Damit eröffne ich die zweite Runde der Diskussion. Ich gebe Herrn Abgeordneten Bischoff von der Fraktion der SPD das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Ralf Christoffers, schon an dem Beifall konnte man erkennen, dass die Rednerinnen und Redner aller Fraktionen ein Ziel eint: Die IHP-Spitzentechnologie made in Brandenburg soll hier in Frankfurt (Oder) und nicht irgendwo anders Arbeitsplätze im Technologiebereich schaffen. Nach öffentlichen Informationen liegen inzwischen 4 000 Bewerbungen auf dem Tisch. Voraussetzung für den Bau und für den Produktionsstart im III. Quartal 2003 in Frankfurt (Oder) ist allerdings der so genannte Financial Close. Das ist kein Zauberwort und kein Taschenspielertrick, sondern bedeutet das tatsächliche Absichern der Gesamtfinanzierung. Chancen für Technologiearbeitsplätze und Risiken für den Landeshaushalt liegen aber auch hier sehr dicht beieinander. Es gilt: Keine Chance ohne Risiko.
Seit 1960 beträgt das jährliche Wachstum auf dem Chipmarkt rund 16 %. Nur 30 % aller Chips, die in Europa verkauft und eingebaut werden, werden hier produziert. Warum eigentlich?
Abschließend ist anzumerken, dass die aktuelle Preisentwicklung das Projekt inzwischen um rund 200 Millionen US-Dollar billiger macht. Das Kabinett hat klare und sehr eindeutige Konditionen für den Verhandlungsauftrag an die ILB beschlossen, um einerseits bestehende Chancen zu nutzen und andererseits bestehende Risiken, die niemand verschweigen will, so gut es geht für den Landesetat einzugrenzen. Das ist kein Freifahrtticket, sondern ein engmaschiges Sicherheitsnetz.
Im Hinblick auf die künftige GA-Förderung sage ich, dass das Land Brandenburg Prioritäten setzen muss. Eine zusätzliche Verschuldung - den Beiträgen meiner Vorredner habe ich nicht entnehmen können, was man sonst machen könnte - ist nicht der richtige Weg.
Der Weg für die Verhandlungen über die vollständige Absicherung der Gesamtfinanzierung ist geebnet. Vor vielen Jahren - in der Wendezeit - hat mir ein alter Gewerkschaftskollege einmal gesagt: Wer kämpft, kann verlieren; wer nicht kämpft, hat bereits verloren. Wir wünschen dem Vorhaben einen erfolgreichen Verlauf. - Vielen Dank.
Ich danke dem Abgeordneten Bischoff. - Ich gebe das Wort an die Fraktion der PDS, Herrn Abgeordneten Vietze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angekündigt war eine Berichterstattung des Ministers im Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Koalitionsabgeordnete verhindern diese Berichterstattung. Die PDS nutzt die Möglichkeit, dieses Thema, das sie für wichtig erachtet, auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung zu setzen. Welche Chance haben wir denn, dass eines unserer Themen auf die Tagesordnung kommt, wenn die Mehrheit wie im Ausschuss so auch im Parlament darüber entscheidet, worüber verhandelt wird und worüber nicht? Dies liegt im Ermessen der Mehrheit und die Minderheit hat dieses demokratische Recht der Mehrheit zu akzeptieren. An dieser Stelle äuße
re ich den Wunsch, dass Sie das demokratische Recht der Minderheit akzeptieren. Wir haben eine Sondersitzung beantragt. Daraufhin gab es einen Vorschlag des Präsidenten, für den ich ihm durchaus dankbar bin. Er besagte, dass dieses Thema im Laufe der 52. Sitzung zu einem Zeitpunkt, zu dem auch die Öffentlichkeit teilnehmen kann, und nicht am Schluss des heutigen Tages behandelt wird. Auf diese Weise ist es gelungen, dass ein Antrag von 21 Abgeordneten behandelt wird. Der Antrag ist zu begründen, die Regierung hat zu sprechen und eine Aussprache muss erfolgen. Insofern zeigt sich, dass die Überlegungen anderer, die das Wort “schlicht” häufig im Munde führen, manchmal zu schlicht sind. Ich habe mit Knallfröschen nichts am Hut. Man sollte viel souveräner mit einem solchen Thema umgehen;
Ein Teil der Kollegen war gestern Abend auf der parteienübergreifenden Veranstaltung in Frankfurt (Oder). Das war wichtig, da dort alle erlebt haben, dass die Menschen dieser Stadt diese Chipfabrik wollen. Für die 17 000 Menschen, die diese Stadt bereits verlassen haben, kommt sie zu spät. Die Menschen, die heute dort leben, haben Erwartungen an die Politik. Niemand, der dort war, verweigert sich dem Standort Frankfurt mit seiner Geschichte und seinen gegenwärtigen Problemen. Jeder Fünfte dort ist arbeitslos. Stellen Sie sich einmal vor, welch eine komplizierte Situation wir hätten, wenn die 17 000 Menschen, die diese Stadt verlassen haben, dort auch noch lebten!
