Protokoll der Sitzung vom 06.03.2002

Zwar wäre die Nutzung des Gebäudes zu anderen als schulischen Zwecken auch möglich, doch die Kosten des Umbaus wären unverhältnismäßig hoch, da das Gebäude im 19. Jahrhundert eigens für schulische Zwecke hergerichtet wurde. Es ist auch eine Zeitfrage.

Sie sehen, meine Damen und Herren, wie sich die Geduld und das beharrliche Hoffen der Abgeordneten hier erklären. So viel zur Vorgeschichte.

In der Zwischenzeit ist seitens der Abgeordneten Bewegung in die Angelegenheit gebracht worden. Es gab mehrere Fragen im Landtag und auch zwei Befassungen im Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur. Die Abgeordneten im Ausschuss waren sich einig, dass die Stiftung vom Land gewünscht war und ist und ihr Bestand dauerhaft gesichert werden muss. Sie sind sich deshalb einig darüber, dass es dabei nicht zielführend ist, wenn zwei Ressorts, nämlich das Bildungsministerium, weil es für Schulen zuständig ist, und das Kulturministerium, weil die Stiftung in seinen Zuständigkeitsbereich fällt, sich in Hilfskonstruktionen üben und dabei vielleicht den Anschein erwecken, sich ihrer Verantwortung für die Stiftung entziehen zu wollen, weil es eben dabei zu keinem Ergebnis kommen kann.

Es ist notwendig, dass die Landesregierung deshalb insgesamt konzeptionelle Vorstellungen zur dauerhaften Erhaltung der Stiftung “Stift Neuzelle” entwickelt. Die SPD-Fraktion geht dabei so weit, dass sie nicht ausschließlich am Schulbetrieb festhalten will, sondern auch Alternativen bedacht haben möchte, die eine multifunktionale Nutzung über das ganze Jahr gewährleisten, zum Beispiel Weiterbildungseinrichtungen, Berufsakademien, Fremdenverkehrseinrichtungen oder Ähnliches. Klar ist uns auch, dass ein Nutzungskonzept angemessene Zeit zur Umsetzung benötigt. Deshalb muss unter Umständen in einer Übergangsphase die finanzielle Sicherstellung durch das Land gewährleistet werden und gegebenenfalls eine kontinuierliche fachliche Beratung bei der Umsetzung des Konzepts durch das zuständige Ministerium erfolgen.

Die Stiftung selbst ist bemüht, finanziell dauerhaft auf eigenen

Beinen zu stehen. Sie beabsichtigt den Kauf von größeren Waldflächen, deren Bewirtschaftung sie künftig finanziell besser stellen wird.

Ich bitte Sie, dem vorliegenden Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Müller. - Ich gebe das Wort an die Fraktion der DVU, an Herrn Abgeordneten Firneburg.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir alle wissen, vor über 700 Jahren wurde das Kloster des Zisterzienserordens in Neuzelle gegründet. Es ist heute das einzige vollständig erhaltene Kloster seiner Art im Land Brandenburg und eine der wenigen unzerstört erhaltenen Klosteranlagen deutschland- und europaweit. Es ist, landschaftlich attraktiv eingebettet, in den Ausläufern des Schlaubetals und der Diehloher Höhen gelegen, welche in Neuzelle in die Oderwiesen übergehen.

Im Jahre 1268 stiftete der sächsische Markgraf Heinrich der Erlauchte das Kloster Neuzelle, welches eine große Bedeutung in der Besiedlungsgeschichte der Niederlausitz erlangen sollte. 1817 wurde das Kloster der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und die Besitztümer wurden in ein preußisch-staatliches Stift Neuzelle überführt, welches noch bis 1955 weiter bestand. Zu diesem Zeitpunkt wurde das Stift Neuzelle dann durch den Rat des Bezirkes Frankfurt (Oder) aufgelöst.

Erst nach der Wende, im Jahre 1990, setzte sich eine Kreistagsinitiative für die Wiederbelebung ein, die 1996 zu der Gründung einer öffentlich-rechtlichen Stiftung “Stift Neuzelle” des Landes Brandenburg führte. Diese Stiftung nahm 1997 ihre Arbeit auf und hat die Aufgabe, die ehemalige Klosteranlage wieder herzustellen, sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen sowie Wissenschaft, Kultur und Bildung zu fördern.

