Protokoll der Sitzung vom 04.09.2002

Der Vertrag ist gestrickt. Ich bitte um Unterstützung des Hauses für dieses ambitionierte Projekt. Lassen Sie uns den Startschuss noch im Herbst geben. Für Beratungen in den Ausschüssen stehe ich zur Verfügung. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär Speer. - Meine Damen und Herren, bevor ich den nächsten Redner aufrufe, möchte ich Gäste im Landtag begrüßen. Es handelt sich um eine Seniorengruppe aus der Kirchengemeinde Hohenbocka und Hosena, also aus dem Süden unseres Landes. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Das Wort geht an die Fraktion der PDS, Herrn Abgeordneten Prof. Dr. Bisky.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine Fusion von ORB und SFB erscheint meiner Fraktion als einer der wichtigen Schritte, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in der Region Berlin-Brandenburg zu stärken. Eine gemeinsame Anstalt könnte unter anderem mehr Einfluss in der ARD bringen.

Seit Beginn dieses Jahres haben wir eine intensive Diskussion um den Staatsvertrag und um eine solche gemeinsame Rundfunkanstalt geführt. Beteiligt waren Politiker, Experten und die

Betroffenen. Es sind Veränderungen zum ursprünglichen Entwurf von Staats- und Senatskanzlei vorgenommen worden, einiges wurde gestrichen, anderes ergänzt. Erstaunt waren wir an dem Tag, als Ministerpräsident Stolpe - unmittelbar vor seinem Rücktritt - und der Regierende Bürgermeister den Staatsvertrag für viele überraschend in einer bestimmten Textform unterzeichneten, die wir bereits vor zwei Monaten noch einmal ausführlich begründet in diesem Hause kritisiert haben. Kritik am unterzeichneten Text gibt es auch und besonders von den Personalvertretungen von ORB und SFB, die mit der Annahme des Bundespersonalvertretungsgesetzes eine Schlechterstellung gegenüber dem Berliner wie auch gegenüber dem Brandenburger Personalvertretungsgesetz erkennen und diese Schlechterstellung nicht akzeptieren.

Nun erleben wir etwas ganz Merkwürdiges. Sowohl der Senat als auch die regierende Koalition in Brandenburg erklären - ich habe noch keine andere Stimme gehört -, dass auch sie diese Schlechterstellung nicht wollten. Dann fragt sich doch ein normaler Mensch, warum sie dann im Text steht.

(Beifall bei der PDS)

Wäre es nicht vernünftig - hierzu greife ich einen Vorschlag aus dem Abgeordnetenhaus von Berlin, vor wenigen Tagen von meiner Kollegin Gesine Lötsch vorgetragen, auf -, auf ganz unkomplizierte Weise den Konsens in dieser Frage in einer möglichst zeitnahen gemeinsamen Sitzung der beiden dafür zuständigen Ausschüsse festzustellen und festzuschreiben? Warum sollte das nicht gehen, wenn niemand dagegen ist?

Ich will Ihnen heute diesen Vorschlag unterbreiten und hoffe darauf, dass durch diese einfache Tat alle Spekulationen und Mutmaßungen, warum das, was angeblich alle wollen, nicht im Text des Vertrages stehen kann, beendet werden. Das ist ein ganz einfacher Vorschlag. Auf jeden Fall wäre es besser, die gemeinsame Anstalt nicht durch eine völlig unnötige Brüskierung der Personalvertretungen des SFB und des ORB zu beschließen. Das wäre exakt der falsche Schritt in die falsche Richtung.

(Beifall bei der PDS)

Die PDS-Fraktion hält es für ein unverzichtbares Anliegen, die Personalvertretungsrechte für die gemeinsame Anstalt auf gar keinen Fall und noch dazu ohne jeden erkennbaren Grund zu verschlechtern. Deshalb von meiner Fraktion dieser Vorschlag, der zugleich die Überweisung in den Hauptausschuss einschließt.

