Protokoll der Sitzung vom 27.08.2003

Ich möchte nicht versäumen, zum Abschluss meines Redebeitrages lobend hervorzuheben, dass die Gemeindegebietsreform gegenüber den kraft Gesetzes bestehenden Jagdgenossenschaften nicht durchgesetzt wird. Dort gilt das Prinzip der Freiwilligkeit. Es geht doch!

(Beifall bei der PDS)

Das Wort geht an die SPD-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Dr. Woidke.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jagd in Brandenburg bedeutet Einheit von Nutzung, Schutz und Hege. Deshalb lautet die Überschrift des geltenden Jagdgesetzes in Brandenburg auch konsequenterweise „Gesetz über den Schutz, die Hege und Bejagung wild lebender Tiere im Land Brandenburg“.

Dass diese Überschrift auch von den Jägerinnen und Jägern hier im Lande ernst genommen wurde, zeigt die Aufnahme des Landesjagdverbandes in die Reihe der anerkannten Naturschutzverbände vor einigen Jahren.

Das bis heute gültige Gesetz hat sich im Großen und Ganzen bewährt. Nach elf Jahren haben sich aber Mängel, Rechtsunsicherheiten und zum Teil auch Fehler offenbart, die im vorliegenden Entwurf korrigiert werden. So ist im geltenden Gesetz zum Beispiel die frühzeitige Beteiligung der unteren Jagdbehörde bei Planverfahren nicht eindeutig geregelt. Dies hatte zum Teil negative Auswirkungen bei Straßenplanungen, durch die Wildeinstandsgebiete durchschnitten wurden, verbunden mit nachteiligen Entwicklungen für das Verkehrsunfallgeschehen mit Wildbeteiligung und auch für die Jagd.

Rechtssicherheit wird jetzt auch durch die Einzelaufzählung befriedeter Gebiete geschaffen, was viele Diskussionen vor allen Dingen in der unteren Jagdbehörde und in den Jagdgenossenschaften beseitigen wird.

Die flexiblen Regelungen zur Reduzierung der in Brandenburg vorhandenen Schalenwildbestände entsprechen den aktuellen Erfordernissen unseres Landes. Frau Wehlan, nicht das Gesetz reduziert den Wildbestand in Brandenburg, sondern immer noch der aktive Jäger mit seiner Büchse.

(Beifall des Abgeordneten von Arnim [CDU])

Die Mindestabschusspläne, die von den unteren Jagdbehörden erstellt werden, sehen jetzt schon sehr hohe Zahlen vor, was natürlich auch zu Kritik in der Jägerschaft führt. Aber das größere Problem in diesem Zusammenhang ist die Genauigkeit der jeweils aktuellen Bestandsschätzung, nach welcher sich die Mindestabschusspläne richten müssen.

(Frau Wehlan [PDS]: Genau darum geht es!)

Die Ermittlung der Wildbestände ist nach wie vor schwierig und sicherlich noch einmal zu diskutieren.

Ein weiterer wichtiger Punkt im vorliegenden Gesetzentwurf - Minister Birthler ist darauf eingegangen -, und zwar nicht nur für die Jagdgenossenschaften und Jäger, sondern auch für alle von der Gemeindegebietsreform betroffenen Gemeinden und für die Landkreise, sind die Regelungen, die den Fortbestand der jetzigen Jagdbezirke möglich machen sollen. Das geltende Gesetz löste am Tag der Kommunalwahl - an diesem Tag tritt die Gemeindegebietsreform bekanntermaßen in Kraft - ein aufwendiges Verfahren aus, durch welches die an Gemeindegrenzen gebundenen bisherigen Jagdbezirke aufgelöst würden. Der vorliegende Entwurf macht den Fortbestand der alten Jagdbezirke auch in der neuen großen Gemeindestruktur möglich.

Vor diesem Hintergrund hoffe ich, dass wir das neue Gesetz im September verabschieden können, damit es pünktlich zur Gemeindegebietsreform in Kraft tritt.

Ich möchte zum Schluss meiner Ausführungen Herrn Minister Birthler und seinem Haus danken, dass dieser Gesetzentwurf in einer derartigen Qualität vorgelegt werden konnte. - Danke sehr.

(Beifall bei SPD und CDU)

Das Wort geht an die DVU-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Claus.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Wieder einmal ist geltendes EU-Recht der Stein des Anstoßes. So stehen einige der derzeit gültigen Regelungen des Jagdgesetzes für das Land Brandenburg im Widerspruch zu geltendem EU- bzw. Bundesrecht. Es erwischt wieder einmal den einfachen Bürger, der zur Jagd geht. Diesmal sind es die brandenburgischen Jäger und Waidmänner.

Nun haben Zeitströmungen schon seit jeher bei der Entwicklung des Jagdrechts eine besondere Rolle gespielt. Die DVUFraktion findet es gerade in der 1. Lesung interessant, vor welchem Hintergrund und in welchem Klima sich die Lesungen des Jagdgesetzes des Landes Brandenburg abspielen werden. Aber wie wir mitbekommen haben, sind sie eigentlich ziemlich ruhig verlaufen und niemand hat sich groß darüber beschwert.

