Ich finde, Herr Schippel, es ist durchaus angebracht, darüber nachzudenken, ob man nicht selbst auch einen Anteil daran hat, weil man zumindest in den ersten zehn Jahren kluge Vorschläge der CDU abgelehnt hat und unsere nun seit 13 Jahren ablehnt. Der Eindruck, den Sie manchmal vermitteln wollen, dass wir nämlich die Schuldenmacherpartei seien, stimmt einfach nicht, weil wir noch keinen einzigen Haushalt dieses Landes beschlossen und keinen einzigen Vertrag unterschrieben haben, durch den Schulden in diesem Lande gemacht wurden. Ich finde, diese Verantwortung tragen Sie - und seit drei Jahren in der Koalition.
Deswegen will ich meine zweite Bemerkung machen und fragen: Wie kommen wir denn nun aus dieser Situation heraus? Herr Junghanns, Sie werden angesichts der kurzen Zeit, in der Sie hier tätig sind, schon zitiert:
„Es ist besser, einen Schlussstrich zu ziehen, als mit symbolischen Handlungen Hoffnungen zu wecken, an die ohnehin niemand mehr ernsthaft glaubt.“
Es ist an der Zeit, dass wir, wenn wir über den Haushalt reden, diesem Anspruch gerecht werden. Ich nehme dabei keine Partei aus. Keine Partei allein ist in der Lage, den Regelungsbedarf, den es jetzt im Lande gibt, umzusetzen. Ich finde, man darf schon, egal in welcher Koalition man eingebunden ist oder welche Rolle man in diesem Parlament hat, sagen: Die rot-grüne Koalition, knapp wiedergewählt, hat sich in dieser Bundesrepublik ein Verdienst erworben: Es hat noch zu keiner Zeit eine derart unverschämte Umverteilung von Geldvermögen aus öffentlicher Hand in die private Hand gegeben, wie diese Regierung sie durch ihre Steuerreform organisiert hat. Ich muss hinzufügen: Das bezieht sich nicht nur auf diese Umverteilung, sondern auch auf den Teil, der zu unseren Lasten gegangen ist mit Zustimmung des Landes übrigens. Wir haben bei der Zustimmung gewusst: Die Mindereinnahmen werden 600 Millio
nen DM, also 300 Millionen Euro, betragen. Obwohl Sie das gewusst haben, haben Sie das in diesem Hause beschlossen und müssen nun die negativen Auswirkungen verantworten. Da Sie auf den ausgehandelten Ausgleich stolz waren - Herr Meyer hat damals nach seinen Gesprächen mit dem Bundesbauminister verkündet, dass wir dafür mehr Mittel für Straßen bekämen -, haben Sie sich mit Beton zufrieden gegeben. Sie streichen jetzt bei den Musikschulen, im Bereich des Kindertagesstättengesetzes, beim Schülertransport, bei den Lehrern für die Schulen. Jetzt machen Sie genau das, was der kluge Finanzpolitiker Lunacek und der kluge Finanzpolitiker Bischoff gewusst haben. Deswegen können Sie heute in dieser Angelegenheit natürlich nicht den Eindruck erwecken, als ob Sie an dieser Situation etwas ändern wollten.
Frau Konzack, wollen Sie uns etwas weismachen, was nicht stimmt? Denn es ist nicht der Fall, dass hier zusätzlich etwas vorhanden ist. Sie sind doch auch im Sozialausschuss. Sie wissen es und der Blindenverband kann es Ihnen gern mitteilen: Das Blindengeld beträgt in Hessen 579 Euro, in Hamburg 579 Euro, auch in Berlin und Bayern 579 Euro, in MecklenburgVorpommern 549 Euro, in Rheinland-Pfalz 526 Euro, in Niedersachsen 502 Euro, in Thüringen 486 Euro, in NordrheinWestfalen 473 Euro, in Schleswig-Holstein 450 Euro, in Sachsen-Anhalt 430 Euro, in Baden-Württemberg 409 Euro, in Bremen 340 Euro, in Sachsen 333 Euro und in Brandenburg 333 Euro. Sie reduzieren es auf 266 Euro und müssen sich schämen. Denn das ist kein Abbau von privilegierten Situationen in dieser Bundesrepublik, das ist die Verschlechterung des jetzt schon schlechtesten Versorgungsgrades.
