Protokoll der Sitzung vom 12.11.2003

Des Weiteren gibt es in Deutschland eine ausgeprägte Planungsverflechtung in Form einer Koordination der staatlichen Planung von bund- und länderspezifischen Aufgabenbereichen, in denen die Länder die primäre Kompetenz haben.

Es gibt eine so genannte Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung, die den langfristigen Bildungsetatplan mit dem dazugehörigen Budget bearbeitet.

Auch gibt es den so genannten Wissenschaftsrat, welcher Schwerpunkte der Wissenschaftsförderung setzt und Empfehlungen für die Verwendung der Haushaltsmittel gibt. Des Weiteren darf ich den Finanzplanungsrat erwähnen, welcher Empfehlungen für eine Koordination der Finanzplanungen des Bundes, der Länder und der Gemeinden gibt.

Außerdem darf ich den so genannten Konjunkturrat nennen, welcher sich zu konjunkturpolitischen Maßnahmen und zur Erfüllung der Stabilitätsgesetze berät, Möglichkeiten zur Dekkung des Kreditbedarfs erörtert usw.

Das sind aber nur einige wenige Beispiele aus einer unübersichtlichen Zahl von Gremien, welche den zunehmenden Kompetenzverlust der Länder mit verursachen und damit die Gefahr zunehmender finanzieller Abhängigkeit der Länder vom Bund und untereinander vergrößern. Jedenfalls sind die meisten dieser Gremien nur Eingeweihten bekannt. Das ist zumindest nach unserem Demokratieverständnis - merkwürdig. Stimmen Sie unserem Antrag zu; denn nur so hätten wir endlich einen Eindruck und eine Übersicht über die Stellen, die letztendlich auch unsere Kompetenzen als Landesparlament unmittelbar betreffen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Nonninger.

Wir sind damit am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt angelangt und kommen zur Abstimmung. Die Fraktion der DVU beantragt, die Drucksache 3/6729 an den Hauptausschuss zu überweisen. Wer dieser Überweisungsempfehlung folgt, den bitte ich um sein Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Überweisungsempfehlung mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich komme zur direkten Abstimmung über den Antrag in Drucksache 3/6729. Wer diesem Antrag der DVU seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 9 und rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Weichenstellungen in der Bahnpolitik und Sicherung der Kompetenzen Brandenburgs in der Schienenfahrzeugindustrie

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion der CDU

Eröffnet wird die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt mit dem Beitrag einer der einreichenden Fraktionen. Herr Abgeordneter Dellmann, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Manche Kollegen haben schon etwas über den „Weichensteller“ gelästert. Ich würde sagen, wir sind als Land Brandenburg mehr in der Situation des Fahrdienstleiters; denn dieser darf das Signal immer erst dann auf „Fahrt“ stellen, wenn alle notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind. Und, Frau Tack, Sie wollen ja manchmal auch ganz gern Fahrdienstleiterin sein.

Zehn Jahre Bahnreform - vor einigen Tagen wurde das ganz groß gefeiert - ist zweifelsohne eine Erfolgsgeschichte. Wir als Abgeordnete sind jedoch immer in der Pflicht, uns genau anzuschauen, ob es ein absoluter Erfolg ist oder ob der Weg nicht noch ziemlich lang ist, bis diese Reform insgesamt ein Erfolg wird. Denn die Bahnreform ist nicht abgeschlossen. Wir haben einen Großteil des Weges hinter uns. Es fehlen vielleicht noch die letzten 20 %. Aber dabei geht es darum, genau darauf zu schauen, wie unsere Landesinteressen stärker als bisher definiert und artikuliert werden können. In den vergangenen Jahren haben sich die Länder zu wenig in den Prozess der Bahnreform eingemischt.

Wir haben als Land Brandenburg aus dem Regionalisierungsgesetz die Verantwortung, den Regionalbahnverkehr, den Verkehr der Regionalexpresszüge, zu organisieren und als Besteller aufzutreten. Wir haben in den vergangenen Jahren eine höhere Verantwortung übertragen bekommen und müssen diese natürlich wahrnehmen. Dabei geht es darum zu erkennen, was die Prinzipien für die Wahrnehmung dieser Aufgaben sind. Ich möchte drei nennen:

Das eine ist ein ganz klares Prinzip der Aufgabenteilung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Es darf in diesem Bereich zu keinen Verwischungen und Vermengungen kommen, sondern es muss Klarheit und Transparenz herrschen.

