit in allen Landkreisen und kreisfreien Städten so genannte Moderatoren, die sich mit der Frage der Suchtprävention intensiv befassen und in den Schulen die Kolleginnen und Kollegen fortbilden. Dies alles ist in diesem kleinen Heft hier „Schule gegen Drogen” ausführlich dargestellt. Zurzeit ist das Pädagogische Landesinstitut dabei, gemeinsam mit der Landesstelle für Suchtprävention ein Curriculum zu entwickeln, mit dem dann die Drogenpräventionskräfte ausgebildet werden sollen. Wir erwarten, dass dieses Curriculum im Juni fertig sein wird, sodass dann auf dessen Grundlage die Fachkräfte ausgebildet werden können. In einer ersten Gruppe werden die Brandenburgische Präventionsstelle gegen Suchtgefahren und das Pädagogische Landesinstitut zumindest für jeden Kreis und jede kreisfreie Stadt eine solche Fachkraft ausbilden. Spätestens im Schuljahr 2003/04 werden diese Fachkräfte in den Schulen eingesetzt werden können.
Ich habe zwei Nachfragen: Welche konkreten Aufgaben haben dann diese Suchtpräventionsfachkräfte? Beinhaltet das Tätigkeitsfeld auch das Erteilen von Drogenaufklärungsunterricht an den Schulen?
Frau Fechner, es wird nicht über Drogen aufgeklärt. Das Ziel dieser Prävention ist nicht, Jugendliche zu befähigen, besser mit Drogen umzugehen, sondern es ist der intensive Versuch, Jugendliche über die Gefahren von Drogen aufzuklären.