Es geht mir um seine Aussage über die gestrige Sitzung des Vermittlungsausschusses. Sie haben, Herr Vietze, aus den vielen Ergebnissen, die gestern dort erzielt worden sind, nur eines herausgegriffen. Das ist etwas, was Sie wirklich gelernt haben.
Es ist aber nicht redlich, wenn Sie die Bürgerinnen und Bürger glauben machen wollen, dass die Reichen wieder nicht geschröpft würden, dass die Dienstwagenprivilegien erhalten blieben. In Wahrheit ist es wie folgt: Bei den Großkonzernen werden mehr als 4 Milliarden Euro an Körperschaftssteuer eingesammelt und die Bürger werden an den Steuererhöhungen nicht beteiligt. Es gibt also keine Mehrwertsteuererhöhung für Schnittblumen, die im Gespräch war, oder für Zahnersatz, was ebenfalls im Gespräch war. Die Eigenheimzulage bleibt erhalten.
Ich verteile das Fell des Bären erst dann, wenn der Bär erlegt ist. Wenn die genannten 4 Milliarden Euro tatsächlich fließen, bedeutet das für Brandenburg Mehreinnahmen in Höhe von etwa 70 bis 75 Millionen Euro jährlich. Wenn ich das jetzt sage, soll das aber nicht zu der Meldung führen, dass wir nicht mehr sparen wollen. Das wäre ein völlig falscher Ansatz. Aber durch diese Mehreinnahmen wird sich unsere Situation etwas entschärfen, worüber wir sehr froh sein können.
Ich wollte das also nur korrigieren: Es sind nicht Privilegien für Dienstwagenbesitzer verstärkt worden, sondern uns ist ein wichtiger Schritt gelungen, nämlich der, die Großkonzerne in einem großen Maße am Auffüllen der leeren Staatskassen zu beteiligen.
(Vietze [PDS]: 10 Milliarden Euro wollte die Bundes- regierung sparen und jetzt kommen im Ergebnis der Ver- mittlung mit der CDU 4 Milliarden Euro dabei heraus! - Weitere Zurufe)
Herr Vietze, selbstverständlich ist man, wenn man nicht die Mehrheit hat, auf Kompromisse angewiesen. Das ist mir aber
Ich rufe zur Abstimmung auf die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen, die Ihnen in der Drucksache 3/5712 vorliegt. Wer dieser Beschlussempfehlung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Beschlussempfehlung mehrheitlich angenommen und das Zweite Gesetz zur Änderung des Haushaltsgesetzes 2002/2003 in 3. Lesung verabschiedet.
Meine Damen und Herren! Ich eröffne den Nachmittagsteil der heutigen Sitzung mit dem Tagesordnungspunkt 4:
Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung. Frau Ministerin, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Präsenz in diesem Saal zeigt eigentlich, dass Sie alle Ihre Ausbildung bereits hinter sich haben und sich nicht mehr darum kümmern müssen, wie die Juristenausbildung hier im Lande aussehen wird. Aber es gibt auch interessierte Abgeordnete, die sich verantwortungsbewusst mit dieser Sache beschäftigen. Ihnen liegt jetzt der Gesetzentwurf zur Modernisierung der Juristenausbildung im Land Brandenburg vor. Damit findet eine langjährige bundesweite und vor allen Dingen sehr kontrovers geführte Diskussion zur Juristenausbildung endlich ihren Abschluss.
Der Entwurf, der Ihnen vorliegt, verfolgt letztlich drei Ziele. Erstens soll das Rahmengesetz des Bundes zur Reform der Juristenausbildung vom 11. Juli 2002 umgesetzt werden. Es tritt am 1. Juli 2003 in Kraft. Ebenso soll das neue Landesgesetz am 1. Juli 2003 in Kraft treten.
Zweitens setzt der Entwurf die von der Kultus- und der Justizministerkonferenz beschlossene Anhebung des Curricularnormwertes für die Rechtswissenschaften von 1,7 auf 2,2 um. Damit wird bereits ab dem Wintersemester eine verbesserte Betreuungsrelation zwischen Studierenden und Lehrenden ermöglicht.
Drittens: Die Juristenausbildung in den Ländern Brandenburg und Berlin wird künftig auf der gleichen gesetzlichen Grundlage erfolgen. Deshalb liegt dem Abgeordnetenhaus von Berlin ein nahezu gleich lautender Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Juristenausbildung vor.
Meine Damen und Herren, es ist ein Erfolg, dass es gelungen ist, innerhalb weniger Monate zwei inhaltsgleiche Gesetzentwürfe zu erarbeiten. Der gemeinsamen Kommission unter Leitung der beiden Präsidenten der Justizprüfungsämter gebührt hierfür unser Dank. Dank sagen möchte ich aber auch den Wissenschaftsressorts beider Länder und den juristischen Fakultäten, die am Entstehen der Gesetzentwürfe einen großen Anteil haben, für die tatkräftige Kooperation.
