Protokoll der Sitzung vom 21.05.2003

Herr Kollege Sarrach, Sie haben ja nicht ganz Unrecht, wenn Sie sagen, es sei kein großer Wurf. Ich sage, es ist ein ganz entscheidender Wurf nach jahrelanger Diskussion. Wir werden sehen, wie sich dies in der Praxis bewährt.

Im Übrigen kann man verschiedene Punkte in der Fachliteratur nachlesen. Viele Sachen sind dort schon gesagt und kritische Punkte angesprochen worden. Wenn wir allen Interessengruppen gerecht werden wollen, stoßen wir möglicherweise an das Problem der Quadratur des Kreises. Ich meine daher, dass hier ein Kompromiss gefunden wurde, mit dem man durchaus leben kann.

Herr Kollege Sarrach, wenn Sie Kritik an der Eile üben, hätten Sie einen Verfahrensvorschlag machen müssen. Das Verfahren ist in der Erarbeitung des Referentenentwurfs zwischen dem Justizministerium und der Senatsverwaltung für Justiz in Berlin gelaufen. Wenn wir dies auf den parlamentarischen Weg hätten projizieren wollen, hätten Sie dies sagen müssen. Dieses Ansinnen ist weder von Ihnen noch von der DVU gekommen, noch hat Ihre Fraktion, die in Berlin an der Regierung beteiligt ist, dieses Ansinnen gestellt. Insofern kann ich diese Kritik überhaupt nicht teilen.

Herr Abgeordneter Werner, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Abgeordneter Sarrach, bitte.

Herr Kollege Werner und geschätzter Vorsitzender des Fachausschusses, Sie können sich doch sicherlich daran erinnern, dass im Fachausschuss angekündigt wurde, dass der Gesetzentwurf Anfang des Jahres zur 1. Lesung eingebracht werden sollte.

Herr Kollege, es war angekündigt, dass Anfang des Jahres die gemeinsame Anhörung durch die beiden Justizverwaltungen stattfindet. Diese Anhörung hat im Januar stattgefunden. Es war dann für März angekündigt und hat sich auf April verschoben. Wir sind trotzdem in der Zeitschiene geblieben. Insofern vermag ich Ihre Kritik überhaupt nicht zu verstehen, denn wir hatten uns das Ziel gesetzt, heute hier das Gesetz zu verabschieden. Das stand schon Anfang des Jahres fest und das haben wir auch geschafft.

Ich komme auf das zu sprechen, was hier auch schon festgestellt wurde. Man wird durch eine Anhörung nicht dümmer. Wir haben die Anhörung durchgeführt. Es waren interessante As

pekte zu hören. Herr Prof. von Heinegg hat ganz deutlich gesagt und die Kollegen haben auch schon darauf hingewiesen, dass es die Ausführung eines Bundesgesetzes ist. Wir hatten nicht mehr sehr viel Spielraum, dieses Gesetz überhaupt noch landesrechtlich auszufüllen. Insofern betreffen die Fragen, die von beiden Oppositionsfraktionen gestellt wurden, hauptsächlich Aspekte des Bundesgesetzes, die wir überhaupt nicht mehr hätten beeinflussen können. Tun Sie doch nicht so, als wären wir der große Zampano, der alles neu machen könnte. Es ist durch bundesgesetzliche Regelungen schon vorgegeben gewesen.

Einige Probleme sind in der Anhörung angesprochen worden, zum Beispiel die Hausarbeit und die Teilzeit im Referendariat. Ich frage allerdings, ob die Referendare dies tatsächlich wollen. Der Leiter des Justizprüfungsamtes hat eindeutig dargestellt, warum dies schwierig sein wird. Die kommunalen Spitzenverbände haben ihre Bedenken angemeldet.

Ich frage aber ganz deutlich - das kann man sich ausrechnen -, wie viele ausgebildete Juristen in eine kommunale Verwaltung gehen. Selbst wenn man das will, hat man nach § 14 immerhin zehneinhalb Monate Gelegenheit, sein Referendariat in kommunalen Einrichtungen oder nachgeordneten Einrichtungen der kommunalen Verwaltung zu machen, zum Beispiel in kommunalen Unternehmen oder in kommunalen Zweckverbänden.

Was die Änderungsanträge anbelangt, muss ich sagen: Entweder ist es schon im Gesetz geregelt und bedarf keiner weiteren Regelung oder es ist nicht notwendig oder es wird in der Verordnung entsprechend geregelt. Im Übrigen sollte man den Universitäten die Spielräume lassen, die ihnen eingeräumt wurden. Auch da werden wir Praxiserfahrungen sammeln müssen, wie sich das umsetzen lässt und bewährt. Auch zu Änderungsanträgen zu Grundlagenfächern usw. sage ich nur: Es ist geregelt. Lesen Sie die Verordnung. Auf über vier Seiten kann man dort nachlesen, dass sich diese Dinge auf einem entsprechenden Wege befinden.

