Herr Minister Birthler, es ist ja schön, dass Sie von Brandenburg aus eine Initiative starten und Ministerin Künast bitten wollen, einen Bericht darüber vorzulegen, wie es mit der Möglichkeit der Tötung einzelner Tiere aussieht. Ich hoffe, dass Sie uns in der nächsten Ausschusssitzung darüber informieren werden, wie Frau Künast das aufgenommen hat. Sie hätten uns aber auch schon im Vorfeld sagen können, dass die Landesregierung so etwas plant. Dann hätten wir den vorliegenden Antrag nicht gestellt. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Claus, und schließe die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt. Wir kommen zur Abstimmung.
Die Fraktion der DVU hat beantragt, den Antrag in der Drucksache 3/5546 an den Ausschuss für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung zu überweisen. Wer diesem
Überweisungsantrag folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Überweisungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.
Wir kommen damit zur Abstimmung in der Sache. Wer dem Antrag der Fraktion der DVU in der Drucksache 3/5546 in der Sache seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag auch in der Sache mehrheitlich abgelehnt.
Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der antragstellenden Fraktion. Herr Abgeordneter Thiel, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gerade ist es durch die Medien veröffentlicht worden: Allein in Brandenburg sind derzeit weit mehr als 271 000 Menschen ohne Arbeit - eine nie dagewesene Rekordzahl. Die Arbeitslosenquote in Brandenburg hat den Wert von 20 % erreicht.
Abgesehen von den bekannten wirtschaftlichen Ursachen sind wir auf dem Arbeitsmarkt jetzt auch mit ersten Konsequenzen aus dem Job-AQTIV-Gesetz und aus den ersten Hartz-Gesetzen genauso unmittelbar konfrontiert wie mit den negativen Auswirkungen eines arbeitsmarktpolitischen Paradigmenwechsels der Bundesanstalt für Arbeit. Maßgebliches Leitmotiv der angeblichen Profis der Nation in Arbeitsmarktfragen ist dabei - wie auch die kürzlich in Brandenburg durchgeführten Arbeitsmarktgespräche deutlich machten - die Erhöhung der Geschwindigkeit der Vermittlung in den so genannten ersten Arbeitsmarkt.
Dabei liegt es doch quasi auf der Hand: Wo wie bei uns im Land Brandenburg im Schnitt 30 bis 40 Bewerber auf ein Arbeitsplatzangebot kommen, kann die Erhöhung der Vermittlungsgeschwindigkeit nicht zentraler Ansatz eines arbeitsmarktpolitischen Konzepts sein.
Versprach die alte Bundesanstalt für Arbeit noch Ende der 90er Jahre unter Jagoda die Kompensation für zurückgefahrene Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen mit dem Slogan „Weniger ABM mehr Weiterbildung“, so hat sich das unter Gerster offensichtlich erledigt. Auf aktive Arbeitsmarktpolitik will man zunehmend ganz verzichten. Fiskalischer Ausdruck dessen ist die Streichung des Bundeszuschusses an die Bundesanstalt für Arbeit.
Als eine der schwer wiegenden Folgen dieser Kürzungsorgie, meine Damen und Herren, wird die Zahl der Langzeitarbeitslosen und leider auch der Arbeitslosen im jugendlichen Alter sowie die Zahl der Arbeitslosenhilfeempfänger weiter steigen. Auch weitere Abwanderungen sind gewissermaßen vorprogrammiert.
Die soziale Situation spitzt sich zu, wenn die Bundesregierung mit ihrem Vorschlag am Ende dieses Jahres durchkommt, die Arbeitslosen- und Sozialhilfe auf dem um nur 10 % angehobenen Niveau der Sozialhilfe zusammenzulegen. Der Bund arbeitet also bereits, meine Damen und Herren, an einem neuen Armutszeugnis herrschender Politik. Zudem wird die Bundesanstalt für Arbeit die zusätzlichen Kosten für diese Arbeitsmarktreform aus dem Topf für aktive Arbeitsmarktpolitik bezahlen, so übrigens auch die Kosten für das so genannte Herzstück von Hartz, die Einrichtung von Personalserviceagenturen, einem neuen Instrument, dessen Wirksamkeit vor allem hier im Osten aufgrund mangelnder freier Arbeitsplätze in den Sternen steht.
