Ich kämpfe dafür, dass wir in Deutschland ein völlig anderes System der Studienfinanzierung bekommen. Da geht es um soziale Gerechtigkeit. Aber, meine Damen und Herren von der PDS, darum müssen Sie sich nicht kümmern. Bei Ihnen steht ja soziale Gerechtigkeit im Programm.
Frau Ministerin, Sie haben sehr für die soziale Gerechtigkeit geworben. Wie wollen Sie verhindern, dass wir in Brandenburg in eine ähnliche Situation kommen? Wir bauen zwar zurzeit an den Hochschulen nicht ab - das ist richtig -, müssten aber eigentlich weiter aufbauen, da wir weit unter den Berliner Verhältnissen sind. Wie wollen Sie verhindern, dass wir in eine ähnliche Bredouille geraten?
Herr Dr. Trunschke, das ist ganz klar. Außerdem muss ich Sie korrigieren; ich habe Sie schon beim letzten Mal darum gebeten, die Haushaltspläne zu lesen. Wir bauen nicht nur nicht ab, sondern wir bauen definitiv auf. Wir haben allein in diesem Jahr Programme mit einem Volumen von sechs Millionen Euro für Überlast, dort, wo die Betreuungsrelation schlecht ist. Das passiert zurzeit in Brandenburg.
Ein Problem haben wir: In Berlin wird abgebaut, bei uns wird aufgebaut. Die Schwierigkeit besteht darin, das zu koordinieren.
Frau Ministerin, es wird allgemein damit gerechnet, dass der Klage von sieben Ländern vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das Verbot von Studiengebühren im Sommer stattgegeben wird. Einige Länder haben schon angekündigt, Studiengebühren einzuführen. Im Land Brandenburg ist das zurzeit nicht möglich, weil es die klare Regelung gibt: Keine Studiengebühren für Erststudenten!
Zeitungsberichten ist zu entnehmen, dass Sie für die Einführung von allgemeinen Studiengebühren sind, das heißt nicht nur für Gebühren für Langzeitstudenten. Stimmt das so? Ich möchte das nur zur Klarstellung wissen.
Drei Bedingungen müssen erfüllt werden, falls das Verbot von Studiengebühren für das Erststudium fällt, was noch nicht klar ist.
Erste Grundbedingung. Bevor man über irgendwelche Gebühren reden kann, muss die von mir erwähnte Gerechtigkeitslücke geschlossen werden. Es bedarf einer Umstellung der gesamten Studienfinanzierung zum Beispiel auf ein Darlehensmodell. Jeder, der in Deutschland studieren will, muss unabhängig von der sozialen Herkunft die Möglichkeit dazu haben. Das Risiko übernimmt der Staat. Es ist kostenneutral, für das Studium ein Darlehen zu bekommen. Der Absolvent muss das Darlehen zurückzahlen, wenn er hinterher Arbeit hat. Wenn ihm das innerhalb von 10, 15 Jahren nach Beendigung des Studiums nicht gelingt, tritt der Staat in die Leistung ein.
Zweite Grundbedingung: Wenn Gebühren erhoben werden, müssen diese wirklich für die Studenten eingesetzt werden, das
heißt zur Erhöhung der Qualität der Lehre, und es darf nicht wie in Berlin verfahren werden, wo 50 % sozusagen in das allgemeine Staatsloch fließen.
Es gibt eine dritte zentrale Bedingung: Die Hochschulen müssen einschätzen können - wenn es je dazu kommt -, ob sie qualitativ so gut sind, dass sie Studiengebühren erheben können und trotzdem Studenten bekommen. Es sollte in dieser Hinsicht keine staatliche Vorschrift, keine Auflage geben. Zurzeit sind wir noch nicht so weit.
Die ersten beiden Bedingungen sind zentral. Wir haben jetzt die Gelegenheit in Deutschland, zu reagieren. Wenn erst einmal mit der Einführung angefangen worden ist, dann ist es zu spät.
Frau Ministerin, können Sie sich - erstens - vorstellen, dass die Situation der geringen Finanzen in der Stadt Berlin etwas damit zu tun hat, dass eine große Koalition Berlin zuvor in diese Notlage getrieben hat?
Zweitens: Sollten Vergleiche, wenn man diese schon anstellt, nicht besser mit den CDU-Bildungsministern in anderen Ländern erfolgen?
Eine sehr schöne Frage, Herr Bisky. Herr Sarrazin hat letztens hübsch erklärt: Wir haben dieses große Finanzloch in Berlin. Das hat in der öffentlichen Meinung sehr viel mit dem Bankenskandal zu tun.
Die eigentliche Schuldensumme hat etwas damit zu tun, dass sich Berlin über viele Jahre zu viel geleistet und Standards hoch gesetzt hat.
(Zuruf von der PDS: Fragen Sie einmal den ehemaligen Innensenator von Berlin! - Weitere Zurufe - Unruhe)
Zu Ihrer konkreten Frage nach den Finanzen. Man muss deutlich sagen: Natürlich hatte Ihr Senator eine exzellente Ausgangssituation, als er gestartet ist, was die Kosten für die Hochschulen in Berlin anbetrifft. Sie haben ja viel versprochen. Von dieser Ausgangsposition ist man drastisch heruntergegangen.
Wir in Brandenburg hatten eine andere, bescheidenere Ausgangssituation. Was wir daraus in den letzten vier Jahren gemacht haben, ist beachtlich.
(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD - Dr. Trunschke [PDS]: Wer hatte denn vorher von 120 000 auf 80 000 abgebaut?)