Die Jagd zählt zum ältesten Handwerk der Menschen und begleitet sie schon seit Urzeiten. Dies wird auch anschaulich durch die Bezeichnung unserer ersten Kulturstufe als Jäger und Sammler. Während die Jagd aber früher zu den wichtigsten Lebens- und Überlebensstrategien der Menschen gehörte, ist dieser Aspekt heute völlig in den Hintergrund getreten. So haben sich auch die gesellschaftliche Bedeutung und der Stellenwert der Jagd gewandelt.

Heute hat das Ansehen der Jagd und damit der Jägerinnen und Jäger in Teilen der Bevölkerung Schaden genommen. Bestimmt werden diese Diskussionen über die Jagd jedoch meist durch Emotionen, Vorurteile und mangelndes Wissen über das, was die Jäger und Waidmänner draußen im Revier eigentlich wirklich tun.

Bestimmt werden die Diskussionen um die Jagd aber leider auch - das wissen wir alle - durch die so genannten schwarzen Schafe, die es zweifellos auch bei der Jägerschaft gibt. Dass die schwarzen Schafe das Gesamtbild der Jägerschaft prägen, ist aber in keiner Weise sachgerecht und angemessen. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns bei der Auseinandersetzung mit dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf nicht in erster Linie vom Eindruck der schwarzen Schafe leiten lassen.

Wir sollten von der Jägerschaft ausgehen, die sich ihrer Verantwortung für das Wild und seinen Lebensraum sehr wohl bewusst ist. Unsere Fraktion bekennt sich ohne Wenn und Aber dazu, dass die Jagd unter Berücksichtigung und Einbringung ökologischer Erfordernisse ausgeübt werden darf und auch muss. Für uns ist es eine Selbstverständlichkeit, zu fordern, dass die Jägerinnen und Jäger das geschriebene und ungeschriebene Gesetz des Tierschutzes zu erfüllen haben.

Aber das alles ist eigentlich nicht neu. Neuheiten im Gesetz hat Minister Birthler schon genannt. Wer sich mit dem bisher gültigen Jagdrecht und insbesondere mit den traditionellen Begriffen Hege und Waidgerechtigkeit auseinander gesetzt hat, weiß, dass damit entsprechend umfassende Pflichten für den Waidmann verbunden sind. Die Waidgerechtigkeit verpflichtet den Jäger moralisch, die Tiere zu hegen, ihnen in Notzeiten beizustehen und beim Erlegen Leiden und Qualen zu ersparen.

Unsere brandenburgischen Jäger gehören für uns als DVUFraktion zu den wichtigsten Partnern bei der Umsetzung von Naturschutzzielen und vor allen Dingen von praktischen Naturschutzmaßnahmen. Dieser Jägerschaft gilt an dieser Stelle unser Dank für ihre Arbeit bei der Betreuung von Naturschutzgebieten und Artenschutzprogrammen. Hier wird der praktische Naturschutz geleistet und unendlich viel Papier ohne jeglichen Erfolg wird damit nicht beschrieben. Wir hoffen, dass dieses Gesetz auch durchgeht. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der DVU)

Ich möchte, bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile,

junge Gäste aus Bernau begrüßen. Herzlich willkommen im Landtag Brandenburg!

(Allgemeiner Beifall)

Das Wort geht an die CDU-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Helm.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der Vorlage des Gesetzentwurfes zur Änderung des Landesjagdgesetzes erreicht ein lange diskutiertes Vorhaben den parlamentarischen Raum. Dieser Gesetzentwurf ist weitreichend verflochten mit dem Naturschutzrecht, dem Tierschutz und insbesondere mit dem Kommunalrecht.

Die zeitliche Nähe zum Kommunalwahltermin gefällt vielen nicht und bringt einen unnötigen Zeitdruck in das parlamentarische Verfahren. Allein schon deshalb hätten wir uns eine etwas frühere Einbringung des Gesetzentwurfes gewünscht, Herr Minister, um das neue Jagdgesetz rechtzeitig verabschieden zu können.

Warum besteht dieser Termindruck? Herr Dr. Woidke ist schon kurz darauf eingegangen. Nach bisheriger Rechtslage führen die im Zuge der Gemeindegebietsreform entstehenden neuen größeren Gemeinden, gleich, ob durch Eingemeindungen oder durch Zusammenschluss von Gemeinden, zu größeren Jagdbezirken und größeren Jagdgenossenschaften. Diese neuen oder vergrößerten Jagdgenossenschaften sind nicht unbedingt im Interesse der Grundeigentümer und der Jagdgenossen. In diesen großen Jagdgenossenschaften ist die Mitwirkung an den einzelnen Beschlüssen tatsächlich unübersichtlich und nur mit einem größeren persönlichen Aufwand überhaupt erreichbar. Die Konsensfindung und das Beachten individueller Besonderheiten werden äußerst erschwert.

