Anstelle des vorliegenden Staatsvertrages wären auch Regelungen zur gegenseitigen Nutzung von Kindereinrichtungen über eine Rahmenvereinbarung möglich gewesen. Dieser Rahmenvereinbarung hätten dann betroffene Brandenburger Kommunen beitreten können. Diese Variante scheiterte an der fehlenden Bereitschaft der Stadt Berlin. So ist dieser Staatsvertrag gerade im Hinblick auf die für Brandenburg besonders günstige Lösung in Bezug auf die bestehenden Altverträge die einzig gangbare Lösung.
Wenn wir uns in diesem Haus darüber einig sind, dass Staatsverträge stets eine Form des Kompromisses sind und deshalb nie eine hundertprozentige Umsetzung der Wünsche bringen, können und müssen wir diesem Staatsvertrag zustimmen. Die Ausschüsse für Inneres und für Bildung, Jugend und Sport schlugen dem Hauptausschuss jeweils mehrheitlich eine zustimmende Beschlussempfehlung an den Landtag vor. Die Koalitionsfraktionen werden der Beschlussempfehlung des Hauptausschusses folgen und dem Gesetz zum Staatsvertrag zustimmen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich danke dem Abgeordneten Lenz und gebe das Wort für die Fraktion der PDS an den Abgeordneten Vietze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Notwendigkeit des vorliegenden Gesetzes ist aus Sicht der PDS unumstritten. Es gibt drei Gründe, die im Wesentlichen dafür sprechen. Zum einen ist es der, dass es zurzeit circa 1 400 Brandenburgerinnen und Brandenburger gibt, die in Berlin arbeiten und ihre Kinder gerne in einer Berliner Kindertagesstätte unterbringen möchten. Es gibt zum anderen etwa 180 Berlinerinnen und Berliner, die ihre Kinder in einer Brandenburger Kindertagesstätte unterbringen wollen. Das heißt, wir dürfen diese Eltern mit ihren Problemen nicht allein lassen.
Angesichts der Größenordnung ist sicherlich eine gesetzliche Regelung angebracht. Ob das immer gleich in der Kategorie eines Staatsvertrages sein muss, ist natürlich aufgrund der Bedeutung, die diese Regierung dem Vorhaben beimisst, zu beurteilen.
Es hätte möglicherweise auch völlig ausgereicht, die bestehende Regelung nach dem 31.12.2001 fortzuführen; denn deren Gültigkeit war zu diesem Zeitpunkt abgelaufen.
Wenn man die Frage aufwirft, warum das so ist, dann bekommt man schnell eine Antwort, wenn man weiß, dass bisher für die notwendigen Ausgleichszahlungen das Land Brandenburg aufgekommen ist, welches für diese Zahlungen nun nicht mehr aufkommen möchte, denn die entsprechenden Kommunen sollen dafür verantwortlich sein. Das ist jetzt staatsvertraglich geregelt. Deswegen gibt es einen Grund für den Staatsvertrag. Fakt ist aber, dass es natürlich mit der Willensbildung in der Regierung verbunden ist, dafür nicht mehr aufzukommen.
Dann ist es natürlich auch so - das ist der dritte Grund -, dass man die vielen Streitigkeiten, die es zu dieser Problematik gegeben hat, die immer ein schlechtes Licht auf die Diskussion über die Fusion von Berlin und Brandenburg geworfen haben, endgültig abschließen will, indem man eine bleibende, tragfähige Lösung unterbreitet.
Wir gehen davon aus, dass die bisherigen Regelungen für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes Brandenburg durchaus vernünftig waren. Ich finde es auch gut, dass es für die bestehenden Betreuungsfälle einen Bestandsschutz gibt, der in das Gesetz eingearbeitet ist. Für diesen Teil kann man sagen: Jawohl, das ist ganz vernünftig geregelt.
Warum man es für alle künftig aus Berlin in das Umland von Brandenburg ziehenden Bürgerinnen und Bürger nicht mehr so regeln will, ist ein Teil, der uns in der Begründung des vorliegenden Gesetzestextes vorenthalten wird.
Fakt ist auch, dass die Regelungen nicht gewährleisten, dass - wie momentan notwendig und erforderlich - die Zuwendungen und Ausgleichszahlungen in Höhe von 690 Euro pro zu betreuendem Kind erfolgen. Sicherlich betrifft dies die jetzt vor Gericht anstehenden Entscheidungen, bei denen Eltern gegen ihre Gemeinde klagen, wobei möglicherweise die Übernahme der vollen Kosten Berlin auferlegt wird bzw. die Kosten vor allen Dingen von den Gemeinden zu tragen sind. Dabei handelt es sich um Kosten in Höhe von 6 000 bis 8 000 Euro, wie wir aus entsprechenden Anhörungen wissen.
Damit ist das eigentliche Dilemma des ausgehandelten Staatsvertrages sichtbar, nämlich der Spagat zwischen dem Wunsch der Eltern nach einem Kita-Platz in Berlin und der nicht vorhandenen Verpflichtung der Gemeinden, an andere Orte Kita-Beiträge zu entrichten. Somit wird dies letztlich zulasten der Eltern und der Kinder gehen.
