Protokoll der Sitzung vom 17.01.2003

Von den 106 Sachverhalten dieser Chronologie waren 37 Fälle im Rahmen unserer Statistik als Gewaltdelikte des Phänomenbereichs „PMK Rechts“ klassifiziert worden. Hinzu kommen im Jahre 2002 weitere Gewaltdelikte, die wir aufgeführt haben, die durch die Polizei im Meldedienst erfasst sind, die aber in der Chronologie des Vereins Opferperspektive nicht enthalten sind. Das zeigt, dass wir zum Teil mehr aufgeführt haben als die Opferperspektive.

Die tatsächliche Zahl von Gewaltdelikten „PMK Rechts“ im

Land Brandenburg im Jahr 2002 beträgt 81 gegenüber 87 Fällen im Vorjahr 2001. Im Ergebnis der Überprüfung durch das Expertenteam wurden auch nachträglich Gewaltdelikte in die KPMD PMK, also in die kriminalpolizeiliche Statistik "Politisch motivierte Kriminalität Rechts", aufgenommen.

Das heißt, durch die Erkenntnisse, die sich aus den Unterlagen der Opferperspektive ergeben haben, hat sich die Statistik leicht verändert. Dennoch ist für mich nicht nachzuvollziehen, dass der Bewertung eines Vereins, dem aus verständlichen Gründen das notwendige gesamte Instrumentarium fehlt, mehr Vertrauen entgegengebracht werden sollte als den Fachgremien der Polizei.

Es gibt noch Klärungsbedarf. Bitte sehr.

Ich frage, da seit mehreren Jahren regelmäßig seitens der Regierung eingeschätzt wird, dass die Zahl der rechtsextremen Gewalttaten zurückgeht, diese Zahl aber nach wie vor besorgniserregend hoch ist, und weil ich, Herr Minister, auch nach Ihren Ausführungen nicht davon ausgehe, dass es Ihnen um statistische Erfolgsmeldungen geht: Sehen Sie neue Möglichkeiten des Dialogs staatlicher Behörden mit den zivilgesellschaftlichen Kräften vor Ort, um rechtsextremen Straftaten langfristig besser vorzubeugen und die statistischen Widersprüche möglichst zu verhindern?

Zunächst einmal könnten Sie sich mit mir freuen, dass die Zahl der Gewaltdelikte im Jahre 2002 gegenüber 2001 von 87 auf 81 zurückgegangen ist. Das will ich nur einmal festhalten.

Nun haben wir - darüber ist berichtet worden - in der Uckermark einen breit angelegten Versuch mit der Fachhochschule der Polizei gemacht, der jetzt gerade ein Jahr läuft, bei dem wir unter der Verantwortung der Fachhochschule in Potsdam Lehrer, Sozialarbeiter und Polizeibeamte mit der Frage konfrontiert haben: Wie gehen wir mit gewaltbereiten Jugendlichen um? Denn wir glauben, wir müssen uns insgesamt mit der Gewaltbereitschaft von Jugendlichen auseinander setzen. Dort haben 24 Teilnehmer über ein Jahr, insgesamt 37 Tage, immer wieder an Impulskursen teilgenommen. Ich habe am Montag dieser Woche mit einigen dieser Lehrer, Sozialarbeiter und Polizeibeamten gesprochen. Sie haben gesagt, dass sie durch dieses Seminar etwas gelernt haben, was vorher nicht so klar war. Dabei ging es um folgende Fragen:

Erstens: Wie kann ich besser helfen, Konflikte gewaltfrei zu lösen?

Zweitens: Wie kann ich Tendenzen erkennen, die zu gewaltbereiten Lösungen führen?

Drittens: Wie kann ich Dialogfähigkeit zwischen den verschiedenen Gruppen in der Gesellschaft herstellen, die unmittelbar an der Jugendarbeit beteiligt sind?

Am Dienstag nächster Woche beginnt der zweite Lehrgang, an

dem eine größere Anzahl von Lehrern teilnimmt. Die Ergebnisse wollen wir nutzen und auf alle Landkreise übertragen, um dort ein Netzwerk derjenigen weiterzuentwickeln, die in diesem Bereich unmittelbar Verantwortung haben und die zum Teil zu wenig gesprochen haben.

Ich bin gewillt, mit all denen zusammenzuarbeiten, die einen Beitrag dazu leisten wollen, die Probleme zu erkennen, die Probleme zu definieren und dann auch Therapien zu entwickeln, wie man damit umgeht. Einige derjenigen, die sich damit auseinander setzen, nutzen allerdings die Möglichkeiten, die sie haben, um die Polizei oder Einzelne zu beschimpfen. Mit denen arbeite ich nicht zusammen.