Um das zu vermeiden, hat man im Gesetzentwurf eine Regelung gefunden, die den Fortbestand der vorhandenen Jagdgenossenschaften ohne weiteres aufwendiges verwaltungsrechtliches Verfahren zur Auflösung und Neugründung sichert. Aber dazu muss diese Regelung unbedingt Rechtskraft entfalten. Deshalb ist es ganz wichtig, dass dieser Gesetzentwurf durch eine zügige Beratung in den Ausschüssen des Landtages möglichst ohne Anhörung noch vor den Kommunalwahlen verabschiedet wird. Für den problemlosen und unbürokratischen Fortbestand der Jagdgenossenschaften ist dies eine wichtige Voraussetzung. Anderenfalls müsste mit einem großen Verwaltungsaufwand eine Neugründung der Jagdgenossenschaften in den nunmehr ca. 800 Gemeinden des Landes Brandenburg erfolgen - ein Kraftakt im Verwaltungsbereich, an dem niemand interessiert sein kann.

Die Diskussion um die Größe der Eigenjagdbezirke, geregelt in § 7, wird mit dem vorliegenden Entwurf neue Nahrung erhalten. Wir werden uns im zuständigen Ausschuss auf jeden Fall noch einmal darüber zu verständigen haben, ob die gefundene Regelung zugunsten der Alteigentümer von vor 1945 tatsächlich die günstigste ist. Auch vor dem Hintergrund der Rolle des Eigentums, der Wild- und Waldproblematik, des Aufbaus naturnaher Wälder ohne Umzäunung, insbesondere im Rahmen der Zertifizierung, ist variables Handeln auch diesbezüglich gefragt.

Ebenso erscheint es mir nachdenkenswert, die Regelungen in § 29 noch einmal gründlich zu überdenken, vor allem mit dem Blick auf den Abbau von Normen und Standards. Mit diesen Regelungen wird zuerst die Bürokratie bedient und die Sachkunde der Jäger in Zweifel gezogen. Wenn neben der Führung der Streckenliste und der Aufstellung der Wildursprungsscheine zusätzlich noch gefordert wird, auf Verlangen das erlegte Wild oder Teile dessen der unteren Jagdbehörde vorzulegen und somit den körperlichen Nachweis zu führen, dann ist das im Einzelfall eine erhebliche und auch nicht immer zumutbare Belastung, weil dies mit der Überwindung großer Entfernungen und damit auch mit Kosten verbunden ist.

(Beifall des Abgeordneten von Arnim [CDU])

Ferner möchte ich darauf verweisen, dass mit dem Entwurf des Landesjagdgesetzes nicht alle Probleme, die den Jägern des Landes auf der Seele brennen, auf dem Wege einer Lösung sind. Frau Wehlan hat bereits darauf hingewiesen. Erinnern möchte ich in dem Zusammenhang zum Beispiel an die Rabenvogelproblematik, die Kormoranverordnung und die Jagdsteuer. Andererseits finde ich die generelle Meldepflicht bei Wildunfällen durchaus berechtigt, und zwar vor allem aus Tierschutzgründen heraus.

Die Maßnahmen zur Reduzierung der Wildschäden sind zu überdenken, wobei, Frau Wehlan, es nicht am Gesetz liegt, wenn die Wildschäden anwachsen. Das haben immer der Jäger und der Bewirtschaftende bzw. Eigentümer in der Hand, beide zusammen. Allein ist der Jäger machtlos und das Gesetz allein trifft nicht ein Tier.

Die Regelung hinsichtlich der Änderung von Jagdzeiten ist nicht nur durch die Hege des Wildes begründet. Auch die Pflege des Waldes verlangt es. Es darf nicht nur auf dem Papier stehen. Ich sehe hier auch die festgeschriebene Einvernehmensregelung als bedenklich an. Sie sollte in eine Benehmensregelung umgewandelt werden, damit das flexibel gehandhabt werden kann und bei der Bewirtschaftung der Wildbestände durch die Jäger wirklich ein so gutes Ergebnis erreicht wird, dass wir recht stolz auf dieses Gesetz sein können.

Es ist also insgesamt noch Handlungsbedarf im Detail vorhanden. Das ist aber in einer Ausschusssitzung zu schaffen, sodass das Gesetz dann, wie hier angesprochen, im September verabschiedet werden kann. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Wir sind am Ende der Rednerliste und ich schließe die Aussprache. Das Präsidium empfiehlt die Überweisung der Drucksache 3/6196 an den Ausschuss für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung. Wer dieser Überweisung zustimmt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Überweisung beschlossen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 3 und rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

1. Lesung des Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Versorgungsrücklagengesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 3/6242

in Verbindung damit:

1. Lesung des Brandenburgischen Gesetzes über die Nichtanpassung der Bezüge der Staatssekretäre und entsprechenden Versorgungsempfänger in den Jahren 2003 und 2004

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 3/6246