Mit diesem Gesetz wird der Grundstein für einen gemeinsamen Ausbildungs- und Prüfungsverbund im Raum BrandenburgBerlin gelegt, der zugleich Voraussetzung für die Errichtung eines gemeinsamen Justizprüfungsamtes beider Länder ist. Dieses strebe ich gemeinsam mit meiner Kollegin Frau Justizsenatorin Schubert an.
Angesichts der Fusionsdebatte, die wir in den letzten Tagen erneut führen, wagt die Justiz des Landes Brandenburg damit auch hinsichtlich der Schaffung einer gemeinsamen Einrichtung mit Berlin einen großen Schritt nach vorn.
Meine Damen und Herren, was ändert sich jetzt für unseren Juristennachwuchs? Der vorliegende Gesetzentwurf hält zum einen an der Zweistufigkeit der juristischen Ausbildung und auch an dem so genannten Einheitsjuristen fest, ändert aber tief greifend die bisherigen Strukturen der Ausbildung. Damit trägt die Ausbildung auch dem gewandelten Berufsbild und dem gewandelten Anforderungsprofil für Juristen - beispielsweise Rechtsgestaltung und Rechtsberatung - verstärkt Rechnung.
Die Mehrzahl der jungen Juristen geht heute nicht mehr in den Staatsdienst. Sie werden nicht Richter, Staatsanwalt oder Verwaltungsjurist, sondern sie wenden sich rechtsberatenden Berufen zu und gehen in die freie Wirtschaft.
Im Einzelnen bedeuten die Änderungen, dass es eine erste juristische Staatsprüfung nicht mehr geben wird, denn an ihre Stelle tritt die erste juristische Prüfung. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Prüfung wird künftig die Prüfung in einem Schwerpunktbereich sein, was früher das Wahlfach war. Sie wird - das ist die Neuerung - in eigener Verantwortung und Zuständigkeit der Universitäten abgenommen.
In der Ausgestaltung werden die Studieninhalte um die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen, die für jede juristische Tätigkeit von Bedeutung sind, ergänzt. Dazu zählen beispielsweise Verhandlungsmanagement, Gesprächsführung, Rhetorik, Streitschlichtung, Mediation, Vernehmungslehre und Kommunikationsfähigkeit.
Alle Studierenden müssen darüber hinaus fachspezifische Fremdsprachenkenntnisse erwerben. Das Studium wird zukünf
tig mehr interdisziplinäre und auch internationale Bezüge aufweisen. Beispielsweise können auch Studien- und Prüfungsleistungen, die an juristischen Fakultäten ausländischer Hochschulen erbracht werden, bei inländischen universitären Studien- und Prüfungsleistungen diese ersetzen, wenn sie denn gleichwertig sind. Damit sollen auch die Studierenden ermuntert werden, einen Teil ihrer Ausbildung im Ausland zu absolvieren. Das setzt sich nach einem Vorbereitungsdienst fort, wo eine Ausbildung im Ausland auch wünschenswert ist. Damit werden wir dem Anspruch unserer Studierenden gerecht, sie besser auf den internationalen Arbeitsmarkt und auf die internationale Konkurrenz vorzubereiten.
Ein Kernelement der Reform besteht in der Schaffung von Freiräumen für die juristischen Fakultäten und für die Studierenden. Die Universitäten erhalten die Möglichkeit, Schwerpunktbereiche selbst auszugestalten. Diese ergänzen und vertiefen die mit ihnen zusammenhängenden Pflichtfächer und dienen auch der Vermittlung interdisziplinärer und internationaler Bezüge des Rechts.
Hierzu wird es eine Schwerpunktbereichsprüfung geben, die vollständig - ich sagte es bereits - auf die Universitäten verlagert wird. Die Note dieser Universitätsprüfung geht zu 30 % in die Gesamtnote der ersten juristischen Prüfung ein, sodass die Universitäten einen unmittelbaren Einfluss auf die Note der ersten juristischen Prüfung haben.
Die juristischen Fakultäten - das ist für diese auch ein Anreiz erhalten dadurch die Chance, sich durch das Angebot und die Auswahl von Schwerpunktbereichen ein besonderes Profil zu geben und sich im Wettbewerb der Universitäten hervorzuheben. Beispielsweise hat sich die Juristische Fakultät an der Universität Potsdam hierzu bereits Gedanken gemacht. Was läge in Potsdam näher, als an den Bereich Medienrecht zu denken, sodass dieser für die Fakultät in Potsdam höchstwahrscheinlich der Schwerpunkt sein wird.
Im Gegenzug werden die Studierenden dazu angehalten, frühzeitig einen Ausbildungsschwerpunkt zu setzen, der ihnen bei der späteren Berufswahl von Nutzen sein kann.