Ich halte aber auch mehr Wettbewerb als bisher in diesem Bereich für nötig. Es wird immer von der Zugänglichkeit der Net

ze gesprochen und davon, dass mehr Eisenbahnunternehmen tätig sind. Wenn man sich die Statistik genau ansieht, stellt man jedoch fest: Wir haben im Fernverkehr und auch im Regionalverkehr einen Monopolisten. Nur im Güterverkehr ist bisher tatsächlich Wettbewerb zu verzeichnen.

(Frau Tack [PDS]: Aber zehn Jahre Erfolg feiern!)

Ich sprach davon, dass es viele Erfolge gab, jedoch nicht der Gesamtprozess als Erfolg anzusehen ist, sondern wir gerade für das Land Brandenburg darauf dringen müssen, mit vorhandenem Geld mehr für unsere Bürger zu organisieren. Dazu gehört auch mehr Wettbewerb; denn Wettbewerb darf ja nicht bedeuten, eine Leistung zum geringsten Preis einzukaufen, sondern Wettbewerb bedeutet, mehr Qualität und mehr Quantität für die Fahrgäste zu organisieren.

Entscheidende Bedeutung kommt dabei der Beibehaltung der staatlichen Infrastrukturverantwortung zu; wir sind in unserem Antrag darauf eingegangen. Sie wissen, dass das ein großes Diskussionsthema ist, bei dem wir uns mit dem Vorstand der Deutschen Bahn AG nicht einig sind; denn dieser möchte einen Börsengang inklusive der Infrastruktur antreten. Die Infrastruktur aus der öffentlichen Hand zu geben wäre meines Erachtens ein schwer wiegender Fehler; denn es darf auch nicht sein, dass Steuergelder für die Finanzierung privater Dividenden eingesetzt werden.

(Zuruf von der PDS: Genau!)

Gerade die Diskussionen um die Ergebnisse aus dem Vermittlungsausschuss machen deutlich, dass der Bund die öffentliche Infrastrukturverantwortung trägt, er also auf Dauer Geld in die Hand nehmen muss, um die Eisenbahnnetze zu unterhalten und auszubauen. Das steht im völligen Widerspruch dazu, diesen Bereich privatisieren zu wollen. Das würde bedeuten, dass schon im Börsenprospekt eines zu privatisierenden Netzbereichs eine Sicherheit angegeben werden müsste und 3 oder 4 Milliarden Euro jährlich an die dann privatisierte oder teilprivatisierte Deutsche Bahn fließen müssten.

Es geht uns auch darum, ein stärkeres Mitspracherecht bezüglich dessen zu erhalten, wie und wo Finanzmittel des Bundes eingesetzt werden. Sie werden wissen, dass es Sammelvereinbarungen zwischen der DB, dem Land Brandenburg und anderen Bundesländern gibt. Es kann doch nicht sein, dass die Deutsche Bahn AG primär darüber entscheidet, wo Bundesmittel in die Infrastruktur - zum Beispiel in Brandenburg - fließen. Diezbezüglich ist es notwendig, bei der dritten Stufe der Bahnreform in der entsprechenden Bundesgesetzgebung nachzusteuern, damit unser Mitspracherecht gestärkt wird, denn für den Regionalverkehr sind primär wir verantwortlich.

Ein Beispiel dafür kann die Initiierung regionaler Netze, allerdings in regionaler Verantwortung, sein. Die Deutsche Bahn AG hat mit der Usedomer Bäderbahn selbst ein positives Beispiel geliefert, mit dem unter Beweis gestellt worden ist, dass unter regionaler Verantwortung Dinge wesentlich besser funktionieren können als mit zentraler Steuerung. In Brandenburg gibt es das Beispiel der Heidekrautbahn, wo in hervorragender Weise öffentliches Geld in sehr kurzer Zeit im Interesse der Fahrgäste eingesetzt worden ist.

