Protokoll der Sitzung vom 14.11.2002

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Bochow, zunächst bestätige ich ausdrücklich, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Bundesgrenzschutz und der Polizei des Landes Brandenburg sehr intensiv ist. Wir werden auch die Zusammenarbeit mit Polen weiter intensivieren, um illegale Einreisen nach Möglichkeit schon vor der Landesgrenze, auf polnischem Gebiet zu verhindern.

Die Zahlen stellen sich wie folgt dar: Im Jahr 2000 sind 1 729 Personen, im Jahr 2001 1 801 Personen und von Januar bis August 2002 1 030 Personen im Zusammenhang mit einem illegalen Grenzübertritt der Landesgrenze vom Bundesgrenzschutz aufgegriffen worden. In der polizeilichen Kriminalstatistik finden sich höhere Zahlen, weil dort auch diejenigen aufgeführt sind, die außerhalb des Wirkungsbereichs des Bundesgrenzschutzes festgenommen worden sind. Insgesamt hat der Bundesgrenzschutz an der deutsch-polnischen Grenze erhebliche Kräfte eingesetzt und technische Mittel genutzt, um bereits im Vorfeld Festnahmen vornehmen zu können. Dies geschieht in Zusammenarbeit mit dem polnischen Grenzschutz, den die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesgrenzschutzes unter Nutzung technischer Möglichkeiten über die Annäherung von Personengruppen an die Grenze informieren, sodass man noch in Polen zu einer Festnahme kommen kann.

Danke sehr. - Ich rufe die Frage 1335 (Verbesserung der Zah- lungsmoral) des Abgeordneten Karney auf. Bitte schön.

In der Antwort auf meine Mündliche Anfrage vom 5. März 2002 zur Verbesserung der Zahlungsmoral führte der Minister der Justiz und für Europaangelegenheiten aus, dass sich die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Verbesserung der Zahlungsmoral“ intensiv mit verschiedenen Gesetzentwürfen auseinander setze. Zum damaligen Zeitpunkt hat man sich in der Arbeitsgruppe mit den rechtlichen Einwänden und Bedenken zu den einzelnen Vorschlägen zur Erhöhung der Zahlungsmoral auseinander gesetzt.

Ich frage die Landesregierung: Welche Arbeitsergebnisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Verbesserung der Zahlungsmoral“ stehen zum heutigen Zeitpunkt fest?

Herr Staatssekretär Stange, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Herr Abgeordneter Karney, die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Verbesserung der Zahlungsmoral“ ist ein beratendes Gremium, dessen Aufgabe darin besteht, mögliche gesetzgeberische Schritte zu einer verbesserten dinglichen Sicherung von Werklohnforderungen zu prüfen und fachlich zu begleiten. Die Vorschläge der Arbeitsgruppe zur Verbesserung der Zahlungsmoral sind in diesem Jahr weitgehend von der Gesetzgebungsebene übernommen worden. Hieraus sind verschiedene Gesetzgebungsinitiativen entstanden.

Ich verweise auf den von den Ländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen erstellten Entwurf eines Gesetzes zur dinglichen Sicherung von Werkunternehmeransprüchen und zur verbesserten Durchsetzung von Forderungen, das so genannte Forderungssicherungsgesetz. Der Bundesrat hat diesen Gesetzentwurf auf seiner 777. Sitzung am 21. Juni 2002 beschlossen und in den Deutschen Bundestag eingebracht.

Brandenburg hat, wie Sie wissen, den Gesetzentwurf unterstützt. Der Gesetzentwurf ist aber durch den Ablauf der 14. Legislaturperiode und die Neuwahl des Deutschen Bundestages im September 2002 der Diskontinuität anheim gefallen. Über eine Neueinbringung des Gesetzentwurfs im Deutschen Bundestag ist noch keine Entscheidung getroffen worden.

Der vom Bundesrat beschlossene Gesetzentwurf will Gläubiger, vor allem Handwerksbetriebe und mittelständische Unternehmen, vor Forderungsausfällen besser schützen und ihnen schneller zu einem Titel gegen den Schuldner verhelfen. Erreicht werden soll dies durch eine Beseitigung der strukturellen Schwächen des geltenden Vertrags-, Zivilprozess-, Zwangsvollstreckungs- und Gesellschaftsrechts. Der Gesetzentwurf hat begründete rechtliche Bedenken und Einwände zu einzelnen Vorschlägen wie dem Pfandrecht des Subunternehmers an der Werklohnforderung des Hauptunternehmers - das so genannte New Yorker Modell - oder der Erweiterung des Anwendungsbereichs der Bauhandwerkersicherungshypothek zugunsten des Subunternehmers weitgehend berücksichtigt.