In der weiteren Folge wird der Studierende erst nach der erfolgreichen Teilnahme an universitären Lehrveranstaltungen eine Zwischenprüfung bestehen müssen und dann den Nachweis über den Erwerb der Schlüsselqualifikation zu erbringen haben, bevor er zur staatlichen Pflichtfachprüfung zugelassen wird, die dann wie auch jetzt vom staatlichen Justizprüfungsamt abgenommen wird.
Neu bei der staatlichen Prüfung ist die Einführung eines Vortrages in der mündlichen Prüfung. Damit wird deutlich, dass bei der Ausbildung der Fähigkeit hinsichtlich Rhetorik oder Gesprächsführung eine erhebliche Bedeutung beigemessen wird.
In der weiteren Folge verändert sich auch deutlich der juristische Vorbereitungsdienst. Dem Vorbild anderer Bundesländer folgend sieht der Entwurf vor, dass die Referendare nicht wie bisher Beamte auf Widerruf sind, sondern in einem öffentlichrechtlichen Ausbildungsverhältnis eingestellt werden. Damit erfolgt auch eine Rechtsangleichung an Berlin.
Die wesentliche inhaltliche Änderung ist, dass neben einer viermonatigen Pflichtstation in Zivilsachen und jeweils dreieinhalbmonatigen Pflichtstationen in Strafsachen und Verwaltung künftig alle Referendarinnen und Referendare eine neunmonati
ge Pflichtstation in einer Rechtsanwaltskanzlei absolvieren müssen. Dazu kommt dann noch eine viermonatige Station in einem Berufsfeld nach Wahl. So kann der Referendar hier noch einmal ganz gezielt seine Ausbildung in dem Bereich verbessern, in dem er künftig arbeiten möchte.
Meine Damen und Herren, ich bin überzeugt, dass mit diesem Entwurf das Fundament für eine moderne und zukunftsorientierte Juristenausbildung in Brandenburg gelegt ist; denn sie kann junge Juristinnen und Juristen in diesem Land in vielfältiger Weise auf die beruflichen Anforderungen gut vorbereiten.
Der Gesetzentwurf basiert auf einer jahrelangen engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit in Fragen der Juristenausbildung mit dem Wissenschaftsministerium, den Universitäten, dem Oberlandesgericht, der Anwaltschaft und den Vertretern der Studierenden und Referendare. Sie alle hatten im Rahmen einer Anhörung am 28. Januar 2003 Gelegenheit, den Entwurf zu beeinflussen, und haben davon auch regen Gebrauch gemacht. Diese Anregungen sind berücksichtigt worden und ich bin deshalb sehr zuversichtlich, dass das Gesetz auch den praktischen Anforderungen gerecht werden wird.
Meine Damen und Herren, heute Morgen ist in der Sitzung des Rechtsausschusses und des Wissenschaftsausschusses beschlossen worden, nochmals eine Anhörung durchzuführen. Das ist natürlich das gute Recht des Parlaments. Ich möchte nur zwei Dinge zu bedenken geben: Zum einen haben wir sehr hart daran gearbeitet, dieses Gesetz mit Berlin abzustimmen, weil wir einen gemeinsamen Ausbildungsverbund haben möchten. Es wäre aber sehr hilfreich, wenn bei Ihren Beratungen auch die zuständigen Ausschüsse des Berliner Abgeordnetenhauses einbezogen werden würden. Zum anderen wäre es aus unserer Sicht natürlich erforderlich, den Zeitplan einzuhalten. Das Gesetz sollte zum 1. Juli 2003 in Kraft treten, damit es zum Wintersemester 2003/2004 auch für die Studierenden nutzbar ist. Sollte dieser Termin verstreichen, würden wir damit zum einen den Studierenden die Möglichkeit nehmen, mit anderen Bundesländern gleichzuziehen, und zum anderen den Universitäten die Möglichkeit versperren, sich mit anderen zu vergleichen und ihre Schwerpunkte schon jetzt herauszubilden.
Ich wünsche Ihnen für Ihre Beratungen viel Erfolg, freue mich auf eine rege Diskussion und vor allen Dingen auf eine rasche Behandlung. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über die Notwendigkeit einer Reform der juristischen Ausbildung sind sich Politik und Öffentlichkeit seit langem einig. Gestritten wird über die konkrete Gestalt. Der lange Streit fruchtete bislang nicht viel. Nun liegt wenigstens eine geistige Frucht der aktuellen Auseinandersetzung vor.
Ist es eine Frucht mit viel faulem Fleisch unter einer knackigen, glänzenden Schale? - Nehmen wir die Motivation zur Reform:
Die vorliegende Juristenausbildungsreform ist nicht so sehr Kind eines Veränderungsenthusiasmus als vielmehr schlicht von der Kassenknappheit der öffentlichen Haushalte motiviert. Die Reform ist nicht das Ergebnis einer kritischen Betrachtung des Rechts in seiner Natur als Herrschaftsinstrument und Steuerungsmittel. Die Reform ist das Ergebnis leerer Justiz- und Bildungskassen.