Die DVU sollte einmal das Rechnen lernen. In dem Änderungsantrag zu § 14 kommen nicht insgesamt 24 Monate Referendariat, sondern 24,5 Monate heraus. PISA lässt grüßen. Bringen Sie also erst einmal das in Ordnung, bevor Sie hier solche Änderungsanträge einbringen.

Ich kann diesen Gesetzentwurf nur Ihrer Zustimmung empfehlen und hoffe und wünsche, dass wir damit in den nächsten Jahren die Reform voranbringen werden. Wir werden uns in ein paar Jahren sicherlich wieder darüber unterhalten. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Fritsch [SPD])

Ich danke dem Abgeordneten Werner. - Das Wort geht an die Landesregierung. Frau Ministerin Richstein, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seitdem es Juristen gibt, debattiert man über die Reform der Juris

tenausbildung. Ich werden Ihnen versprechen: Solange es Juristen gibt, wird diese Debatte auch anhalten, denn es ist keine statische Situation, über die wir reden. Auch die Juristenausbildung muss sich immer dem Wandel der Zeit, dem Wandel der Gesellschaft und dem Wandel des Rechts anpassen. Es ist vielleicht kein Meilenstein, aber es ist ein wichtiger Schritt, den wir heute gehen.

Sie haben schon darauf hingewiesen, Herr Sarrach, dass wir uns bei der Ausgestaltung des Juristenausbildungsgesetzes in dem Rahmen eines Bundesgesetzes bewegen. Ich bin der Meinung, dass wir die Spielräume, die uns dieses Bundesgesetz gegeben hat, innovativ genutzt und ausgestaltet haben. Drei grundsätzliche Regelungspunkte sind enthalten.

Erstens: Die Freiräume der Universitäten werden erheblich erweitert.

Zweitens: Die Studierenden erhalten die Möglichkeit, einen Teil ihrer Ausbildung im Ausland zu absolvieren. Ihre Ausbildung wird damit internationaler.

Drittens: Ein Schwerpunkt der Ausbildung im Referendariat wird - das ist auch berechtigt - gerade auf den Anwaltsberuf gelegt.

In der Anhörung am 7. Mai vor dem Rechtsausschuss und dem Wissenschaftsausschuss haben sich die dort vertretenen Berufsverbände und Interessengruppen im Großen und Ganzen für eine Reform und für den Gesetzentwurf ausgesprochen. Dass die Belange Einzelner natürlich nicht berücksichtigt werden können, liegt in der Natur der Sache. Insbesondere die Universitäten haben es aber begrüßt, dass ihnen Freiräume eingeräumt werden, die zur Schärfung ihres eigenen Profils genutzt werden können.

Ich gebe zu, dass es seitens der Vertreter der kommunalen Spitzenverbände Kritiker gab, die der Auffassung sind, dass die Ausbildung innerhalb der Verwaltung zu kurz komme. Ebenso wie die Mitglieder der Ausschüsse kann ich diese Kritik nicht teilen, denn unser Ziel ist es, gerade eine bedarfsgerechte Ausbildung des Juristennachwuchses zu gewährleisten, und der Bedarf liegt derzeit nicht in der öffentlichen Verwaltung, wo die Einstellungskorridore in der nächsten Zeit eher enger als weiter werden.

Den Wunsch nach einem Teilzeitangebot während der Referendariatsausbildung kann ich aus eigener Praxis nur bedingt teilen. Zum einem hat der Präsident des Justizprüfungsamtes in der Anhörung schon auf die sachlichen Gründe hingewiesen. Zum anderen müssten auch Sie wissen, Herr Sarrach, dass man in der Referendariatsausbildung keine 40 Stunden in der Woche ableisten muss. Ich kenne viele Frauen, die gerade die Referendariatszeit nutzen, um Kinder zu bekommen, weil sie es in dieser Zeit sehr gut ausgestalten und mit der Familienplanung sehr gut vereinbaren können.

Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass unser Gesetzentwurf von ganz unerwarteter Seite Beifall erhalten hat. Wir ermöglichen durch diesen Entwurf, die Schwerpunktsbereichsausbildung und auch die -prüfungen vollständig im Ausland zu absolvieren. Wie oft kommt es vor, dass sich andere Länder, insbesondere Bayern, an brandenburgischen Entwürfen orientieren? Die Bayern haben dies aber als einen guten

Vorschlag aufgenommen. Daran sehen wir, wie positiv föderaler Wettbewerb sein kann.

Abschließend möchte ich den Mitgliedern des Rechtsausschusses und des Wissenschaftsausschusses, insbesondere dem Vorsitzenden des Rechtsausschusses, Herrn Werner, dafür danken, dass es möglich war, durch eine zügige Terminierung den Gesetzentwurf heute zu verabschieden.