Die von uns unterstützten Standorte Prenzlau und Perleberg sind davon unberührt und könnten, falls ein für alle Seiten tragfähiger Kompromiss gesucht wird, zunächst bis zum Jahre 2007 festgelegt und dann endgültig entschieden werden und

(Beifall bei der PDS)

entsprechend den Erfordernissen die kulturelle Differenziertheit von Berlin und von Brandenburg dauerhaft berücksichtigen. Ich bedanke mich.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen Herr Abgeordneter Prof. Dr. Bisky. - Das Wort geht an die Fraktion der SPD, Herrn Abgeordneten Klein.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 25. Juni dieses Jahren haben die Regierungschefs der Länder Berlin und Brandenburg den Staatsvertrag zur Errichtung einer gemeinsamen Rundfunkanstalt für die beiden Länder unterzeichnet. An uns als Landesparlament liegt es, dem Staatsvertrag unsere Zustimmung zu geben und ihn damit in Landesrecht umzusetzen. Sie wissen, dass wir als Parlament bei Staatsverträgen nur zwei Möglichkeiten haben: entweder zuzustimmen oder abzulehnen. Der Vorwurf bei diesem Staatsvertrag, dass damit unsere Gestaltungsmöglichkeiten erschöpft wären, zieht dieses Mal nicht. In den Verhandlungsprozess zwischen den Landesregierungen wurden die Landesparlamente nämlich frühzeitig integriert, sodass wir eine so sage ich es - neue Qualität im Umgang mit Staatsverträgen gewonnen haben.

Der Chef der Staatskanzlei Speer hat - wie sich alle Mitglieder des Hauptausschusses erinnern werden - mehrmals in diesem Ausschuss über den Stand der Verhandlungen berichtet. Wir haben im Hauptausschuss auch eine Anhörung von Experten zu diesem Staatsvertrag durchgeführt. Um die Notwendigkeit einer Vereinigung von SFB und ORB zu begründen, greife ich gerne auf die Meinung von Sachverständigen, die sich in dieser Anhörung geäußert haben, zurück. Einleuchtend ist doch das Ziel, eine stabile, wettbewerbsfähige Rundfunkstruktur für die Region Berlin-Brandenburg zu schaffen. So argumentiert beispielsweise Herr Schiphorst, der Medienbeauftragte für Berlin-Brandenburg, mit dem stärkeren Gewicht einer fusionierten Anstalt innerhalb der ARD.

„Der neue Sender“,

so hat er einleuchtend und anschaulich argumentiert,

„kommt von den Abstiegsplätzen in der ARD in ein ordentliches Mittelfeld und hat damit viel mehr Einfluss in der Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten Deutschlands und erreicht in etwa das Gewicht des Hessischen Rundfunks.“

Aber es geht nicht nur um diese Stimmvorteile innerhalb der ARD, sondern es geht auch um Anteile am Gesamtprogramm der ARD. Dieser Anteil würde auf 7 % steigen. Schon damit treten die Vorteile eines fusionierten Senders deutlich zutage. Diese Vorteile eines fusionierten Senders treten übrigens in allen Statements der Sachverständigen auf, die wir in dieser Anhörung haben zu Wort kommen lassen, sodass ich mir Wiederholungen sparen kann. Alle, die Zeugen waren, werden das bestätigen können.

Lassen Sie mich jetzt noch einige Bemerkungen zum Vertrag machen. Der vorliegende Vertrag ist das Ergebnis intensiver Verhandlungen und natürlich ein Kompromiss, ein Kompromiss, der geprägt ist durch sehr unterschiedliche Positionen der Länder in Einzelfragen. Diese Positionen der Länder - das möchte ich Ihnen noch einmal in Erinnerung rufen - sind nicht sehr homogen, sondern sehr heterogen. So müssen beispielsweise in Brandenburg die unterschiedlichen Interessenlagen der SPD und der CDU in einer Meinung zusammengefasst werden. In Berlin sieht es noch ein wenig anders aus. Da ist die SPD in der Koalition mit der PDS und da muss man ebenfalls zu einer einheitlichen Meinung kommen.

