Protokoll der Sitzung vom 27.06.2002

Das Wort erhält die DVU-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Firneburg.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mehr Autonomie für die Hochschulen und hochschulpolitische Verantwortung des Landes gehören untrennbar zusammen. Die Weiterführung des Modellversuchs Globalisierung und des Übergangs zur Budgetiemng der Hochschulhaushalte ist in der Tat nicht leicht. Sie ist ohne Frage mit Blick auf die letzten Wochen und Monate auch nicht ohne Stolpersteine. Das muss in aller Offenheit gesagt werden.

Der Landeshochschulrat Brandenburg erklärte in einer Pressemitteilung unter anderem: Zur Kompensation der nach jüngsten Schätzungen zu erwartenden Steuerausfälle hat die Finanzministerin für das Jahr 2002 eine Haushaltssperre verhängt.

Die notwendigen Einsparungen in Höhe von 130 Millionen Euro sollen von allen Ressorts gleichermaßen getragen werden. Das bedeutet Für das Wissenschaftsministerium eine Einsparsumme in Höhe von 10,9 Millionen Euro. Sollte dies auf die Hochschulen umgelegt werden. sieht der Lancleshochschulrat damit die Umsetzung der von der Landesregierung und dem Landtag gefassten Beschlüsse zur Stabilisierung und Weiterentwicklung der Hochschulen des Landes nachhaltig gefährdet.

Eine zukunftsorientierte Entwicklung der Wirtschaft und damit

auch eine 'Verbesserung der Steuereinnahmen des Landes lässt sich langfristig nur durch konsequente Prioritätensetzung für Bildung und Wissenschaft erreichen. Die zum Abbau der ohnehin bereits bestehenden Überlast und zur Einrichtung stark nachgefragter Studiengänge veranschlagten 7 Millionen Euro dürfen daher den Hochschulen nicht nachträglich wieder entzogen werden,

Angesichts der Tatsache. dass Brandenburg bereits jetzt im Bundesvergleich hinsichtlich der Hochschulausgaben im Landeshaushalt an letzter Stelle lie gt, hält der Landeshochschulrat weitere Kürzungen des Hochschuletats für nicht vertretbar. Die DVU-Fraktion schließt sich ohne Wenn und Aber dieser Auffassung des Landesbochschulrates von Brandenburg an.

Der Hochschut- und Wissenschaftsstandort Brandenburg ist in Gefahr, obwohl die Landesregierung selbst mit einem Anstieg der Zahl der Studierenden rechnet. Es sollen im Jahr 2007 mehr als 38 900 Studierende sein - so die Prognose der Landesregierung. die uns mit dem Bericht vorgelegt wurde.

Wie soll das zusammengehen: Weiteres Wachstum der Studentenzahlen auf der einen und gleichzeitige Kürzung der Mittel auf der anderen Seite? Das bleibt ein Rätsel.

Meine Damen und Herren von der Regierungsbank, die DVU-Fraktion betont zum x-ten Mal: Gehen Sie den Hochschulen unseres Landes endlich Planungssicherheit! Ansonsten wird das Land Brandenburg seine begabtesten jungen Bürger aus dem Land vertreiben, und zwar noch stärker als bisher.

(Zuruf des Abgeordneten Petke 1CDUI)

Dann ist Brandenburg ganz gewiss nicht mehr ein Land, das Zukunft atmet, und die Bildungschancen der Studierenden in Brandenburg werden sich massiv verschlechtern.

„Wir müssen in Zukunft die Schwerpunkte der Landespolitik auf Bildung. Wissenschaft und Forschung legen, Produkte entwickeln und so die Wirtschaft ankurbeln,"

Ich kann ihn nur dazu beglückwünschen, auf dieses Feld gegangen zu sein und diese Themen angesprochen zu haben.

Aber mit einem Landesanteil für Wissenschaft und Forschung im Jahr 2002 in Höhe von 2,4 % und 2,8 % für 2003 werden wir das nicht einmal ansatzweise schaffen. Hierin liegt die erste Mammut- und Herkulesaufgabe der neuen Landesregierung. Es muss zumindest erkennbar sein, dass wir zum Ende der Legislaturperiode einen gemeinsamen Erfolg erreicht haben werden. dass wir zumindest im hinteren Drittel der neuen Bundesländer im Bereich von Wissenschaft und Forschung rangieren und nicht mehr auf dem letzten Platz. So möchte ich dieses Thema beschreiben.

