Protokoll der Sitzung vom 10.10.2002

Interessant ist dabei auch das Argument der Versicherungswirtschaft. Sie meint nämlich, dass Risiken der Gentechnik nicht kalkulierbar seien.

Wohlgemerkt: Es geht uns mit unserem Antrag nicht um Panikmache. Wenn aber die Folgen einer neuen Technologie nicht abschätzbar sind, ist ein umso verantwortungsvollerer Umgang mit ihnen nötig - dem dient unser Antrag -, wenngleich es sicherlich durchaus angebracht wäre, eine ethische Betrachtung über den Sinn von Gentechnik anzustellen.

Wir konzentrieren uns in unserem Antrag auf drei wesentliche und insofern Minimalforderungen einer möglichen Einflussnahme.

Erstens fordern wir die Öffentlichkeitsbeteiligung nicht nur an Basisstandorten, wenn es um die Ausweisung und die Genehmigung von Freisetzungen gentechnisch manipulierter Pflanzen geht.

Zweitens geht es um eine Information über die Genehmigung von Freisetzungen genmanipulierter Pflanzen an die Landesregierung.

Drittens geht es um eine Verpflichtung zu langfristiger ökologischer Begleitforschung, die von den privaten Unternehmen zu finanzieren ist. Ich meine, wenigstens den Vorschlag sollten Sie doch mit unterstützen können. Angesichts der angespannten Haushaltslage wären immerhin 100 000 Euro pro Jahr zu sparen. Geben Sie uns gemeinsam die Chance, diesen Antrag im Ausschuss gründlich beraten zu können, um der Landesregierung mit dieser Bundesratsinitiative ein Instrument in die Hand zu geben, tatsächlich aktiv werden zu können und die rot-grüne Bundesregierung zum Laufen zu bringen! - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen auch. Frau Dr. Enkelmann, während Ihres letzten Satzes ist eine Frage angemeldet worden. Würden Sie diese noch beantworten? - Bitte schön, Herr Abgeordneter Helm.

Frau Dr. Enkelmann, sind Sie der Meinung, dass eine diesbezügliche Regelung in Deutschland entsprechend Ihrer Intention in Europa zielführend ist?

Ich denke, dass eine solche Regelung, wie wir sie mit dem Antrag vorgeschlagen haben, mit der Änderung des Bundesgen

technikgesetzes in Deutschland möglich ist. Genau diesen Versuch sollten wir wagen.

(Helm [CDU]: Das bringt doch nichts!)

- Und ob!

Vielen Dank. - Ich gebe jetzt das Wort an die Fraktion der SPD, an den Abgeordneten Gemmel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Dr. Enkelmann, Freisetzungen sind nicht geheim. Jeder Abgeordnete - Sie haben uns ja angesprochen - könnte quasi Bescheid wissen, wenn er denn wollte, wenn er sich um dieses Thema kümmerte. Meines Wissens kümmern sich einige auch sehr intensiv um dieses Thema, jedenfalls in unserer Fraktion.

Das Thema Gentechnik ruft in Deutschland mehr als anderswo großes Unbehagen in der Bevölkerung hervor. Die Befürchtungen, die hineingetragen werden, erinnern ein bisschen an das Frankensteinsyndrom, weil wir nicht wissen, was der Mensch eigentlich alles noch leisten kann, wozu er tatsächlich in der Lage ist. Dem offiziellen Umgang mit Bio- und Gentechnologie in Deutschland wird oft vorgeworfen, zukunftsfeindlich zu sein, mit dem Ergebnis, dass in Deutschland wichtige Entwicklungen verschlafen werden oder gar an uns vorbeigehen.

Ich halte beide Ansichten für völlig überzogen. Aber eine gesunde Vorsicht gegenüber den Potenzialen der Gentechnologie und einen verantwortungsbewussten Umgang mit den Gefährdungen, die von dieser Technologie ausgehen können, halte ich schon für zwingend angebracht.

Die PDS versucht mit ihrem Antrag zu suggerieren, dass die rotgrüne Bundesregierung ihre Verantwortung im Umgang mit der Gentechnologie nicht wirklich wahrnimmt.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Dem ist aber so, Herr Kolle- ge Gemmel!)

- Ja, wenn Sie den Eindruck haben, wir haben ihn nicht. Tatsächlich verhält es sich nämlich genau umgekehrt.

Ich will auch nicht verhehlen, dass wir uns über das Ergebnis der Bundestagswahl natürlich gefreut haben. Wegen des Sieges von Rot-Grün sollte aus meiner Sicht niemand in Sorge darüber sein, dass sich im Bereich der Gentechnologie in Zukunft Zügellosigkeit und Technikgläubigkeit durchsetzen werden. Um es klar und deutlich zu sagen: In dem, was hier unter den Begriffen Gentechnologie oder Biotechnologie läuft, steckt eine große Herausforderung.

(Vietze [PDS]: Genau!)

Nicht nur die Wissenschaft, sondern auch die Politik muss sich mit diesem Thema offensiv befassen. Dabei gilt es, Chancen und Risiken genau abzuwägen.

(Vietze [PDS]: Ablehnen oder behandeln, das ist das Pro- blem!)

- Herr Vietze, wollten Sie dazu einen Kommentar haben? Wenn Sie eine Frage stellten, könnten Sie gern einen haben. Machen Sie es! Ich warte darauf.