Das heißt: Mehr Wettbewerb, gut organisiert, dient dem Kun

den. Qualitativ gute Leistungen für weniger Geld und keine Monopolstellung - das muss unsere Strategie sein. Ich plädiere deshalb dafür, dass die Bahnreform fortgesetzt wird, das Primat jedoch darin besteht, dass die Länderinteressen stärker als bisher berücksichtigt werden. - Ich bitte um Annahme dieses Antrags.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke dem Abgeordneten Dellmann. Das Wort erhält die Fraktion der PDS, Frau Abgeordnete Tack.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dellmann, ich kann vielen Ihrer Aussagen folgen, nur überrascht mich, warum Sie diesen Antrag jetzt erst gestellt haben. Warum die Weichenstellung jetzt? Dazu kann ich nur sagen: Ihr Antrag lässt viele Erwartungen aufkommen, die aber nicht erfüllt werden können, denn die Weichen sind längst nachhaltig gestellt. Wenn Sie jetzt mit einer Weichenstellung kommen, erweckt das den Eindruck, dass Sie das Thema verschlafen haben; denn im Bundestag ist eine Menge gelaufen und läuft noch eine Menge. Da ist es angeraten, sich einzumischen. Sie haben bewährte Vertreter im Bundestag, Herrn Vogelsänger, den Bahnexperten, und Herrn Danckert, den Verkehrsexperten, wie man hört. Nur habe ich nicht lesen können, dass sich diese beiden Herren in diesem Interesse in die gegenwärtigen Debatten zu den Ausbaugesetzen für die Schiene und die Straße eingebracht hätten.

Frau Abgeordnete Tack, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich würde sie gern gestatten, möchte aber erst einige Ausführungen machen, damit sich Herr Dellmann darauf einlassen kann.

Vielleicht hat er Anlass, schon jetzt zu fragen.

Ich sage einmal meinen Text auf, vielleicht erübrigt sich dann die Anfrage. Ansonsten, Herr Präsident, werde ich die Frage natürlich beantworten.

Ich will Sie daran erinnern, dass wir Sie mehrmals aufgefordert hatten, sich mit uns gemeinsam in die Debatte um eine zukunftsfähige Bahnpolitik einzubringen. Es gab entsprechende Anträge von uns, Sie werden sich erinnern. Es ging um den Bahnvertrag, um den Verkehrsvertrag. Wir haben sehr darum gerungen, Qualität hineinzubringen und für die Verbindung zu den Produktionsstandorten von Eisenbahnprodukten, für die Sicherung der Werke, für die Arbeitsplatzsicherung einzutreten. All das haben Sie leider abgelehnt, das war für Sie kein Thema. Da hätten wir uns über eine Weichenstellung „Zehn Jahre Bahnentwicklung“ im Land noch mehr einbringen können, als es uns bisher gelungen ist. Wir hätten über Qualität

und Service für mehr Fahrgäste im SPNV reden können. Wir hätten über die Bahnhofsentwicklung und den Einsatz der Regionalisierungsmittel reden können. All das, was wir dazu an Initiativen ausgelöst haben, war für Sie leider nicht relevant. Und mittlerweile sind im Bundestag die Weichen gestellt.

Ich erinnere an Folgendes: Kürzung der Regionalisierungsmittel um 2 %, das macht 8 Millionen Euro für Brandenburg aus, Reduzierung der Mittel im Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz ab 2004, Verringerung des Ausgleichsbetrages laut Personenbeförderungsgesetz ab 2004, das sind knapp 4 %, nächstes Jahr 8 %, übernächstes Jahr 12 %. Durch die Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes kommt es noch einmal zu analogen Kürzungen des Ausgleichsbetrages, dieses Jahr 4 %, nächstes Jahr 8 % und 2006 12 %.

