Protokoll der Sitzung vom 18.12.2002

Bilder von rechtsextremistischen Aufmärschen zwischen Gräbern zu verhindern. Ich merke allerdings an, dass dies nur gelang, weil wir den Weg der Verbotsverfügung konsequent beschritten haben und uns die Gerichte, einschließlich des Bundesverfassungsgerichts, das anschließend vom Anmelder angerufen wurde, dabei folgten. Sie erkennen, dass es hier einen Ermessensspielraum gibt. Dieser sollte ausgeschöpft werden.

Es bedarf der Überarbeitung des Versammlungsgesetzes, die selbstverständlich auf der Basis des Grundgesetzes erfolgen muss. Die Anforderungen an die Novellierung des Versammlungsrechts wurden bereits anlässlich der Sitzung der Innenministerkonferenz am 24. November 2000 beschlossen. Die im Bundesrat von verschiedenen Seiten zum damaligen Zeitpunkt vorliegenden Gesetzesinitiativen wurden vor dem Hintergrund einer notwendigen verfassungsrechtlichen Prüfung von Einzelfragen zunächst zurückgestellt.

Das vom für das Versammlungsrecht zuständigen Bundesministerium des Innern hierzu in Auftrag gegebene Rechtsgutachten liegt mittlerweile vor und wurde ausgewertet. Danach ist zum Beispiel die Beschränkung der Versammlungsfreiheit an Orten, die einen Bezug zur Würde von Personen haben, zum Beispiel der Standort des Holocaust-Denkmals, denkbar. Weitere Spielräume für Änderungen des Versammlungsgesetzes werden im Gutachten eröffnet bzw. nicht ausgeschlossen und sollten möglichst zeitnah im Rahmen einer Novellierung des Versammlungsgesetzes durch den Bundesinnenminister geprüft werden.

Im Rahmen der Innenministerkonferenz am 5. und 6. Dezember habe ich vor diesem Hintergrund auf die Notwendigkeit der raschen Umsetzung der verfassungsrechtlich möglichen Änderungen des Versammlungsrechts hingewiesen. Bundesinnenminister Schily hat mir versichert, dass er zügig darangehen werde. Die Innenminister der Länder und des Bundes waren sich darin einig, dass hier Handlungsbedarf besteht.

Schönen Dank. Es gibt noch Klärungsbedarf. Frau Kaiser-Nicht, bitte sehr.

Herr Minister, hat man Sie am 5. Dezember in diesem Zusammenhang in der Presse wie folgt korrekt zitiert?

„Ein polizeiliches Problem tritt zudem oft nicht durch die paar NPD-Demonstranten auf, sondern erst durch die verschiedenen Gegendemonstrationen. Dadurch entsteht nämlich erst eine polizeiliche Großlage und leider auch eine Aufwertung des Rechtsextremismus oder der Rechtsextremen. “

Meine zweite Frage lautet: Geben Sie mit dieser Aussage auch dem Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg, Herrn Platzeck, als Hauptredner auf der Demonstration am 23.11. dieses Jahres Mitschuld am Erstarken des Rechtsextremismus?

(Unmut bei der CDU)

Frau Kaiser-Nicht, damit haben Sie den Ball ja auf den Elf

meterpunkt gelegt. - Das von Ihnen Zitierte habe ich im Zusammenhang mit der Demonstration von Halbe gesagt.

(Zuruf der Abgeordneten Kaiser-Nicht [PDS])

- Ich sage, was ich gesagt habe. - Wenn Sie sich davon überzeugen wollten, was dort geschehen ist, würden Sie feststellen, dass wir dort insgesamt 900 Polizisten im Einsatz hatten. Nachdem das Verbot der Demonstration ausgesprochen worden war, sind Teile der Rechtsextremisten aufgetreten. Ihnen standen drei Gegendemonstrationen mit zum Teil gewaltbereiten Demonstranten gegenüber.

Es geht um folgenden Punkt, den ich klar benennen will, damit wir nicht aneinander vorbeireden: Wenn genehmigungspflichtige Demonstrationen stattfinden, können nicht bestimmte Gruppierungen in unserem Lande für sich in Anspruch nehmen, diese Demonstrationen im Rahmen des antifaschistischen Kampfes verhindern zu wollen.

Das Problem der Polizei, auf das ich hingewiesen habe, besteht dabei darin, dass sie im Falle der Gewaltanwendung - dies belegen Bilder; ich kann Ihnen Videos zeigen - gezwungen ist, Rechtsextremisten vor anderen Gewaltbereiten zu schützen.

Ich wäre dankbar, wenn wir uns darin einig wären, dass Demonstrationen gewaltfrei verlaufen sollten und wir alles tun müssen, um zu verhindern, dass unterschiedliche politische Auffassungen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen führen. Auf dieses Problem habe ich hingewiesen.

(Beifall bei der CDU)

Dass der Ministerpräsident auf einer Veranstaltung in Potsdam auf seine Haltung gegen Rechtsextremismus hinweist, hat mit dem eben Gesagten überhaupt nichts zu tun. Selbstverständlich begrüße ich seine Aussage.

