Das machen Sie mit vielen anderen Dingen auch so. Mit den Hochwasserschäden ist es ähnlich. Wir werden im Moment keine Landesmittel dafür benötigen, die nicht gesichert und refinanziert sind. Bei solchen Punkten muss man ganz genau schauen, ob sie in den Haushalt gehören. Wenn sie hinein gehören, dann kommen sie auch zeitgerecht hinein.
Wir machen Nachtragshaushalte nicht nach Antragslage der Opposition, sondern dann, wenn es sachgerecht ist. - Vielen Dank.
Ich danke Ihnen, Frau Ministerin Ziegler. - Meine Damen und Herren, das Redezeitvolumen der Fragestunde ist erschöpft und ich schließe den Tagesordnungspunkt 1.
Ich eröffne die Aussprache und gebe zunächst der einreichenden Fraktion das Wort. Herr Abgeordneter Fritsch, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, das Thema ist hinreichend aktuell und rechtfertigt eine Aktuelle Stunde. Bevor ich aber in das eigentliche Thema einsteige - ich glaube, das kann ich in Ihrer aller Namen tun -, möchte ich von dieser Stelle all denjenigen Dank sagen - vom
Deichläufer bis zu den Mitgliedern der Landesregierung -, die mit großem persönlichem Einsatz geholfen haben, gegen die Flut zu kämpfen, und denen es gelungen ist, größeres Unheil vom Land Brandenburg abzuwenden.
Aus diesem Grunde ist beschlossen worden, den diesjährigen Brandenburg-Tag inhaltlich anders zu gestalten, als es ursprünglich vorgesehen war. Wir wollen an diesem Tag in würdiger Form unserer Dankbarkeit unter dem Motto „Brandenburg sagt Danke“ Ausdruck verleihen. Dass wir gestern das Rettungsmedaillengesetz im Land Brandenburg beschlossen haben, passt, glaube ich, gut in diesen Zusammenhang. Ich denke, es wird sich der eine oder andere finden, der sie aus Anlass dieses Hochwassers verdient hat.
Für uns, die wir im Jahre 1997 etwas näher mit Hochwasser an der Oder zu tun hatten, ist manches wie ein Aha-Erlebnis: Das hatten wir doch schon mal. - Das spiegelt sich auch sehr deutlich im diesjährigen Geschehen wider. Es sind aus den Ereignissen von vor fünf Jahren und den daraus resultierenden Erfahrungen im Umgang mit der Hochwasserbekämpfung doch eine ganze Reihe von Erfahrungen übrig geblieben und in die Arbeit dieses Jahres eingeflossen. Das ist auch gut so.
Dennoch stellte sich natürlich dieses Jahr wieder die Frage nach den Folgen und nach den Konsequenzen ebenso wie die nach den Ursachen. Die allerdringendste Aufgabe, die Rettung von Menschen, ist in Brandenburg in hervorragender Weise gelaufen. Wir haben keine Menschenleben durch das Hochwasser verloren. Wir haben die vorbeugenden Erfahrungen aus dem Jahre 1997 genutzt. Wir haben im Krisenstab des Innenministeriums feststellen können, dass die Auswertung von 1997 zu ziemlich klaren und eindeutigen Festlegungen geführt hat.
Die Strategie “zentrale Informationssammelstelle im Ministerium, aber dezentrale Entscheidung vor Ort” ist, denke ich, völlig richtig. Wir haben im Jahre 1997 die Erfahrung gemacht, wie wichtig der Einsatz der Bundeswehr war. Dieses Jahr war er wegen des Ausmaßes des Hochwassers noch viel wichtiger. Trotzdem hat uns damals noch etwas behindert: dass Anforderungen an die einzelnen Truppenteile über das Innenministerium laufen mussten und damit Zeitverzug entstanden ist. Dieses Mal ist das viel direkter gelaufen. In Absprache mit den örtlichen Krisenstäben war die Bundeswehr bereit, sofort einzugreifen. Wir haben die Erfahrung gemacht und es auch dieses Jahr gesehen: Manchmal sind in der Tat größere Entscheidungen innerhalb von 30 Minuten erforderlich. Da kann man sich keine langen Informationswege leisten. Die Rolle der Bundeswehr wird auch in ihrem rechtlichen Zusammenhang derzeit heftig diskutiert. Ich glaube, es ist richtig, sie in dieser Weise in ein föderales Staatssystem, wie es in Deutschland vorhanden ist, einzubinden. Es ist auch richtig, dass die Bereitschaft der Bundeswehr vorliegt, auf Anforderung der Krisenstäbe einzugreifen. Das sollten wir auch in Zukunft so halten. Dabei stellt sich die Frage, wo die Schnittstelle organisiert wird.