Auch die Idee. dass aus der Bildung - von PISA ausgehend über Wissenschaft und Forschung neue Produktketten gewonnen und Reichtum geschaffen werden sowie Wertschöpfung erfolgen kann. ist sehr bestechend und genial. aber auch nicht neu. Schauen Sie sich an, wie Preußen, Brandenburg und Deutschland groß geworden sind. Wir sind die Nation von Einstein, Planck. Hertz. Diesel. Bering, Mommsen und Sauerbruch. Es ist auf der Grundlage der entschiedenen, konzentrierten Kultuspolitik. aber auch von Wissenschaft und Forschung und natürlich auch aufgrund der kulturellen Unterstützung geschehen.

In den 90er Jahren sind wir in der Bildungspolitik andere Wege gegangen. Das Desaster haben wir jetzt. In der Wissenschaftsund Forschungspolitik haben wir auch nicht das getan, was ein armes Land tun sollte, nämlich sich auf die Ressource Mensch, auf intellektuelle Qualitäten und Kapazitäten zu konzentrieren.

(Beifall bei CDU und SPD) (Unruhe im Saal - Glocke des Präsidenten)

Als Hochschul- und Wissenschaftsstandort gerät unser Land zunehmend ins Abseits. Daran kann auch Ihr zweiter Bericht zur „Stabilisierung und Weiterentwicklung der Hochschulen im Land Brandenburg- nichts ändern. - Ich danke.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort geht an die CDU-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Dr. Niekisch.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir tagen zu vorgerückter Stunde und alle haben die Ferien vor Augen, aber man sollte sich trotzdem einmal Folgendes vor Augen halten:

(Zurufe von der CDU)

Der neue Ministerpräsident des Landes Brandenburg hat am letzten Sonnabend eine Zeitenwende im Land Brandenburg eingeleitet. Er hat gesagt:

Meine Damen und Herren! Wir haben den zweiten Bericht der Landesregierung vorliegen: „Stabilisierung und Weiterentwicklung der Hochschulen im Land Brandenburg". Ich hatte bereits in meiner ersten Rede darauf verwiesen, dass es nicht nur um Stabilisierung, sondern auch um Weiterentwicklung geht. In der großen Koalition. die wir im Jahr 1999 ein gegangen sind. gibt es erste Anzeichen der Besserung: denn wir haben gemeinsam einiges geschafft. Diesbezüglich möchte ich den Kollegen von der SPD-Landtagsfraktion danken. Und die Namen Hacket und Wanka und die neue Landesregierung stehen dafür, dass wir eine Trendwende eingeleitet haben.

(Zustimmung hei der CDU)

1 nunerinn ist der Anteil am Landeshaushalt für Wissenschaft und Forschung von 1,9 % im Jahr 2000 so weit gestiegen, dass wir im Jahre 2003 2,8 % erreicht haben werden bzw. erreichen wollen.

(Frau Osten 1 PDS I: Man muss die Gesamtsumme sehen!)

Jedoch liegen die absoluten Zahlen bei 198 Millionen Euro oder 199 Millionen Euro. An dieser Stelle hat sich nicht sehr viel getan. Deswegen müssen wir alle gemeinsam den neuen Mi

nisterpräsidenten - schade, dass er nicht da ist - heim Wort nehmen und ihn tatkräftig unterstützen: denn er hat den Stein der Weisen gefunden, wie dieses Land aus der schlechten Stimmung und der schlechten wirtschaftlichen Situation, die der abgetretene Ministerpräsident ausgebreitet und beschrieben hat, herauskommen kann.

Die ersten Schritte, die von der Landesregierung und uns gemeinsam eingeleitet wurden. möchte ich kurz skizzieren: Zunächst haben wir uns vorgenommen, den geburtenstarken Jahrgängen, die wir im Osten haben. sowohl personen- als auch flächenbezogen eine weitere Chance an den brandenburgischen Hochschulen und Universitäten zu gehen und das Studienplatzangebot zu erweitern, sodass im Doppelhaushalt 2002/2003 170f) Studienplätze zusätzlich vorgesehen sind.

Die Zahl der Studenten soll von 33 000 im Jahr 2001 auf 38 000 im Jahr 2005 steigen. Danach wird die Zahl aufgrund geburtenschwacher Jahrgänge langsam wieder sinken. Wenn die brandenburgischen Hochschulen und Universitäten attraktiv bleiben bzw. noch attraktiver werden, müssen die Studentenzahlen nicht unbedingt heruntergehen, sondern es können aus anderen Ländern. vor allen Dingen aus anderen Bundesländern, auch weiter

21 Studentinnen und Studenten nach Brandenburg gezogen werden.

Wir haben uns des Weiteren zusammen mit dem Ministerium sowie den Hochschulen und Universitäten angeschaut. in welchen Bereichen es Fächer gibt. die besonders wirtschaftsintensiv sind oder dies werden können und in welchen Bereichen man entsprechende Studienplätze zusätzlich anbieten kann. Diesbezüglich hat sich Immenses getan. Zum Beispiel sind in der Bioinformatik, der Wirtschafts- und Verwaltungsinformatik, der Internettechnolo gie oder auch in der Biosystemtechnik sehr viele neue Studienplatzangebote geschaffen worden.

