Jeder Zeuge - ich war häufig Zeuge bei den Anhörungen im Innenausschuss - wird nur eines festgestellt haben: Sie haben meistens destruktive Fragen gestellt und diese Sache nicht gefördert.
Am 11. Juli 2000 beschloss das Kabinett Leitlinien zur Gemeindegebietsreform, die durch den Landtag dann auch zur Kenntnis genommen wurden. Die Freiwilligkeitsphase endete am 31. März 2002. Die Zahl der Gemeinden verringerte sich in dieser Zeit von 1 479 auf weniger als 800. Für die noch nicht geklärten Fälle wurden durch das Ministerium des Innern die entsprechenden Gesetze erarbeitet.
Seit Mai des letzten Jahres sind in den betroffenen Gemeinden die Neugliederungsvorschläge bekannt. Seit dieser Zeit läuft auch das parlamentarische Verfahren mit 1. Lesung und Anhörung der betroffenen Gemeinden. Das Gesetz ist also sorgfältig erarbeitet und parlamentarisch begleitet worden.
Wenn wir also das erreichen wollen, was im Auftrag der Enquetekommission formuliert worden ist - wir haben keine Veranlassung, uns davon zu verabschieden -, dann sollten wir heute beschließen.
Einen Vorwurf an die Initiatoren der Volksinitiative kann ich mir nicht ersparen: Angesichts des zeitlichen Vorlaufs, den alle im Lande hatten, hätten Sie längst aktiv werden können. Natürlich werden wir uns - ich bitte nachdrücklich, dies zu registrieren -,
sofern die Prüfung der Unterschriften bestätigt, dass die Volksinitiative rechtens ist, mit ihr im Landtag noch einmal beschäftigen.
Wir sind aber zutiefst davon überzeugt, dass die Gesetze zur Gemeindegebietsreform sorgfältig erarbeitet und parlamentarisch solide behandelt wurden, sodass es keinen Grund für uns gibt, das Verfahren heute zu stoppen. - Ich danke Ihnen.
(Beifall bei SPD und CDU - Zurufe von der PDS: Da brauchen wir überhaupt nicht weiter zu diskutieren! Er hat den Punkt gesetzt! So ein Affentheater hier!)
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Der Antrag der PDS-Fraktion läuft letztlich darauf hinaus, das Gesetzgebungsverfahren bis zum Abschluss einer Volksinitiative gegen die Zwangseingemeindungen auszusetzen.
Wir haben uns eingehend überlegt, wie damit umzugehen ist. Wir sind dann zu dem Entschluss gekommen, uns der Stimme zu enthalten.
Einerseits sehen wir als DVU-Fraktion, dass das Anliegen der Volksinitiative gegen die Zwangseingemeindungen vom Grundsatz her durchaus seine Berechtigung hat. Die Anhörungen im Ausschuss für Inneres haben gezeigt, dass in vielen Fällen, in
denen die Gesetzentwürfe Zwangseingemeindungen oder Zwangszusammenschlüsse von Gemeinden vorsehen, die Aspekte Freiwilligkeit und Bürgerwille zu kurz gekommen sind. Das liegt unseres Erachtens zu einem nicht unerheblichen Teil an der Vorgehensweise von Vertretern der Landesregierung im Vorfeld der Gesetzentwürfe. Man zeigte den Bürgerinnen und Bürgern nur unzureichend Neugliederungsalternativen auf; die Bürgerinnen und Bürger wurden nur unzureichend in die Reform einbezogen. Das heißt, die Landesregierung nahm die Bürgerinnen und Bürger nicht mit, sondern setzte ihnen etwas vor nach dem Motto: „Friss, Vogel oder stirb!“ Die verschiedenen Interessenlagen wurden bei der Reform nicht genügend abgewogen. Sie hätten zum Ausgleich gebracht werden müssen. Das ist erkennbar nur unzureichend bis gar nicht erfolgt. Bei alledem blieb die weitgehende Akzeptanz für die Reform, die für deren Gelingen unabdingbar ist, offensichtlich auf der Strecke. Insoweit gehen wir mit dem PDS-Antrag konform.