Meine Damen und Herren, um nicht missverstanden zu werden: Nicht alle Vorschläge der Hartz-Kommission weisen in die falsche Richtung und verdienen eine ernsthafte Prüfung. Erstens stecken wir seit Jahren in einem arbeitsmarktpolitischen Reformstau, der angesichts der demographischen Entwicklung, aber auch angesichts der Krise der traditionellen Erwerbsarbeit dringend aufgelöst werden muss.
Zweitens ist es auch richtig, dass ABM und SAM längst keine zeitgemäßen Instrumente zur Bewältigung der Massen-, Langzeit- und Jugendarbeitslosigkeit mehr sind. Sie haben aber, um das immer wieder klarzustellen, insbesondere hier im Osten eine zurzeit unverzichtbare sozialpolitische Komponente, die man nicht einfach ersatzlos streichen kann.
Jedoch ist auch aus der Sicht von Betroffenen ein Festhalten an den jetzt massiv reduzierten Maßnahmen und ihre radikale Begrenzung auf nur noch 30 Wochenstunden und sechs Monate Laufzeit mehr als fragwürdig, weil dadurch nur eine Erhöhung der Durchlaufzahlen erfolgt und Statistiken weiter geschönt werden können und weil gleichzeitig vermieden wird, dass aus dieser Art aktiver Arbeitsförderung neue Leistungsansprüche gegenüber der BA erwachsen.
Dazu kommt, meine Damen und Herren, dass aus Beitragsgeldern der Arbeitslosenversicherung unter anderem auch öffentliche Daseinsvorsorge sowie kommunale Infrastrukturmaßnahmen finanziert werden, die aber, mit Verlaub gesagt, eigentlich klassische Leistungen der öffentlichen Hand sind. Darauf, dass dies auf Dauer nicht so bleiben kann, hat die PDS bereits vor Jahren hingewiesen. Strategien und Konzepte hat die Landesregierung bisher allerdings nicht entwickelt. Dies fällt uns nun doppelt auf die Füße, denn auch die Kassen von Land und Kommunen sind heute leerer denn je.
Meine Damen und Herren, es mehren sich also die Zweifel, dass die Hartz-Gesetze und die jüngsten Entscheidungen der Bundesanstalt tatsächlich die dringend notwendige Wende am Arbeitsmarkt bringen können. Die neuen Arbeitsmarktgesetze sind außerdem - das ist eigentlich das Verwerfliche - zu einem Sparprogramm für öffentliche Haushalte mutiert, das bundesweit bei den Ärmsten dieser Nation ansetzt. Allein 1,5 Milliarden Euro will die Bundesregierung bei den Beziehern von Arbeitslosenhilfe einsparen. Wie viel soziale Kälte will sich eines der reichsten Länder dieser Erde denn noch ungestraft leisten?
Ich kann nur an die Verantwortlichen appellieren: Überlegen Sie gut, was Sie heute tun! Bedenken Sie bereits jetzt die Folgen
Ihres politischen Handelns! Denn alles in allem, meine Damen und Herren: dass in der jetzigen Situation die Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik vor allem in den neuen Bundesländern deutlich gekürzt werden, ist mit normalem Menschenverstand nicht mehr zu begreifen.
Denn wo der erste Arbeitsmarkt nichts bietet, muss der zweite Arbeitsmarkt das Schlimmste verhüten. Es ist deshalb für mich wenig tröstlich, dass meine Partei von Anfang an davor gewarnt hat, Hartz setze an der falschen Stelle an. Wir werden auch deshalb weiterhin das fehlende Ostmodul im Hartz-Konzept zum Ausgangspunkt für konstruktiven politischen Gegendruck machen, und zwar auf der Basis eigener Vorschläge. Diese sind unter maßgeblicher Federführung von PDS-Ministern ausgearbeitet worden. Das heißt, wir verfügen unterdessen auch über praktische Erfahrungen in der aktiven wie präventiven Arbeitsmarktpolitik.