Nun gibt es eine Chance, die man nutzen sollte. Dafür bin ich sehr. Gleichwohl sage ich: Eine Chance zu nutzen bedeutet auch, die Konsequenzen sicherzustellen. Die Entscheidungen, die getroffen werden, dürfen nicht darauf hinauslaufen, dass nur Geld für die Bodenplatte, den Rohbau und die jetzt billiger werdende Ausstattung eingesetzt wird. Im Hinblick auf die dann entstehenden Arbeitsplätze muss es auch eine Garantie dafür geben, dass das, was dort produziert wird, auf dem Weltmarkt absatzfähig ist. Anderenfalls hätten wir zwar 1 500 Arbeitsplätze für 1,5 Milliarden Dollar geschaffen, anschließend erfolgte aber eine Betriebsbesetzung durch eine neue Belegschaft.
Vor diesem Hintergrund haben wir nach der Risikobewertung gefragt. Herr Fürniß, ich bitte Sie, einmal über Folgendes nachzudenken: Sie haben in der Beratung im April/Mai vergangenen Jahres darüber gesprochen, welchen großen Vorzug das Verfahren mit Communicant habe, weil dieses Unternehmen nicht einfach nur Chips herstelle, sondern für eine Veredelung sorge. Damit stehe dieses Unternehmen nicht in Konkurrenz zu Infineon und anderen Unternehmen. Vielmehr würden diese auf dem Weltmarkt wirkenden Unternehmen Kunden und kauften sich in die Produktion ein, indem sie Anteile zur Sicherung des Eigenkapitals erwürben. Zumindest waren im April des vergangenen Jahres schon 70 % verabredet und bis Juni sollten die weiteren 30 % übertragen werden. Danach gab es im Sommer, im Herbst und im Winter Erklärungen. Nun müssen wir die Frage stellen, welche Sicherheiten es für das Eigenkapital gibt.
Am 8. Februar brachten Sie in das Kabinett die entscheidende Prämisse ein, Communicant gehe davon aus, dass noch Eigenkapital in Höhe von 540 Millionen notwendig sei. Heute sagen
Sie, mit der indirekten Beteiligung in Höhe von 325 Millionen hätten wir es geschafft. Ich weiß nicht, ob sich eine Reduzierung der Investitionen von 1,5 Milliarden auf 1,3 Milliarden nur auf Eigenkapital als Einsparung auswirkt. Die Förderquote in der EU und die Bereitstellung von Bundesmitteln bemessen sich doch immer an der Gesamtinvestition.
Ich würde gern einmal darüber reden - vielleicht auch mit Ihnen, Herr Homeyer -, dass die Regierung, die Finanzministerin oder der Wirtschaftsminister, die folgenden Fragen beantwortet: Erstens: Wie wird das Risiko bewertet? Zweitens: Wo ist das Finanzkonzept, das seit einem Jahr versprochen wird? Wie belastbar ist dieses Zahlenmaterial? Damit hätten wir auch eine Entscheidungsgrundlage für dieses Parlament.
Herr Abgeordneter Vietze, ich kann nicht zulassen, dass Sie die Redezeit so weit überziehen. Ich bitte Sie, nun wirklich zum Schluss zu kommen.
Herr Schippel, ich gehe davon aus, dass die Beantwortung von Fragen keineswegs Aufgabe unseres wirtschaftspolitischen Sprechers ist. Herr Christoffers hatte hier immer eine konstruktive Haltung. Aber es wäre für dieses Parlament bedeutsamer, wenn sich die Regierung und die Mehrheitsfraktionen dazu erklärten. Dann erst bestünde die Chance, dass das im Lande umgesetzt wird. Wenn Herr Christoffers eine solche Anregung gegeben hat und Sie das unterstützen, dann erwarte ich von Ihnen, dass Sie die Variante hier einbringen, der wir dann auch zustimmen können. - Danke schön.
Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Vietze. - Das Wort geht jetzt an die Fraktion der CDU. Herr Abgeordneter Homeyer, bitte.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir behandeln heute das Thema “Investitionsvorhaben Chipfabrik Frankfurt (Oder)” deshalb, weil sich die PDS-Fraktion am vergangenen Donnerstag im Finanzausschuss nicht durchsetzen konnte mit der Forderung, dass die Landesregierung über den Stand der Investition Chipfabrik berichtet. Dass sie nicht berichtete, hatte einen einfachen Grund: Das Kabinett hatte noch
nicht entschieden. Das möchte ich in Erinnerung rufen. - Deshalb also wurde dieses Thema im Ausschuss für Haushalt und Finanzen völlig zu Recht von der Tagesordnung abgesetzt.
