Danke, Herr Minister Reiche. - Ich gebe das Wort noch einmal an die Fraktion der SPD, an Frau Abgeordnete Redepenning.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin dankbar, dass ich zum Schluss dieser Debatte noch einmal die Möglichkeit habe, über Chancen der Jugendarbeit im Rahmen der Ganztagsschule zu sprechen.
Ich stelle voran: Es gibt nichts, was man nicht noch verbessern könnte. In einer Aktuellen Stunde braucht auch nicht abgerechnet zu werden, wer wo was besser gemacht hat. Wir alle hier im Parlament sind verpflichtet, das Beste für die Bürger im Land zu tun.
Wie Schule sein muss, was sie leisten muss, insbesondere nach PISA, hat Bundespräsident Johannes Rau mit folgenden Worten auf den Punkt gebracht:
„Schule muss heute ein Lebensraum sein, ein Ort, wo der einzelne Mensch nicht nur erfährt, was man wissen muss, sondern ein Ort, wo der einzelne Mensch wahrgenommen wird als Individuum, in seinen Stärken und seinen Schwächen.“
deutsche Halbtagsschule - im internationalen Vergleich eine Sonderform - den Aufgaben nicht mehr genügt. Sogleich ist damit der Platz benannt, den die Jugendarbeit in der Ganztagsschule einnehmen muss.
Das Ziel der offenen Ganztagsschule kann somit definiert werden: Verbesserung der Bildungschancen und der Bildungsqualität durch ein Gesamtkonzept von Bildung, Erziehung und Betreuung. Der Begriff „offen“ soll zugleich verdeutlichen, dass die Schule für Partner aus der Jugendhilfe, aber auch aus allen anderen Bereichen des sozialen Lebens offen ist. Das Angebot sollte ausdrücklich lerngruppen- und jahrgangsstufen- bzw. altersübergreifend sein, denn nicht zuletzt durch PISA wurde die alte pädagogische Erkenntnis bestätigt, dass Kinder und Jugendliche nun einmal besonders gut durch Kinder und Jugendliche und von ihnen lernen.
Betrachtet man nun konkret die Chancen der Jugendarbeit im Rahmen der Ganztagsschule, so muss dennoch zwischen Jugendarbeit in der Primarstufe und Jugendarbeit in der Sekundarstufe differenziert werden. Ganztagsschule und Jugendarbeit in der Primarstufe bedeutet, in Brandenburg Grundschule und Hort, das heißt voll entwickelte und ausgebaute Institutionen unterschiedlicher Rechtskreise und Zuständigkeit, zusammenzuführen bzw. zu geeigneten Kooperationen zu bringen. Der Hort muss deshalb in den Konzepten für die Schule mit Ganztagsbetreuung seinen festen Platz erhalten und integriert werden.
Jugendarbeit in der Sekundarstufe heißt insbesondere, Formen offener Kooperation mit kommunalen und freien Trägern der Jugendhilfe, mit Jugendklubs und Jugendverbänden bzw. Jugendgruppen wirkungsvoll zu organisieren und zu entwickeln. Auch hier gilt, dass Jugendliche häufig gut mit und von Jugendlichen lernen. Daher sind für diese Aufgabe nicht in jedem Fall Fachkräfte zwingend nötig.
Die Ganztagsschule bietet enorme Chancen zur Weiterentwicklung der Hortarbeit und der Jugendarbeit insgesamt, Chancen eines großen Investitionsimpulses für die Arbeit mit älteren Kindern, besonders den so genannten Schlüsselkindern in dem entscheidenden Alter zwischen 10 und 14 Jahren. Diese Chancen optimal zu nutzen erfordert von den Landes- und den Kommunalpolitikern Weisheit und entsprechende Prioritätensetzungen bei den Entscheidungen. Hier gilt es die Ressourcen für die Jugendhilfe zu sichern, egal, ob diese im Rahmen der Ganztagsschule oder im außerschulischen Bereich organisiert wird. Kinder- und Jugendhilfe ist und bleibt eine wichtige Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsoge.
Unser aller Aufgabe ist es, am Beispiel der Gesamtschule für das Gesamtkonzept und eine künftig bessere Zusammenarbeit und Verzahnung von Schule und Jugendhilfe zu werben, dafür engagiert einzutreten und die finanziellen Voraussetzungen zu sichern, um im Interesse der Kinder und Jugendlichen die künstliche Trennung der Bereiche zu überwinden. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Auch ich danke, Frau Abgeordnete Redepenning. - Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende der Aussprache zum
Tagesordnungspunkt 2 angelangt. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 2 und unterbreche die Sitzung des Landtages bis 13 Uhr.
Meine Damen und Herren, ich eröffne den Nachmittagsteil der 79. Plenarsitzung und rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das geltende Landesjagdgesetz aus dem Jahre 1992 entspricht nicht mehr den gesellschaftlichen Erfordernissen und den veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen. Einige der Regelungen in dem Gesetz haben sich in der Vergangenheit auch nicht bewährt; andere Regelungen bedürfen der Klarstellung oder der Korrektur. Beispielsweise ist nach dem geltenden Gesetz die oberste Jagdbehörde auch für die Dienstaufsicht über die untere Jagdbehörde zuständig. Dies widerspricht anderen gesetzlichen Regelungen.