Erstens: Landespolitisch werden wir uns, ob wir es wollen oder nicht, mit den Folgen der Hartz-Gesetze und der derzeitigen Geschäftspolitik der Bundesanstalt für Arbeit auseinander setzen müssen. Wir brauchen aber für das Land Brandenburg nicht nur eine einfache Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen, sondern ein neues, innovatives Arbeitsmarkt- und Strukturentwicklungsprogramm, das die Erfahrungen mit dem Landesprogramm „Qualifizierung und Arbeit für Brandenburg“ aufnimmt und Innovation auch anderer Länder schöpferisch verarbeitet. Das neue Landesprogramm muss stärker auf die Zielgruppen, die von der BA sozusagen aufgegeben werden, ausgerichtet sein. Wir haben heute früh im Rahmen der Fragestunde bereits darüber gesprochen. Es müssen Angebote unterbreitet werden, die der erste Arbeitsmarkt nicht bieten kann.
Das Landesprogramm muss gezielter als bisher die Verzahnung von sozialer, wirtschaftlicher und Arbeitsmarktorientierung herstellen. Ein Diskussionsangebot unsererseits liegt vor. In ihm widerspiegeln sich arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitische Ansätze der PDS, die wir seit Jahr und Tag vertreten, so beispielsweise die konsequente Regionalisierung mit größtmöglicher demokratischer Teilhabe, also das Prinzip, dort zu entscheiden, wo es die meiste Sachkenntnis gibt und wo auch die Wirkungen dieser Entscheidung letztendlich spürbar werden. Es widmete Existenzgründerförderung und Bestandssicherung vornehmlich im Klein- und mittelständischen Unternehmerbereich die dringend notwendige Aufmerksamkeit und räumt zugleich Projekten des so genannten öffentlich geförderten Beschäftigungssektors, vor allem im Bereich humaner Dienstleistungen, eine größere Chance ein. Die herkömmlichen Arbeitsmarktförderinstrumente werden stärker als Hilfe zur Selbsthilfe bzw. als Anschubfinanzierung gestaltet, um systematisch den Übergang zur Steuerfinanzierung der ÖPS-Projekte vorzubereiten. Damit soll und muss nach dem faktischen industriellen Kahlschlag hier im Osten der nun drohende soziokulturelle verhindert werden.
Zweitens brauchen wir dringend das kommunale Infrastrukturprogramm Ost, denn in Zeiten drohender wirtschaftlicher Rezession muss die öffentliche Hand investieren. Diese Erkenntnis gehört eigentlich zum ökonomischen Grundwissen.
Dafür sind regionale Entwicklungsprogramme auch mit Blick auf die bevorstehende EU-Osterweiterung unerlässlich. Leider, meine Damen und Herren, sind die Signale aus Berlin wenig erfreulich bzw. die Ankündigung des „Aufbau-Ost-Ministers“ Stolpe mehr als vage. Gerade deshalb - das wäre mein Wunsch -, Herr Minister Baaske, sollte Ihr Haus den vor drei Tagen in Sachsen vorgestellten neuen Initiativen des derzeitigen Vorsitzenden der Arbeitsministerkonferenz Helmut Holter die notwendige Unterstützung geben. Sie haben ja heute früh bereits gesagt, dass Ihr Haus das ernsthaft prüft.
Drittens will ich zum Schluss darauf hinweisen, dass das Land Brandenburg fast die Hälfte seiner Arbeitsfördermittel für die Finanzierung der beruflichen Bildung einsetzt. Ich will mich nicht dagegen aussprechen, aber ich möchte eine Frage aufwerfen. Wir haben als Fraktion die Landesregierung wiederholt zu einer Initiative für die Umlagefinanzierung für die berufliche Erstausbildung aufgefordert. Wir bekräftigen auch heute diesen Ansatz. Wer angesichts der aktuellen Haushaltslage immer noch nicht verstanden hat, dass der Staat hier, wenn auch aus sozialpolitisch einleuchtenden Gründen, eine Aufgabe übernommen hat, für die eigentlich die Wirtschaft selbst Verantwortung trägt, bleibt mit Vorschlägen zu Leistungskürzungen im sozialen Bereich oder bei Beschäftigung schaffenden Maßnahmen unglaubwürdig. Ich kenne natürlich die Schwierigkeiten der wirtschaftlichen Unternehmen im Osten. Aber es muss eine Prüfung stattfinden. Wir werden die notwendigen Mittel aus der Arbeitsförderung nicht mehr zur Verfügung haben.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, der längste Weg beginnt immer mit dem ersten Schritt, heißt es. Ein solcher ist die anstehende und notwendige Überarbeitung des Landesprogramms „Qualifizierung und Arbeit für Brandenburg“. Ich bitte deshalb um Zustimmung zu unserem Antrag und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Ich danke dem Abgeordneten Thiel und gebe das Wort an die Fraktion der SPD, an die Abgeordnete Konzack.
