Jawohl, völlig richtig! Aber wie gehen Sie damit um? Seit Monaten läuft in diesem Land, angefacht vor allem von der CDU, eine unselige Debatte über das Brandenburger Naturschutzgesetz mit dem Grundtenor, in Brandenburg werde viel zu viel für den Naturschutz getan. Auch die laufende Haushaltsberatung zeigt überdeutlich, dass Sie zwar gern die positiven Effekte der Tourismusentwicklung aufnehmen, die Rahmenbedingungen dafür aber immer wieder infrage stellen. Nein, meine Damen und Herren, eine solche Debatte ist Gift für die Tourismusentwicklung im Land Brandenburg.
Das erinnert im Übrigen fatal an die berühmten „Drei Schluchten“ in China. Vor der Überflutung für den Bau des weltgrößten Staudamms sind Hunderttausende von Touristen - auch aus Deutschland - dorthin gepilgert, um sich die Schönheiten des Tals noch einmal anzusehen. Es ist unwiderruflich verloren. Nun planen Sie sicherlich nicht den Bau eines gigantischen Wasserkraftwerks, dafür aber den schleichenden Abbau der Voraussetzungen für naturnahen Tourismus in Brandenburg.
- Sie sagen „Quatsch“; ich mache es an Beispielen deutlich. Nehmen wir die Naturwacht! In den Augen des CDU-Generalsekretärs, sind das „Leute, die durch den Wald rennen und Nester zählen“. Solcher Ignoranz ist es zu danken, dass seit Jahren
gerade in diesem Bereich immer wieder der Rotstift angesetzt wird. In ihrer Antwort auf die Große Anfrage aber lobt die Landesregierung die Naturwacht in den höchsten Tönen.
- Ich weiß nicht, warum Sie sich so aufregen. - Ich will darauf aufmerksam machen: Die Große Anfrage ist das Ergebnis der Beratungen der gesamten Regierung und spiegelt nicht allein die Auffassung des Umweltministers wider. Ich kündige bereits jetzt an, dass wir Ihnen diese Passagen immer wieder unter die Nase reiben werden.
Wer es auf den Bestand der Naturwacht absieht, sollte sich darüber im Klaren sein, dass die Aufgaben der Mitarbeiter - es sind im Durchschnitt fünf pro Großschutzgebiet - eigentlich nur mit sehr viel Idealismus zu erfüllen sind. Neben der Betreuung von Schulklassen und Besuchern sind die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen, Beratung und Begleitung der Nutzer sowie Monitoring, Kartierung und Artenschutz zu sichern. Allein die Veranstaltungskalender geben Auskunft über den Umfang des zu Leistenden. Auch die Registrierung von über 6 000 Überschreitungen bzw. Verstößen gegen das Umweltrecht zeugt von der Aufgabenvielfalt der Mitarbeiter.
Vor allem aber ist es den Naturwächtern zu verdanken, dass viele Menschen gerade im Jahr des Ökotourismus einen neuen Zugang zur Natur gefunden haben. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Mitarbeiter der Naturwacht berichten, dass immer mehr Kinder häufig vorkommende Pflanzen nicht bestimmen, Bäume nicht voneinander unterscheiden oder Tierstimmen nicht deuten können. Offensichtlich haben wir es nicht mehr allzu weit bis zur Kuh, die selbstverständlich lila ist. Dieser Verarmung im Wissen über die Natur
Dazu gehört, dass die Umweltbildung endlich in den Verantwortungsbereich des Bildungsministers kommt.
Lust auf Natur heißt auch: Lust auf Kultur und Bildung, Frau Konzack. Sie, meine Damen und Herren von der Regierung, brüsten sich mit außerschulischen Umweltbildungseinrichtungen, den Besucherzentren in den Großschutzgebieten, den waldpädagogischen Einrichtungen usw., wohl wissend, dass all das mit den von Ihnen geplanten erheblichen Mittelkürzungen in Gefahr ist.
Nicht alles - auch das wissen Sie sehr gut - kann durch Fördervereine oder durch Sponsoring abgefangen werden. Dazu ist einfach die wirtschaftliche Decke im Land Brandenburg zu kurz! Die Waldschule Briesetal zum Beispiel hat sich viele Möglichkeiten erschlossen, um den Eigenanteil zu sichern. Sie bietet die Ausrichtung von Schulprojekttagen, Kindergeburtstagen und Jugendfeiern an, hat einen aktiven Förderverein, der ehrenamtlich zum Beispiel Öffnungszeiten absichert. Dennoch kann dort nicht alles an Kosten selbst gedeckt werden; da muss die öffentliche Hand ran!
