Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ihnen allen ist die Haushaltslage des Landes bekannt, auch wenn man bei den Kollegen der Opposition mitunter daran zweifeln muss. Die versuchen nach wie vor, auf fast allen Gebieten mehr zu fordern, um Gutes zu tun, so wie die Finanzministerin es gestern gesagt hat. Allerdings hat dieses Gute selten den Ansatz, strukturelle Probleme zu lösen.
Ein strukturelles Problem ist, dass laut dem zumindest im Grundsatz anerkannten Seitz-Gutachten die Ausgaben und die Zuweisungen im kommunalen Bereich über denen unseres Nachbarlandes liegen und schon längst über denen vergleichbarer Flächenländer in den Altbundesländern. Nicht umsonst sind die Brandenburger Kommunen die am zweitniedrigsten verschuldeten Kommunen in der ganzen Bundesrepublik
im Umkehrschluss eine, wenn auch nicht die maßgebende Ursache der zweithöchsten Verschuldung des Landes in der Reihe der neuen Länder. Das sollte man auch bei der heutigen Diskussion über die Zeit vor der Koalition berücksichtigen und daran erinnern. Es wurde immer mehr gefordert. Hätten wir dem nachgegeben, wäre die Verschuldung heute noch höher.
Strukturelle Veränderungen heißt für uns zum einen, die in diesem Gutachten benannten Reserven im kommunalen Bereich zwingend zu erschließen, und zum anderen, die Kommunen von pflichtigen Aufgaben zu entlasten.
Eine einfache Streichung von 140 Millionen Euro laut der gesetzlichen Verbundquote birgt nicht nur die Gefahr verfassungswidriger Kommunalhaushalte, sondern ist mit Sicherheit verfassungswidrig. Aus welch anderem Grund hätte sonst die Landesregierung die Verringerung der Zuweisung an die Kommunen an ein Gesetz zur Aufgabenentlastung gekoppelt? Das heißt, die Landesregierung, aber auch die Koalitionsfraktionen sind sich bewusst, dass wir, um Verfassungskonformität zu erreichen, eine Gratwanderung zwischen der Verminderung von Zuweisungen und der Entlastung von pflichtigen Aufgaben machen.
Diese Aufgabenentlastung bzw. die Möglichkeit, diese Entlastung zu nutzen, ist eine alte Forderung aus der kommunalen Ebene. Dass wir dieser ausgerechnet jetzt nachkommen, ist nicht das Zuschieben des schwarzen Peters zum Beispiel im Bereich des Schülerverkehrs. Wir haben diese Aufgabe nicht neu zugeordnet. Träger des ÖPNV und des Schülerverkehrs sind
Es geht darum, die ganze Verantwortung - und das kann auch den ganzen Ärger bedeuten - dahin zu geben, wo die Aufgabe ist. Für zu viel Einmischung und zu viel Regulierung vonseiten des Landes wurden wir bei der Aufgabendurchführung bisher zu Recht oft kritisiert. Dieser berechtigten Kritik tragen wir nunmehr Rechnung. Man darf jetzt aber auch nicht von der bisher kritisierenden Seite, vor allen Dingen aus deren Verwaltungsspitzen, in Abwandlung eines alten Infanteristenspruches sagen: Kamerad Land, sei tapfer, lass mich hintern Baum! - Das geht nicht. Ich persönlich traue den Kollegen in den Kreistagen oder Gemeindevertretungen durchaus das Verantwortungsbewusstsein, das Wissen und den Mut zu sachgerechten Entscheidungen zu.
Lassen Sie mich anhand des Schülerverkehrs und anhand dessen, was Herr Sarrach hier wieder aufgeführt hat, auf das Ängstigen von Menschen, die arbeitslos sind, eingehen. Es wird sozial gestaffelte Satzungen geben. In unserem Staat ist es zwingend, dass die sozialen Sicherungssysteme dann greifen, wenn diejenigen, die nicht in der Lage sind, das Fahrgeld zu zahlen, dies beantragen. Deren Kinder werden nicht ausgeschlossen, weil der Staat dann einspringen wird. Das ist eine zwingende Voraussetzung.
Für uns heißt das vor allen Dingen: Chancengleichheit. Es ist das Primat sozialdemokratischer Politik, dass jedem der Weg offen steht. Was er daraus macht, ist eine andere Frage.
Dazu gehört auch die Frage, inwieweit Veränderungen im KitaBereich vertretbar sind. Die Möglichkeit, Beruf und Familie in Einklang zu bringen, die Möglichkeit für Alleinerziehende, berufstätig zu sein, haben Priorität. Daran lassen wir nicht rütteln.
Der Rechtsanspruch auf soziale Erziehung, auf Vorbildung für die Schule ist bundesgesetzlich geregelt. Machen Sie doch den
Es wird aus Geldgründen nicht möglich sein, einen Idealzustand der Betreuung zu erreichen; das geben wir ja zu. Deshalb müssen wir die Priorität setzen. Im Übrigen kann man über den Idealzustand eines hunderprozentigen Angebotes staatlicher Kinderbetreuung von null bis zwölf trefflich streiten.
Meine Damen und Herren, ich habe nur zwei der in der öffentlichen Wahrnehmung wichtigsten Themen genannt. Die Koalitionsfraktionen haben dazu eine Anhörung beantragt.
