Erste Nachfrage: Sie haben gerade über die Qualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesprochen. Mit welchen Maßnahmen wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ehemaligen Arbeitsämter auf ihre neuen Aufgaben vorbereitet?
Zweite Nachfrage: Wie wird sich das Verhältnis der Zahl der Arbeitsamtsmitarbeiter zur Zahl der zu Vermittelnden künftig gestalten?
Dritte Nachfrage: Inwiefern kann ein Lächeln der Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter oder die strukturelle Umgestaltung dazu beitragen, dass es angesichts der wirtschaftlichen Lage in Brandenburg zu einer Senkung der Arbeitslosenzahlen kommt?
Frau Enkelmann, ich bin sehr häufig mit Menschen im Gespräch, die mit dieser Behörde zu tun haben. Sie beklagen sich massiv darüber, wie unfreundlich sie behandelt werden, wie lang die Wartezeiten sind und wie herablassend sich Mitarbeiter beim Arbeitsamt dem Kunden Arbeitslosen mitunter zuwenden. Ich meine, es ist ganz wichtig, dass die Mitarbeiter beim Arbeitsamt als Dienstleister entsprechend freundlich mit dem Arbeitslosen umgehen.
Ihre erste Frage bezog sich auf die Ausbildung. Ich meine, dass das noch lange nicht in dem Rahmen geschieht, wie es geschehen muss. Ich habe das bei den Gesprächen mit den Behördenleitern permanent thematisiert und gesagt: Wir haben gute Strukturen in Brandenburg zum Beispiel bei unseren kommunalen Weiterbildungsinstituten, bei kommunalen Studieninstituten. Dort werden die Mitarbeiter und Kollegen aus den Sozialämtern seit Jahren geschult, als Fallmanager tätig zu sein, auch entsprechende sozialpädagogische Erfahrungen anzuwenden usw. Das passiert beim Arbeitsamt zu wenig. Ich bezweifle auch, dass die Kolleginnen und Kollegen, die bisher Akten sortiert haben, in Zukunft die Vermittler sein werden, die diese Behörde braucht. Darauf habe ich dort sehr oft hingewiesen und auch appelliert, auf die kommunalen Erfahrungen, die wir in dem Bereich haben, zurückzugreifen.
Zurzeit ist die Situation - das war Ihre zweite Frage - bei den Arbeitsämtern so, dass ein Mitarbeiter für bis zu 800 Arbeitsuchende zuständig ist. Das ist ein Zustand, der keinesfalls zu rechtfertigen ist. Das ist eine äußerst miserable Konstellation. Man muss sich einmal vorstellen, dass ein Mitarbeiter 800 Leute betreuen soll. Er kennt nicht jeden Einzelnen und die Vermittlung eines Arbeitsuchenden auf einen Arbeitsplatz kann nur im Kopf passieren. Das geschieht nicht über Karteikarten oder Computersysteme oder Software. Das kann man nur mental erfassen und sich überlegen: Wer wäre etwas für diese Stelle? - Das genau muss diese Dienstleistung erbringen.
Ich wurde einmal gefragt, als ich mein Amt als Minister angetreten habe, in welcher Zeit man die Zahl der Arbeitslosen halbieren könne. Darauf habe ich geantwortet: Unter bestimmten Bedingungen innerhalb von sechs Jahren. Das habe ich mir nicht aus den Fingern gesogen, sondern habe es mir in einigen westeuropäischen Ländern angeschaut: in Schweden, in den Niederlanden, in Dänemark. Diese Länder sind bei der Betreuung auf ein Verhältnis von 1 : 75 heruntergegangen. Das heißt: Ein Mitarbeiter des Arbeitsamtes ist für 75 Arbeitsuchende zuständig.
Die Projekte, die wir dazu in Brandenburg haben, unterstreichen ganz deutlich, dass es selbst in schwierigen arbeitsmarktlichen Situationen, wie wir sie hier im Lande haben, möglich ist, mit einer großen Betreuungsdichte Menschen, gerade auch Langzeitarbeitslose, zu vermitteln. Ich verweise da auf FAIR in Fürstenwalde oder auf PFIFF in Zossen. Das sind Modelle. Wir können immer nur Modelle fahren. Ich will ja tun, was ich kann, aber ich kann schlechterdings nicht sagen: Ich gehe zum Beispiel mit ESF-Geld - Geld aus dem Europäischen Sozialfonds - hinein und übernehme die Arbeitsvermittlung. Das darf ich nicht. Ich kann nur Modellprojekte fahren. Die, die wir in Fürstenwalde und Zossen haben, zeigen, dass es durchaus möglich ist, auch in sehr schwierigen arbeitsmarktlichen Situationen Menschen auf Arbeitsplätze zu vermitteln.
