„Die Landesregierun g geht davon aus. dass Lehrkräfte grundsätzlich in der Lage sind, die Gesamtheit ihrer Tätigkeiten in der Arbeitszeit... ohne zusätzliche Inanspruchnahme von Freizeit zu leisten.
Allerdings gibt es dazu keine empirischen Untersuchungen. Wie wäre es, wenn die Schulämter bzw. die Landesregierung eine Befragung unter den Lehrkräften bezüglich der zusätzlich benötigten Arbeitszeit vornehmen würden? Lehrkräfte werden ja heutzutage über ziemlich alles befragt. Warum sollten sie also nicht einmal Auskunft über ihre tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden gehen? Allerdings beabsichtigt die Landesregierung nicht. durch eine genaue Bestimmung, Erfassung und Abrechnung der Tätigkeiten die Illusion zu nähren. die Arbeit von Lehrkräften sei mit einer exakten Zeiterfassung zu messen.
Ja. da hat die Landesregierung Recht. Natürlich ist die Messung dieser Arbeit mit einer exakten Zeiterfassung nicht möglich. Aber sie würde Rückschlüsse auf die wirkliche Anzahl der Arbeitsstunden von Lehrkräften zulassen.
Zusammenfassend kann gesagt werden: Neue Erkenntnisse hat diese Große Anfrage nicht gebracht. Aber vielleicht sollten viele der Fragen nur dazu dienen, dass sich die Landesregierung mit dieser Problematik auseinander setzt; denn eines steht fest: Die Arbeitsbelastung der Lehrkräfte hat - auch aufgrund der ständigen Aufgabenerweiterungen in den letzten Jahren - sehr zugenommen.
Die Landesregierung meint dazu, es gehöre zu den Besonderheiten des Berri fs einer Lehrkraft, dass es vorübergehend zu stärkeren Belastungen, aber auch zu Entlastungen kommen könne.
Das ist richtig; jedoch wird es auch unserer Landesregierung nicht entgangen sein, dass sich das Aufgabenfeld in den letzten Jahren stetig erweitert hat. Darauf muss endlich reagiert werden.
Als ein erster Schritt müsste die Verordnung über die Arbeitszeit der Beamten den neuen Arbeitsanforderungen der Lehrkräfte angepasst werden.
Meine Damen und Herren, die PDS-Fraktion wollte mit ihrer Großen Anfrage Transparenz und Klarheit in die Fragen der Arbeitsbelastung von Lehrkräften brin gen, Ob ihr das mit diesen Fragen gelungen ist, erscheint fraglich. Auf alle Fälle bleibt zu hoffen, dass diese Große Anfrage die Landesregierung zum
Nachdenken angeregt hat und dass sie im Interesse der Lehrkräfte und auch der Schüler endlich handelt. - Ich danke.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Fechner. - Ich gehe das Wort an die Landesregierung. Herr Minister Reiche, bitte schön.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Landesregierung ist der Auffassung, dass eine Lehrkraft einen Beruf gewählt hat. der anspruchsvoll und schwierig ist. dass die Lehrkraft also nicht nur einen Job macht, sondern einer Berufung folgt.
Der Beruf des Lehrers ist nur mit außerordentlich hohem Verantwortungsbewusstsein auszufüllen und - mehr als in anderen Beiufett - von einem hohen Anteil eigener Gestaltungsspielräume gekennzeichnet. Dieser Beruf hat aber auch etwas, was in vielen anderen beruflichen Tätigkeiten schmerzlich vermisst wird: die Evidenz von Sinn und Zweck einer anstrengenden und schwierigen. zugleich aber auch befriedigenden und erfüllenden Arbeit. Es handelt sich um einen Beruf, bei dem alle glauben, weil sie schon einmal die Schule besucht haben. mitreden und mitmahnen zu können. Der Beruf des Lehrers findet in der Öffentlichkeit leider nicht die eigentlich notwendige und ihm vor allen Dingen auch gebührende Aufmerksamkeit und Anerkennung.
Sie wissen wie ich, dass der Grad. wie gut Lehrer im Einzelnen ihre Arbeit machen, durch ein Ministerium nur sehr begrenzt messbar ist. ich bin aber überzeugt davon, dass viele Lehrkräfte eine sehr gute Arbeit leisten. Leider bin ich genauso davon überzeugt - auch aufgrund von zwei Jahren intensiver Beobachtung dieser Situation -, dass wir die gute Arbeit, die Lehrerinnen und Lehrer leisten. in der Gesellschaft häufig viel zu wenig würdigen. Es wird immer wieder nur über die schlechten Lehrerinnen und Lehrer geredet, die es - wie in jeder anderen Berufsgruppe - auch gibt. und wir können immer auf das Vorurteil der Bevölkerung rechnen und dann auf der Klaviatur dieses Vorurteils spielen.