Es geht aber nicht nur um die Sicherung eines Kulturdenkmals und um die architektonische Bedeutung des Klosterensembles. Das Kloster bietet Chancen für viele Lebensbereiche. Hier wird die Geschichte lebendig gemacht und die Gegenwart belebt. Kulturveranstaltungen, also Konzerte, Ausstellungen und vieles mehr, ziehen Besucher an. Kulturelle Höhepunkte, die in Neuzelle in gewisser Regelmäßigkeit stattfinden, sind unter anderem Ausstellungen im Kreuzgangbereich, Klosterkonzerte, die bereits auf eine mehrjährige Tradition verweisen können, der “Lausitzer Opernsommer” und weitere Veranstaltungen. Diese sollen dazu beitragen, die ehemalige Klosteranlage zu beleben und damit auch Mittel frei zu machen, mit denen die notwendigen Restaurierungen wesentlich erleichtert werden könnten.

Durch Investitionen und Maßnahmen zur Förderung des Tourismus möchte die Stiftung “Stift Neuzelle” auch zur wirtschaftlichen Entwicklung der Region beitragen sowie Impulse für den Aufbau und die Erweiterung neuer Erwerbszweige geben.

(Unruhe im Saal - Glocke des Präsidenten)

Jede Veranstaltung erfordert Serviceleistungen, die durchaus

vom örtlichen Gewerbe erbracht werden können. Mittel zur Bewältigung ihrer Aufgaben und zur Finanzierung ihrer Ausgaben erwirtschaftet die Stiftung aus Liegenschaften des 1955 aufgelösten Stifts Neuzelle. Zur baulichen Wiederherstellung und Sanierung der Klosteranlage stellt das Land Brandenburg Baumittel zur Verfügung. Weitere Baumaßnahmen werden aus den Förderprogrammen finanziert.

Aber ist das für ein solches historisches, kulturelles und architektonisches Kleinod genug? Ein sehr wichtiger Punkt zum Erhalt dieses Barockensembles für die Kulturlandschaft unseres Landes - darin sind wir uns sicherlich alle einig - ist eine tragfähige Nutzungskonzeption für die in der Klosteranlage zur Verfügung stehenden Räume.

Unsere DVU-Fraktion stimmt deshalb dem Antrag zu. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke dem Abgeordneten Firneburg und erteile der Fraktion der CDU, Herrn Abgeordneten Dr. Niekisch, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Thema “Neuzelle” kann man das Thema “Preußen” leitmotivisch vorwegnehmen, das wir nachher besprechen werden.

Im Jahre 1817, nach dem Wiener Kongress, wurde eines der bedeutendsten barocken Kulturdenkmale in Mitteleuropa vom Land übernommen. Es gehört seitdem zu Preußen bzw. zu Brandenburg. Es ist so herausragend, dass heute nach dem Dom in Brandenburg (Havel) in Neuzelle das meiste an Fördermitteln und an Baumaßnahmen umgesetzt wurde. Also, wir wissen, wovon wir sprechen. Brandenburg (Havel) und Neuzelle sind zwei große kulturelle Spitzenpositionen im Land Brandenburg.

(Unruhe im Saal - Glocke des Präsidenten)

Es geht in diesem Antrag aber speziell um die Nutzung, um die Zukunft, um die Erhaltung dieses Ensembles. In dem großen Karree an der Klosterkirche gibt es ein Gymnasium mit etwa 5 000 m2 Nutzfläche. Wenn Sie diese Quadratmeterzahlen hören, wissen Sie, dass man es nicht anders nutzen kann, weder als Begegnungsstätte noch als Hotel. Es gibt dort keinen anderen Bedarf und auch keine Möglichkeit. Angesichts der großen Probleme in der Region mit Schloss Groß Rietz, dem Schloss Lieberose oder auch angesichts der Probleme der Auslastung der Begegnungsstätte in Ratzdorf ist klar, dass eine andere Nutzung dort nicht möglich sein wird. Bei zurückgehenden Schülerzahlen gibt es auch bezüglich der weiterführenden Schulen Konkurrenzsituationen zu den Schulen in Guben und in Eisenhüttenstadt, Frau Kollegin Siebke und Frau Kollegin Müller. Das sehe ich durchaus; aber ich meine, Konkurrenz belebt das Geschäft.