Sie müssen sich vorstellen: 60 % unserer brandenburgischen Unternehmen melden ihre freien Stellen gar nicht mehr dem Arbeitsamt, weil sie genau wissen, dass da keine Dienstleistung stattfindet. Der Klassiker ist immer: Bäckermeister sucht Gesellen und bekommt 300 Langschläfer zugewiesen. Das sind Dinge, die einfach nicht passieren dürfen. Da muss mehr Dienstleistung in das ganze Geschäft.
Herr Minister, ich habe eine Nachfrage. Die Verhandlungen zur Ausgestaltung des Optionsgesetzes sind wohl gescheitert. Es sieht so aus, dass die Sozialverwaltungen Organe der Bundesagentur für Arbeit werden. Ich frage Sie erstens: Wie bewerten Sie diese Situation? Zweitens: Wie wird sich die Landesregierung im Bundesrat zu dieser Frage verhalten?
Über das Verhalten der Landesregierung im Bundesrat werden wir dann entscheiden, wenn der Gesetzentwurf vorliegt. Ansonsten kann ich nur sagen, dass ich das Scheitern der Verhandlungen in den letzten Tagen außerordentlich bedauere. Ich hätte mich gefreut, wenn es eine ordentliche Option für die Kommunen gegeben hätte, die Betreuung der Langzeitarbeitslosen selbst zu übernehmen.
Ich will nicht verhehlen, dass ich als Arbeitsminister relativ allein stand, zumindest was die SPD-Länderseite betraf. Aber ich meine, die positiven Erfahrungen, die die Kommunen in den vergangenen Jahren bei der Vermittlung von Sozialhilfeempfängern gesammelt haben, zeigen, dass sie durchaus dazu geeignet sind, sich auch der Problematik der Langzeitarbeitslosen und der Arbeitslosenhilfeempfänger zuzuwenden. Vielleicht
bekommen wir doch noch etwas Schwung in die Landschaft. Aber ich glaube, dazu brauchen wir eine verfassungsändernde Mehrheit - so stellt sich das zurzeit juristisch dar - und die wird sich wohl nicht finden.
Die erste Nachfrage: Wie gelingt es Ihnen als Arbeitsminister, Ihre Ressortkolleginnen und -kollegen in die Lösung des gesellschaftlichen Problems Massenarbeitslosigkeit einzubeziehen?
Die zweite Nachfrage: Wie ist der Stand der Bemühungen, den nicht guten Beschluss zu heilen, die 18 Arbeitslosenserviceeinrichtungen, die noch übrig geblieben sind, nur bis Mitte des Jahres zu fördern, sondern dies mindestens bis Ende dieses Jahres zu tun?
Ich meine, dass es uns gelingen wird, die Arbeitslosenserviceeinrichtungen bis zum In-Kraft-Treten der Funktion der „JobCenter“ tatsächlich noch hinzubekommen. Das heißt, dass wir auch die Finanzierung für die zweite Hälfte dieses Jahres übernehmen werden. Ich hoffe auf einen pünktlichen Start der ARGEs zum 01.01. nächsten Jahres, zumindest aber auf eine Entscheidung seitens der Kommunen oder der Geschäftsführer dieser Arbeitsgemeinschaften, dann Personen aus dem Umfeld der ASEs in die Tätigkeit einzubinden.
- Auf dem Wege. - Zur ersten Frage: Es gibt zumindest zwischen den SPD-Arbeitsministern regelmäßige Treffen, auf denen diese Probleme durchaus erörtert werden - das ist völlig klar -, an denen regelmäßig auch das BMWA durch den Minister oder den Staatssekretär beteiligt ist und auf denen man sich schon gut dazu verständigen kann, was läuft.
Es gibt auf der anderen Seite natürlich auch - so sage ich einmal - Kungelrunden, in denen man versucht, spezifische Probleme der östlichen Bundesländer in der Runde der Ostarbeitsminister und -sozialminister zu regeln. Das läuft mitunter auf Arbeitsebene, auch auf Staatssekretärsebene bis hoch zur Ministerebene.
Danke schön. - Das Wort geht an den Abgeordneten Claus, der seine Frage 2024 (Ausbildungsplatzabgabe) formulieren kann.
Im Zusammenhang mit der von Teilen der Bundesregierung geplanten Ausbildungsplatzabgabe konnte man einerseits der Presse entnehmen, alle Landesregierungen - also auch die brandenburgische - seien sich in der Ablehnung dieser Maßnahme einig, während andererseits von Mitgliedern der Landesregierung auch andere Meinungen zu hören waren.
Ich frage daher die Landesregierung, wie sie ihre Haltung gegenüber dem Vorhaben, eine Ausbildungsplatzabgabe bzw. Ausbildungsplatzumlage einzuführen, definiert.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich verweise darauf, dass uns noch kein Gesetz vorliegt. Insofern ist natürlich auch die Meinungsbildung der Landesregierung noch nicht abgeschlossen. Gleichwohl zeichnet sich aufgrund von Formulierungshilfen, die es gibt und die auch schon veröffentlicht wurden, einiges ab und es wird schon recht deutlich, dass wir mit den jetzigen Formulierungshilfen der Bundesregierung noch ein paar Probleme haben.