In dem vorliegenden Gesetzentwurf sind solche Änderungserfordernisse berücksichtigt worden. Durch die präziseren Regelungen bzw. Formulierungen können der Verwaltungsaufwand gesenkt und Standards abgebaut werden. Bewährtes wird natürlich beibehalten.
Gleich in § 1 des Gesetzentwurfs wird der Tierschutz verankert, um damit auch seiner gewachsenen Bedeutung in der Gesellschaft Rechnung zu tragen. Auch die zukünftige Meldepflicht bei Verkehrsunfällen mit Wild trägt dem Tierschutzgedanken Rechnung. Der Fahrer eines Kfz hat unverzüglich die Polizei oder den Jagdausübungsberechtigten zu informieren, damit das verletzte Wild schnell von seinen Schmerzen erlöst wird.
Zur Reduzierung der in Brandenburg zum Teil weit überhöhten Schalenwildbestände werden bestehende Hemmnisse abgebaut und gleichzeitig neue, flexible Regelungen geschaffen. Nur drei davon möchte ich erwähnen.
Erstens: Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden die Voraussetzungen geschaffen, um die Vorschriften über die Hege und Bejagung des Schalenwildes, die bisher nur als unverbindliche Richtlinien bestanden, in den Status einer Rechtsverordnung zu erheben. Damit wird zugleich den Forderungen des Landesjagdverbandes und der Hegegemeinschaften nach mehr Verbindlichkeit entsprochen.
Zweitens: Zur Erfüllung der Abschusspläne und zur Verhinderung übermäßiger Wildschäden konnten die unteren Jagdbehörden die Nachtjagd bisher nur für weibliches Schalenwild genehmigen. Dies wird jetzt auf das männliche Wild ausgedehnt, um wesentlich effizientere Abschussergebnisse zu erzielen.
Drittens: Ist Wild während seiner Schonzeit in Gatter eingedrungen, so muss nach der geltenden Regelung dessen Erlegung zur Vermeidung von Wildschäden erst durch die untere Jagdbehörde genehmigt werden. Zu Recht wurde dieses praxisfremde und bürokratische Verfahren durch die Verbände seit langem kritisiert. Nunmehr kann in eingezäunte Obstplantagen oder eingezäunte Waldflächen eingewechseltes Wild ohne Genehmigung der unteren Jagdbehörde sofort erlegt werden. Dies gilt aus Tierschutzgründen selbstverständlich nicht für Elterntiere, die zur Aufzucht ihrer Jungtiere notwendig sind.
In verstärktem Maße wird auch der Tatsache Rechnung getragen, dass die Jagd ein unterstützendes Element zur Erreichung der Naturschutzziele sein kann und soll. Es wird die Vorschrift verankert, dass in Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung und in europäischen Vogelschutzgebieten die Jagdausübung im Einvernehmen zwischen der obersten Jagdbehörde und der obersten Naturschutzbehörde geregelt wird.
Eine weitere Regelung, die die Gemeinden zukünftig entlasten soll, befasst sich mit den Folgen von Gemeindezusammenschlüssen. Bei der Bildung von neuen Gemeinden und Gebietsvergrößerungen gehen nach dem geltenden Recht die bisherigen Jagdbezirke mit ihren Jagdgenossenschaften unter und werden Teil des größeren Gebiets in den neuen Grenzen. Dadurch werden die Gemeinden automatisch zu so genannten Notvorständen der neuen Jagdgenossenschaften. In der Regel haben die Grundeigentümer, also die Jagdgenossen, jedoch den verständlichen Wunsch, dass die alten Grenzen der Jagdbezirke wieder hergestellt werden. Dies kann gegenwärtig nur im Wege eines sehr aufwendigen Verwaltungsverfahrens geschehen und ruft daher Unverständnis und Widerstand bei den Grundstückseigentümern hervor. Die jetzt vorgesehenen neuen Regelungen sichern bei Gebietsreformen den weiteren Bestand der bisherigen Jagdbezirke und lassen gleichzeitig freiwillige Zusammenschlüsse zu.
Auch aus diesem Grunde appelliere ich an Sie als Abgeordnete, an der möglichst schnellen Verabschiedung der Novelle des Jagdgesetzes mitzuwirken, damit diese Neuerungen, die Jagdgenossenschaften, Kommunen und Landkreise von erheblichem Verwaltungsaufwand entlasten, rechtzeitig vor der Kommunalwahl in Kraft treten können. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird das parlamentarische Verfahren einer formellen Überarbeitung des Landesjagdgesetzes aus dem
Jahre 1992 eröffnet. Ich möchte vorausschicken, dass der Landesregierung der große Wurf damit nicht gelungen ist. Vielmehr sehe ich hier eine mangelnde Entscheidungsfreudigkeit, die bei vielen Themen, die mit dem ländlichen Raum verbunden sind, bei der Landesregierung festzustellen ist.