Angesichts einer solchen Gemengelage ist es doch sehr bemerkenswert, dass wir eine derart hohe Übereinstimmung erreicht haben. Nörgeleien am Vertragswerk sind angesichts einer solchen Interessenlage meiner Meinung nach überflüssig.

Herr Klein, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Von Herrn Vietze gern.

(Oh! bei SPD und CDU)

Bitte schön, Herr Abgeordneter Vietze.

Herr Klein, können Sie mir zustimmen, dass es etwas ganz Hervorragendes ist, wenn sich eine Koalition - CDU/SPD - in Brandenburg, eine Koalition - SPD/PDS - in Berlin, eine Partei in Opposition - CDU - in Berlin und eine Partei in Opposition PDS - in Brandenburg, alle sechs, dahin gehend äußern, dass sie eine progressive Regelung des Personalvertretungsrechts durch die Anwendung des Berliner Personalvertretungsrechtes als gesichert ansehen und dass es ein Kompromiss ist, der alle befriedigt, Regierung und Opposition, und der demzufolge nur noch festgeschrieben werden muss?

(Beifall bei der PDS)

Herr Vietze, wenn Sie dieses Einzelbeispiel nicht gebracht hätten, hätte ich gesagt: Donnerwetter, da sage ich jetzt mit Begeisterung Ja.

(Prof. Dr. Bisky [PDS]: Der Regierende Bürgermeister auch! Alle sagen Ja!)

- Nein, nein. Der Regierende Bürgermeister hat zu mir gesagt ich duze mich mit ihm...

(Große Heiterkeit)

- Ich muss darauf hinweisen; sonst klingt das so despektierlich, was ich jetzt sage. - „Wolfgang“, hat er gesagt, „lass es sein, wir fangen da nicht an, das Ding noch einmal aufzumachen.“

Es können eben wirklich nicht alle Blütenträume reifen.

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Bisky [PDS])

- Sie bemerken, dass ich jetzt in die Literatur ausweiche. - Interessenvertreter bedauern, dass wirklich nicht alle Blütenträume gereift sind. Natürlich! Brandenburg bedauert auch, dass im Vertrag nicht die Festschreibung der Funkhäuser im Nordwesten und Nordosten des Landes enthalten ist.

(Prof. Dr. Bisky [PDS]: Sie wollen etwas anderes, sagen Sie es doch!)

- Die Personalvertretungen wollen ein anderes Personalvertretungsgesetz. - Aber wir haben es wirklich mit einem gelungenen Kompromiss zu tun. Leider hat mir der Chef der Staatskanzlei in der Debatte vor zwei Monaten dieses gelungene Bonmot mit dem „gelungenen Kompromiss, bei dem alle Seiten gleichermaßen unzufrieden sind“ vorweggenommen. Ich hätte es jetzt gern gebraucht. Ich habe es auch gebraucht, Sie haben es gemerkt.

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Bisky [PDS])

Die Idee, die manche vielleicht immer noch haben, wir sollten diesen Vertrag noch einmal aufmachen und noch einmal verhandeln, sollte schnell ad acta gelegt werden.

(Prof. Dr. Bisky [PDS]: Sie wollen eine Verschlechterung der Personalbedingungen, das ist es!)

Wer das tun will, riskiert ein Scheitern, zumindest aber eine starke Verzögerung, was das Ziel dieser Fusion - das Ziel ist die bessere Versorgung der Region Berlin-Brandenburg mit Rundfunk - infrage stellt.

Zum Schluss noch folgende Bemerkungen: Nicht nur durch die akustische Ähnlichkeit der Worte „Senderfusion“ und „Länderfusion“ denken manche, dass mit der Vereinigung der beiden Sender zwangsläufig auch die beiden Länder eins werden. Ich kann vor einer solchen Vereinfachung nur warnen.

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Bisky [PDS])

Die Senderfusion ist sicherlich ein Schritt in Richtung Länderfusion. Sie ist aber bei allen Schwierigkeiten ungleich leichter zu händeln als eine Vereinigung der beiden Länder. Wenn wir das beachten, dann ist es mir um das große Ziel der Vereinigung dieser beiden Länder nicht bange.