Wir können zum Beispiel noch nicht genau erkennen, ob sich der Verwaltungsaufwand tatsächlich in Grenzen halten wird, das heißt, ob er so gering sein wird, dass er für die nächsten vier, fünf Jahre eine solche Umlage rechtfertigt.
Das andere, was ich noch nicht erkennen kann - unter vielen anderen Problemen, die wir damit noch haben -, ist, ob denn abgesichert werden kann, dass diese Umlage nicht zum goldenen Dolchstoß für die Unternehmen wird, denen es gerade nicht so gut geht und die durch die Zahlung der Umlage vielleicht in die Insolvenz getrieben werden.
Gleichwohl will ich deutlich machen, dass wir im Jahr ca. 50 Millionen Euro aus dem ESF mit Bundesmitteln und mit Landesmitteln für die duale Ausbildung im Land zahlen. Wir zahlen damit sozusagen aus Steuergeldern in das betriebliche Ausbildungssystem ein. Es ist also in weiten Teilen schon verstaatlicht, wir geben dort schon viel Geld hinein. Diese 50 Millionen Euro könnten wir natürlich sehr gut an anderen Stellen gebrauchen.
Die jetzige Regelung - ich will das kurz unterstreichen und einmal darstellen, wie es angedacht ist - fällt uns nicht unbedingt auf die Füße. Auch das muss noch einmal gesagt werden. Man spricht grundsätzlich davon, dass nur Betriebe zahlen sollen, die mehr als zehn Beschäftigte haben. Das heißt, 80 % der brandenburgischen Unternehmen können wir schon herausnehmen; es bleiben 14 000 Unternehmen übrig. Diese 14 000 Unternehmen bilden aber relativ gut aus. Das heißt, auch sie würden kaum zahlen müssen, wenn sie über eine Ausbildungsquote von mehr als 7 % kommen.
Jetzt gibt es aber folgendes Problem; auch das muss man gerade auf die Frage von Herrn Thiel noch einmal reflektieren:
Vor zwei Wochen haben Kollegen Arbeitsminister und Wirtschaftsminister aus den Westländern gesagt, sie hätten große Probleme, dieser Umlage zuzustimmen, weil ihre Wirtschaft meine, dass sozusagen Umlagen aus dem Westen Ausbildungsplätze im Osten finanzierten. Sie sagten - das sage ich auch immer unseren Leuten -: Das heißt, ihr bekommt dann Westgeld dafür, dass ihr hier Menschen ausbildet. - Gleichwohl kann man das auch rechtfertigen und das habe ich auch wie folgt den Ministerkollegen gesagt: Ihr gebt dann zwar Geld in den Osten,
aber jedes Jahr gehen 6 600 Jugendliche aus dem Osten bzw. aus Brandenburg in den Westen. Diese haben wir schon bis zur 10. oder bis zur 13. Klasse gebracht und womöglich auch hier ausgebildet.
Mit diesem Exodus könnte also durchaus gerechtfertigt werden, dass auch Westfirmen die Ausbildung hier mit bezahlen. Ich denke, so kann das durchaus verständlich sein.
Ich meine, es kann, wenn man es realistisch betrachtet, sogar positiv sein. Aber, wie gesagt, wir müssen abwarten, was kommt. Im Osten wird schon jetzt mehr ausgebildet als im Westen. Aufgrund des hohen Schülerbergs merken wir das natürlich nicht sehr, denn es entsteht trotzdem eine Lücke. Aber wir sind nicht schlechter als der Westen, im Gegenteil, hier wird sogar etwas mehr ausgebildet.
Kurz und gut: Wer sagt, wir brauchten die Umlage nicht, der muss aber auch sagen, wie wir dann das Delta von 5 500 Ausbildungsplätzen, das zum Beispiel in diesem Jahr entstehen wird, finanzieren sollen. - Danke.
Herr Minister, Sie haben sich also schon weitgehend damit befasst und am Donnerstag kommt der Gesetzentwurf im Bundestag in die 1. Lesung. Meine Frage, weil Sie sich schon intensiv damit befasst haben: Welche Kosten entstünden durch die Maßnahme im Land Brandenburg bei Kreisen, kreisfreien Städten und Kommunen? Welche Kosten würden auf diese zukommen?
Danke sehr. - Wir sind damit bei der Frage 2025 („Sun-Diesel“ - mehr Fun für Landwirte), die vom Abgeordneten Ziel gestellt wird. - Keine Lust?
Dann kommen wir zur Frage 2026 (Denkzettel des Flücht- lingsrats), gestellt vom Abgeordneten Werner.