Meine Zeit ist zu Ende, jedenfalls hier vorn.

(Frau Siebke [SPD]: Für immer'?)

Ich kann Sie alle und vor allen Dingen den Ministerpräsidenten einladen, sich die Hochschulen und Universitäten anzuschauen und das Engagement und das Potenzial zu sehen. dabei aber auch die dort vorhandenen unglaublich starken finanziellen Bremsen zu erkennen und sie gemeinsam lösen zu helfen. Danke schön.

(Beifall hei CDU und SPD)

Da es der Ministerin hier vorn so gut gefällt. erhält sie noch einmal das Wort.

Herr Trunschke. ich bin überrascht, weil Sie unsere Dinge ansonsten genauer lesen.

Erster Punkt: Der Eigenbeitrag der Hochschulen beim Aufruf zur Schaffung neuer Studienplätze war von Anfang an Konzept.

Konzept ist nicht, dass jede Hochschule etwas hinzubekommt, sondern die Hochschulen müssen ihr System selbst durchforsten.

Zum Beispiel schließt die Universität Potsdam bestimmte Studiengänge. Das war von vornherein so angelegt. Es ist Strategie. nicht nur etwas hinzuzubekommen - was überhaupt nicht beklagt wird. Wenn man sich die Relationen bei den 1 700 Studienplätzen ansieht, stellt man fest: I 422 Plätze werden finanziert und 278 erbringen die acht Hochschulen im Eigenbeitrag. Also. dort kann man auch die Relation ablesen.

Zweitens zu der Forderung, den Hochschulentwicklungsplan fortzuschreiben: Genau das ist erfolgt.

Was die Finanzen betrifft. muss ich sagen, dass wir im Einzelplan 06 drei große Bereiche haben, die finanzrelevant sind: die Hochschulen. die außeruniversitären Forschungseinrichtungen sowie den Kulturbereich und die Kirchen. Einen Aufwuchs haben wir dezidiert im Hochschulbereich. nicht in den anderen Bereichen.

Die globale Minderausgabe erstreckt sich auf alle Bereiche. Also kann man die 11 Millionen Euro nicht mit dem verrechnen, was im Hochschulbereich hinzu gekommen ist. Das wäre einfach unseriös.

(Zuruf der Ab geordneten Frau Osten [PDS])

Sind Sie bereit. eine Zwischenfrage zu beantworten'?

Ich würde ganz gern noch den Satz zu Ende bringen und dann zu Herrn Trunschke kommen. - Der Konsolidierungsdruck, unter dem der Gesamthaushalt steht, macht es unmöglich, einen Bereich völlig herauszunehmen. Die Prioritätensetzung. die das Kabinett bezüglich der Hochschulen getroffen hat, haben wir folgendermaßen umgesetzt. Beim Umlegen der globalen Minderausgabe auf alle Einzelhaushalte gibt es eine Bemessungsgrundlage; danach bekommt jeder Einzelhaushalt seine Summe. Bei dieser Bemessung wurde eine einzige Ausnahme im Kabinett gemacht, und zwar beim Einzelplan 06, bei dem der Personaletat der globalisierten Hochschulen aus der Berechnung herausgenommen wurde. Deshalb ist die globale Minderausgabe für meinen Einzelplan 4.8 Millionen Euro niedriger und es ist genau aufgelistet, welches andere Ressort diese Summe erbringt. Das ist, denke ich, doch ein Stück Prioritätensetzung.

Innerhalb des Einzelplans 06 habe ich mich bemüht. die Summe für die Hochschulen zu minimieren. Wir müssen hei den Hochschulen praktisch 2,9 Millionen Euro einsparen. Das bedeutet aber nicht eine Verrechnung mit dem Aufwuchs. Die Direktoren haben gestern zusammengesessen und sie sind - auch aus Einsicht in die Notwendigkeit - bereit. nicht einfach die neuen Dinge zu opfern, sondern - das ist im Rahmen der Hochschulautonomie möglich - Vorschläge dafür zu machen, wo die Einsparungen zu erbringen sind, wo die einzelnen Summen, die jeder Hochschule auferlegt wurden, erbracht werden können. Danke schön.

Ihre Frage noch. Herr Trunschke.