Frau Ministerin, können Sie mir - erstens - zustimmen, dass es einen strategischen Unterschied macht, ob man in einer Stadt zwei Wissenschaftssysteme vereinigen muss - ich knüpfe an das an, was Prof. Bisky gesagt hat - oder ob man, wie in Brandenburg, eine Wissenschaftslandschaft überhaupt erst aufzubauen hat?
Meine zweite Frage: Können Sie hier in diesem Saal versichern, dass Sie noch niemals laut über Studiengebühren nachgedacht haben?
Herr Hammer, Sie müssen zuhören! Ich habe gerade im Zusammenhang mit der Frage von Frau Förster darauf geantwortet.
Strategische Unterschiede hin oder her - jedes neue Bundesland hatte eine andere Ausgangssituation. Dennoch musste eine Strategie entwickelt werden, wie Hochschule unter den neuen Bedingungen etabliert werden kann. Das war in Brandenburg angesichts der Tatsache, dass wenig vorhanden war, nicht einfach. Gleiches galt für Berlin, wo zwei Systeme mit Überkapazitäten bestanden hatten, die nach der Maueröffnung plötzlich für die Stadt insgesamt vorhanden waren.
Auf diese Probleme haben wir reagiert. Wir hatten anfangs eine gemeinsame Strategie mit Berlin, die es jetzt nicht mehr gibt. Von 85 000 Studienplätzen, Herr Trunschke, kann doch keine Rede mehr sein. Fragen Sie doch einmal irgendeinen Rektor, ob mit dem Geld, das jetzt geplant ist, 85 000 Studienplätze finanziert werden können. Das glaubte ja nicht einmal Pasternak, Ihr letzter Staatssekretär.
Danke sehr. - Wir sind damit bei der Frage 2023 („Spiegel“- Bericht), die von Frau Dr. Enkelmann gestellt wird. Bitte sehr.
Dem Magazin „Der Spiegel“ war zu entnehmen, dass es „erhebliche Probleme“ beim Umbau der Arbeitsämter in Agenturen gebe. „Der Spiegel“ berichtet über „chaotische Szenen“, unter anderem in der Modellarbeitsagentur in Essen.
Ich frage die Landesregierung: Wie vollzieht sich die Umgestaltung der Arbeitsämter im Land Brandenburg?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Dr. Enkelmann, zunächst will ich noch einmal deutlich unterstreichen, dass die Arbeitsämter dem Bund unterstehen und wir hier im Landtag Brandenburg sind. Wir haben insofern keine Mitsprache dabei, wie Arbeitsämter umgebaut werden, wie die Zustände dort sind.
„Der Spiegel“ hat über ein Modellarbeitsamt in Essen berichtet. Wir haben einen Bericht vom „Tagesspiegel“ über unser Arbeitsamt in Eberswalde. Ich habe es mir vor Ort noch nicht anschauen können. Dieser Bericht liest sich allerdings sehr optimistisch und - wie ich meine - auch sehr positiv.
Es gibt zehn Modellarbeitsämter, eines davon haben wir in Eberswalde bekommen; ich bin darüber ganz froh. Am 22. März war darüber auch eine Berichterstattung im „Tagesspiegel“.
Es geht darum - da müssen wir Druck machen und das wollen wir auch tun -, dass diese Arbeitsämter wirklich die Agenturen werden, wie sie jetzt schon heißen wollen, das heißt, dass dort auch wirklich eine passgenaue Vermittlung stattfindet, dass dort ein Dienstleistungsunternehmen sitzt, das den Kunden, Arbeitslosen oder Arbeitsuchenden, entsprechend empfängt. Die Überschrift im „Tagesspiegel“, die ich noch in Erinnerung habe, hieß „Ein Lächeln für Arbeitsuchende“. Das ist doch genau das, was zumindest beim Eingang schon einmal helfen kann und nicht die Frustration noch größer macht, als es bisher schon der Fall ist.
Dienstleistung heißt eben gerade in dem Bereich, dass es einen Ansprechpartner für die Arbeitsuchenden gibt, der diesen Fall dann auch von Anfang bis Ende bearbeitet. Das bedeutet für die Mitarbeiter im Arbeitsamt, dass sie sich genau anschauen müssen, was sie für den Menschen tun können. Sie müssen für Weiterbildung zuständig sein, sie müssen für die Integration zuständig sein, sie müssen aber auch für die Arbeitgeberseite zuständig sein und wissen, was arbeitgeberseitig in der Region passiert.
Es geht darum, dass in die Arbeitsämter als Behörden eine positive Grundeinstellung einzieht. Dazu braucht es etwas mehr als nur Stühle zu rücken und sich anders zu nennen. Dazu gehört auch, dass die Mitarbeiter qualifiziert werden, dass sie auch sozialpädagogische Erfahrungen und Kenntnisse haben. Ich denke, bis dahin ist es noch ein langer Weg.
Ich sage immer wieder zu den Kolleginnen und Kollegen beim Arbeitsamt, auch zum Chef in Berlin: Wir werden nicht allzu viel dazu beitragen, aber was wir tun und leisten können, um das zu unterstützen, dass aus den Arbeitsämtern „JobCenter“ und vernünftige Dienstleistungsagenturen werden, werden wir tun. Wir werden sie unterstützen und auch ein wenig dorthin treiben und jagen, weil wir wissen, dass keine Zeit mehr ist, sondern dass diese Einrichtungen so schnell wie möglich umgebaut werden müssen.