(Vietze [PDS]: Ich will Sie nicht durcheinander bringen!)

Es ist zweifelsfrei besser, durch unsere hohen Standards die Marschrichtung in Europa mitzubestimmen. Darum geht es. Wir in Deutschland haben nämlich wesentlich höhere Standards. Sie versuchen hier zu suggerieren, dass in Deutschland nicht gewissenhaft damit umgegangen wird.

Gewisse ethische Grenzen - Frau Dr. Enkelmann, Sie haben es angesprochen - dürfen natürlich nicht überschritten werden; das ist völlig klar. Dabei muss man natürlich wissen, wo man die Grenzen setzt oder ob man mit solch einem Antrag tatsächlich suggerieren will, dass nicht sorgsam mit ihnen umgegangen wird.

Zum Antrag konkret: Das Gentechnikgesetz ist ein Bundesgesetz; Sie haben darauf hingewiesen. Ihr Vorschlag im Punkt 2 des Antrages, die Landesregierung mit einem Genehmigungsvorbehalt auszustatten, bedeutet, dass Sie eine Aufgabe, die der Bund zurzeit eigentlich wahrnehmen muss, auf das Land übertragen wollen, obwohl wir gleichzeitig darum bemüht sind, die Verwaltung zu optimieren, Personal abzubauen und die Kosten zu senken. Zusätzliche Kapazitäten aufzubauen kann nicht der richtige Weg sein. Es kann auch nicht sein, dass Sie im Zuge der Verwaltungsoptimierung im Landtag fordern, diese Kapazitäten zu reduzieren, dabei aber gleichzeitig Geld ausgeben wollen, denn die Wahrnehmung dieser Aufgabe, die Sie dem Land zuordnen möchten, ist ganz eindeutig mit Geld verbunden.

Zum Punkt 3, der Forderung nach einer über 20 Jahre währenden wissenschaftlichen Begleitforschung: Meines Wissens ist nicht richtig, was Sie über eine kontrollierte Freisetzung ohne begleitende Beobachtung oder Forschung gesagt haben. Darüber kann man streiten.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Sehen Sie sich die Anfrage an - eindeutige Antwort!)

Es ist aber nicht so, dass dies einfach nur mal so ohne begleitende Forschung in die Gegend gepflanzt wird. Das stimmt nicht. Wenn Sie 20 Jahre fordern, dann ist das Ihre Ansicht. Das mag im Einzelfall auch sinnvoll sein. Aber die Forschung findet statt. Es gibt keine Freisetzung, die nicht durch entsprechende Untersuchungen ordentlich begleitet wird. Es gibt dazu auch eine ganz klare Berichtspflicht.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Abgeordneter Gemmel?

Selbstverständlich.

Bitte schön, Frau Dr. Enkelmann.

Herr Kollege Gemmel, kennen Sie die Antwort der Landes

regierung? Die Landesregierung sagt an mehreren Stellen: Eine wissenschaftliche Begleitforschung ist nicht vorgesehen; eine ökologische Begleitforschung findet nicht statt. Lügt die Landesregierung?

Das ist eine Antwort auf die Frage, wie die EU-Richtlinien formuliert sind. Die Frage ist doch: Was passiert tatsächlich?

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Eben, keine Begleitfor- schung, das ist doch das Schlimme, Herr Gemmel!)

Wir können uns gerne im Ausschuss konkret - das würde ich auch vorschlagen - berichten lassen, wie das zu verstehen ist. Nach meiner Kenntnis ist es nicht so.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Dann hat die Landesregie- rung geschwindelt?)

- Die Landesregierung schwindelt nicht. Manches ist vielleicht ein bisschen missverständlich in der Ausdrucksform. Das muss man dann präzisieren.

(Heiterkeit und Beifall des Abgeordneten Hammer [PDS])

Die Forderung nach einem zusätzlichen Monitoring ist natürlich medienwirksam, das ist immer gut. Das kann man quasi zu jedem Tatbestand fordern. Aber auch das kostet Geld. Man muss sich überlegen, ob man das wirklich in einer vernünftigen Relation zwischen Aufwand und Nutzen verantworten kann. Wir wollen das nicht.

Wichtig ist für uns, dass zukünftig auch für diesen Bereich in der Zentralen Kommission für die biologische Sicherheit ein Vertreter des Verbraucherschutzes anwesend sein wird. Dadurch wird gesichert, dass in Zukunft wesentlich mehr Transparenz möglich ist.

Zur Kennzeichnungspflicht: Sie haben darauf hingewiesen: Wir sind uns sicher, dass Deutschland die Pflicht der Kennzeichnung genveränderter Lebensmittel mit Nachdruck durchsetzen wird. Da sind wir wirklich guter Hoffnung. Natürlich gibt es Widerstände, aber ich denke, die Argumente sind überzeugend, sodass sich kaum jemand dauerhaft dagegenstellen kann.

Wir werden Ihrem Antrag nicht zustimmen, weil wir der Meinung sind, dass das Thema bei der rot-grünen Bundesregierung in guten Händen ist und dass wir jetzt auch nicht in zu großer Sorge über das Ziel hinausschießen sollten. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke dem Abgeordneten Gemmel und gebe das Wort an die Fraktion der DVU, an den Abgeordneten Claus.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Das Vertrauen der Menschen in unsere Landwirtschaft ist in den vergangenen