Hierin besteht zweifellos der Interessenkonflikt zwischen Leistungsträger und Eltern. Dieser Konflikt wurde zwar mit dem Vertrag nicht neu geschaffen, aber auch nicht geklärt. Es wäre angemessen gewesen - Herr Lenz hat darauf verwiesen -, wenn die Spitzenverbände, der Städte- und Gemeindebund einbezogen worden wären; denn nach der Brandenburger Verfassung sind sie bei allen die Kommunen unmittelbar berührenden Gesetzen durch die Landesregierung rechtzeitig in den Gesetzgebungsprozess einzubeziehen.
Unsere Fraktion hatte im Hauptausschuss Akteneinsicht beantragt und durchgeführt und dabei diesen groben Verfahrensfehler festgestellt, der dann auch bestätigt wurde.
Es besteht jetzt die Situation, dass darüber im Nachgang gesprochen und Einvernehmen darüber erzielt wurde. Fakt ist aber: Es gibt Einvernehmen darüber, dass man formal angehört wurde, aber es gibt keine Übereinstimmung bezüglich des Anliegens, das der Städte- und Gemeindebund an den Ausschuss und damit an den Gesetzgeber herangetragen hat.
Somit haben wir es mit der Situation zu tun, dass hier nicht mehr als ein formaler Akt stattgefunden hat. Demzufolge sagen wir: Die Probleme bleiben mit diesem Vertrag ungelöst. Er ist kein Dokument, dem die PDS ihre Zustimmung geben kann. Ich danke Ihnen.
Ich danke Herrn Abgeordneten Vietze. - Ich gebe das Wort an die Fraktion der DVU. Frau Abgeordnete Fechner, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Bericht des Hauptausschusses sind die Punkte aufgeführt, die bei diesem Staatsvertrag am meisten auf den Nägeln brennen. Die gesammelten Kritikpunkte sind in unseren Augen so gravierend, dass man einem solchen Gesetz nicht zustimmen kann. Eine Fülle von Verfahren vor den Verwaltungsgerichten kündigt sich bereits an. Aber auch die Deutsche Volksunion sieht die Notwendigkeit einer generellen Regelung.
Es ist nachvollziehbar, dass das Land Berlin den Aufwand scheut, mit jeder betroffenen Gemeinde eine Einzelregelung zu treffen, und deswegen lieber mit dem Land Brandenburg verhandelt. Es ist vorstellbar, dass Berlin ohne diesen Staatsvertrag jede Zusammenarbeit auf diesem Gebiet verweigern könnte. Entsprechende Andeutungen dazu gab es bereits.
Die Fraktion der Deutschen Volksunion sieht auch ein, dass die unterschiedlichen Strukturen und Flächen im Land Brandenburg und im Stadtstaat Berlin keine Lösung zulassen, die allen Beteiligten völlig gerecht wird.
Vor die Wahl gestellt, einem mit Mängeln behafteten Gesetz zuzustimmen oder einen chaotischen Zustand zu riskieren, entscheiden wir uns für die dritte Alternative: Wir werden uns der Stimme enthalten. - Ich danke.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Fechner. - Ich gebe das Wort an die Landesregierung. Herr Minister Reiche, bitte.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Heute, denke und hoffe ich, kann der Staatsvertrag nach der Zustimmung im Landtag in Kraft treten und es wird damit eine erhöhte Verfahrensklarheit zugunsten vieler Eltern und ihrer Kinder geschaffen.
Ich hatte schon zur 1. Lesung darauf hingewiesen, dass wir für die Kinder, die bereits im jeweils anderen Bundesland betreut werden, die Sicherheit erreichen konnten, dass sie weiterhin betreut werden, bis ihr Vertrag ausläuft. Bei dieser Bestandsregelung ist uns Berlin dankenswerterweise sehr entgegengekommen. Eine solche Regelung haben wir in anderen Bereichen der Republik, in denen Länder aneinander grenzen, nicht.
Für die Neuverträge wurde eine Vereinheitlichung im Verfahren erreicht, wenn die jeweiligen Leistungsverpflichteten einer Betreuung im jeweils anderen Land zustimmen. Damit wissen Eltern, Gemeinden und Bezirksämter, wie vorzugehen ist.
An dieser Stelle gab es warnende Stimmen, die von Einmischung in kommunale Angelegenheiten und in kommunale Hoheit gesprochen haben. Offenbar ist es für manche schwer vorstellbar, dass das Land Berlin nicht bereit ist, mit jeder Umlandgemeinde jeweils eine eigene Verabredung zu treffen; denn dies wäre die Alternative.
Wenn wir im Interesse der mehr als 1000 Kinder, die gegenwärtig im jeweils anderen Bundesland betreut werden, zu einer Regelung mit Berlin kommen wollen, dann müssen wir diesem nachvollziehbaren Wunsch nach einer einheitlichen Regelung entsprechen.