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr. - Wir kommen damit zur Frage 1470 (Verkehrs- zunahmen durch EU-Osterweiterung), gestellt vom Abgeordneten Firneburg.

Im Zuge der EU-Osterweiterung wird der grenzüberschreitende Verkehr und damit auch der Transitgüterverkehr auf eine bis jetzt ungeahnte Größe ansteigen. Das bisherige Verkehrsnetz ist den neuen Herausforderungen nicht gewachsen.

In Anbetracht des jetzt schon ausufernden Straßenverkehrs, insbesondere des LKW-Verkehrs, auf den Bundesstraßen und Autobahnen im Land Brandenburg frage ich die Landesregierung: Welche Landes- und Bundesstraßen sowie Autobahnen und Schienennetze können kurz- und mittelfristig ausgebaut werden, um das aufkommende Verkehrsvolumen im Zuge der EU-Osterweiterung zu bewältigen.

Herr Minister Meyer, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung bereitet sich schon seit längerem vorausschauend auf die verkehrlichen Auswirkungen der EU-Osterweiterung vor. Sie sieht auch, dass die Verkehrsströme anwachsen, teilt aber nicht die Auffassung, dass der Verkehr auf eine "bis jetzt ungeahnte Größe" ansteigt. Im Gegenteil gibt es da recht belastbare Prognosen und an diesen haben wir uns zu orientieren.

Nach wie vor setzt sich die Landesregierung für einen forcierten Ausbau der Fernverkehrsinfrastruktur ein. Hierzu gehört vor allem der beschleunigte Ausbau des Verkehrsnetzes, zum Beispiel der Ausbau der Autobahnen und der Schienenverbindungen. Vor allen Dingen in Bezug auf die Autobahnen haben wir - das kann ich sagen - die volle Unterstützung des Bundesministeriums.

Wenn wir uns den Wirtschaftsraum Berlin-Brandenburg anschauen, dann ist besonders eines wichtig: Es gibt, von Berlin ausstrahlend, drei Trassen in östlicher Richtung, die wir als Verkehrskorridore bezeichnen können und ausbauen müssen. Das ist zum einen die Trasse nach Stettin, wo wir gerade im Begriff sind, die Autobahn zweispurig mit Standstreifen auszu

bauen, wo die Schiene auf jeden Fall in einem langfristigen Zeitraum ausgebaut werden muss und wo wir über die Hohensaaten-Friedrichsthaler Wasserstraße einen Wasseranschluss vom Projekt 17 bis nach Stettin bekommen werden. Das ist zum anderen die Trasse von Berlin-Brandenburg über Posen nach Warschau, wo der Ausbau der Autobahn abgeschlossen ist und wo die Schienenverbindung derzeit gerade für eine Leitgeschwindigkeit von 160 km/h ausgebaut wird. Das ist schließlich die Trasse in den schlesischen Raum nach Breslau, wo wir beim Bau der Autobahn sind - im Jahr 2004 wird er abgeschlossen und die Schienenverbindung in einem mittelfristigen Zeitraum von der Deutschen Bahn AG ausgebaut werden muss.

Dazu gehört auch, wenn wir von diesen drei Trassen absehen, dass wir in Brandenburg selbst ein leistungsfähiges Netz haben. Wir haben das System des „Blauen Netzes“ vorgestellt. Es ist ein unverzichtbarer Beitrag für die wirtschaftliche Entwicklung in unserem Land. Ein besonderer Teil dieses „Blauen Netzes“ ist die Nord-Süd-Verbindung, als Oder-Lausitz-Trasse bekannt, vom Kreuz Uckermark bis an die sächsische Grenze über einen Länge von 265 km, meist in der Ausbaustufe 2 + 1, mit den Ortsumgehungen Gramzow, Schwedt, Bad Freienwalde, Seelow, Frankfurt (Oder), Guben, Cottbus bis nach Senftenberg. Diesbezüglich sind wir in diesen Jahren an vielen Stellen in der Bauphase. Wir werden auch an der Strecke, zum Beispiel in dem Bereich Guben-Cottbus oder in dem Bereich SeelowFrankfurt, einen Streckenausbau vornehmen.