Ich möchte der Kritik entgegenwirken, dass die Landesregierung demnächst Gesetze per Dekret verabschieden wird. Der Prozess der Abstimmung zwischen Berlin und Brandenburg war in der Tat langwierig. Hätten sich aber in den Anhörungen irgendwelche gravierenden sachlichen Mängel herauskristallisiert, wäre eine entsprechende Änderung ohne Zweifel auch möglich gewesen.

Es ist also nicht so, dass der Gesetzentwurf einfach so durch die Ausschüsse durchmarschiert ist; vielmehr wären - da habe ich genug Vertrauen in das Selbstbewusstsein der Parlamentarier - in den Ausschüssen Änderungen vorgenommen worden, wenn es die Ausschussmitglieder für notwendig gehalten hätten. So ist aber erreicht worden, dass Planungssicherheit für die Universitäten da ist, dass zum Wintersemester 2003/04 das Juristenausbildungsgesetz bereits zur Anwendung kommt.

Weit gediehen ist auch die Vorbereitung zur Juristenausbildungsordnung. Auch im Hinblick darauf bin ich dankbar für die zügige Verfahrensweise, damit unsere angehenden Juristen schnellstmöglich nach den neuen Kriterien ausgebildet werden können. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke Frau Ministerin Richstein. - Wir sind am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und kommen zur Abstimmung.

Ich rufe zunächst eine Reihe von Änderungsanträgen zur Abstimmung auf, zuerst den Änderungsantrag der Fraktion der DVU in Drucksache 3/5886. Er betrifft Änderungen in Artikel 1 Abschnitt 1 § 1 und Artikel 1 Abschnitt 6 § 24. Wer diesem Änderungsantrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Damit ist der Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich rufe den Änderungsantrag der Fraktion der DVU in Drucksache 3/5887 auf. Er betrifft Änderungen in Artikel 1 Abschnitt 2 § 3. Wer diesem Änderungsantrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist der Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich rufe den Änderungsantrag der Fraktion der DVU in Drucksache 3/5888 auf. Er betrifft Änderungen in Artikel 1 Abschnitt 2 § 5. Wer diesem Änderungsantrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist der Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich rufe den Änderungsantrag der Fraktion der DVU in Drucksache 3/5889 auf. Er betrifft Änderungen in Artikel 1 Ab

schnitt 2 § 7. Wer diesem Änderungsantrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist der Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich rufe den Änderungsantrag der Fraktion der DVU in Drucksache 3/5890 auf. Er betrifft Änderungen in Artikel 1 Abschnitt 3 § 11. Wer diesem Änderungsantrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich rufe den Änderungsantrag der Fraktion der DVU in Drucksache 3/5891 auf. Er betrifft Änderungen in Artikel 1 Abschnitt 3 § 14. Wer diesem Änderungsantrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich rufe den Änderungsantrag der Fraktion der DVU in Drucksache 3/5892 auf. Er betrifft Änderungen in Artikel 1 Abschnitt 3 § 15. Wer diesem Änderungsantrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung. Sie liegt Ihnen in Drucksache 3/5839 vor. Wer dieser Beschlussempfehlung seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Damit ist die Beschlussempfehlung mehrheitlich angenommen und das Gesetz zur Modernisierung der Juristenausbildung im Land Brandenburg in 2. Lesung verabschiedet.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 4 und rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

1. Lesung des Gesetzes zur Reform der Juristenausbildung in Brandenburg

Gesetzentwurf der Fraktion der DVU

Drucksache 3/5845

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt mit dem Beitrag der einreichenden Fraktion. Herr Abgeordneter Schuldt, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich den Gesetzentwurf unserer Fraktion zur Juristenausbildung summarisch vorstellen. Ich habe es vorhin angesprochen: Die DVU-Fraktion wählt einen anderen Lösungsansatz. Er kann als ganzheitlicher oder umfassender Ansatz bezeichnet werden.

Ziel dieses Lösungsansatzes ist es, die Defizite der Juristenausbildung umfassend und dauerhaft zu beseitigen, indem wir, ohne hinter der Qualität der bisherigen Ausbildung zurückzubleiben oder das Leitbild des so genannten Volljuristen als Ausbildungsziel zu gefährden, den jungen Juristen die Chance geben, für möglichst viele Berufsfelder die erforderlichen Qualifika

tionen zu erwerben, für den Justizdienst, die Verwaltung, die Wirtschaft, als Rechtsanwalt, und auch mit der Studienabschlussprüfung, die unterhalb des Volljuristen qualifizierend ist. Die Studenten und Referendare wählen dabei ihre Schwerpunkte im Studium und im Vorbereitungsdienst selbst.