Wir geben der Opposition die Möglichkeit, ihre Anzuhörenden zu benennen. Deswegen haben wir Ihnen heute fairerweise unsere Anzuhörenden benannt, damit es nicht zu Doppelungen kommt.
Lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen, um in Anbetracht des Haushaltes 2004 schon jetzt darauf hinzuweisen, dass eine Überprüfung der tatsächlich möglichen Entlastung durch dieses Gesetz weder 2003 noch 2004 in Gänze möglich sein wird.
Ich warne den zuständigen Innenminister, aber auch die Finanzministerin davor, jetzt schon in Gedanken eine ähnliche Operation in dieser Größenordnung für 2004 vorzunehmen. Ich fordere gleichzeitig die Gewerkschaften und Personalräte auf, sehr flexibel und in ihrem unmittelbaren Bereich mit den Kommunalverwaltungen zusammenzuarbeiten; denn natürlich geht es in dem Entlastungsgesetz auch um die Möglichkeit der Personaleinsparung.
Wir Sozialdemokraten wollen wie beim Kita-Gesetz auch beim Personalvertretungsgesetz unseres Landes die reine Bundesgesetzgebung nicht zum alleinigen Maßstab machen. Da wir uns jetzt schon an der Verfassungsgrenze bewegen dürften, kann ich im Moment nicht erkennen, auf welcher Grundlage eine weitere Verminderung der Zuweisungen erfolgen könnte. Der von uns gesetzlich festgelegten, aber jederzeit von uns veränderbaren Verbundquote von 25,3 % stehen die auf einer höheren rechtlichen Ebene angelagerten Artikel 28 Grundgesetz und Artikel 99 unserer Landesverfassung gegenüber. Dieses höherrangige Recht verlangt von uns die ausreichende, den Aufgaben entsprechende Finanzierung der Kommunen. Dessen sollten wir uns im Hinblick auf 2004 stets bewusst sein.
Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, begrüße ich junge Gäste aus der Fachhochschule Eberswalde. Herzlich willkommen!
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Man kann sagen: Zu kurz gesprungen. - So bezeichnete der Geschäftsführer des Brandenburgischen Städte- und Gemeindebundes Karl-Ludwig Böttcher den vorliegenden Gesetzentwurf. Herr Böttcher erklärte weiter, hier würden nur Marginalien verändert; es fehle der Mut zu durchgreifenden Veränderungen.
Beispielsweise hätten die Kommunen im Kita-Bereich Jahresverträge mit Trägern und Eltern. Aus diesen Gründen wird es de facto überhaupt keine Einsparungen geben. Eine Verschlechterung ergibt sich nur für die Eltern, deren Kinder vom vollendeten zweiten bis zum vollendeten dritten Lebensjahr künftig keinen Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung mehr haben. Dies wird die Situation vieler Familien in Brandenburg auch im Hinblick auf Erwerbstätigkeit bzw. Erwerbssuche trotz Satz 2 in § 1 Abs. 2 des Kindertagesstättengesetzes nicht gerade erleichtern, sondern - ähnlich wie die gleiche Regelung für Kinder der 5. und 6. Schuljahrgangsstufe - drastisch verschlechtern.
Der Verweis auf freie Träger und die Möglichkeit, Tagesmütter einzusetzen, helfe - so der Städte- und Gemeindebund - speziell in ländlichen Regionen auch nicht weiter. Dort nämlich finde sich weder das eine noch das andere.
Bei der Schülerbeförderung sollen künftig die Landkreise und kreisfreien Städte den Umfang der Kosten sowie die Art der Erstattung selbstständig durch Satzung regeln. Dies wird in der Realität dazu führen, dass in Zukunft entweder nur eine völlig unzureichende Schülerbeförderung zur Verfügung gestellt wird oder - und das ist eher zu befürchten - die Eltern fast vollständig für die Kosten der Schülerbeförderung zur Kasse gebeten werden.
Schließlich müssen die Kommunen nicht länger einen Mindestumfang an Weiterbildung anbieten, sondern können die Grundversorgung und damit auch den Finanzaufwand selbst bestimmen. Anders ausgedrückt heißt dies, es wird keine Weiterbildung auf der Ebene der Kommunen mehr geben und die Weiterbildungsträger werden schlicht und einfach „zugemacht“.
Die übrigen Artikel des hier vorliegenden Gesetzentwurfs bezüglich der Änderung der Gemeindeordnung, der Amtsordnung, der Landkreisordnung sowie des Kommunalwahlgesetzes, der Kommunalwahlordnung und des Landesbeamtengesetzes sind,
um mit den Worten von Herrn Böttcher vom Städte- und Gemeindebund zu sprechen, ein kleiner Hüpfer, aber nicht der große Sprung. Denn mit lächerlichen Einsparungen durch die Reduzierung der Anzahl der kommunalen Beigeordneten und Ähnlichem können die katastrophalen Kürzungen bei den Kommunen von über 140 Millionen Euro ebenso wenig ausgeglichen werden wie mit der Ausweitung der Möglichkeit im Kommunalabgabengesetz, Jagderlaubnissteuern zu erheben. - Wirklich kein großer Sprung, Herr Minister Schönbohm.