Ein weiteres Ziel der Landesregierung ist die Stärkung überregionaler Straßen- und Verkehrsverbindungen nach Polen. Es sind letztlich besonders Brücken, die gemeinsam geplant werden müssen - Sie wissen, dass diese Brücken vor allem für die grenznahen Räume und die Anbindung an die überregionalen Trassen notwendig sind. Entsprechend dem, womit Frau Stobrawa gestern ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck gebracht hat, bin auch ich hinsichtlich der gemeinsamen Brückenplanungen mit der polnischen Seite natürlich nicht zufrieden. Aber das ist nun einmal so: Wenn man einen Partner hat und einen gemeinsamen Vertrag, eine gemeinsame Finanzierung, eine gemeinsame Planung braucht, der Partner aber etwas andere Vorstellungen hat, dann ist das nicht ganz leicht.

Weitere Lücken, insbesondere auf kreislicher und kommunaler Ebene, sollen unter anderem mit INTERREG-III-A-Mitteln geschlossen werden.

Ich komme noch einmal auf die Schiene zurück. Im Rahmen des Ausbaus des Bundesschienennetzes wird die Hauptverkehrsachse Berlin - Frankfurt bis 2006 - ich sagte es - für die Leitgeschwindigkeit von 160 km/h ertüchtigt. Der Ausbau der Hauptbahnstrecken Berlin - Angermünde - Stettin und Berlin Cottbus - Görlitz, ebenfalls mit einer Leitgeschwindigkeit von 160 km/h, wurde von uns im Bundesverkehrswegeplan angemeldet. Bei Realisierung dieser Ausbauvorhaben dürfte der wachsende Bedarf an grenzüberschreitenden Schienenverkehrsleistungen im Zuge der EU-Osterweiterung mittelfristig zu bewältigen sein.

Man sieht in dieser Region, dass flächendeckend gebaut wird. Man weiß auch, dass angesichts der Haushaltslage des Bundes wobei ich bezüglich der verkehrlichen Infrastruktur ausdrücklich meinen Dank an den Bund richten möchte; da sind wir gut bedient worden -, aber natürlich auch angesichts der Haushaltslage des Landes Brandenburg einige der uns zur Verfügung stehen

den Mittel für diese Aufgaben konzentriert werden müssen. Darin ist sich die Landesregierung einig. - Schönen Dank.

Es gibt noch Klärungsbedarf. - Bitte schön.

Herr Minister, Sie wissen genauso gut wie alle anderen hier, dass die Grenzübergänge Frankfurt (Oder), Guben/Gubinek zurzeit ziemlich stark von LKWs frequentiert werden und dort ziemlich lange Wartezeiten entstehen. Sind Sie der Auffassung, dass das, wenn Polen im Jahr 2004 der EU beigetreten ist, anders sein wird, sodass die LKWs schneller abgefertigt werden oder durchfahren können?

Ich möchte mich zu den organisatorischen Absprachen, die in den letzten Tagen und Wochen zwischen dem Innenminister und dem Ministerpräsidenten der polnischen Seite und mir getroffen worden sind, hier und heute nicht äußern. Das wird schon einiges bringen.

Darüber hinaus wird der Beitritt natürlich eine Veränderung in der Abfertigung mit sich bringen. Das ist völlig klar. Jetzt gilt noch das Schengener Abkommen. Es ist völlig klar, dass an der Lösung genau dieses Problems weiter gearbeitet werden muss. Ich sage es noch einmal: Die zurzeit vorhandenen und die prognostizierten Verkehrsströme sind durch das Straßennetz, das ich gerade vorgestellt habe, und durch eine Erweiterung von Übergangsstellen eher zu entzerren, als dass sie sich weiter verdichten müssten.

Danke sehr. - Dem Wunsch nachkommend, die Frage 1471 mit der Frage 1473 zu tauschen, geht das Wort an Herrn Petke, der Gelegenheit hat, die Frage 1473 (Videoüberwachung) zu formulieren.

Heute war den Nachrichten zu entnehmen, dass die Stadt Berlin die Videoüberwachung, die in Brandenburg seit mehreren Jahren eingesetzt wird, ebenfalls gesetzlich verankern will. Vor wenigen Tagen konnten wir in der Presse lesen, dass Gewerkschaften behaupteten, die Videoüberwachung habe zu keinem Rückgang der Kriminalität geführt, sondern lediglich Verdrängungseffekte bewirkt.

Ich frage die Landesregierung: Sind solche Verdrängungseffekte festzustellen?

Herr Innenminister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Petke, entsprechend der Entschließung des Landtages Brandenburg zur Änderung des Brandenburgischen Polizeigesetzes vom

13.12.2000 wird zur Prüfung der Effizienz der Videoüberwachung ein Bericht für den Ausschuss für Inneres gefertigt. Dieser Bericht befindet sich zurzeit in Bearbeitung und wird detaillierte Zahlen zur Kriminalitätsentwicklung seit der Installation der vier Überwachungsanlagen im Land Brandenburg enthalten und auch etwas zur Verdrängung aussagen.