In der Öffentlichkeit gibt es aber auch das Vorurteil, dass Lehrer wegen der scheinbar freien zeitlichen Organisation ihrer Arbeit nur während der Unterrichtszeit tätig seien. Lassen Sie uns einen Moment gemeinsam über die Frage der zeitlichen Inanspruchnahme nachdenken.
Ein Beschäftigter im öffentlichen Dienst des Landes Brandenburg muss 1 760 Stunden pro Jahr arbeiten. Er ist an den Werktagen 8.5 Stunden - einschließlich Pausen - im Dienst. Die von uns für die Lehrkräfte festgelegte Unterrichtsverpll ichtung bedeutet, dass sie in den rund 40 Schulwochen von diesen 1 760 Stunden etwas weniger als die Hälfte unterrichten. Sie haben also zwischen 920 und 980 Stunden im Jahr Zeit, alle sonstigen Aufgaben, die sie als Lehrkräfte erfüllen müssen, zum Beispiel Vor- und Nachbereitung des Unteniebts, zu erledigen. Damit hat ein Lehrer für den Fall, dass er seine gesamte Arbeit innerhalb der Schulzeit erledigt, nicht nur 40 Stunden pro Woche zu arbeiten, sondern 44 Stunden.
Wozu dieser kleine Exkurs in die Zahlen? Ich will zeigen, dass die Behauptun g, Lehrkräfte müssten übel 40 Stunden in der Woche arbeiten, richtig ist. So wird auch erklärlich. warum sich Lehrkräfte innerhalb der Schulzeit in einem außerordentlich hohen Maß zeitlich belastet fühlen, Ich hielt es für einen ausgemachten Unsinn. mit diesen Zahlen zu belegen, dass der Lehrerberuf nur subjektiv anstrengend wäre. Die Arbeit mit den jungen Menschen, der hohe Anteil an erzieherischer Tätigkeit. der in der Schule zu leisten ist, fordern die ganze Person.
Die Misserfolge, die in jedem Beruf vorkommen, werden von den Lehrkräften intensiver empfunden, weil sie nicht mit Sachen, sondern mit lebendigen, noch dazu jungen Menschen verbunden sind: Menschen, die zum Glück auch immer wieder ihre Meinung sagen.
Wahrscheinlich sollten wir überhaupt nicht vom Beruf des Lehrers sprechen, sondern in erster Linie vom Beruf der Lehrerin. Denn dies ist ein Beruf, der in erster Linie von Frauen ausgeübt wird. Sehr viele Frauen ziehen Kinder groll und sind damit viele Jahre ihres Lebens erhebtich belastet. Das hat zwangsläufig zur Folge, dass sie ihre Arbeit als Lehrerin außerhalb des Unterrichts häufig in den Zeiten machen müssen, in denen die eigenen Kinder, jedenfalls wenn sie noch klein sind, schlafen. Damit wird aber vielleicht einer der genannten Vorteile des Lehrerberufes, nämlich die relativ freie Disponibilität eines großen Teils der Arbeitszeit, zu einem Faktor, der dann auch als zusätzliche Belastung empfunden wird.
Eine Lehrerin, ein Lehrer kann nicht ohne weiteres auseinander halten, wann denn nun endlich das Privatleben anfän gt. Sie bzw. er wird häufig über den gesamten Tag wissen, dass abends noch Korrekturarbeiten warten.
Wir müssen - die Kultusministerkonferenz versucht das mit ihrer Imagekampagne - den Lehrerberuf in der Gesellschaft so würdigen, wie es ihm angemessen ist. Ich denke, es ist nicht erträglich, dass der Lehrer in einem vor kurzem gerade vorgestellten Ranking in der Wertschätzung der Gesellschaft auf Platz 14 vor den Politikern und den Journalisten kommt, die sich die beiden letzten Plätze teilen,
Kein Lehrer kann unsere Debatte derzeit verfolgen, weil sie alle arbeiten. Deshalb möchte ich Sie bitten: Helfen Sie mit, dass die wichtige und schwierige Arbeit von Lehrerinnen und Lehrern gerade jetzt zum Schuljahresende immer wieder von ihnen persönlich, aber auch öffentlich gewürdigt wird! Ich denke, das wäre ein hilfreicher und übrigens auch ein kostenloser Beitrag ge gen das Bum-out, das Ausbrennen von Lehrern, wenn sie spüren, sie werden von uns im Parlament und von der Bevölkerung im Land unterstützt. - Vielen Dank.
