Wir beginnen mit dem Antrag der PDS-Fraktion in der Drucksache 3/5565, zu dem jede Fraktion und die Landesregierung je fünf Minuten Redezeit haben. Im Anschluss daran lasse ich darüber abstimmen. Dann treten wir in die Behandlung der Gesetzentwürfe ein, indem wir diese einzeln beraten. Nach der ersten Debattenrunde, also nach der Behandlung des ersten Gesetzentwurfs, werde ich über die Nr. 1 der Beschlussempfehlung abstimmen lassen, die sich auf alle Gesetzentwürfe bezieht. Wenn wir die weiteren Gesetzentwürfe behandelt haben werden, erübrigt sich eine Gesamtabstimmung, weil es keine gemeinsame Basis dafür gibt.
Über die vorliegenden Änderungsanträge wird im Anschluss an die Debatte des jeweiligen Gesetzentwurfes abgestimmt.
Ich eröffne die Aussprache zu dem Antrag der PDS-Fraktion in der Drucksache 3/5565. Das Wort geht zunächst an die beantragende Fraktion. Bitte, Herr Abgeordneter Sarrach.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Volksinitiative gegen Zwangseingemeindung und für die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung hat binnen kurzer Zeit beeindruckend viele Unterschriften gegen die Verabschiedung der vorliegenden sechs Gesetze zur landesweiten Gemeindegebietsreform im Landtag gesammelt. Fast 40 000 Unterschriften konnten am Montag dieser Woche dem Präsidenten des Landtages übergeben werden, doppelt so viele, wie für die Einreichung einer Volksinitiative nach Artikel 76 unserer Verfassung notwendig sind.
Damit ist eine Situation entstanden, die es in Brandenburg noch nicht gegeben hat: Zwei völlig gleichberechtigte Gesetzgebungsverfahren, nämlich die parlamentarische Gesetzgebung und die Volksgesetzgebung, laufen hier parallel.
Zu Recht fragen die Vertreter der Volksinitiative, ob der Landtag heute mit der 2. Lesung zu den sechs Gesetzentwürfen zur Gemeindegebietsreform einfach zur Tagesordnung übergehen kann, ob der Landtag also einen vermeintlichen Zeitvorsprung ausnutzen und die Gesetze beschließen kann, ohne die Volksinitiative zu beachten.
- Sehr gut, Herr Klein, wenn Sie das jetzt schon wissen. Wir, die PDS-Fraktion, lehnen einen solchen Umgang mit der Volksinitiative jedenfalls ab.
(Beifall bei der PDS - Klein [SPD]: Ich werden Ihnen gleich sagen, was Ihre Fraktion im Jahre 1997, als Sie noch nicht im Landtag waren, gesagt hat!)
- Wenn es einmal einen Preis für Zwischenrufer geben sollte, unabhängig davon, ob die Zwischenrufe sachlich oder unsachlich sind, Herr Klein, dann schlage ich Sie vor.
Unsere Ablehnung stützen wir nicht nur darauf, dass wir als Partei die Volksinitiative inhaltlich unterstützen. Natürlich stellt die Volksinitiative das Prinzip strikter Freiwilligkeit richtigerweise in den Mittelpunkt einer Gemeindegebietsreform.
Richtig ist ebenfalls, dass die Freiwilligkeitsphase keine einengenden Vorgaben für Mindestgrößen von Gemeinden, keine Terminsetzungen und keinen Zwang zur Bildung von Großgemeinden verträgt. Im Land Sachsen-Anhalt hat die Regierung das erkannt. Freiwilligkeitsphasen, nach deren Verstreichen flächendeckender staatlicher Zwang droht, werden auch von der PDS-Fraktion abgelehnt.
Unabhängig vom Inhalt der Volksinitiative beantragt die PDSFraktion, dass aus Respekt vor der 40 000 Mal artikulierten Volksmeinung heute im Landtag keine gesetzlichen Zwangszusammenschlüsse von Gemeinden vorgenommen werden.