Es scheint richtig zu sein, dass die örtlichen Krisenstäbe alles vorbereiten und entscheiden, was Detailkenntnis, Menschenkenntnis und Unternehmenskenntnis vor Ort bedarf. Die Mitarbeiter der Krisenstäbe kennen ihre Betriebe; sie kennen die Zahl der dortigen Mitarbeiter. Sie wissen, wie viele Lastwagen vorhanden sind und wo die nächste Kiesgrube ist, und kennen
die Wege zum Deich. Sie wissen, welche Schulen, Kitas und Turnhallen für Evakuierungen zur Verfügung stehen und welcher landwirtschaftliche Betrieb evakuierte Tiere aufnehmen kann. Das soll dort auch entschieden werden; das kann niemand von außen besser.
Dringend nötig ist andererseits, dass eine Entscheidung des Krisenstabes über eine ganz klare Kommandostruktur innerhalb kürzester Zeit beim letzten Mann am Deich ankommt und dann auch umgesetzt wird. Da ist die Bundeswehr wirklich unschlagbar.
In diesem Jahr hat es sich auch als richtig erwiesen, dass die operative Führung auf die Kräfte von Feuerwehr und THW ausgedehnt wird. Damit haben die THW- und Feuerwehrleute aus anderen Bundesländern, die die Gegend nicht kennen, auch kein Problem. Wir müssen aber darauf hinwirken, dass unsere eigenen Leute, die das Gefühl haben, Ihre eigene Region besser zu kennen - das stimmt sicherlich auch -, dies ebenfalls akzeptieren und sich in diese Strukturen einbinden lassen. Ein Krisenstab auf Kreisebene oder der Krisenstab des Innenministeriums kann größere Truppenbewegungen in kürzester Zeit nicht so gut organisieren, wie es die Bundeswehr kann. Deshalb sollte dieses Prinzip Anwendung finden und sich durchsetzen. Die Zusammenarbeit, die uns Oberst Gottschalk in Wittenberge erläutert hat, funktioniert und hat sich dort bewährt.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang wenigstens einen kritischen Punkt ansprechen: Immer wieder treten Nörgler und Mäkler auf, die Entscheidungen der Krisenstäbe infrage stellen, weil sie meinen, sie hätten den größeren Überblick über das Gesamtsystem. Manchmal hat man den Eindruck, dass hier lokale oder persönliche Interessen dominieren. Diese Art, die Arbeit der Mitarbeiter der Krisenstäbe zu „würdigen“, wird aber deren Leistung nicht gerecht. Diese Arbeit ist sehr stressig. Ich kann mich erinnern, dass wir nach etwa einer Woche die ersten zwei, drei Mitarbeiter beurlauben mussten, weil sie dem Druck der Verantwortung auf Dauer nicht gewachsen waren. Sie brauchten eine Auszeit, die sie natürlich auch bekommen haben. Da lastet viel auf den Nerven der Leute, die für das Leben ihrer Mitbürger Verantwortung tragen, zumal sie sie persönlich kennen, da es Mitbürger aus der Region sind. Wir sollten nicht zulassen, dass die Leistungen der Krisenstäbe geschmälert werden. Sie haben hervorragend gearbeitet und das Menschenmögliche umgesetzt.
Werfen wir einen Blick auf die verursachten Schäden, dann müssen wir allerdings feststellen, dass im Vergleich zu 1997 eine ganz andere Dimension erreicht worden ist. Die Schäden sind unvorstellbar groß. Allein in Brandenburg werden die Schäden derzeit auf 240 Millionen Euro geschätzt. Ungleich höher sind sie in Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Tschechien und Österreich. Vor allem in Elbnähe haben wir große Schäden bei der Infrastruktur, bei Siedlungen und bei der Landwirtschaft.
Die angelaufenen Hilfsmaßnahmen müssen konsequent weitergeführt werden. Die Angebote, die auf dem Tisch liegen, sind hervorragend und großzügig. Das gilt nicht nur für die Mittel
des Bundes und der Europäischen Union sowie der Länder und Kommunen. Auch die Spendenbereitschaft der Deutschen ist in diesem Jahr enorm.