Das drängendste Problem, der überproportionale Anstieg der Wilddichten, kann so nicht umfassend gelöst werden. Minister Birthler musste erst zu Beginn dieses Monats einräumen: „So viele Schwarzkittel wie noch nie.“ Die Wildbestände, insbesondere beim Schwarz- und Damwild, steigen weiter an. Man muss kein Wildbiologe sein, um zu erkennen, dass die Zahl des erlegten Wildes, die so genannte Strecke, nicht einmal ausreicht, um auch nur den Zuwachs zu stoppen. Für detailliertere Informationen empfehle ich Ihnen das Studium des Jagdberichts des Landes Brandenburg.
Ziel soll es sein, Wilddichten zu erreichen, die ein auf den Lebensraum bezogen vertretbares wildökologisches Maß haben. Dafür sind viele Einflussfaktoren maßgebend. Denken Sie an die schneisenfreien Schlaggrößen, an das veränderte TagNacht-Verhalten unserer jagdbaren Arten, an den fortgeschrittenen Waldumbau mit Zäunung, dichtem Unterstand und zukünftig vermehrter Mast. Hinzu kommen Zerschneidungseffekte durch die Zunahme des Verkehrs.
Ich befürchte, dass uns in Sachen Wildschäden und Tierseuchen zukünftig größere Probleme ins Haus stehen werden. Schon heute ist der Straßenverkehr vielerorts der aktivste Jäger - mit all den tragischen Konsequenzen für die Betroffenen, ganz zu schweigen von den finanziellen Auswirkungen für Autofahrer und Versicherungen. Wenig angenehm sind auch Wildschweinrotten in städtischen Wohngebieten.
Beides sind übrigens Beispiele, bei denen das Regulativ des Wildschadensausgleichs nicht funktioniert. Es funktioniert auch nicht bei der Übertragung der Schweinepest. Vielleicht verschont uns die Natur zukünftig mit größeren Hiobsbotschaften. Die Selbstregulation der Natur ist zuweilen ein unterschätzter Faktor. Verlassen sollte man sich darauf aber nicht, wie jüngst der Verzicht auf die Bekämpfung des Forstschädlings Nonne in der Schorfheide gezeigt hat. Dieses Beispiel ist zwar nicht aus dem Bereich der Jagd, aber es gibt durchaus Parallelen.
Jägerlatein beherrschen einige Abgeordnete der Koalition ganz gut, wie wir es bei der Debatte um die Abschaffung der Jagdsteuer erleben durften.
Die jagdlichen Abschusspläne grenzen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit zuweilen ebenfalls an Jägerlatein. Die PDS-Fraktion drängt darauf, die Erfüllung dieser Pläne nachdrücklicher als bisher zu verfolgen bzw. in der gegenwärtigen Situation konsequent Mindestabschusszahlen festzusetzen.
Die Abschusspläne sollen den in § 1 formulierten und konkretisierten Zielstellungen einer biotopgerechten Wildbewirtschaftung in stärkerem Maße gerecht werden. Es reicht nicht aus, die faktisch kaum zur Anwendung kommende Ersatzvornahme als letztes Mittel umfänglich zu regeln, wenn der Vorlaufprozess faktisch sanktionsfrei ist. Auch die Wahrnehmung der Fachaufsicht durch die oberste Jagdbehörde muss hinter
fragt werden. Herr Minister, hier appelliere ich an Sie persönlich, sich dieser Frage noch einmal besonders zuzuwenden.
Konsequenter als im vorliegenden Gesetzentwurf sollten auch die bestehenden Möglichkeiten genutzt werden, den Zugang zur Jagd für eine größere Zahl von Pächtern und Jagderlaubnisscheininhabern zu vereinfachen. Dazu sollen die Regelungen des § 11 Abs. 2 des Bundesjagdgesetzes konsequent ausgeschöpft werden, die im Falle von Angliederungen die Absenkung der Mindestgröße von Jagdbezirksteilen gestatten.
Ebenfalls soll der im Entwurf der Landesregierung gestrichene § 16 Abs. 2 wieder aufgenommen werden. Damit können mehr Jäger auf der Fläche wirksam werden. Eine generelle Reduzierung der Größe des Eigenjagdbezirks halten wir hingegen nicht für erforderlich.
Erstaunt ist die PDS-Fraktion über die augenscheinlichen Bestrebungen, die Rolle der obersten Jagdbehörde zu stärken. Über die Verwaltung der Jagdabgabe und die Einordnung der unteren Jagdbehörden als Sonderordnungsbehörden sollten wir uns bis zur 2. Lesung verständigt haben. Wie es scheint, hat hier das Eigeninteresse die Hand der Autoren bei der Verfassung des Gesetzentwurfes geführt. Dagegen strebt die PDS an, die kommunale Angliederung der unteren Jagdbehörden, wie bisher in § 56 geregelt, beizubehalten.
Ich möchte nicht versäumen, zum Abschluss meines Redebeitrages lobend hervorzuheben, dass die Gemeindegebietsreform gegenüber den kraft Gesetzes bestehenden Jagdgenossenschaften nicht durchgesetzt wird. Dort gilt das Prinzip der Freiwilligkeit. Es geht doch!