Dieser Stellenwert des Tier- und Artenschutzes hat meine Fraktion auch dazu bewogen, den Text des Artikels 39 Abs. 3 der brandenburgischen Landesverfassung dem Text anzupassen, den wir in unserem erwähnten Antrag für Artikel 20 a Abs. 2 GG vorsehen. Wie Sie wissen, behandeln wir diesen morgen.
Ganz abgesehen davon, dass wir damit als Landesverfassungsgeber mit gutem Beispiel vorangehen und nicht nur von anderen etwas fordern, halten wir diese Verfassungsergänzung angesichts der Entwicklung in Wissenschaft und Forschung und angesichts zweifelhafter Praktiken im Umgang mit Tieren gerade hier in Brandenburg für dringend notwendig. Damit möchte ich mich im Folgenden näher befassen.
Wir alle müssen uns - je nach Interessenlagen vielleicht mehr oder weniger intensiv - zunehmend mit folgenden Problemen auseinander setzen:
Erstens: Wissenschaft und Forschung sind heute mit der Gentechnik dazu in der Lage, natürliche Lebensformen grundlegend zu verändern. Sie können Arten verändern, neue Arten züchten und durch ihr Handeln auch den Bestand der ganzen Art infrage stellen. Erwähnen möchte ich hier nur - Sie werden es alle schon gehört haben - das Schaf “Dolly”, den “Turboweizen” und “Turboschweine”, die schneller wachsen, weil sie genmanipuliert sind.
Zweitens: Die Forschung findet vielfach aus wirtschaftlichen Erwägungen statt und ist natürlich nicht auf die Grenzen unseres Landes beschränkt. Sie macht umgekehrt hiervor aber auch nicht Halt. Einige Wirtschaftskonzerne trachten mit dieser Forschung danach, aufgrund entsprechender Patente und unter Verdrängung herkömmlicher Methoden namentlich in der Landwirtschaft Monopolstellung zu erlangen, mit voraussichtlich fatalen Auswirkungen insbesondere in der so genannten Dritten Welt. Die Verfahrensweise dieser Wirtschaftskonzerne wurde jüngst gerade anhand der Auseinandersetzungen um ein Aidsmedikament in Südafrika deutlich, als der betreffende Konzern auf sein Patent pochte und der Staat Südafrika offensichtlich nicht bezahlen konnte. Dies ist ein ethischer Unzustand.
Abgesehen von den Gefahren eines vergleichbaren Umgangs mit landwirtschaftlichen Genforschungsergebnissen bergen diese Forschungen zudem die Gefahr der Verdrängung natürlicher angestammter heimischer Arten, seien es Tier- oder Pflanzenarten, aus wirtschaftlichen Gründen, weil sich deren Haltung wegen der Konkurrenzprodukte aus den Genlaboren wirtschaftlich schlicht nicht mehr rechnet. Jedenfalls für mittelständische landwirtschaftliche Betriebe nichtindustrieller Art kann das existenzbedrohende Auswirkungen haben. Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes haben hiervor Angst. Wir haben dies heute früh in der Fragestunde schon ausführlich erläutert.
Hierdurch geht nicht nur die Lebensqualität verloren, langfristig drohen uns auch globalisierte genmanipuliert-versteppte Einheitskulturen, wobei deren Auswirkungen in ihrer ganzen Tragweite heute noch gar nicht absehbar sind. Daher muss der Verfassungsgeber rechtzeitig eingreifen und der Forschung durch ausreichenden verfassungsrechtlichen Artenschutz Grenzen setzen.
Genau das wollen wir als DVU-Fraktion mit dem hier in Brandenburg vorliegenden Antrag erreichen. Die beantragte Neufassung von Artikel 39 Abs. 3 unserer brandenburgischen Verfassung richtet sich wie unser Antrag zur Änderung des Grundgesetzes an Wissenschaft und Forschung.
Drittens: Wie auch in unserem Antrag zur Änderung des Grundgesetzes sind, alleine schon aus ethischen Gründen, aus Gründen unserer Werteordnung, nicht hinnehmbare Erscheinungsformen der industriellen Massentierhaltung unsere zweite Zielrichtung. Hierbei geht es nicht um den Erhalt von Tierarten, sondern um die artgerechte Haltung. Abgesehen von dem Zusammenhang, der zwischen industrieller Massentierhaltung und unserem bereits erwähnten Anliegen des Artenschutzes nicht von der Hand zu weisen ist, wollen wir auch eine “verfassungsrechtliche Missbrauchsgrenze” in die brandenburgische Verfassung einziehen. Mit anderen Worten: Auch verfassungsrechtlich durch Individualgrundrechte des Grundgesetzes geschütztes wirtschaftliches Gewinnstreben darf zukünftig im Zuge der Tierhaltung nicht mehr zum beliebigen Umgang mit den Tieren als Mitgeschöpfen führen. “Neurotische” Puten, die sich aufgrund der Enge von Ställen die Federn ausreißen, Hühner, deren Extremitäten oder Skelette deswegen verkrüppeln, und “Turboschweine”, die bei geringstem Stress einen Herzinfarkt erleiden, sollen auch zukünftig hier in Brandenburg nicht zum Alltag werden.
