Jetzt stellt sich die Frage, was mit dem Grundstück in Wittenberge geschieht und wie es dort weitergeht. Wenn sich die Firma Klenk für Arneburg entscheidet, dann ist das Konzept des Holzparks in Wittenberge, das vor einigen Jahren einmal angedacht worden war, unter dem Aspekt, dass beide großen Investoren weggefallen sind, so natürlich nicht mehr haltbar; denn andere Investoren für diesen Bereich sind zurzeit auf dem Markt nicht festzustellen.
Die Frage ist also, was wir mit dem Grundstück in diesem Bereich machen. Bekanntlich handelt es sich um ein Grundstück, das nur schwer zu erschließen und nicht ganz billig herzurichten ist. Trotzdem bin ich persönlich der Meinung, dass es nach wie vor richtig ist, in diesem Bereich der Gewerbeansiedlung in Wittenberge alle Anstrengungen zu unternehmen, um ein vernünftiges Konzept hinzubekommen. Möglicherweise haben wir mehr Chancen, wenn wir eher in einer mittelständischen Struktur denken und versuchen, Unternehmen kleinräumiger anzusiedeln.
Erstens: Der damalige Ministerpräsident hat noch im Februar dieses Jahres dargelegt, dass der Industriepark Holz das zweitwichtigste Projekt nach der Chipfabrik in Frankfurt (Oder) sei. Steht die Landesregierung noch zu dieser Aussage?
Zweitens: Sie haben eben gesagt, dass der Industriepark Holz möglicherweise nicht mehr so wie ursprünglich angedacht realisierbar sei. In welcher Zeitschiene wird mit dem Landkreis und mit der Stadt Wittenberge darüber gesprochen, welche Alternativen in Wittenberge gefunden werden können?
Selbstverständlich war die Aussage von Herrn Ministerpräsidenten Stolpe richtig. Wenn Sie berücksichtigen, welches Investitionsvolumen von den Firmen Klenk und Kunz vorgesehen war, dann war das insofern eines der ganz großen Investitionsvorhaben in diesem Land. Nur müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass wir Unternehmen dann, wenn sie andere Entscheidungen treffen, mit den Mitteln, die wir haben, nicht zwingen können, wieder ins Land zurückzukommen. Wir können den Unternehmen Angebote machen - das haben wir in breiter Form getan -, aber die Entscheidung liegt dann bei den Unternehmen.
Herr Minister, die EU-Kommission schätzt bis heute ein, dass der Wirtschaftszweig der Zellstoffproduktion nicht unter Überkapazitäten leidet. Sie haben auf eine Kleine Anfrage geantwortet - ich frage gleich, warum -,...
... die Landesregierung habe am 30.06.1999 das Scheitern des Projekts „Zellstoffwerk Wittenberge” bekannt gegeben...
... weil sich trotz intensiver Suche und umfassender Verhandlungen mit potenziellen internationalen Investoren aufgrund der veränderten Lage auf dem Zellstoffmarkt kein Investor für das Projekt gefunden habe. Ich frage deshalb: Warum hat die Landesregierung unter diesen positiven Voraussetzungen in der neuen - der 3. - Legislaturperiode nicht neue Initiativen für die Errichtung eines Zellstoffwerks in Gang gesetzt?
Erstens: Die Landesregierung hat, als sie diese Einschätzung im Jahre 1999 getroffen hat, den Markt sicherlich sorgfältig geprüft und ich habe keinen Zweifel daran, dass die damalige Entscheidung der Marktsituation entsprochen hat. So habe ich Ihnen das ja auch schon beantwortet.
Zweitens: Selbstverständlich haben wir uns auch in den letzten drei Jahren intensiv darum bemüht, Investoren für ein Zellstoffwerk nach Wittenberge zu bekommen. In Wittenberge gibt es allerdings einige Standortvoraussetzungen, die problematischer sind als die an anderen Standorten. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Wir können uns den Standort nicht so zurechtrechnen, wie wir ihn gern hätten.
Die Standortfaktoren sind das, was auch mich hierbei bewegt. Bekanntlich liegt das Grundstück im Überflutungsgebiet der Elbe. Es muss in erheblichem Maße aufgeschüttet werden, wird also sehr teuer. Wäre nicht jetzt der richtige Zeitpunkt, um einen Schnitt zu machen und in der Region nach einem neuen Standort zu suchen, zum Beispiel im Zusammenhang mit der geplanten Autobahn 14, bei der sich ganz neue Chancen ergeben, auf einem günstigeren Standort Ansiedlungen tatsächlich zu realisieren?
