Protokoll der Sitzung vom 27.06.2002

Aber - Herr Präsident, das wäre meine Frage an ihn - wären Sie wirklich so dumm, dieses Geschenk nicht anzunehmen'? Insofern glaube ich nicht, dass irgendeiner der Kreise, die ja alle finanziell leider nicht auf Rosen gebettet sind, diese Mithilfe des Landes, die es so in keinem anderen Land gibt, ausschlägt, weil sie ihm nicht hoch genug erscheint.

(Hammer [PDS]: Das steht in der Verfassung!)

Herr Abgeordneter Dr. Wiebke, Sie haben das Wort für die nächste Nachfrage,

Herr Minister, ist Ihnen klar, dass diese neue Richtlinie insbesondere die Kreise und die Träger sehr hart trifft, die außerordentlich finanzschwach und gleichzeitig außerordentlich bedürfti g sind

(Beifall hei der PDS)

und dass speziell in der Uckermark statt bisher 40 nur noch 20 Stellen finanziert werden können und damit ein ganz bedeutender Teil der Aufgaben nicht mehr wahrgenommen werden kann, obwohl gerade dieser Kreis die Richtlinie bisher hat erfüllen können? Wäre es vor diesem Hintergrund nicht denkbar, dass man wenigstens das Budget. das man bisher gebunden an den Landkreis verteilt hat, weiterhin verteilt. sodass der Kreis nicht in doppelter Weise betroffen ist, das heißt. dass für diejenigen Stellen, die nicht kofinanziert werden können, dann nicht auch noch die Landesmittel verloren gehen und damit mö glicherweise nicht einmal die 20 Stellen finanziert werden können? Wir müssen gerade auf dem nächsten Kreistag dazu Rede und Antwort stehen,

(Beifall hei der PDS)

Minister- Reiche:''

Jeder, auch wir im Landtag. muss seine Prioritäten setzen. Wenn hei dieser Prioritätensetzung Jugendarbeit zu einer solchen Posteriorität wird, das heißt nicht mehr mitfinanziert wird. dann ist das vor Ort zu verantworten.

Land und Kreise sind nicht in gleicher Weise bedürftig. Da haben Sie Recht. Wenn Sie sich angucken, in welchem Umfang das Land Brandenburg im bundesweiten Vergleich verschuldet ist und wie die brandenburgischen Kommunen verschuldet sind, dann werden Sie feststellen, dass die brandenburgischer] Kommunen dank der tätigen Mithilfe des Landes in diesen ganzen zwölf Jahren am alleruntersten Ende der Verschuldung liegen, weil wir eben in dieser Weise interveniert und geholfen haben. Insofern kann ich Ihrer Bitte nicht entsprechen.

Das 61 0-Stellen-Programm wird für alle Kreise in der gleichen Weise ausgewiesen. Das heißt, für eine Stelle gibt es in jedem Landkreis dieselben Zuschüsse, nicht mehr und nicht weniger. Sie müssen immer auch für eine Stelle verwendet werden, Ich kann nicht zulassen, dass die Kreise mit den Mitteln. die wir für zwei Stellen vorsehen, eine Stelle finanzieren.

Wenn allerdings Kreise sagen, bei ihrer eigenen Prioritätensetzung kämen Jugendstellen nicht in diesem Umfang vor, dann nehmen wir sie dankend zurück und geben sie den Kreisen. die eine entsprechende Priorität setzen wollen und können.

Vizepräsident 1-labermann:

Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren, wir sind am Ende des Redezeitvolumens.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 2 und rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

2. Lesung des Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Sparkassengesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 3/4149

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Haushalt und Finanzen

Drucksache 3/4461

Zu diesem Tagesordnungspunkt wurde vereinbart. keine Debatte zu führen. sodass ich sofort zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung kommen kann. Wer der Beschlussempfehlung in der Drucksache 3/4461 seine Zustimmung geben möchte. den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist der Beschlussempfehlung mehrheitlich zugestimmt worden und das Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Sparkassengesetzes in der 2. Lesung verabschiedet.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 3 und rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

2. Lesung des Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes Brandenburg

Gesetzentwurf der Fraktion der PDS

Drucksache 3/3508

Beschlussempfehlung und Bericht des Hauptausschusses

Drucksache 3/4456

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt mit dem Beitrag der Fraktion der PDS. Herr Abgeordneter Vietze, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im November des vergangenen Jahres hat die PDS-Fraktion die entsprechenden Gesetzentwürfe zur Änderun g der Verfassung und des Wahlrechts mit dein Ziel der Einführung des Jugendwahlrechts in den Landtag eingebracht. Sie hat gute Chancen gesehen für eine zustimmende Behandlung dieser Gesetzesinitiative. nachdem in den vergangenen Jahren in Niedersachsen, in Schleswig-Holstein, in Mecklenburg-Vorpommem. in Sachsen-Anhalt und in NordrheinWestfalen das kommunale Jugendwahlrecht eingeführt worden war und auch in Berlin in gleicher Weise eine Koalition jetzt darüber verhandelt, auch in Brandenburg mit Blick auf die im nächsten Jahr anstehenden Kommunalwahlen durch die Einführung des Jugendwahlrechts ein deutliches Zeichen zu setzen.