denburg erreichen, natürlich auch zum Schutz unseres nichtindustriellen bäuerlichen Mittelstandes, der sonst aus Kostengründen in Konkurrenz zur industriellen Massentierhaltung in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät.
Widernatürliche Haltungsformen dürfen nicht zur Regel werden, meine Damen und Herren. Entsprechendes muss natürlich auch für mit ethischen Grundsätzen nicht zu vereinbarende Formen von Massentiertransporten gelten.
Viertens: Eine weitere Zielrichtung unseres Antrages ist es schließlich, gegen mit unserem ethischen Grundverständnis vom Tier als Mitgeschöpf nicht zu vereinbarende Einzelmaßnahmen bei der Behandlung von Tieren in aller Klarheit verfassungsrechtliche Grenzen zu ziehen. Das betrifft namentlich rituelles Töten von Tieren.
Dazu gehört aus unserer Sicht das jüngst in die Schlagzeilen geratene so genannte Schächten. Hierbei werden Tiere ohne Betäubung getötet. Etwa ein Rind wird dazu auf dem Schlachthof in ein schraubstockartiges Gestell aus Metallplatten fest eingespannt. Danach wird der Kopf mit einer Metallgabel nach hinten gepresst, damit die Kehle frei liegt und straff gespannt wird. Danach wird das Tier in dem Gestell um 180 Grad auf den Rücken gedreht. Ihm wird bei vollem Bewusstsein, meine Damen und Herren, die Kehle samt Halsschlagader, Speiseröhre, Nervensträngen und Halsmuskeln durchgeschnitten und es blutet bei vollem Bewusstsein aus, es sei denn, das Rind erstickt vorher am eigenen Blut.
Der Tierschutzbund kommentiert das dahin gehend, dass “die Zeitspanne zwischen dem Aufschneiden der Kehle, dem Schächten an sich, und dem Hirntod der Tiere - insbesondere bei Rindern - sehr lange dauern kann”.
Ich denke, dass es keiner näheren Erörterung bedarf, um festzustellen, dass diese Behandlungsweise mit unserem Werteverständnis von Tieren als Lebewesen und Mitgeschöpfen nicht in Einklang zu bringen ist. Hier bedarf es einer Verfassungsnorm mit verpflichtendem Charakter, die zweifelsfrei dieser religiös-rituell begründeten Praxis trotz des unmittelbar durch oder aufgrund von Gesetzen nicht einzuschränkenden Individualgrundrechts der Religionsfreiheit zumindest durch verfassungsimmanente Schranken jedenfalls hierzulande Grenzen setzt.
Lassen Sie mich abschließend noch zwei Dinge dazu sagen, warum wir die Änderung von Artikel 39 Abs. 3 unserer Landesverfassung für wichtig halten:
Erstens: Gerade unser Land Brandenburg ist ein weitgehend landwirtschaftlich geprägtes Land mit nichtindustriellem bäuerlichen Mittelstand.
Zweitens: Zudem erheben gerade wir aufgrund unserer Naturund Kulturlandschaften selbst den Anspruch, touristisch besonders attraktiv zu sein.
Ich danke dem Abgeordneten Claus. - Ich gebe das Wort für die Koalitionsfraktionen dem Abgeordneten Klein.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Verfassung des Landes Brandenburg trifft in Artikel 39 - Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen - weit gehende Aussagen zum Schutz unserer Natur und Umwelt und den sich daraus ergebenden Pflichten für alle. Insbesondere in Absatz 3 heißt es:
“Tier und Pflanze werden als Lebewesen geachtet. Art und artgerechter Lebensraum sind zu erhalten und zu schützen.”
An dieser Stelle bedarf es keiner weiteren Detailregelung, wie es beispielsweise der Gesetzentwurf der DVU vorsieht. Weiter gehende Regelungen über den Tierschutz finden sich in EU-, Bundes- und Landesrecht.