Herr Kollege Müller, genau solche Fragen diskutieren wir mit dem Landkreis und der Stadt, um jetzt Perspektiven zu entwickeln. Mit meiner Bemerkung eben habe ich nur deutlich machen wollen, dass wir uns als Landesregierung mit unserem Engagement von dem Standort nicht einfach verabschieden können. Welches Konzept herauskommen wird, sollten wir den Gesprächen überlassen; denn das können wir nur gemeinsam mit dem Landkreis und der Stadt machen.
Ich danke Ihnen. - Wir sind damit am Ende der Fragestunde und ich schließe den Tagesordnungspunkt 1.
Thema: ÖPNV im Spannungsfeld zwischen Wunsch nach Wettbewerb und Forderung der DB nach langfristiger Vertragssicherheit
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Entwicklung des Schienenpersonennahverkehrs in Brandenburg ist eine einzige Erfolgsgeschichte, ob es um den Ausbau von Strecken geht, ob es um die umfangreichen Lückenschlüsse zwischen Berlin und Brandenburg geht oder ob es sich um den Wiederaufbau der Berliner Stadtbahn handelt. Es ist gelungen, ein ausgesprochen leistungsfähiges Regionalbahnnetz mit einem Angebot von Regionalexpress- und Regionalbahnzügen aufzubauen. Das Angebot in diesem Bereich konnte auf ca. 36,7 Millionen Zugkilometer erweitert werden. Eine ganz wichtige Zahl zur Beschreibung des Erfolges ist die der Steigerung der Fahrgäste pro Tag. Innerhalb der letzten acht Jahre konnte hier eine Erhöhung um fast 100 % erreicht werden.
Diese Steigerungsraten im Schienenpersonennahverkehr sind eine gemeinsame Leistung der Aufgabenträger Berlin und Brandenburg, des Bundes und vor allem der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter insbesondere bei der Deutschen Bahn AG. In keiner anderen Region Europas hat es eine solche Entwicklung wie in Berlin und Brandenburg gegeben. Diese Entwicklung ist wahrlich einmalig.
Allerdings haben sich die Rahmenbedingungen, die uns im Wesentlichen von der EU vorgegeben werden, erheblich geändert. In diesem Zusammenhang ist zum einen die verstärkte Einführung des Wettbewerbs zu nennen. Es geht zum anderen aber auch um die diskriminierungsfreie Bereitstellung der Infrastruktur. Dies findet seinen Niederschlag unter anderem in der neuen Vergabeverordnung des Bundes, in der Fragen des Wettbewerbs geregelt werden. Diese Vergabeverordnung wird voraussichtlich am 18. Oktober im Bundesrat abschließend behandelt werden.
Von den verschiedensten Stellen hören wir die Frage, ob Wettbewerb in dem Zusammenhang etwas Positives sei oder ob man sich wegen der verstärkten Einführung des Wettbewerbs vielleicht sehr große Sorgen machen müsse. Dabei wird uns immer wieder die Entwicklung in Großbritannien vor Augen gehalten. Dort hat es Wettbewerb wahrlich in einer Art und Weise gegeben, dass schließlich sogar wieder der Staat einsteigen musste. Folgende Fragen werden gestellt: Wird die Qualität vielleicht sinken? Wird es vielleicht keine Tariftreue mehr geben? Müssen wir uns gar von der Flächenbahn verabschieden?
Ich sage: Wenn wir das gut und richtig steuern, dann wird es dazu nicht kommen. Es gibt in diesem Bereich nämlich gute Chancen. Wie wir diese Chancen nutzen, hängt im Wesentlichen von uns selbst ab; denn wir als Aufgabenträger sind diejenigen, die hier zu steuern haben. Wir sind jetzt erstmalig in der Situation, dass es ganz klare Verantwortlichkeiten, Zuständigkeitsregelungen zwischen dem Aufgabenträger Land Brandenburg und den Verkehrsunternehmen gibt. Leistungen können jetzt preiswerter eingekauft werden und vor allem können wir mit Mitteln des Wettbewerbs Qualitäts- und Quantitätsstandards klar festschreiben.