Ich will, weil Sie gerade nicken, Folgendes hinzufügen. Zu keiner Gegendemonstration oder Gegenveranstaltung - dies ist deutlich erkennbar - ist je ein Vertreter der Union eingeladen worden. Vielleicht könnte auch darüber nachgedacht werden.

(Beifall bei der CDU - Widerspruch bei der PDS)

Nun erhält die Abgeordnete Fechner Gelegenheit zur Formulierung der Frage 1402 (Straftaten von V-Leuten des brandenbur- gischen Verfassungsschutzes), da diese gegen die Frage 1384 getauscht worden ist. Bitte sehr.

Laut Pressemitteilung haben der Generalbundesanwalt sowie die 25 Generalstaatsanwälte einhellig befunden, dass V-Leuten des Verfassungsschutzes keine einsatzbezogenen Straftaten erlaubt seien. Dies gelte grundsätzlich und ohne Einschränkung für alle Straftaten.

V-Leuten des brandenburgischen Verfassungsschutzes sind jedoch in bestimmten Fällen kriminelle Handlungen erlaubt. Um diese Rechtsprobleme zu lösen, könnte die brandenburgische Justizministerin eine Gesetzesinitiative in den Bundesrat

einbringen mit dem Ziel, V-Leuten Straftaten zu gestatten, die ihnen derzeit noch verboten sind.

Ich frage die Landesregierung: Plant sie eine solche Gesetzesinitiative, und wenn ja, mit welchen Aussichten auf Erfolg?

Frau Ministerin Richstein, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Fechner, ich nehme an, dass Sie in Ihrer Fragestellung von einer falschen Prämisse ausgehen. Selbstverständlich unterliegen auch die V-Leute in Brandenburg einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit. Deswegen werden sie auch von der Verfassungsbehörde strikt angewiesen, keine Straftaten zu begehen, wie mein Kollege, Herr Innenminister Schönbohm, bereits auf Ihre Kleine Anfrage 1911 vom 5. Oktober 2002 geantwortet hat. Insofern möchte ich klarstellen, dass die von Ihnen aufgestellte Behauptung, dass V-Leuten des brandenburgischen Verfassungsschutzes kriminelle Handlungen erlaubt seien, nicht zutrifft. Daher sieht die Landesregierung auch keine Veranlassung zu einer Bundesratsinitiative.

(Vereinzelt Beifall bei CDU und SPD)

Damit sind wir bei der Frage 1385 (Folgen des Grundwasser- anstiegs), die der Abgeordnete Schippel stellen möchte. - Soll ich Ihnen behilflich sein? - Gut, dann trage ich die Frage vor:

„Die Folgen des Grundwasseranstiegs nach dem Bergbau führen im Bereich Lübbenau wie in der gesamten Lausitz zunehmend zu Schäden an Neu- und Altbausubstanz. Die Boden- und Wasserverbände und die Kommunen sind mit der Erstellung von Gutachten und der Ursachenbekämpfung finanziell überfordert.“

Daraus leitet der Abgeordnete die Frage ab:

„Inwieweit können die Herstellung alter Grabensysteme durch die Boden- und Wasserverbände und die Erstellung notwendiger Gutachten durch die Kommunen von Landesseite unterstützt werden?“

(Klein [SPD]: Die Erkältung von Herrn Schippel ist die Ursache für die Hilfe des Präsidenten! - Zurufe von der PDS: Machen Sie das jetzt bei allen, Herr Präsident?)

- Wenn Sie mögen, gern.

Das Wort geht an den Minister für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In einer derart stark belasteten Landschaft wie der Lausitz, deren Grundwasserdefizit erst in Jahrzehnten ausgeglichen sein wird, ist es wichtig, das Niederschlags- und Oberflächenwasser möglichst vor Ort zu

halten. Nach der Einstellung des Braunkohlebergbaus kam es in den zurückliegenden Jahren zu einer Erhöhung der Grundwasserstände bis zum Erreichen der zu Beginn des Bergbaus bestehenden natürlichen Wasserverhältnisse. Die Wiederherstellung oder der Neubau von Entwässerungssystemen mit dem Ziel der Grundwasserabsenkung wird deshalb in der Lausitz nur ausnahmsweise und bei Vorliegen ganz besonderer Umstände, die im Landesinteresse liegen und eine Förderung rechtfertigen, gewährleistet. Bei der Finanzierung von Maßnahmen zur Beseitigung von Bergbaufolgeschäden ist hinsichtlich der Inanspruchnahme von Mitteln der öffentlichen Hand in jedem Fall das Subsidiaritätsprinzip zu beachten.

Sollten Nässeschäden an Neu- oder Altbauten unmittelbar auf die Einstellung der Sümpfung zurückzuführen sein, wäre gegebenenfalls die LMBV in Anspruch zu nehmen. Ein Kausalzusammenhang zwischen Nässeschäden und Einstellung des Sümpfens wird allenfalls in Einzelfällen nachgewiesen werden können, jedoch nicht, wie in der Vorbemerkung der Frage anklingt, für einen ganzen Landstrich. Zudem wäre im Einzelfall zu prüfen, ob die Wiederherstellung eines Grabens überhaupt eine Grundwasserabsenkung im Bereich der betroffenen Baulichkeit bewirkte.