Dennoch will ich nicht verschweigen, dass es insbesondere zu zwei Punkten des beschlossenen Gesetzentwurfes weiterhin sehr unterschiedliche Auffassungen gibt. Dies betrifft zum einen den Eigentumsvorbehalt beim Bauvertrag und zum anderen die Einführung eines Voraburteils in Bausachen. Hier muss bei einer uneingeschränkten Weiterverfolgung des im Juni 2002 vom Bundesrat beschlossenen Gesetzentwurfes mit erheblichen rechtlichen Einwänden gerechnet werden. Ehe sich die Landesregierung hierzu festlegt, wird das Pro und Kontra nochmals eingehend zu prüfen sein.

Für die Landesregierung ist in diesem Zusammenhang entscheidend, dass für das Handwerk und den Mittelstand solche Lösungen gefunden werden, die praxisgerecht und wirksam sind.

Herr Staatssekretär, es gibt noch Klärungsbedarf.

Ich habe eine Nachfrage: Kann insbesondere die Handwerkskammer des Landes Brandenburg - es gibt ja auch die Nachfrage der Handwerkskammer Cottbus - davon ausgehen, dass sich die Landesregierung Brandenburg nach Klärung der Sachverhalte an der Bundesratsinitiative beteiligen wird?

Herr Abgeordneter Karney, davon ist mit Sicherheit auszugehen. Wir werden sehr sorgfältig verfolgen, wie Gesetzentwürfe, die der Diskontinuität anheim gefallen sind, weiter verfolgt werden, und wir werden uns nach wie vor dafür einsetzen, dass hier insoweit - mit welchem Inhalt auch immer - ein solcher Gesetzentwurf, der unseren Vorstellungen entspricht, auch wieder eingebracht wird.

Herzlichen Dank. - Wir sind bei der Frage 1336 (Vorwürfe gegen den brandenburgischen Verfassungsschutz), gestellt vom Abgeordneten Vietze. Bitte schön.

Im Prozess gegen den Rechtsextremisten und V-Mann des brandenburgischen Verfassungsschutzes Toni S. hat die Staatsanwaltschaft schwerwiegende Vorwürfe gegen das brandenburgische Innenministerium erhoben. Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wäre die Produktion volksverhetzender CDs ohne Zutun des brandenburgischen Verfassungsschutzes nicht möglich gewesen. Wie wir seit Montag dieser Woche wissen, ist das Gericht dieser Auffassung gefolgt. Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass unter den Augen einer Behörde - der Verfassungsschutzbehörde Brandenburgs - Straftaten begangen wurden.

Ich frage die Landesregierung: Welche Konsequenzen zieht sie aus den gegen den brandenburgischen Verfassungsschutz erhobenen Vorwürfen?

Herr Innenminister, Sie haben erneut das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Vietze, die Behauptung, die Produktion volksverhetzender CDs wäre ohne Zutun des brandenburgischen Verfassungsschutzes nicht möglich gewesen, ist falsch. Die CD „Noten des Hasses“, auf welche diese Behauptung zielt, war bereits hergestellt, als die brandenburgische Verfassungsschutzbehörde von den Umständen ihrer Produktion Kenntnis erhielt. Die Pläne zur Herstellung einer zweiten Auflage dieser CD hat die brandenburgische Verfassungsschutzbehörde umfassend aufgeklärt. Tatsächlich ist eine zweite Auflage niemals zustande gekommen.

Ansonsten hat die brandenburgische Verfassungsschutzbehörde in keinem Fall die Herstellung von CDs mit strafbaren Texten ermöglicht oder gefördert. Insoweit ist aus diesen Vorwürfen nur die Konsequenz zu ziehen, dass ihnen auf geeignete Weise entgegengetreten werden muss.

Bei dem Prozess, von dem Sie hier reden, geht es um die Frage, wie die Vertriebswege waren, und um ähnliche Dinge. Behördenintern wurden und werden die Arbeitsabläufe überprüft, auch vor dem Hintergrund des von Ihnen genannten Gerichtsprozesses. Bei Vorliegen der Urteilsbegründung werden wir diese im Einzelnen auswerten.

Ich möchte darauf hinweisen, dass unser Verfassungsschutz und auch das Innenministerium nicht als offizielle Beobachter zu dem Prozess eingeladen wurden und auch nicht zugelassen wurden; vielmehr hat sich einer meiner Mitarbeiter morgens früh in die Reihe interessierter Bürger gestellt, um an dem Prozess teilzunehmen, sodass ich einen Beobachter hatte, der aber nicht als Beobachter zugelassen war.