Hier setzt die Strategie des Landes im Detail an. Dabei geht es zunächst einmal darum, den Anteil des öffentlichen Verkehrs zu erhöhen. Gerade im Ballungsraum Berlin-Brandenburg haben viele Menschen ein Interesse daran, die hervorragenden Angebote an Regionalexpress- oder an Regionalbahnzügen zu nutzen, ob es nun von montags bis freitags oder am Wochenende ist. Es lohnt sich also, Bemühungen darauf zu richten, den Anteil des öffentlichen Verkehrs zu erhöhen.
Das Segment Schienenpersonennahverkehr muss dabei das deutlich erkennbare Rückgrat des ÖPNV bilden. Es geht uns darum, verstärkt Verkehrsleistungen auszuschreiben, und wir treten für einen diskriminierungsfreien und fairen Wettbewerb in diesem Bereich ein.
Warum müssen wir unser Augenmerk darauf richten, in diesem Bereich klare Regelungen zu finden? Wir diskutieren häufig über Finanzen. Durch die Bereitstellung von Regionalisierungsmitteln durch den Bund stehen dem Land Brandenburg jährlich ca. 400 Millionen Euro zum einen für die Bestellung von Regionalbahnleistungen und zum anderen für die Verbesserung der Infrastruktur zur Verfügung. Es handelt sich dabei also um ein wirklich großes Volumen.
Lassen Sie mich eine kurze Randbemerkung machen: Ich bin froh darüber, dass es sich dabei um Bundesmittel handelt, die deshalb in unseren Haushaltsplanberatungen nicht zur Diskussion stehen. Da sie zweckgebunden sind, können sie nicht einfach für andere Maßnahmen eingesetzt werden. Deshalb lohnt es sich, im Vorfeld darüber zu diskutieren, wie diese Mittel eingesetzt werden sollen.
Meine Damen und Herren, das Land Brandenburg wird der neuen Vergabeverordnung zustimmen; denn es ist ein sinnvoller Weg. Es geht darum, eine schrittweise Einführung des Wettbewerbs zu ermöglichen. Was Sachsen-Anhalt vorhatte und was letztlich vor Gericht gescheitert ist, zeigt deutlich, dass Übergangsregelungen notwendig sind. Bei einer kompletten Ausschreibung aller Leistungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt käme nur die DB AG als Bieter in Betracht, weil kein anderes Unternehmen in der Lage wäre, ein entsprechend umfassendes Angebot vorzulegen. Mit einer schrittweisen Einführung des Wettbewerbs - uns schwebt vor, dass wir bis zum Jahr 2012 mindestens 50 % der Verkehrsleistungen ausschreiben - soll Stück für Stück eine tragfähige Struktur erreicht werden.
Derzeit - auch das darf nicht unberücksichtigt bleiben - hat das Land Brandenburg bereits 4,8 Millionen Zugkilometer im Wettbewerb vergeben. Dem einen oder anderen ist bekannt, dass sich derzeit das so genannte Ostnetz - dabei handelt es sich um die Region Berlin, Frankfurt (Oder), Eberswalde und Templin - in der Ausschreibung befindet. Dabei geht es um weitere 3,5 Millionen Zugkilometer.
Meine Damen und Herren, es gehört natürlich auch zur Strategie des Landes Brandenburg zu versuchen, einheimische Technik einzusetzen. Gestern wurde in der Fragestunde gefragt, was wir dafür tun, Brandenburger Unternehmen zu unterstützen. Ich kann mir gut vorstellen - dies würde mich wirklich freuen -, dass sowohl im RE- als auch im Regionalbahnverkehr zukünftig verstärkt Brandenburger Technik auf Brandenburger Strecken unterwegs ist.
Der Verkehrsvertrag mit der DB AG wird zurzeit verhandelt. Er soll voraussichtlich zehn Jahre umfassen. Für das erste Jahr geht es um ein Vertragsvolumen von etwa 250 Millionen Euro. Auf zehn Jahre hochgerechnet handelt es sich also, selbst bei einem leichten Rückgang der Jahresbeträge, um eine Summe von fast 2 Milliarden Euro. Diese Summe allein macht deutlich, wie wichtig es ist, auf die genaue Ausformulierung des Vertrags zu achten.