Deswegen greifen wir das an und deswegen muss man sich zu diesen 67 Euro wie bei den Mitteln für die Gehörlosen und die Schwerbehinderten fragen lassen. Hier geht es um 1 Million Euro. Ich frage Sie, meine Damen und Herren, Frau Ministerin: Wissen wir schon, wie viel Millionen wir am Ende dieses Jahres nicht im Haushalt haben werden, wie viel Mindereinnahmen durch Steuerschätzungen und Steuerrealität noch auf uns zukommen?
Wir haben - deswegen haben wir auch eine alternative Liste angefertigt - andere Sparmöglichkeiten und wir sehen eine Chance, diese Grausamkeiten im Land Brandenburg zu verhindern. Diese Liste stellen wir Ihnen zur Verfügung. Sie haben heute ein Gesetz eingebracht und wir gehen davon aus, dass wir darüber und über Ihre Vorschläge reden können, weil wir der Meinung sind, dass es nicht notwendig ist.
Im Haushaltsstrukturgesetz gibt es einen interessanten Vergleich mit Berlin, den wir optimieren wollen. Dort betrifft der erste Anstrich unter Punkt 3 - Zusammenarbeit mit Berlin - die Polizeifachhochschule. Herr Schönbohm, Sie können nach diesem Erfolg für die Gemeindegebietsreform ein Zeichen setzen. Teilen Sie mit: Wir führen eine gemeinsame Polizeiausbildung durch; die Einrichtungsmöglichkeiten in Berlin werden genutzt und wir verzichten auf einen Neubau in Brandenburg. Das wäre allein in diesem Jahr eine Einsparsumme von 3,5 Millionen Euro.
Das geht alles zu machen, wenn Sie selbst Aufgeschlossenheit produzieren. Ich gehe davon aus, dass das in dieser Sache angebracht ist, abgesehen davon, dass ich auch den Eindruck habe, dass ich sehr gut beschützt bin, seitdem ich in der Bundesrepublik bin.
Das war im Jahr 1999 noch mit 1 Milliarde DM für den Verfassungsschutz möglich. Innerhalb von zwei Jahren jedoch wurden die Mittel für den Verfassungsschutz verdreifacht. Ich meine, es ist keine Legitimation, zu sagen: Wir brauchen mehr Geld für den Verfassungsschutz für Brandenburg und nehmen es dafür bei den sozial Schwachen weg.
Wenn die SPD das mitmacht, weil die SPD jetzt in diesem großen vertrauensvollen, aufgeschlossenen Verhältnis ist, kann ich Ihnen nur sagen: Möglicherweise wird es Ihnen der Koalitionspartner danken, zumindest bei der nächsten Wahl. Aber ob es der Wähler auch tun wird, wissen Sie nicht. Schauen Sie nach Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein!
Man sollte nicht so überheblich sein in seinem politischen Agieren. Das trifft für Sie wie für uns und auch für alle anderen zu. Sie können davon ausgehen, dass wir eine Chance sehen, im Ausschuss vernünftig miteinander zu reden. Sparmöglichkeiten gibt es noch in diesem Lande, Umverteilungsmöglichkeiten gibt es noch in diesem Lande. Wir brauchen keine Zeitzeichen für soziale Grausamkeiten, sondern wir brauchen optimistische Zeichen im Bildungsbereich, im Kindertagesstättenbereich, in den Sozialeinrichtungen.
Wir brauchen uns nicht zu wundern, wenn die jungen Leute das Land verlassen und dann die Dynamik zu verzeichnen ist: Weil keine Arbeit vorhanden ist, steht die Wohnung leer; brauchen sie keinen Kindergarten und keine Schule.