Wir kommen zu Nachfragen. - Bitte, Herr Vietze.

Herr Schönbohm, Sie weisen den Vorwurf, der vom Gericht erhoben wurde, als falsch zurück. Ich frage Sie deshalb erstens: Sehen Sie sich als Innenminister in der Pflicht, im Interesse der Klarheit, die auch gegenüber dem Parlament und der demokratischen Öffentlichkeit herzustellen ist, die Offenlegung der entsprechenden Akten gegenüber den Mitgliedern der PKK zu ermöglichen und diese sogar zu bitten, diese Akteneinsicht vorzunehmen, damit das, was dem Land an Schaden im öffentlichen Ansehen entstehen kann, abgewendet wird?

Zweitens: Wird die Aussage Ihres Pressesprechers, dass es sich bei dem Verfahren in Berlin um einen Prozess mit Zügen von Schauprozessen handele, von Ihnen und auch von der Landesregierung geteilt oder ist das eine formal etwas überhöhte Aussage Ihres Pressesprechers?

Zur ersten Frage: Sie haben etwas vermengt, und darum möchte ich das klarstellen. In Ihrer Frage haben Sie unterstellt, dass die CD mit dem Titel „Noten des Hasses“ nur mithilfe des Verfassungsschutzes hätten hergestellt werden können. Ich wiederhole es, damit das wirklich klar ist: Die CD „Noten des Hasses“ ist ohne Beteiligung und ohne Wissen des Verfassungsschutzes hergestellt worden. Das ist ein wichtiger Punkt, weil Sie das eben wieder miteinander vermengt haben. Diese Sache ist aufgeklärt und dieser Vorwurf wird auch nicht mehr erhoben. Daran, das klarzustellen, liegt mir sehr, weil dies häufig miteinander vermengt wird.

Sie sprachen dann die Akteneinsicht an. Die PKK als parlamentarisches Kontrollgremium ist von uns umfassend informiert worden und es ist Sache der PKK zu entscheiden, ob diese Information ausreicht oder nicht bzw. wie detailliert sie sein muss.

Ich möchte auf eines hinweisen, Herr Vietze, und das ist eine Aussage, die ich auch in der Öffentlichkeit gemacht habe: Mir liegt

daran, dass wir einen leistungsfähigen Verfassungsschutz haben, der rechtsstaatlich kontrolliert wird, und mir liegt daran, dass dieser Verfassungsschutz in der Lage ist, rechtsextremistische Umtriebe auch linksextremistische, aber wir beschäftigen uns im Augenblick mit rechtsextremistischen - an ihrem Ausgangspunkt feststellen zu können. Das ist der Sinn des Verfassungsschutzes.

Dieser Verfassungsschutz lebt davon, dass er die Möglichkeit hat, mit anderen Verfassungsschutzämtern - auch mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz - zusammenzuarbeiten. Von daher muss man über die Arbeit eines Verfassungsschutzes reden, der mit geheimdienstlichen Mitteln arbeiten muss; denn sonst kann er keinen Erfolg haben. Daraus ergeben sich die Begrenzungen und damit werden wir uns auseinander setzen.

Ich als Innenminister sehe keine Notwendigkeit, die Akteneinsicht zu ermöglichen - das wäre nach meiner Kenntnis auch das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland -, sondern ich denke, dass wir im Rahmen einer intensiven Zusammenarbeit mit der Parlamentarischen Kontrollkommission dazu kommen werden, alle Informationen, die möglicherweise noch einmal nachgefragt werden, so aufzubereiten, dass sie bei der PKK zur notwendigen Einsicht oder Erkenntnis führen und gegebenenfalls auch hier im Landtag vorgetragen werden können.

Damit komme ich zu Ihrer zweiten Frage. Über die Äußerung meines Pressesprechers ist ja viel gesagt worden. Ich selbst habe mich auch aktuell in Brandenburg dazu geäußert und darauf hingewiesen, dass im Vorfeld dieses Prozesses Merkwürdiges geschehen ist. Ich will nur eines nennen: Wenn die Justizpressestelle des Landes Berlin einlädt und sagt: „Es findet ein Prozess gegen einen Mitarbeiter des brandenburgischen Verfassungsschutzes statt“, dann ist das eine Irreführung, die einer Justizbehörde nicht passieren darf. Ein V-Mann ist kein Mitarbeiter, sondern ein Informant. Wenn es in der Presse heißt „Das ist ein Mitarbeiter“, dann ist das etwas ganz anderes.