Aber die umliegenden Gemeinden und der Kreis Oberhavel werden ja auch von der Landesregierung immer weiter finanziell geschröpft; das haben wir gestern in der Debatte zum Gemeindefinanzierungsgesetz gesehen. Also kann von da auch nicht mehr allzu viel kommen.
Im Zusammenhang mit der Vielfalt außerschulischer Umweltbildungseinrichtungen erklärt die Landesregierung in Beantwortung der Großen Anfrage, sie strebe „den Ausbau und die stärkere Vernetzung dieser vielfältigen Angebote untereinander an“. Wo aber bleibt Ihr konkretes landespolitisches Engagement? Als touristische Highlights jedenfalls sind solche Einrichtungen unverzichtbar. Müssten sie aber wegen fehlender finanzieller Unterstützung aufgegeben werden, käme eine auch sicher notwendige bessere Vernetzung zu spät.
Explizit nennen Sie in Ihrer Aufzählung die Landeslehrstätte Lebus. Dabei planen Sie doch längst deren Abbau; denn im Entwurf für die Novelle des Naturschutzgesetzes taucht die Landeslehrstätte nicht mehr auf. Wie soll künftig die Qualifizierung von Landschaftsplanern, Naturschutzbeiräten, Lehrerinnen und Lehrern gesichert werden?
Meine Damen und Herren, unmittelbar nach seinem Amtsantritt hat Wirtschaftsminister Junghanns gefordert, man müsse weg von der Gießkanne bei der Tourismusförderung. Auch wenn es mir schwer fällt, Herr Minister: Auch an dieser Stelle muss ich sagen, Sie haben Recht. Was aber antwortet die Landesregierung auf die Frage, ob sie Handlungsbedarf in Bezug auf die Evaluierung der Förderprogramme sieht? Zitat: „Es wird kein gesonderter Handlungsbedarf... gesehen.“ - Na prima, Herr Minister! Dabei zeigen doch die Ergebnisse der Kampagne „Lust auf NaTour“, wo Ansätze für ein zukunftsfähiges Konzept in Sachen Tourismus unter den konkreten Bedingungen Brandenburgs, nämlich mit viel Natur, liegen:
Nachhaltiger Tourismus muss als wichtiger Teil der Gesamtwirtschaft in Brandenburg gesehen werden und ist damit auch von der Landesregierung nur ressortübergreifend zu bewältigen.
Gezielte Förderung touristischer Angebote muss Infrastrukturmaßnahmen ebenso erfassen wie Beschäftigung und Qualifizierung sowie Vermarktung. Kurzfristige Effekte sind dabei nicht zu erreichen. Sie bedürfen einer verlässlichen, längerfristigen Fördergrundlage.
Tourismus in Brandenburg lebt von den Naturschönheiten. Sie zu bewahren und erlebbar zu machen ist unverzichtbar. Ein Bombodrom in der Prignitz ist hier genau die falsche Entscheidung.
Die verschiedenen Förderansätze, die es bei der EU und beim Bund für den ländlichen Raum gibt, müssen klug genutzt und mit Landesmitteln komplettiert werden. Als wenig hilfreich hat sich inzwischen erwiesen, touristische Förderprogramme in mehreren Ministerien unterzubringen. Hier wäre eine Bündelung und vor allem eine Vereinfachung des Zugangs dringend erforderlich. Aber die Landesregierung sieht keinen Handlungsbedarf!
Schlussfolgerungen sind aber nicht nur in Bezug auf die Förderprogramme zu ziehen. Das Potenzial für naturnahen Tourismus in Brandenburg ist wesentlich größer und bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Die Entwicklung der Großschutzgebiete als Modellregionen auch für Ökotourismus, das Schaffen wahrer Naturerlebnisräume, verbunden mit Einrichtungen der Umweltbildung, differenziertere Angebote und deren Vernetzung, modernes Marketing sowie die Sicherung der infrastrukturellen Voraussetzungen sind künftige wichtige Eckpfeiler.
Wir erwarten ein klares Bekenntnis der Landesregierung zu diesen Potenzialen, und das nicht nur verbal, Herr Minister! Wir fordern den Ministerpräsidenten als ehemaligen Umweltminister auf, endlich seine Verantwortung auf dieser Strecke wahrzunehmen. Lassen Sie nicht zu, dass die Erfolge Brandenburgs beim Naturschutz und beim naturnahen Tourismus durch einen ignoranten Koalitionspartner kaputtgeredet und kaputtgespart werden! Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Dr. Enkelmann, und gebe das Wort an die Fraktion der SPD, Herrn Abgeordneten Kliesch.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 61 „Ökotourismus“ steht der weitsichtige Satz:
Dieser Satz bezieht sich auf das Jahr 2002, das die Vereinten Nationen zum „Jahr des Ökotourismus“ erklärt hatten.