Bewohner hochwassergefährdeter Gebiete leben ständig mit dem Überflutungsrisiko. In diesem Jahr haben wir hoffentlich einen vorläufig letzten Höhepunkt in diesem Geschehen erlebt. In Auswertung des Einsatzes der Hilfskräfte wurden bisher die folgenden Schlussfolgerungen gezogen: Die gezielte Flutung von Polderflächen ist sinnvoll und vernünftig. Im Zusammenhang mit der Polderdiskussion sage ich aber ganz deutlich, dass uns nur leere Polder helfen, die Spitze der Hochwasserwelle zu brechen.
Die Diskussion über Überflutungsflächen, die dann möglicherweise nicht mehr bewirtschaftet werden, wird diesem Problem nicht gerecht, zumal sie manchmal auch von anderen Motiven überlagert wird. Was am Oberlauf der Flüsse richtig und notwendig ist, kann am Unterlauf außerordentlich schädlich sein. Im Oberlauf haben wir Steillagen mit hohen Strömungsgeschwindigkeiten und riesigen Wassereinzugsgebieten. Dort ist die Forderung richtig, Aufforstungen vorzunehmen und viel Speicherkapazität des Bodens zu organisieren. Am Unterlauf müssen wir das Wasser loswerden. Im Sinne des Hochwasserschutzes ist das Ausbaggern des Unterlaufes der Elbe unter Umständen sehr vernünftig. Inzwischen haben wir digitalisierte Geländeprofile und hinreichend gute Rechnersoftware. In diesem Jahr hat sich gezeigt, dass das Landesumweltamt den Verlauf des Hochwasserscheitels sehr präzise prognostizieren konnte.
Diese Strategie sollten wir fortsetzen. Deshalb plädiere ich ganz eindeutig für die nationale Flusskonferenz. Aber Trittbrettfahrerei, wie sie beispielsweise Herr Fössing mit Blick auf die Hohensaaten-Friedrichsthaler Wasserstraße betreibt, ist überhaupt nicht angesagt.
Jetzt werde ich einen etwas bösen Satz sagen, ihn aber anschließend gleich erklären, damit er nicht allein im Raum stehen bleibt. Die Diskussion, ob man mit anders gestalteten Deichen und Überflutungsflächen Hochwasser verhindern kann, scheint mir etwas absurd zu sein. Es gilt nämlich die Erkenntnis: Die Ursache für ein Hochwasser ist immer der Regen. Der Regen lässt sich mit nationalen Maßnahmen alleine aber nicht in seiner Stärke und Häufigkeit beeinflussen. Damit kommen wir zum Thema der weltweiten Klimaveränderungen. Dass es diese gibt, ist heutzutage wohl unstrittig. Wie groß der Anteil des menschlichen Verhaltens an ihren Ursachen ist, ist dagegen höchst strittig. Es gibt Menschen, die von 105 % sprechen, Uli Freese, während andere den Anteil für geringfügig halten.
Dieses Thema war auch Gegenstand der Beratungen in Südafrika. Auch wenn unsere Umweltschutzverbände sagen, die Ergebnisse seien dort unbefriedigend, so ist es doch wieder einen Schritt weiter gegangen. Vielleicht ist es ein zu kleiner Schritt, darüber will ich gar nicht rechten. Aber dass jetzt der Weg zur Ratifizierung des Kioto-Protokolls frei ist, weil einige Länder doch mitmachen, halte ich für außerordentlich wichtig. Bedauerlich ist allerdings - das muss man trotz aller Freund
schaft deutlich sagen dürfen -, dass sich die Amerikaner dieser Entwicklung nach wie vor verweigern. Der Berichterstattung ist aber zu entnehmen, dass auch in den Vereinigten Staaten ein Denkprozess - ich will nicht gleich von einem Prozess des Umdenkens reden - in Gang gekommen ist, der vielleicht auch dort andere Entscheidungen möglich macht.
Die Deutschen haben sich in Johannesburg sehr engagiert, auch wenn der Bundeskanzler - Geschäftsordnung ist Geschäftsordnung - nur fünf Minuten reden durfte. Aber er hat die deutsche Position sehr deutlich gemacht. Es wird in der ganzen Welt anerkannt, dass Deutschland auf diesem Gebiet eine Vorreiterrolle innehat und auch in Zukunft innehaben will. Die Frage, wie wir den CO2-Ausstoß steuern können, wird auch uns in den nächsten Jahren beschäftigen. Es gibt überhaupt nichts dagegen zu sagen, nachwachsenden Rohstoffen eine hohe Priorität einzuräumen. Das sage ich insbesondere vor dem Hintergrund dessen, was wir gestern im Zusammenhang mit dem HartzPapier und der Arbeitslosigkeit diskutiert haben. Hier liegen Arbeitsfelder, die sehr beschäftigungsintensiv sind und auch in Brandenburg das Problem der Arbeitslosigkeit mindern helfen können. Diese Gelegenheit sollten wir nutzen.