Sind die Fördervoraussetzungen gegeben, käme eine Unterstützung durch das Land nach der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der Verbesserung des Landschaftswasserhaushalts vom 18. Dezember 2001 in Betracht. Die beabsichtigte Maßnahme muss einen landwirtschaftlichen Bezug haben, beispielsweise zu Schäden an landwirtschaftlichen Gebäuden. Ferner muss die zu fördernde Maßnahme im öffentlichen Interesse liegen.

Förderfähig wären auch Gutachten und Voruntersuchungen in unmittelbarer Verbindung mit der Projektdurchführung, sofern sie Voraussetzung für die Durchführung des Vorhabens sind, sowie Kosten der Maßnahmevorbereitung bis zur Entwurfsplanung nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure. Formale Anträge nach der eingangs erwähnten Richtlinie sind bei den Ämtern für ländliche Entwicklung und Flurneuordnung zu stellen.

Damit scheint alles geklärt zu sein; ich danke. - Wir kommen zur Frage 1386 (Anbindung des Industriestandortes Premnitz an die Bundesautobahn 2), die vom Abgeordneten Dombrowski gestellt wird. Bitte sehr.

Die Landesregierung Brandenburg hat in den vergangenen 12 Jahren große materielle Anstrengungen unternommen, um den Industriestandort Premnitz zukunftsfähig zu machen. Leider ist die für einen zukunftsfähigen Industriestandort notwendige Verkehrsverbindung, nämlich die Anbindung an eine Autobahn, bisher nicht gegeben, sodass der Industriestandort trotz hoher Investitionen in den Standort schwerwiegende Nachteile bei Wirtschaftsansiedlungen und Wirtschaftserhaltungsmaßnahmen hat. Der Kampf der Arbeitnehmer in der Viskoseanlage des Standortes hat die labile Situation des Industriestandortes Premnitz noch einmal in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt.

Ich frage die Landesregierung: Wann ist endlich mit einer ver

besserten Autobahnanbindung des Industriestandortes zu rechnen bzw. wie ist der derzeitige Planungsstand?

Herr Minister Meyer, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrter Herr Dombrowski, auch wir beobachten die aktuelle Situation in Premnitz mit wachsender Besorgnis. Wie bereits in meiner Antwort auf Ihre mündliche Anfrage in der Landtagssitzung vom 5. September des Jahres erläutert wurde, stellen sich die Gesamtproblematik und der Planungsstand der einzelnen Maßnahmen wie folgt dar - wobei Sie als Insider wissen, dass es in den Planungsprozessen keine großen Sprünge gibt.

Erstens: Für den nördlichsten Abschnitt - die Ortsumgehung Rathenow - läuft seit Juli dieses Jahres das Planfeststellungsverfahren. Wenn es keine schwerwiegenden Einwendungen gibt, kann im nächsten Jahr mit dem Bau der Ortsumgehung begonnen werden.

Zweitens: Für den daran anschließenden Abschnitt der Ortsumgehung Premnitz - das ist die Ostvariante der B 102 - hat sich der Bund die Bestimmung der Linie vorbehalten. Mit der Entwurfsplanung wird in Kürze begonnen. Mit der Einleitung des Planfeststellungsverfahrens rechne ich Ende 2003/Anfang 2004.

Für den nächsten Abschnitt, die Ortsumgehung BrandenburgNord, läuft das Raumordnungsverfahren trotz naturschutzrechtlicher Probleme planmäßig weiter. Für diesen naturräumlich schwierigen Abschnitt in Brandenburg-Nord kommt es darauf an, das Raumordnungsverfahren so abzuarbeiten, dass keine Angriffspunkte für Klagen im Planfeststellungsverfahren oder danach vonseiten der EU entstehen. Gemäß Aussage des hier federführenden Ministeriums für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung ist ein Abschluss des Raumordnungsverfahrens im II. Quartal 2003 zu erwarten. Die Linienbestimmung kann unmittelbar danach erfolgen, sodass das Planfeststellungsverfahren im Jahre 2004/2005 eingeleitet werden kann.

Drittens: Für den Abschnitt der Ortsumgehung BrandenburgMitte - B 102 Wusterwitz - Bensdorf - läuft das Planfeststellungsverfahren. Wenn sich aus dem Verfahren keine Verzögerungen ergeben, wird auch hier im nächsten Jahr mit dem Bau begonnen.

Für den letzten Teil, den südlich nach Wollin weiterführenden Ast der B 102, Ortsumgehung Brandenburg-Süd, der auch für Kirchmöser wichtig ist, konnte durch die Straßenbauverwaltung nach längerem Abstimmungsprozedere mit dem Ministerium für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung - Gemeinsame Landesplanung - am 07.10.2002 die Durchführung des Raumordnungsverfahrens beantragt werden. Das Planfeststellungsverfahren wird voraussichtlich im Laufe des Jahres 2004 eröffnet.