In Frage 1 wird die Landesregierung gefragt, mit welchem Verständnis sie bei der Vorbereitung und Umsetzung des Beschlusses der Vereinten Nationen vorgegangen ist.
Beim Lesen der Fragen der PDS und der Antworten der Landesregierung war mir ziemlich unwohl. Das lag zum einen daran, dass die Fragen sehr theoretisch formuliert wurden, und zum anderen daran, dass der Begriff des Ökotourismus nicht klar definiert ist.
Das Land Brandenburg nutzte die Kampagne unter dem Slogan „Lust auf Natur“. Dies sagt schon aus, dass wir uns von dem Begriff „Ökotourismus“ an dieser Stelle ganz bewusst getrennt haben. In der Branche der Tourismuswirtschaft kann man mit dem Begriff „Ökotourismus“ keine Kunden gewinnen; er ist negativ vorbelastet. In dieser Branche werden Begriffe verwendet wie „sanft“ und „natürlich“. Worauf wir uns sicher ganz schnell einigen können: auf den Begriff der Nachhaltigkeit, der viel mehr aussagt.
Bei den nicht staatlichen Organisationen auf internationaler Ebene wurde es insgesamt sogar skeptisch gesehen, dass sich die Vereinten Nationen zum „Jahr des Ökotourismus“ bekannt haben, da man davon ausging, es gehe hier nur darum, dass
große Konzerne in der Tourismusbranche die Gelegenheit nutzen, die letzten Naturreservate auszukundschaften, größere Gruppen wohlhabender Bürger dorthin zu führen, ohne dass das den Begriff der Nachhaltigkeit für die Menschen, die in diesen Regionen leben, wirklich erfüllt.
Bei meiner Recherche im Internet unter dem Stichwort „Jahr des Ökotourismus“ listete die Suchmaschine 1 850 Treffer nach ihrer Relevanz auf. Die Treffer 3 bis 6 verweisen auf Aktivitäten im Land Brandenburg; das könnte ja schon ein Erfolg sein.
Die PDS hat es schwer mit der Zielstellung, einen so weit gefächerten Wirtschaftszweig wie die Tourismuswirtschaft auf eine Sparte zu fokussieren. Brandenburg ist ein Land mit wunderschöner, beeindruckender Natur, in dem wohl jeder Tourist ein Erlebnis in der Natur erwarten kann. Dabei aber die vielen Kulturdenkmäler auszuklammern und von Kunst nicht zu sprechen macht, so glaube ich, das eigentliche Problem der Großen Anfrage aus.
„Wie gelang es, durch gezielte Werbung nicht nur 'Lust auf Natur', sondern auch 'Lust auf Brandenburg' zu machen?
„Das touristische Hauptpotenzial Brandenburgs ist sein Naturreichtum. Insofern zielt jedwede Werbung im Rahmen der Kampagne 'Lust auf NaTour'... “ darauf ab, Lust auf Brandenburg und seine weiteren touristischen Angebote zu machen.
Ausgehend von dem Motto 'Lust auf Natur' der Deutschen Zentrale für Tourismus als Beitrag zum Jahr des Ökotourismus 2002 wurden durch das Ministerium für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung, die Landesanstalt für Großschutzgebiete und den Landestourismusverband die Kampagne 'Lust auf NaTour' mit dem Ziel entwickelt, Umweltbildung und Besucherlenkung durch qualifiziertes Naturerleben zu fördern und gleichzeitig positive Impulse für die Regionalentwicklung zu geben.“
In der doppeldeutigen Schreibweise „NaTour“ wurde der Begriff „Tour“ untergebracht. Damit war wohl der Wunsch - jedenfalls bei uns im LTV - verbunden, dass viele Gäste die Naturparks Brandenburgs mit dem Fahrrad erkunden.
„Die Kampagne wirbt mit ihren Angeboten in den 15 brandenburgischen Großschutzgebieten für die Schönheit und Erlebnismöglichkeiten brandenburgischer Landschaften und Natur. Sie hat im Jahr des Ökotourismus bei Besuchern, in den Medien und bei Fachleuten große Bedeutung gefunden und wurde vom Bundeswirtschaftsministerium und von der Deutschen Zentrale für Tourismus unisono als 'bundesweit führend und einzigartig' bewertet.