Gerade an dieser Stelle eine Schule mit der Ausrichtung als deutsch-polnisches Gymnasium, das ist eine hervorragende Sache, zumal polnische Eltern, anders als deutsche Eltern, großen Wert darauf legen, dass die Kinder in eine Schule mit einem

schönen Rahmen und mit kirchlicher Nutzung und kirchlicher Atmosphäre in der Nähe gehen. Deswegen sollten wir alles versuchen, um das Gymnasium und eine schulische Nutzung dort am Ort zu erhalten.

(Beifall bei der CDU)

Ich war mehrfach dort und habe mit dem Geschäftsführer gesprochen, der gerade diesen Punkt, die Attraktivität für polnische Eltern, deutlich hervorgehoben hat. Aber dieses Vorhaben ist noch nicht in dem Topf, in dem es kocht. Außerdem ist das Internat in Eisenhüttenstadt nicht gut untergebracht. Dort gibt es die hervorragende Option, das Haus E, die Seitengebäude zu Internaten auszubauen. Dort sollten wir das Geld hineinstecken, dort ist das sinnvoll.

Meine Damen und Herren, das Klosterstift hat eine wirtschaftliche Grundlage, die schmal, aber gerade ausreichend ist. Allerdings kann man dort aus eigener Kraft nicht wirtschaften, ausbauen und sanieren. Ein Viertel des Etats wird durch die Miete eingespielt, die von der Schule an das Stift gezahlt wird.

Es gibt vier bis sechs Optionen, wie wir diese Schule sichern können, zum Beispiel als Landesschule. Es gibt Vorbilder, in Sachsen-Anhalt “Schulpforta” oder in Sachsen “Sankt Afra” in Meißen mit der Ausrichtung Hochbegabtenförderung. Ich weiß, dass das schwierig ist, dass sich das Land in Cottbus aus dem Gymnasium zurückziehen will. Es gibt mit einer leisen Hoffnung immer noch die Option christliches Jugenddorfwerk. Wir könnten ein Konsortium aus Landkreis, Stiftung, Land und dem Amt Neuzelle bilden. Die Rahnschulen sind schon genannt worden, deren finanzielle Kraft womöglich nicht stark genug ist. Die Rahnschulen unterhalten aber zwei Schulen in Polen und verfügen daher über große schulinhaltliche Kompetenz.

Wir haben aber auch noch eine andere Option, nämlich Leerstand, meine Damen und Herren. Der Bauminister Meyer weiß, was Leerstand bedeutet. Leerstand ist sehr, sehr teuer. Da wir hier in preußischen Landen leben, sollten wir uns Leerstand an diesem herausgehobenen Ort der Kultur nicht leisten.

Meine Damen und Herren von der Landesregierung, vor allen Dingen Frau Ministerin Wanka und Herr Minister Reiche, ich möchte an Sie appellieren, das Klosterstift Neuzelle erst einmal von der kulturellen Seite zu sehen. Es ist eine Frage der Schulträgerschaft und in zweiter Linie auch eine Frage der schulinhaltlichen Gestaltung, also die Frage, welcher Schultyp dort vor Ort vorhanden sein sollte. Ich meine, es lohnt sich. Die Konkurrenz zu anderen Schulen in Fürstenwalde ist nicht so stark, als dass dort nicht ein Gymnasium Platz hätte. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Unsere Grenzlandsituation könnte dort ein ganz wichtiges Entwicklungsstandbein darstellen, vor allem für die Erweiterung der Europäischen Union nach Osten. Danke schön.

(Beifall bei CDU und PDS)

Ich danke dem Abgeordneten Dr. Niekisch und erteile das Wort der Landesregierung, Frau Ministerin Wanka.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Neuzelle - wir haben es mehrfach gehört - nimmt als einzigartiges barockes Ensemble eine Sonderstellung ein und ist ein Kleinod für das Land Brandenburg. Aus diesem Grunde hat man 1996 die Stiftung “Stift Neuzelle” gegründet: um eine dieser Bedeutung angemessene Entwicklung zu ermöglichen. Die kulturelle Tradition und das historische Erbe verpflichten dazu, dass der Zweck der Stiftung im Prinzip kulturelle, wissenschaftliche und Bildungsveranstaltungen sind.