Es ist erklärtes Ziel der Landesregierung, durch die Videoüberwachung einen dauerhaft starken Rückgang der Kriminalität zu erzielen. Im Vorgriff auf den in Bearbeitung befindlichen Bericht teile ich mit, dass sich die Videoüberwachung bisher als ein wirksames Instrument dafür dargestellt hat, einen Rückgang der Kriminalität an den einzelnen Brennpunkten zu bewirken. Wenn sogar das Land Berlin, das bisher dagegen war, davon überzeugt ist, dass dieser Weg richtig ist, dann scheint er nicht ganz falsch zu sein.

Ängste der Bevölkerung wollen wir abbauen und das Sicherheitsgefühl stärken. Durch die Videoüberwachungsmaßnahmen ging das Straftatenaufkommen zurück. Täter wurden bei der Tatausführung beobachtet und konnten anschließend vorläufig festgenommen werden.

Seit der Inbetriebnahme der vier Videoüberwachungsanlagen und der damit verbundenen Evaluierung sind bisher in keinem der Bereiche Verdrängungseffekte hinsichtlich des Kriminalitätsaufkommens nachweisbar. Die von der Gewerkschaft der Polizei immer wieder dargestellen Bedenken und die Forderung nach Abschaffung der Videoüberwachungsanlagen sind aufgrund der durch die Polizeibehörden erhobenen Lagedaten nicht nachvollziehbar.

Lassen Sie mich zwei Beispiele nennen. Ein Beispiel für Potsdam: Dort ist die Zahl der Straftaten in dem videoüberwachten Bereich im Jahr 2001 gegenüber dem Vorjahr von 280 auf 113 zurückgegangen, ist also praktisch mehr als halbiert worden. In den umliegenden Räumen, die wir als nahe Räume bezeichnen, in die hinein eine Verdrängung stattfinden könnte, ist die Zahl der Straftaten von 739 auf 330 zurückgegangen.

Im Bereich Erkner - dort geht es um den Bahnhofsvorplatz - ist die Zahl der festgestellten Straftaten von 210 auf 105 und in dem angrenzendem Bereich von 89 auf 67 zurückgegangen. Wir werden das im Bericht noch im Einzelnen darlegen und werden das im Innenausschuss in allen Facetten erörtern können.

Ich glaube, dass die These, die in der Innenministerkonferenz aufgestellt und in fachlichen Diskussionen erhärtet wurde, richtig ist, dass Videoüberwachung ein Mittel - ich wiederhole: nur ein Mittel - ist, um Kriminalität, vor allen Dingen Taschendiebstähle und ähnliche Delikte, in bestimmten Bereichen, die sehr stark von der Öffentlichkeit genutzt werden bzw. genutzt werden müssen, zurückzudrängen. Ich glaube, damit sind wir auf dem richtigen Weg.

Es gibt noch Klärungsbedarf seitens des Fragestellers. Bitte.

Herr Minister, vielen Dank. - Von den Kritikern sind immer wieder datenschutzrechtliche Gründe angeführt worden. Die Frage, die ich habe, lautet: Gibt es seitens des Ministeriums

Erkenntnisse darüber, dass sich die Bürger, die zum Beispiel von der Videoüberwachung an den Bahnhöfen betroffen sind, bei der Polizei bzw. beim Ministerium über die Videoüberwachung beschweren? Gibt es bereits Erkenntnisse darüber, wie die Polizei mit den datenschutzrechtlichen Bestimmungen umgeht? Gibt es diesbezüglich eventuell Verstöße oder ist dies nicht der Fall?

Das System, das wir ausgewählt haben, ist so ausgelegt, dass die Videoaufzeichnung nur dann begonnen wird, wenn der Verdacht auf eine strafbare Handlung besteht oder der Ansatz dazu vorhanden ist. Die entsprechenden aufgezeichneten Bilder werden spätestens nach drei Tagen gelöscht. Sie werden dann bereitgehalten, wenn es strafprozessuale Maßnahmen gibt. Ich kenne bisher keine Beschwerden von Bürgern. Es gibt Aktivisten, die gegen die Videoüberwachung sind, aber das ist eine grundsätzliche Gegnerschaft gegenüber dem Mittel.

Frau Kaiser-Nicht.

Ich habe zwei Nachfragen. Die erste: Herr Minister, liegen Ihren Aussagen gesicherte Erkenntnisse zugrunde, also auch statistische Erhebungen darüber, dass ein Verdrängungseffekt nicht zu verzeichnen ist? Haben Sie dabei auch Ergebnisse aus anderen Bundesländern berücksichtigt?