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Bisky [PDS])

- Das kann man nachlesen. Die Berliner Justizsenatorin hat sich bisher nicht in der Lage gesehen, dies klarzustellen.

Ein zweiter Punkt, der hinsichtlich des brandenburgischen Verfassungsschutzes erörtert wurde - es sind auch Unterstellungen gemacht worden, die noch geklärt werden -, ist, dass die entlastenden Argumente, die der V-Mann-Führer im Zusammenhang mit dem Prozess, der in Cottbus läuft, vorgetragen hat - zwölf Seiten Einlassungen - nicht berücksichtigt worden sind. Von daher habe ich gesagt, dass dieser Prozess möglicherweise auch eine politische Dimension hat, und ich glaube, diese Aussage ist richtig. Den Begriff Schauprozess, falls er gefallen sein sollte, halte ich für falsch, weil der eindeutig besetzt ist und es schlimm wäre, wenn auf diese Weise versucht würde, die Schauprozesse zu Zeiten des Nationalsozialismus oder auch zu Zeiten Stalins oder Berijas zu verharmlosen.

Frau Kaiser-Nicht.

Meine erste Frage: Herr Minister, da der V-Mann des Verfassungsschutzes das Cover für die benannte CD mit hergestellt hat

und sein Geld mit dem Vertrieb solcher CDs verdiente, frage ich Sie: Hätte der Verfassungsschutz den Vertrieb der rechtsextremen CD nicht verhindern müssen, statt von diesem V-Mann zu erwarten, dass er selbst tatsächlich nur einen begrenzten Verkauf realisiert?

Meine zweite Frage: Teilen Sie, Herr Minister, die Auffassung, dass gerade durch die durch das Ministerium des Innern sowie die SPD und CDU in der PKK nicht gewollte Akteneinsicht der Eindruck verstärkt wird, es gebe doch etwas zu verbergen?

(Einzelbeifall bei der PDS)

Zunächst zu Ihrer zweiten Frage: Ich weiß, Frau Kaiser-Nicht wir haben es gestern ja bereits festgestellt -, dass Sie sehr aktenund papiergläubig sind.

(Heiterkeit bei der PDS - Zurufe von der CDU)

- Ich will das einmal auf den Punkt bringen. - Wir haben Ihnen alles vorgetragen. Ich werde die Akteneinsicht nicht allen bieten. Darüber kann man auch einmal diskutieren. Die Frage ist: Wollen Sie sich hinsetzen und die vielen Ordner durchgehen? Wir haben ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren. Wir haben ein Gerichtsverfahren. Ein weiteres Ermittlungsverfahren steht noch an. Den Ausgang dieser Verfahren werden wir abwarten. Wir werden Sie über all die Fragen informieren, die Sie haben.

(Zuruf von der PDS)

- Darüber können wir streiten. Das ist in Ordnung. Ich muss aber nicht das machen, was Sie wollen, sondern ich mache das, was ich für richtig halte. Ich mache das, was rechtlich geboten ist. Ich mache das, was mehrheitsfähig ist.

(Zurufe von der PDS - Beifall bei der CDU)

Nun möchte ich aber auf Ihre erste Frage eingehen. Sie haben Recht, der V-Mann war an der Herstellung des Covers beteiligt. Das ist unstrittig, das haben wir Ihnen auch in der PKK vorgetragen. Wir haben Ihnen in der PKK auch im Einzelnen vorgetragen und erläutert, warum wir es zugelassen haben, dass er in einem begrenzten Umfang am Vertrieb der CD teilnimmt, um nämlich an die Vertriebswege zu kommen. Wenn wir den Rechtsextremismus zwar beklagen, aber nichts dagegen machen wollen, dann hätten wir sagen können: Dann macht er nichts.

Was nicht geht, ist, zu sagen, wir wollen gegen den Rechtsextremismus entschlossen vorgehen, aber niemand darf es merken. Das funktioniert nicht. Von daher gesehen haben wir uns hier in einen Grenzbereich begeben und dieser Grenzbereich ist von dem V-Mann überschritten worden. Deshalb ist er zu 24 Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Wir haben auch gleich gesagt, dass wir dieses Urteil begrüßen, weil er Grenzen überschritten hat. Das ist doch eine klare Position.

Herr Hammer, bitte.

Herr Minister, ich rede nicht über Akten und Papier. Ich möchte Ihnen eine persönliche Frage stellen. Gibt es Handlungen in diesem Bereich, die Sie persönlich unter „Kavaliersdelikt“ verbuchen?