Wir haben uns redlich bemüht, Herr Ludwig hat in der Debatte im Rahmen der 1. Lesung die Sachargumente eingeführt. ich möchte nach den Beratungen zu zwei Sachverhalten jetzt noch einmal kurz etwas sagen.

Erstens: In Brandenburg ist die CDU berechenbar, Sie hat gleich gesagt, sie sei dagegen, und hat das auch hei den Beratungen sehr deutlich dokumentiert.

Die SPD in Brandenbur g ist eine interessante, sich sehr schöpferisch und vielseitig repräsentierende Partei. Sie beschließt, sich für das Jugendwahlrecht einzusetzen, Sie ergreift Initiative, indem Landesvorstand und Parteitage entsprechende Beschlüsse fassen. Der Bildungsminister sorgt für Aufmerksamkeit in den Medien mit einer interessanten PR-Aktion. indem er deutlich macht, wie sich sein Ministerium und vor allem er ganz persönlich dieser bedeutenden Aufgabe stellen. Dann kommen die Aussprachen, die sachlichen Anträge und schließlich die Konsequenz, dass man das für zeitlich noch nicht geboten halte, mö glicherweise mit Rücksichtnahme auf die berechenbare Kraft in dieser Regierung. die gesagt hat: Mit uns findet dies nicht statt.

(Beifall bei der PDS)

Ein solch flexibles Agieren sollte in diesem Hause noch einmal eine besondere Würdigung finden.

Da so manche Abgeordnete der SPD, wenn hier Aussprachen mit Schülergruppen stattfinden, deutlich erklären, dass sie sich für das Jugendwahlrecht aussprechen, beantragen wir, dass über unseren Gesetzentwurf namentlich abgestimmt wird, weil in dieser Situation möglicherweise nur das Gewissen des einzelnen Abgeordneten gefragt ist.

(Zurufe von der SPD)

Zweitens: Es sollte daran erinnert werden, dass der Ministerpräsident a. D. in einer Debatte einmal deutlich gesagt hat: Die jungen Leute wollen das gar nicht so. weil sie andere Sachverhalte bewegen, nämlich die Ausbildung und der sichere Arbeitsplatz. - Wie wir wissen - das gilt jetzt nicht nur für PISA. was in der Fragestunde schon wieder eine bedeutende Rolle gespielt hat, sondern auch für anderes -, bleibt für Aushildungsund sichere Arbeitsplätze noch viel zu tun.

Herr Fritsch hat richtigerweise gesagt. dass man über dieses '[Thema sprechen müsse. Natürlich muss man darüber sprechen. Das ist ja ein wichtiges Thema, insbesondere in Wahlkampfzeiten. Da gibt es aber einen Schwenk und da. Herr Fritsch, sollten Sie aufpassen. Sie leiten jetzt die fol gende Konsequenz daraus ah: Die jungen Leute nutzen zurzeit nicht einmal die ihnen durch die Sozialdemokratie eingeräumten großzügigen Rechte, die sie jetzt schon haben.

(Fritsch [SPD]: Ja, das ist schade!)

Eigentlich liegt es nicht an der Sozialdemokratie. sondern an den jungen Leuten. - Da müssen Sie aufpassen; denn das moderne Brandenburg, das Ihr neuer Ministerpräsident verkündet, das mit Bildung. mit Forschung und mit Wissenschaft etwas zu tun haben soll, sollte zumindest das Willy-Brandt-Wort beinhalten;

Mehr Demokratie wagen, und zwar auch durch die SPD. bringt mehr. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke dem Abgeordneten Vietze und gebe das Wort an die Abgeordnete Richstein. Sie spricht für die Koalitionsfraktionen CDU und SPD.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Täglich grüßt das Murmeltier" und. zwar nicht ganz so häufig. aber doch mit Regelmäßigkeit, wiederholen sich auch einige Anträge der PDS

(Zuruf von der PDS: Richtig, wenn sie geboten sind? - Weitere Zurufe von der PDS)

wie auch der heute vorgelegte zur Änderung der Verfassung.

Zunächst einmal möchte ich mich dafür bedanken, dass Sie uns als verlässlichen Partner erkannt haben. Was wir in der Politik umsetzen wollen, kündigen wir zunächst an und setzen es dann auch durch.

Gerade gestern gab es in diesem Saal eine Feierstunde zum zehnjährigen Jubiläum der Verfassung des Landes Brandenburg. Vielleicht ist allen Abgeordneten auch die Publikation zugegangen: „Zehn Jahre Verfassungswirklichkeit im Land Brandenburg" Dazu hat auch der Vorsitzende der Fraktion der PDS einen Beitrag geleistet: „Eine moderne Verfassung mit Reformbedarf' Diesen Beitrag habe ich natürlich gelesen, konnte aber nicht erkennen, dass gerade das für Sie so wichtige Thema. nämlich die Herabsetzung des Wahlalters, dort erwähnt worden ist.

(Prof. Dr. Bisky (PDS) : Wir haben es ja nicht dort beantragt, sondern schon früher!)

Aus diesem Grunde scheint uns Ihre Intention vordergründig nur darin zu bestehen, sich als Wohltäter für die Jungwähier zu gerieren. uni diese an sich zu binden.

(Zuruf von der PDS: Das ist aber schwach!)