Wir behandeln das jetzt - das ist legitim, das sieht die Geschäftsordnung vor und darüber haben wir uns geeinigt - nicht im Rahmen einer Sondersitzung des Landtags, sondern als ganz normalen Tagesordnungspunkt, Herr Kollege Vietze. Darüber debattieren wir jetzt. Jetzt haben wir auch etwas zu debattieren, weil das Kabinett gestern Abend entschieden hat, und zwar positiv, und weil wir der Überzeugung sind, dass wir mit dieser gestrigen Entscheidung mit dem Projekt “Chipfabrik Frankfurt (Oder)” ein Stück weiter gekommen sind.
Herr Homeyer, können Sie mir darin zustimmen, dass im Ausschuss für Haushalt und Finanzen, in dem ich Mitglied bin, auf der Tagesordnung ein Bericht des Ministers stand, und zwar auf dessen Wunsch und nicht etwa zu der am gestrigen Tage getroffenen Entscheidung, ob die Landesinvestbank einen Auftrag zur Prüfung erhält, sondern zu dem Umgang mit der Chipfabrik, wozu es ein Schreiben der Ausschussvorsitzenden mit fünf Ihnen bekannten Sachverhalten gab, die auch Gegenstand des Antrags der 21 Abgeordneten sind, der jetzt zur Behandlung ansteht?
Herr Kollege Vietze, das mag ja sein, aber entscheidend ist doch Folgendes: Es geht hierbei nicht um irgendein Infrastrukturprojekt, sondern um eines der wichtigsten Zukunftsprojekte für dieses Land, mit dem Hoffnungen in der Region und im ganzen Lande verbunden sind.
Sie werden mir sicherlich Recht geben, dass die Landesregierung im Falle einer entsprechenden Forderung vonseiten der Opposition nur dann ehrlicherweise einen Bericht geben kann, wenn sie in der Sache entschieden hat. Was macht es für einen Sinn, wenn die Landesregierung berichtet, obwohl sich das Kabinett noch nicht geeinigt hat? Deshalb war die Entscheidung, diesen Punkt in der letzten Woche von der Tagesordnung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen abzusetzen, völlig richtig. Wir diskutieren ja jetzt hier,
und zwar auf der Grundlage einer Kabinettsentscheidung. Nun können Sie selbstverständlich auch Ihre Fragen stellen. Ob diese Fragen sinnvoll sind oder nicht, ist dabei eine andere Frage.
Herr Vietze, ich will Ihnen gar nicht das Recht absprechen, eine Sondersitzung des Landtags zu beantragen - wir haben uns ja auch darauf geeinigt, dies im Rahmen der Tagesordnung der heutigen Plenarsitzung zu behandeln -, aber das Ganze muss auch Substanz haben. Ich kann verstehen, dass es der PDS nicht gefallen hat, dass sie im Anschluss an die Sitzung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen die angekündigte Pressekonferenz nicht mehr abhalten konnte. Aber ich möchte noch einmal betonen, dass wir mit dem zur Diskussion stehenden Projekt seriös umgehen sollten.
Herr Abgeordneter Homeyer, der Abgeordnete Hammer hat noch eine Zwischenfrage angemeldet. Wollen Sie auch diese beantworten?
Herr Kollege Homeyer, stimmen Sie mir zu, dass es einen Zusammenhang geben könnte zwischen den Aktivitäten der Frankfurterinnen und Frankfurter einerseits und der gestrigen Entscheidung andererseits? Mit anderen Worten: Haben die Frankfurterinnen und Frankfurter Entscheidungshilfe geleistet?
Die gestrige Entscheidung der Landesregierung für die Chipfabrik stand an, und zwar nicht nur deshalb, weil Frankfurterinnen und Frankfurter dafür geworben haben, wobei dies in der Region auch andere getan haben. Es ist ja gut gewesen, dass wir uns alle um eine Entscheidung bemüht haben. Deshalb kann ich Ihnen nicht absprechen, dass das in der Tat so ist.
Ich möchte Ihnen noch einmal Folgendes deutlich machen: Wir alle sind davon ausgegangen, dass dieses Projekt schneller über die Bühne geht. Vielleicht hatten wir auch alle ein Stück weit Illusionen dahin gehend gehabt, dass ein solches Zukunftsprojekt etwas schneller zu realisieren sein würde. Aber, meine Damen und Herren - daran möchte ich erinnern -, hierbei handelt es sich nicht um irgendein Zukunftsprojekt, sondern um ein solches, das von großer Bedeutung nicht nur für Brandenburg, sondern für alle neuen Bundesländer ist.
Was wir mit dieser Infrastrukturmaßnahme tun, ist von so herausgehobener Bedeutung, dass es seinesgleichen in Deutsch
land und auch in Europa sucht. Deshalb bin ich der Meinung, dass auch Geduld und Professionalität im Umgang mit Informationen angezeigt sind. Wer hat denn vor dem 11. September gewusst, dass ein solcher Terroranschlag verübt werden würde? Wer hat denn gewusst, dass das dazu führt, dass die Märkte für lange Zeit zusammenbrechen? Das hat doch nichts damit zu tun, dass die Landesregierung hier nicht professionell gearbeitet hätte; vielmehr spiegelt sich hier ein globaler Trend wider, der sicherheitspolitisch begründet ist.