Bevor Frau Konzack am Rednerpult ist, kann ich wieder Gäste im Landtag begrüßen, und zwar Schüler der Jahrgangsstufe 12 des Paul-Fahlisch-Gymnasiums Lübbenau. Herzlich willkommen!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man musste wahrlich kein Prophet sein, um schon vor 14 Tagen gewusst zu haben, dass die heute veröffentlichten Arbeitsmarktdaten des Monats Februar für das Land Brandenburg nichts Gutes verheißen, und zwar nicht nur für unser Land. So deutlich und kontinuierlich verläuft die Entwicklung seit dem letzten Quartal des vergangenen Jahres. Deutlich genug haben die Wirtschaftsforschungsinstitute diese Entwicklung vorhergesagt. Hierbei ist absolut nichts zu beschönigen. Jeder fünfte Brandenburger und jede fünfte Brandenburgerin ist arbeitslos.
Eine gute Gelegenheit, müssen sich die Arbeitsmarktpolitiker der PDS gedacht haben, im Plenum mal wieder mit der Landesregierung und den Regierungsfraktionen abzurechnen. Der dafür notwendige Antrag nennt sich „Fortschreibung des Landesprogramms ‘Qualifizierung und Arbeit für Brandenburg’“.
Meine Damen und Herren, die Gesetze für moderne Dienstleistungen am ersten und zweiten Arbeitsmarkt, auf die sich die PDS in ihrer Antragsbegründung bezieht und die ihrer Meinung nach eine umfassende Überarbeitung des LAPRO notwendig machen, erfordern in Wirklichkeit lediglich die Anpassung einzelner Richtlinien an die veränderten Rahmenbedingungen. Diese Tatsache, auf die ich noch näher zu sprechen komme, müsste aber auch Ihnen, Herr Thiel, bekannt sein, denn das MASGF hat darauf bei mehreren Gelegenheiten hingewiesen; einerseits bei den Arbeitsmarktgesprächen der LASA in der ersten Februarhälfte, andererseits in den Sitzungen des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen am 15. Januar und am 19. Februar dieses Jahres.
In diesen Sitzungen wurden alle Ausschussmitglieder darüber informiert, dass die Auswirkungen der Hartz-Vorschläge auf das LAPRO vom MASGF derzeit konkret geprüft würden, diese Prüfung jedoch nicht kurzfristig abgeschlossen werden könne, da alle konkreten Auswirkungen heute noch nicht im Detail bekannt sein dürften.
Die im PDS-Antrag geforderte Stichtagsregelung zum 30. Juni scheint mir unter diesen Voraussetzungen sinnlos, weil weitere Stufen zur Umsetzung des Hartz-Konzeptes wahrscheinlich frühestens zum 01.01.2004 in Kraft treten, da so wichtige Bausteine wie die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe noch vom Bundesrat verabschiedet werden müssen.
Die natürlich notwendige Anpassung des LAPRO an die Vorschläge des Hartz-Konzeptes ist deshalb ein sukzessiver Prozess, der uns als Politiker der SPD-Fraktion in diesem Feld auch am Herzen liegt, den wir aber doch - das ist mehrmals gesagt worden - längst durchlaufen.
Das MASGF berichtet dem Ausschuss regelmäßig zu dieser Frage. Ich erinnere zudem alle, für die es möglicherweise zu lange zurückliegt, an den Beschluss des Landtages vom 19. Oktober 2000, der die Landesregierung unter anderem auffordert, dem Arbeits- und Sozialausschuss einen jährlichen Bericht zur Umsetzung des LAPRO zu geben. Insoweit war aus meiner Sicht die ständige parlamentarische Begleitung bisher stets gewährleistet.