Dann fragten wir uns aber, welche weiteren Auswirkungen der PDS-Antrag hat. Hierbei kamen wir zu folgenden Schlüssen: Bemerkenswert ist immerhin, dass das gesamte Reformwerk sozusagen über längere Zeit im Schwebezustand bleibt, wenn man dem PDS-Antrag folgt. Unabhängig davon, ob die Gesetzesvorhaben der Landesregierung abzulehnen sind oder nicht, wird nichts entschieden. Das führte nach Auffassung der DVUFraktion in vielen Fällen zu zusätzlichen Unsicherheiten. Unserer Meinung nach macht die Aussetzung nur dort Sinn, wo über die Neugliederungen noch nicht abschließend entschieden werden kann. Abschließende Entscheidungen sind aber dort möglich, wo gesetzliche Regelungsvorschläge der Landesregierung ablehnungsreif sind oder wo Neuregelungen im Wesentlichen in Einklang mit dem Bürgerwillen erfolgen oder mit ihm in Einklang gebracht werden können.
Davon sind einige Regelungssachverhalte in den Gesetzentwürfen betroffen. Beispielsweise lehnen wir den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Stadt Cottbus und zum Amt NeuhausenSpree vollständig ab. Ebenso lehnen wir den Gesetzentwurf der Landesregierung zu Potsdam, Fahrland und Golm ab. Die Ausschussfassungen der Vorschläge zu den Tagebaugebieten halten wir hingegen für zustimmungsfähig. Gleiches gilt für die Ausschussfassung zur Region Spreenhagen. Dies entspricht dem Bürgerwillen ohnehin.
Schließlich wird man zwar dem Bürgerwillen den ihm gebührenden Platz dergestalt einräumen müssen, dass die Zusammenschlüsse in der Regel freiwillig erfolgen sollen. Das kann man aber nicht zum Dogma erheben, meine Damen, meine Herren. Ausnahmslos wird dies nicht durchzuhalten sein, nämlich dann nicht, wenn sich in dem betreffenden Gebiet nur einzelne Gemeinden einer Neugliederung verschließen, aber ansonsten eine Mehrheit für die Neugliederung besteht. Unseres Erachtens darf eine Minderheit nicht ihren Willen der Mehrheit aufzwingen. Ein Ausgleich ist insoweit nach Ansicht der DVU-Fraktion durch eine Stärkung der Ortsteilrechte herbeizuführen. Konkret bedeutete dies, dass nicht nur die Kirche im Dorf bleibt, sondern auch etwa die Kita, die Dorfeiche, der Schützenverein und die Feuerwehr.
In diesen Fällen sehen wir keinen Grund zur Aussetzung des Gesetzgebungsverfahrens. Dies führt uns letztlich zur Enthaltung. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ganz natürlich, dass die Gemeindegebietsreform in Brandenburg ebenso wie in jedem anderen Bundesland Kritiker hat. Es ist legitim, dass sich diese Kritik im Rahmen unserer Verfassung und unserer Gesetze artikuliert. Die Volksinitiative ist auch ein Zeichen für eine lebendige Demokratie in Brandenburg und dafür, dass die Kommunalreform den Bürgern nicht gleichgültig ist, sondern von ihnen engagiert begleitet wird.
An der freiwilligen Neugliederung beteiligten sich bisher 982 Gemeinden, die gute Gründe für eine Fusion hatten. Die heute zur Abstimmung stehenden sechs Neugliederungsgesetze ziehen für ca. 300 Gemeinden Veränderungen nach sich. Auch diesbezüglich sind die meisten Regelungen weitestgehend unumstritten.
Würden wir dem Antrag auf Aussetzung der Reform zustimmen, hätte dies zur Folge, dass die Reform vor der anstehenden Kommunalwahl nicht beendet wäre und bei den Kommunalwahlen Bürgermeister und Kommunalvertreter in den alten Strukturen gewählt würden. Dies hätte zur Folge, dass eine für viele Jahre geltende Übergangslösung gefunden werden müsste. Dies, meine Damen und Herren - darin sind wir uns sicherlich einig -, träfe die Brandenburger Gemeinden mit voller Wucht.