Das Gesetzgebungsverfahren soll so lange ruhen, bis über die Zulässigkeit der Volksinitiative beschlossen und gegebenenfalls die zulässige Volksinitiative im Landtag behandelt worden sein wird. Damit soll sich der Landtag durch Beschluss selbst binden und der eingereichten Volksinitiative eine aufschiebende Wirkung bezüglich der Beschlussfassung über eigene Gesetze zubilligen. Das verlangt meiner Meinung nach der Respekt vor der Volksgesetzgebung, also der direkten Demokratie, dem Instrument der Bürgerinnen und Bürger, außerhalb von Landtagswahlen auf die wichtigen politischen Fragen des Landes Einfluss zu nehmen.
Mit den Vertretern der Volksinitiative sind wir der Meinung, dass es eine demokratische Selbstverständlichkeit sein muss, sich als Parlament im Rahmen der direkten Volkskontrolle auch einmal zu bescheiden, zurückzunehmen und korrigieren zu können. Schließlich handelt es sich bei diesem Gesetzgebungsverfahren um einen schwerwiegenden Eingriff in die Selbstverwaltung von mehr als 300 Gemeinden durch Gesetz.
In diesem Sinne bitte ich Sie um Zustimmung zu dem Antrag der PDS-Fraktion. Achten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, diese eingereichte Volksinitiative. Entwerten Sie dieses Instrument der Volksgesetzgebung nicht durch den Vollzug dieser Gesetze. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der normale Ablauf einer Debatte zu einem Antrag ist der, dass man Argumente nennt; am Schluss wird dann das Abstimmungsverhalten der eigenen Fraktion dargestellt. Ich weiche von diesem Verfahren heute ganz bewusst ab und sage: Sehr verehrte Damen und Herren der PDS-Fraktion, wir werden Ihren Antrag heute ablehnen, und zwar mit der Mehrheit der SPD-Fraktion gemeinsam mit dem Koalitionspartner.
Damit aber keine Missverständnisse auftreten, will ich Ihnen auch deutlich sagen, dass wir damit überhaupt nicht die Zulässigkeit einer Volksinitiative infrage stellen.
Über die Berechtigung - das wissen Sie alle ganz genau - wird nach Prüfung der Rechtmäßigkeit der Unterschriften der Hauptausschuss des Landtages entscheiden und dem Landtag dann seine Beschlussempfehlung zur Entscheidung vorlegen. Darum geht es in Ihrem Antrag aber gar nicht, meine Damen und Herren der PDS; vielmehr soll nach dem Willen der PDS-Fraktion das Gesetzgebungsverfahren gestoppt werden.
denn wir wollen heute, wie geplant, die im Ausschuss nach langer Beratung beschlossene Gemeindegebietsreform auf den Weg bringen. Die Beratung zum Gesetz war nicht nur gründlich; sie hat auch eine lange Geschichte, an die ich hier noch einmal erinnere.
die den Namen „Gemeindegebietsreform im Land Brandenburg“ trug. In der Begründung haben wir gemeinsam ausgeführt:
„Ziel der Reform muss es sein, Wege zu finden, wie die Leistungsfähigkeit der Kommunen gewahrt werden kann.“
„Die Verwaltungseffizienz soll durch Bündelung der finanziellen und personellen Kräfte gestärkt und dadurch die örtliche Entwicklung auch in wirtschaftlicher und beschäftigungspolitischer Hinsicht gefördert werden.“
„Die Umsetzung der Empfehlungen sollte umgehend mit der politischen Zielstellung begonnen werden, dass die Reform bis zur Kommunalwahl 2003 abgeschlossen sein soll.“
Jeder Zeuge - ich war häufig Zeuge bei den Anhörungen im Innenausschuss - wird nur eines festgestellt haben: Sie haben meistens destruktive Fragen gestellt und diese Sache nicht gefördert.