Wir haben heute früh über die Ausfälle diskutiert, die durch die „Nicht-Maut“ verursacht und gravierende Auswirkungen haben werden. Sie werden zulasten der Schieneninfrastruktur gehen, wie wir heute Morgen gehört haben. Herr Stolpe hatte sich gestern dazu geäußert. Alles das sind gravierende Weichenstellungen, bezüglich derer ich mir gewünscht hätte, dass Sie gemeinsam mit anderen Bundesländern eine Bundesratsinitiative eingebracht hätten, um diesen Prozessen entgegenzuwirken bzw. Prioritäten im Interesse einer zukünftigen Entwicklung des Personen- und Güterverkehrs zu setzen.

Zehn Jahre Bahnreform kann ich nicht so euphorisch feiern, wie Sie es gesagt haben. Aber Sie haben auch einige Positionen aufgemacht, wo die Säge klemmt. Das Fazit ist für uns: Die Bahn blieb stecken in den Reformen. Wichtig ist nur - Sie haben es beschrieben -, dass Mehdorn mit dem Unternehmen an die Börse kommt, und das ist mit bedauerlichen Auswirkungen auf die Fahrgäste verbunden. Man kann sich manchmal wirklich nicht des Eindrucks erwehren, Mehdorn und seiner Bahn könnte es so gut gehen, wenn es nicht ständig Fahrgäste gäbe, die eine Preisreform forderten. Das Preissystem ist einfach unzulänglich.

Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, integrierten Taktverkehr fordern die Fahrgäste. Darauf muss man sich einlassen, wenn man eine zukunftsfähige Bahn will.

Zu Ihrem Antrag will ich noch sagen: Er ist aus unserer Sicht sehr allgemein formuliert und wird folgenlos bleiben. Wir können uns heute gern auf diese Positionen einigen, aber der Entwurf hat null Wirkung auf den Bundesrat oder die Kollegen, die ich genannt habe - Vogelsänger und Danckert.

Punkt 2 ist völlig in Ordnung. Was die Infrastruktur betrifft und die Tatsache, dass Mehdorn natürlich gern mit dem gesamten Bahnunternehmen an die Börse will - was für uns, was das Schienennetz betrifft, verheerend wäre -, frage ich Sie, warum Sie fragen: Warum nur mittelbar?

Was Punkt 3 betrifft, sage ich noch einmal, dass alles wunderbar ist. Es müssen jedoch Bundesratsinitiativen ausgelöst werden. Mischen Sie sich ein in die Debatte zu den Gesetzen über den Ausbau von Schienen und Straßen, die gegenwärtig stattfinden! Da können Sie Herrn Vogelsänger, Herrn Danckert und wie sie alle heißen - engagieren. Ich habe nichts gehört. Ich habe nachgelesen. Herr Danckert hat in der Debatte das Wort Bahn nicht in den Mund genommen. Das scheint offensichtlich kein Thema zu sein.

Punkt 6 stimmen wir auch zu. Wir plädieren noch einmal ausdrücklich für Punkt 6 und werben für integrierte Verkehrskonzepte für Bus und Bahn. Hierzu möchte ich das Beispiel Prignitz nennen, wo es dieses integrierte Verkehrskonzept gibt, das wir weiter öffentlich bekannt machen und unterstützen sollten.

Zum Punkt 7, Sitz der Europäischen Agenturen: Diesbezüglich gibt es, wenn ich mich im Internet richtig informiert habe, eine Entscheidung der Regierungschefs vom 13. Dezember, in der festgelegt wurde, dass die Europäische Agentur für Eisenbahnsicherheit in Frankreich und nicht in Brandenburg ihren Sitz nehmen wird. Die Bundesrepublik hat in Köln die Europäische Agentur für Flugsicherheit erhalten. Die Bundesrepublik hat bei der Standortverteilung immerhin eine Agentur erhalten, Brandenburg jedoch bedauerlicherweise nicht. - Vielen Dank.

Ich danke der Abgeordneten Tack und gebe der Fraktion der CDU das Wort. Herr Abgeordneter Ehler, bitte.

(Dellmann [SPD]: Frau Tack wollte doch noch auf meine Frage antworten!)

- Nein, Herr Abgeordneter Dellmann, ihre Redezeit war vorbei. Nachfragen gestatte ich nicht, eine Zwischenfrage hätte ich gestattet.

(Frau Tack [PDS]: Es tut mir Leid.)

Bitte sehr, Herr Dr. Ehler.