(Klein [SPD]: Aber sie bleiben immer noch in der Bundes- republik Deutschland, immer noch in der BRD!)
Wir müssen dafür Sorge tragen, dass Brandenburgerinnen und Brandenburger hier bleiben und, Herr Klein, sie sollen in ihrem Wahlkreis bleiben und Sie bitte schön auch wählen. Aber tun Sie etwas dafür, dass sich die Wählerinnen und Wähler wohl fühlen! - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Vietze, die Erwartungen, die wir von Anfang an an unsere Haushaltspolitik
gestellt haben, haben sich in vielen Fällen nicht erfüllt. Das ist so, das weiß jeder. Aber wenn man aus dem Rathaus kommt, ist man immer klüger. Wenn wir aber auf Sie gehört hätten, wären wir heute noch höher verschuldet, als wir es jetzt schon sind.
Das wissen Sie auch. Ich erinnere mich noch daran, dass die Grundlage für die sehr hohe Verschuldung gerade in den ersten vier Jahren gelegt worden ist. Ich erinnere mich noch an Auseinandersetzungen, die wir geführt haben, die Herr Kühbacher geführt hat, die Frau Theben geführt hat.
Das waren interessante Auseinandersetzungen. Aber da ging es wirklich immer um die Frage: Wer gibt noch mehr Geld aus?
- Sicherlich auch. Aber auch die PDS wollte immer noch mehr. Das dürfen wir bei der ganzen Geschichte nicht vergessen. Wir alle - wir wollen auch einmal ehrlich sein
hatten damals andere Erwartungen. Was haben wir uns alles vorgestellt, wie sich die Region Berlin-Brandenburg entwickeln wird! Was haben wir uns vorgestellt, wie viel Einwohner wir bekommen werden! Wir haben uns schon im Voraus mit Berlin darüber verständigt, wohin die Einwohner gehen werden, wie viel Brandenburg und wie viel Berlin bekommt.
- Auch darüber, wer nach Wünsdorf geht. - All diese Dinge, zu denen man heute sagt: Es waren Träume, die bitter bezahlt wurden. So einfach kann man das sagen.
Warum haben wir das alles gemacht? Wir haben auf der einen Seite gerade nach der Wende viel Geld investiert, um soziale Abfederungen vorzunehmen. Wir haben viel Geld in konsumtive Aufgaben gegeben. Wir haben aber auch sehr viel Geld in investive Aufgaben gegeben - immer mit dem Ziel, industrielle Kerne zu erhalten und Neuansiedlungen zu gewährleisten. Dafür haben wir uns hoch verschuldet in der Erwartung, dass wir Arbeitsplätze schaffen, dass wir neue Steuereinnahmen erzielen und dadurch die Schulden wieder ausgleichen können. Das wissen Sie alles. Das waren damals leider nur Wünsche. Die wenigsten davon sind in Erfüllung gegangen.
Ich muss noch eines hinzufügen. Wir haben heute noch einen Abbau von Arbeitsplätzen zu verzeichnen, genauso aber auch einen Aufwuchs von Arbeitsplätzen. Der Aufwuchs von Arbeitsplätzen, der erreicht wurde, ist auch auf die Investitionen zurückzuführen, die im Land Brandenburg möglich waren. Wir können auch auf viele Neuansiedlungen verweisen, nicht nur auf Flops.
Aber es ist jetzt, wie es ist: Wir haben trotzdem immer noch hohe Ausgaben im konsumtiven Bereich. Ein großer Betrag
betrifft nach wie vor den Kita-Bereich. Das darf man bei dem Ganzen nicht vergessen. Man kann nicht in allen Bereichen Geld ausgeben, man muss auch Prioritäten setzen.
Ich möchte nun aber zu den Haushaltsgesetzen kommen, die uns heute vorgelegt wurden. Mein Kollege Bischoff ist schon auf die großen Zusammenhänge zur Konsolidierung eingegangen. Ich werde jetzt mehr ins Detail gehen und will mich mit den Ausführungen zum Entwurf des Haushaltssicherungsgesetzes 2003 beschäftigen.