Die DB ist verständlicherweise daran interessiert, ihre Stellung zu stärken, also möglichst viele Verkehrsleistungen vom Land Brandenburg übertragen zu bekommen. Wir müssen aber darauf achten, nicht in die Position zu geraten, erpressbar zu werden. In der Vergangenheit gab es manchmal Überraschungen - ich erwähne nur die Einführung der so genannten Regionalfaktoren bei den Trassenpreisen -, als uns etwa kurzerhand erklärt wurde: Jetzt kostet euch die Trassenbenutzung nicht mehr 100 %, sondern 150 %. Das darf uns zukünftig nicht mehr passieren. Wir müssen also auf klare Vertragskonditionen achten, die für uns Sicherheit schaffen, das heißt auf eine klare Definition des Leistungsumfangs wie auch der Qualität.
Wir müssen auch sehr genau überlegen, ob es wirklich Sinn macht, dass wir nur einen einzigen Vertrag abschließen, oder ob es nicht wesentlich sinnvoller wäre, einzelne, detailliertere Lösungen für die einzelnen Segmente zu wählen. Denn es geht nicht nur um das Thema Verkehrsleistung - dafür ist die DB Regio zuständig -, um das Thema Trassen - dafür ist die DB Netz zuständig - oder um die Nutzung der Bahnhöfe. Ich meine, dass wir einen vertrauensvollen und partnerschaftlich geschlossenen Vertrag erhalten sollten, in dem sichergestellt ist, welche Leistungen wir bekommen und was sie uns kosten, bei dem aber auch die DB AG, die DB Regio und andere Unternehmen der DB-Gruppe, Klarheit haben, was sie von uns zu erwarten haben.
Die Zusagen, die uns in den Verträgen gemacht werden, müssen wir nachvollziehen und kontrollieren können. Darüber hinaus ist eine intensive Abstimmung mit dem Land Berlin notwendig; denn bekanntlich laufen große Verkehrsleistungen unserer Regionalexpresszüge direkt durch Berlin. Wenn der Lehrter Bahnhof in Betrieb geht, werden diese Verkehrsleistungen noch zunehmen.
Der Abschluss des Verkehrsvertrags mit der DB AG bzw. mit der DB Regio schafft auch für die Deutsche Bahn AG Planungssicherheit. Das ist auch notwendig; denn jedes Verkehrsunternehmen braucht Klarheit darüber, welche Leistungen es in welchen Jahren erbringen muss, wie hoch der Personalaufwand ist, wie die Technik eingesetzt werden muss und welche Instandhaltungskapazitäten vorzuhalten sind. Ich sehe gute Chancen dafür, dass sich das Land Brandenburg auch in dieser Hinsicht zukünftig als verlässlicher Partner erweisen wird.
Ich betone aber auch, dass durch das von uns vorgesehene System, in Jahresscheiben immer mehr Verkehrsleistungen auszu
schreiben - ich stelle mir, wie gesagt, vor, dass dies in zehn Jahren mindestens 50 % der Verkehrsleistungen ausmacht -, für andere Wettbewerber am Markt die Chance besteht, sich als leistungsfähige Verkehrsunternehmen zu profilieren. Wer sagt uns denn, meine Damen und Herren, dass andere Anbieter unbedingt den Wettbewerb gewinnen werden? Möglich ist selbstverständlich auch, dass die DB beispielsweise den Wettbewerb bei der Ausschreibung des Ostnetzes oder anderer Verkehrsleistungen gewinnt.
Die Einführung des Wettbewerbs ist aus meiner Sicht ein weiterer Schritt zur Verbesserung des Schienenpersonennahverkehrs in Brandenburg. Er bietet vor allen Dingen auch - das ist mir sehr wichtig - eine Garantie für den effektiven Einsatz der uns vom Bund zur Verfügung gestellten Regionalisierungsmittel; denn es geht ja darum - das ist das Wesentliche -, dass wir die vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel in mehr Leistung für Brandenburger Bürger bzw. Fahrgäste umsetzen. - Vielen Dank.
Ich danke dem Abgeordneten Dellmann und erteile der Abgeordneten Tack für die Fraktion der PDS das Wort. Ehe Frau Tack beginnt, möchte ich Gäste - zum Thema passend: die Eisenbahnersenioren aus Falkenberg an der Elster - im Landtag begrüßen. Herzlich willkommen!