Ich beende die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und stelle fest, dass Sie die Antwort der Landesre gierung in dere
Drucksache 3/4424 auf die Große Anfrage 40 der Fraktion der PDS in der Drucksache 3/3851 zur Kenntnis genommen haben. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 7.
Ehe ich die Landtagssitzung unterbreche, möchte ich noch darauf hinweisen, dass sich der Wahlprüfungsausschuss jetzt sofort nach der Unterbrechung im Raum 505 zu einer Sitzung trifft.
Ich begrüße Sie zum Nachmittagsteil der 59. Sitzung des Landtages Brandenburg in seiner 3. Wahlperiode und ich begrüße Gäste unter uns. Realschüler aus Perleberg in der Prignitz. Herzlich willkommen in der Landeshauptstadt!
Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung. Herr Minister Ziel, Sie haben das Wort.
Sehr verehrter Herr Präsident? Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 7. Mai dieses Jahres hat die Landesregierun g die Konzeption zur Integration bleibeberechtigter Zuwanderer im Land Brandenburg beschlossen. Vorangegangen war eine mehr als einjährige Diskussionsphase mit den Ressorts der Landesregierung. mit den Kommunen, mit den Verbänden und mit anderen Beteili gten. Weitestgehend konnten wir die Hinweise, die uns gegeben worden waren. aufnehmen. sodass insbesondere die Kommunen mit dieser Konzeption sehr zufrieden waren.
Es liegt uns jetzt eine Konzeption vor, die das erklärte Ziel hat, die Integration von Zuwanderern im Land Brandenburg zu verbessern. Sie ist Teil des Handlungskonzeptes „Tolerantes Brandenburg".
Wir gehen davon aus, dass wir jährlich 5 000 Zuwanderinnen und Zuwanderer in unserem Land haben. Wir müssen das als eine Aufgabe begreifen, die sich insbesondere auf die Zielrichtun g „Tolerantes Brandenburg" bezieht.
Die Konzeption gliedert sich in vier Teile. Ich will sie nur ganz kurz anreißen, indem ich benenne, wie diese Teile definiert sind.
Im ersten Teil sind die Zielstellung, die Begriffserläuterung, die Aufgaben und die Kosten enthalten.
Im zweiten Teil sind die Lebenssituation und der Rechtsstatus der Zuwanderungsgruppen im Land Brandenburg dargestellt.
Es sind die Rahmenbedingungen dargelegt. die von der Seite des Bundes gegeben sind und die unsere Kommunen haben. Das gehört gleichzeiti g zum dritten Teil.
Der vierte Abschnitt ist der konzeptionelle Teil. Da finden Sie die Maßnahmen zur Verbesserung der Integrationsbedingungen. Dieser konzeptionelle Teil umfasst auch eine ganze Reihe von I landlungsfeldern. 16 sind es insgesamt. Ich will Ihnen nur drei Handlungsfelder benennen. Das sind die Optimierung des Verteilungs- und Zuweisungsverfahrens, die Optimierung der Wohnungsunterbringung und die Verbesserun g der sprachlichen Integration.
Zur Umsetzung der Konzeption ist unter anderen' die Bildung eines lntegrationsheirates vorgesehen. Wir werden über die Weiterentwicklung der Konzeption und über die grundsätzlichen Fragen diskutieren und auch Einfluss auf die politische Willensbildung nehmen. Der zuständige Ausschuss des Landtages wird von uns laufend informiert werden, so wie er auch in der Vergangenheit informiert worden ist. - Vielen herzlichen Dank.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In der heutigen Debatte setzen wir uns mit der Konzeption der Landesregierung zur Integration bleibeberechtigter Zuwanderer im Land Brandenburg auseinander. Für diese Konzeption stellt diese Debatte nur ein Mosaiksteinchen dar.
Es ist festgestellt worden, dass die Konzeption nach langen Diskussionen, Erfahrungsaustauschen und Bestandsaufnahmen zustande gekommen ist. In diesen Prozess waren viele einbezogen. die mit dieser Arbeit konkret befasst sind.