Zukünftig stellt der Staatsvertrag die Basis für ein verlässliches Verfahren zur effizienten Nutzung vorhandener Ressourcen unter Berücksichtigung des Bürgerwunsches dar. Wesentliche Änderungen im Verfahren, das alle aus den vergangenen Jahren bereits kennen, gibt es nicht.
Für die nach dem Brandenburger Kita-Gesetz zuständigen Ämter, Gemeinden und Eltern, die die Einrichtung im jeweils anderen Land nutzen wollen, wird das Verfahren hingegen aufgrund des Staatsvertrages erleichtert und transparenter.
Ich möchte diese Gelegenheit noch einmal nutzen, um ungerechtfertigten Hoffnungen oder Befürchtungen im Zusammenhang mit diesem Staatsvertrag entgegenzutreten. Dieser Staatsvertrag schafft keine neuen Rechte für Eltern oder Pflichten für Gemeinden. Wir haben auch bewusst davon abgesehen, allen Kindern ein Recht auf Betreuung im jeweils anderen Bundesland einzuräumen.
Es ist damals im Zusammenhang mit der Fusion immer wieder deutlich gemacht worden, wie schwierig es sein würde, all die notwendigen Regelungen durch Staatsverträge zu fassen. Sie erleben hier einen Beweis dafür, dass das, was wir damals gesagt haben, leider richtig ist.
Sie kennen die schwierigen Diskussionen um die Belastungen der Gemeinden durch Kindertagesbetreuung. Wir wollen keineswegs diese Belastung, die in Brandenburg so hoch wie in keinem anderen Bundesland ist - wir haben gemeinsam einen so hohen Standard wie in keinem anderen Bundesland für die KitaVersorgung gesetzt -, erhöhen.
Dass Brandenburger Gemeinden bereits aus finanziellen Gründen nicht begeistert sind, die höheren Platzkosten in Berlin für einen Teil ihrer Kinder zu finanzieren, ist, denke ich, nachvollziehbar. Sie werden dies tun müssen, soweit sie § 5 des Kinderund Jugendhilfegesetzes dazu verpflichtet oder wenn sie selbst nicht genügend Plätze haben.
Ebenso nachvollziehbar und verständlich ist das Interesse von Eltern, für ihr Kind einen Platz ihrer Wahl zu finden. Dieser Wunsch macht an Ländergrenzen nicht Halt. Gleichzeitig ist es in allen Lebensbereichen eine Tatsache, dass man staatliche und kommunale Leistungen nur dort beanspruchen kann, wo man lebt. Für die Kindertagesbetreuung als ein kommunales Angebot bedeutet dies, dass Eltern diese Frage mit ihrer Wohnortgemeinde klären müssen. Es handelt sich im Grundsatz um einen Interessenkonflikt mit begründeten und nachvollziehbaren Standpunkten auf beiden Seiten. Diese Interessenkonflikte müssen im Einzelfall vor Ort ausgetragen und auf der bestehenden Grundlage entschieden werden. Der Staatsvertrag greift hier nicht ein, schafft, wie gesagt, keine neuen Rechte und Pflichten, sondern Klarheit über das Wie.
Eltern wissen, an wen sie sich wenden müssen. Gemeinden, die einen Antrag auf Betreuung in Berlin positiv bescheiden, wissen, wie das Verfahren läuft und welche Ausgleichsbeträge zu zahlen sind.
An einer Stelle wird geltendes Recht verändert. Die Elternbeiträge werden vom Leistungsverpflichteten festgesetzt und erhoben und nicht vom Träger der Einrichtung. Diese Regelung soll verhindern, dass ein Betreuungsplatz gesucht wird, für den die geringsten Elternbeiträge zu zahlen sind. Obwohl der Versuch von Eltern, Ausgaben zu sparen, verständlich ist, ist es nicht zumutbar, dass eine leistungsverpflichtete Gemeinde für einzelne Kinder einen teureren Platz bezuschusst und dann auch noch auf Einnahmen verzichtet, die sie von allen Nutzern der eigenen Kitas für erforderlich hält.
Ich bitte Sie, im Interesse der Eltern und ihrer Kinder, das heißt im Interesse von mehr als 1000 Kindern und weit mehr als 1000 Elternpaaren, diesem Gesetz zuzustimmen und damit den Staatsvertrag zwischen Brandenburg und Berlin zur Erleichterung der gegenseitigen Kindertagesbetreuung in Kraft zu setzen. - Vielen Dank.
Ich danke Ihnen, Herr Minister Reiche. - Meine Damen und Herren! Wir sind am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt angelangt und kommen zur Abstimmung.
Ich rufe zur Abstimmung die Beschlussempfehlung des Hauptausschusses, die Ihnen in der Drucksache 3/4455 vorliegt, auf. Wer dieser Beschlussempfehlung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist die Beschlussempfehlung mehrheitlich angenommen worden und das Gesetz zu dem Staatsvertrag zwischen dem Land Berlin und dem Land Brandenburg über die gegenseitige Nutzung von Plätzen in Einrichtungen der Kindertagesbetreuung in 2. Lesung verabschiedet.
Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt mit dem Beitrag der Fraktion der SPD. Herr Abgeordneter Muschalla, Sie haben das Wort.