Das Stiftungsvermögen umfasst über 1 000 ha. Dazu gehören die Klosteranlage, Waldflächen, landwirtschaftliche Nutzflächen und Gewässer. Wir streben weitere Vermögenszuweisungen in Größenordnungen von bis zu 10 000 ha Waldfläche an. Die Waldbewirtschaftung hat sich sehr erfolgreich entwickelt.

Zu dem, was Sie, Frau Müller, sagten, was die Zusammenarbeit der verschiedenen Ministerien betrifft: Es ist ausgehend vom MWFK in Zusammenarbeit mit dem Finanzministerium, dem Bauministerium und dem Landwirtschaftsministerium in einer sehr großzügigen Art und Weise, auch mit Bundesmitteln, über entsprechende Förderprogramme unwahrscheinlich viel an Fördermitteln und Investitionen in dieses Kloster geflossen. Nach dieser Anschubfinanzierung ist es der Stiftung gelungen, den Haushalt ausschließlich aus eigenen Einnahmen zu finanzieren. Außerhalb des Haushalts der Stiftung stellt das Land alle Mittel für Investitionen und Gelder für den Kulturhaushalt zur Verfügung. Langfristig kann die Stiftung aber nur funktionieren, wenn entsprechende Mieteinnahmen vorhanden sind, die wir bis jetzt durch die Schulnutzung hatten.

Klassisch fand in Neuzelle Priesterausbildung statt. Das heißt, das gesamte Areal und die Räumlichkeiten sind auf Schulausbildung und Internatsnutzung ausgerichtet. Die Bausummen, die wir brauchen, um dies wieder herzustellen, belaufen sich auf mehr als 20 Millionen Euro. Wenn man eine andere Art der Nutzung präferiert, werden die Summen noch erheblich höher. Außerdem ist dieses Objekt für die Schulnutzung besonders geeignet. Dazu kommt, dass sich durch den Denkmalschutz verschiedene Arten der Nutzung von vornherein verbieten.

Es besteht die Illusion, dieses Klosterstift ausschließlich als kulturelle Einrichtung zu fördern. Das ist nicht möglich. Wir können es also nicht institutionell fördern. Kultureinrichtungen dieser Art mit überregionaler Wirkung und Ausstrahlung bedürfen ständiger Zuschüsse, was nicht möglich ist. Außerdem findet die Art der kulturellen Nutzung auf einem sehr hohen Niveau schon jetzt mit entsprechender Stützung statt. Es gibt dort Ausstellungen, Opern, Konzerte. Nach der Restaurierung des Kreuzganges wird das noch intensiviert werden.

Das heißt, wir brauchen unbedingt eine Schulnutzung. Welche Art der Schulnutzung das sein wird, ist nicht entschieden.

Es könnte Hochbegabtenförderung sein - Eliteschule für Berlin war ein Konzept -, es kann eine öffentliche Schule sein, es können irgendwelche Hilfskonstrukte sein, es kann eine Berufsschulausbildung sein oder auch etwas anderes. Aber eine Intention in Richtung Schule ist notwendig.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Das MBJS ist dabei federführend und meint, dass wir bis zum Sommer ein tragfähiges Konzept für eine Schulnutzung haben werden. Dann wäre der Bestand von Neuzelle gesichert. Anderenfalls wird es sehr, sehr schwierig werden. Ich denke aber, dass der Antrag des Ausschusses mit Berichtspflichten und entsprechenden Auflagen für das gesamte Vorhaben günstig ist, Frau Müller. - Danke schön.

(Beifall bei CDU, SPD und PDS)

Ich danken Ihnen, Frau Ministerin Wanka. - Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Aussprache und kommen zur Abstimmung.

Ich rufe den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kultur in der Drucksache 3/3894 zur Abstimmung auf. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag einstimmig angenommen worden.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 11 und rufe den Tagesordnungspunkt 12 auf:

Gemeinsames Land Preußen

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 3/3912