Ich möchte außerdem noch darauf verweisen, dass der Deutsche Bundestag, wie wir alle gesehen und gehört haben, nach jahrelanger Diskussion die Aufnahme des Tierschutzes als Staatsziel in das Grundgesetz beschlossen hat.
Der Bundesrat wird voraussichtlich - so sind jedenfalls die Mehrheiten zu diesem Problem - am 21. Juni der Verfassungsänderung zustimmen. Damit ist Deutschland - das sollten wir uns wirklich auf der Zunge zergehen lassen - das erste Land in der Europäischen Union, das den Tierschutz in die Verfassung aufnimmt.
Mit dem Tierschutzgesetz hat der Bund außerdem von seiner konkurrierenden Gesetzgebung Gebrauch gemacht, sodass neues Landesrecht nicht durch die Länder entstehen kann. Das Land hat lediglich die Aufgabe, den Vollzug des Tierschutzgesetzes zu kontrollieren. Für uns ist es also wichtig, dass die Regelungen zum Tierschutz eingehalten und durch entsprechende Kontrollen von der Verwaltung abgesichert werden. Wir halten diese Regelungen für ausreichend und der Sache wirklich dienend.
Dem Vorschlag zur Änderung der Verfassung entsprechend dem Gesetzentwurf der DVU werden wir nicht zustimmen. Wir werden auch einer Überweisung in die Ausschüsse nicht zustimmen. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Ich danke dem Abgeordneten Klein. - Ich gebe das Wort an die Fraktion der PDS. Frau Abgeordnete Dr. Enkelmann, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Präsident, mit Ihrer gütigen Erlaubnis fasse ich die Position der PDS zu drei Tagesordnungspunkten dieser Landtagssitzung gleich zusammen. Die DVU fordert uns auf, uns mit dem Tierschutz zu befassen. Ich denke, ich bekomme das in einem Beitrag unter.
Man ist versucht, den Damen und Herren von der DVU sozusagen “Endlich aufgewacht, meine Damen und Herren!” zuzurufen. Es ist vom Kollegen Klein schon gesagt worden, Tierschutz ist in der Brandenburger Landesverfassung - seit dem 17. Mai auch im Grundgesetz - geregelt.
Nun wissen wir - das haben wir hier bei Debatten mehrfach erleben dürfen -, dass die DVU nicht allzu viel mit der Landesverfassung und schon gar nicht mit dem Grundgesetz am Hut hat.
Uns jetzt vorschreiben zu lassen, dass wir uns sozusagen auf Anregung der DVU mit diesem Thema beschäftigen sollen, ist, denke ich, nicht nötig. Es ist noch viel zu tun, aber dazu brauchen wir die Anregung der DVU nicht. Sollte es allerdings beim Artenschutz vor allem um die Gattung zweibeinige Rechtsausleger gehen, dann sollten wir Demokraten diesen Artenschutz verweigern. - Ich danke Ihnen.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Dr. Enkelmann. - Wünscht die Landesregierung das Wort? - Ich sehe, dass das nicht der Fall ist. Dann schließe ich die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und wir kommen zur Abstimmung.
Die Fraktion der DVU beantragte, den Gesetzentwurf in der Drucksache 3/4327 an den Hauptausschuss - federführend - und an den Ausschuss für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung zu überweisen. Wer diesem Überweisungsantrag folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist der Überweisungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden und ich rufe den eigentlichen Gesetzentwurf in der Drucksache 3/4327 zur Abstimmung auf. Wer diesem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Damit ist der Gesetzentwurf in der 1. Lesung abgelehnt worden.
Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt mit dem Beitrag der Fraktion der PDS. Frau Abgeordnete Große, Sie haben das Wort.
Große Anfrage sollte aus Sicht der PDS einer konkreten Bestandsaufnahme der Weiterbildung im Land Brandenburg nach nunmehr neunjähriger Geltungsdauer des Brandenburgischen Weiterbildungsgesetzes dienen, und zwar unabhängig von den Weiterbildungsberichten, zu denen die Landesregierung verpflichtet ist und in denen sie natürlich in erster Linie die aus ihrer Sicht erfolgreichen Aspekte betont. Mit der Anfrage sollten Ergebnisse, aber auch Defizite aufgezeigt werden, damit notwendige Schlussfolgerungen gezogen werden können.
Diesem Anspruch wird die Antwort allerdings kaum gerecht. Die wohlklingenden, teilweise sehr allgemein gehaltenen Antworten zeugen von Selbstzufriedenheit, an einigen Stellen auch von Unkenntnis oder Ignoranz der konkreten Situation.