Meine Damen und Herren, Notstandssituationen erfordern immer die Solidarität der Mitbürger. Im Zusammenhang mit der Spendenbereitschaft ist diese Solidarität zu Recht vielfach gewürdigt worden. Aber Folgendes muss auch in aller Deutlichkeit gesagt werden - auch von Abgeordneten vor Ort und auch dann, wenn man dem einen oder anderen potenziellen Wähler auf die Füße tritt -: Es gab bereits 1997 eine Diskussion, die ich jetzt auch wieder erlebe. Gelegentlich äußert man sich bei Einzelmaßnahmen nach dem Motto: Wenn wir absaufen müssen, dann sollen die anderen auch absaufen. In der Bevölkerung werden also Schutzmaßnahmen, bei denen einzelnen Gehöfte untergehen, um viele andere zu retten, teilweise nicht akzeptiert. Diese Denkart ist nicht nur egoistisch, sondern auch missgünstig und bedarf einer deutlichen öffentlichen Kritik. Gott sei Dank sind es nur sehr wenige Menschen, die so diskutieren. - Danke.
Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Fritsch. - Ich gebe das Wort an die Fraktion der PDS, an Herrn Abgeordneten Domres.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In den letzten Tagen wurden viele Worte des Dankes gesprochen. Ich möchte mich ihnen im Namen meiner Fraktion ausdrücklich anschließen.
Vieles, was ich in meinem Heimatkreis Prignitz an Unterstützung, an Hilfe und Solidarität erlebt habe, hat auch bei den Bürgerinnen und Bürgern einen tiefen Eindruck hinterlassen. Man kann die Leistungen der vielen Menschen kaum mit Worten beschreiben; dennoch muss man sich diese Leistungen immer wieder vergegenwärtigen. Genannt seien die Einwohnerinnen und Einwohner in den gefährdeten Orten, zahllose Freiwillige aus Ost und West, die Kameradinnen und Kameraden der freiwilligen Feuerwehren aus dem ganzen Land Branden
burg und aus anderen Bundesländern, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von DRK, THW, Volkssolidarität, AWO, Johanniter, Malteser und nicht zu vergessen die Angehörigen von Polizei, BGS und Bundeswehr. Alle vollbrachten in den Tagen des Hochwassers große Leistungen; ihnen gebührt Dank.
Die Entscheidung, den Brandenburg-Tag als Tag des Dankes stattfinden zu lassen, ist eine gute und richtige Entscheidung, Herr Ministerpräsident.
Anerkennung verdienen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Krisenstäben, die mit Kompetenz und Einsatzbereitschaft größeren Schaden verhindert haben und sicher nicht immer nur populäre Entscheidungen treffen mussten, um Leben und Güter zu schützen. Da sie meist nicht erwähnt werden, möchte ich stellvertretend für sie Herrn Landrat Hans Lange, den Fachgebietsleiter Wolfgang Schulz, die Sachgebietsleiter Erich Schlotthauer und Bernd Lindow sowie den Kreisbrandmeister Uwe Schleich aus der Prignitz nennen. Schließlich erwähne ich lobend, dass Regierung und Opposition in diesen schweren Tagen wussten, wo ihr Platz ist, wo sie am besten zupacken konnten, ohne Aufhebens davon zu machen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das Thema der Aktuellen Stunde gebietet auch, über die Folgen und Konsequenzen aus der Hochwasserkatastrophe zu sprechen. Es ist verständlich, dass eine abschließende Erhebung der Schäden noch nicht vorliegen kann. Sie wird gegenwärtig in den Kreisen erarbeitet. Die Betroffenheit ist vielschichtig, auch wenn uns Bilder wie aus Sachsen und Sachsen-Anhalt glücklicherweise erspart blieben. Umso wichtiger ist es, dass Brandenburg seine Solidarität gegenüber anderen, die schwerer betroffen sind, zum Ausdruck bringt. Unsere Solidarität muss den Hochwasseropfern in Tschechien, in Österreich und in anderen Bundesländern gelten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gilt, den Betroffenen so schnell wie möglich und vor allem wirksam zu helfen. Die getroffenen Aussagen zur Hilfeleistung müssen eingehalten werden. Die Zusagen der Bundes- und Landesregierung finden unsere Unterstützung. Allerdings werden wir als Opposition Sie an Ihren Taten messen und diese erforderlichenfalls mit Nachdruck einfordern.