Meine Damen und Herren, es ist weder konstruktiv noch seriös, wenn die PDS, die jahrelang Zeit hatte, den Reformprozess zu begleiten, nun, zum Abschluss des Verfahrens, einen solchen Blockadeantrag einbringt. Ein Schelm, der Arges dabei denkt.
(Sarrach [PDS]: Die Volksinitiative als Blockade? - Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Die Volksinitiative ist am Montag eingebracht worden! - Weiterer Zuruf von der PDS-Frakti- on: Das ist Demokratieverständnis!)
Der Innenausschuss des Landtages Brandenburg braucht den Vergleich mit anderen Bundesländern nicht zu scheuen. Im Gegenteil, er gab sich die größte Mühe, alle Interessengruppen zu hören und ihre Argumente in die Arbeit einfließen zu lassen. Der Innenausschuss hat beispielsweise Vertreter sämtlicher von den Reformgesetzen betroffenen Gemeinden eingeladen und ihnen unbegrenzte Redezeit zur Verfügung gestellt. Die kommunalen Spitzenverbände sowie Vertreter aller nur denkbaren von der Reform betroffenen Organisationen wurden ebenfalls geladen.
Die PDS nutzte ihre Möglichkeit zur Mitarbeit jedoch lediglich zum Formulieren eines einzigen Änderungsantrags.
In Abwägung all dieser Argumente können wir dem populistischen, jedoch für die Brandenburger Gemeinden extrem nachteiligen Antrag der PDS nicht zustimmen. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unsere Landesverfassung gewährt allen Einwohnern das Recht, dem Landtag im Rahmen seiner Zustimmung bestimmte Gegenstände der politischen Willensbildung zu unterbreiten. In Brandenburg ist von diesem plebiszitären Instrument rege Gebrauch gemacht worden.
- Ja, Herr Vietze. - Die Landesregierung begrüßt die aktive Teilhabe der Bevölkerung. Die Respektierung der von der Verfassung gewährleisteten plebiszitären Rechte ist eine Selbstverständlichkeit. Der Respekt vor der Volksgesetzgebung kann allerdings nicht daran gemessen werden, ob der Landtag dem jeweiligen Anliegen der Initiatoren umgehend Rechnung trägt oder nicht. Volksinitiativen repräsentieren hinsichtlich ihres Anliegens nicht den Willen des gesamten Volkes; denn der Souverän wird erst in der Verfahrensstufe des Volksentscheides zu den Urnen gerufen. Nur im Falle der Annahme der Initiative durch Volksentscheid können sich Initiatoren auf den Souverän berufen. Jetzt berufen sie sich auf 39 000 Unterschriften.
Somit sieht die Landesverfassung zu Recht keine Sperrwirkung von Volksinitiativen vor; das ist, glaube ich, unstrittig. Der von den Bürgern durch Wahlen direkt legitimierte Landtag ist daher in keiner Hinsicht gehindert, Gesetzentwürfe zur landesweiten Gemeindegebietsreform jetzt zu verabschieden.
Ich möchte daran erinnern, dass wir drei Jahre lang - zumindest seit ich diese Verantwortung habe -, eine breite Diskussion dazu geführt haben. Im Februar 2000 habe ich mit dieser Diskussion begonnen. Ich habe auf verschiedenen Veranstaltungen mit mehr als 1 000 ehrenamtlichen Bürgermeistern diskutiert. Wir haben Anhörungen im Landtag gehabt, haben Diskussionen vor Ort geführt. Es hat also, wie gesagt, einen breiten Diskussionsprozess im Lande gegeben. All die in diesem Zusammenhang vorgebrachten Argumente sind über einen Abwägungsprozess in die Entscheidung eingeflossenen. Daher sei gesagt: Alle Argumente liegen auf dem Tisch und sind im Landtag auch behandelt worden.
nute - dieses zentrale Reformprojekt stoppen. Mit Blick auf das von der Verfassung vorgegebene mehrstufige und damit zeitintensive Volksgesetzgebungsverfahren stellt sich die Frage, warum sie jetzt damit vorstellig geworden sind. Sie hätten dies auch eher tun können.