Protokoll der Sitzung vom 31.03.2004

Ich finde es im Übrigen, Herr Domres, auch ein bisschen leichtfertig, wenn Sie den betreffenden Hinweis praktisch vom Tisch wischen und sagen, ein Sekretär der SED-Kreisleitung habe doch nun wirklich nichts zu sagen und keinen Einfluss gehabt. Herr Domres, wenn man sich der Geschichte so stellt, einerseits einem Abgeordneten, wie hier gerade geschehen, nicht zugesteht, sich zu erklären, und andererseits in Bezug auf den jetzigen Neuruppiner Bürgermeister zu erklären, der habe als Wirtschaftssekretär der SED überhaupt nichts zu sagen gehabt -, Letzteres haben wir bei der Aufarbeitung der unseligen DDR-Geschichte als eine Kette bis hin zum Generalsekretär verfolgen können, weil sich am Ende herausstellte, dass niemand etwas zu sagen hatte und niemand verantwortlich war -, dann finde ich das schlicht nicht in Ordnung. - Danke schön.

(Lang anhaltender Beifall bei SPD und CDU)

Das Wort erhält noch einmal Herr Domres.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein paar Bemerkungen zu Ihren Ausführungen, Herr Ministerpräsident. Ihre klaren Worte waren überfällig und ich danke Ihnen dafür.

Trotzdem sollte auch die Verantwortung der letzten 14 Jahre benannt werden, und ich glaube, jeder von uns hat die Pflicht, Rechenschaft abzulegen. Wenn jemand außerhalb des Parlaments so und innerhalb des Parlaments anders redet und sich hinter Koalitionsvereinbarungen versteckt, dann habe ich damit ein Problem. Das sage ich als Mensch, der nicht unbedingt immer die Gnade der späten Geburt für sich in Anspruch nimmt. Ich bin 33 und es ist nicht immer leicht, auch die Verantwortung meiner Vorgängerpartei zu übernehmen. Aber ich stelle mich dem. Deshalb finde ich es auch korrekt, die Verantwortung von Herrn Klein zu benennen.

(Beifall bei der PDS)

Herr Ministerpräsident, in einer gemeinsamen Sitzung der Wirtschaftsausschüsse der Landtage Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg, die auf unsere Initiative zurückgeht, hat die Landesregierung die Möglichkeit, die ersten Gedanken für eine künftige Entwicklung der betreffenden Region darzulegen. Termin ist der 19. Mai. Ich hoffe, wir sind mit dem Kurs, den die Koalition nun eingeschlagen hat, auf einem neuen Weg.

Zu Herrn Schuldt kann ich nur sagen: Es ist gut, dass Ihr Gastspiel hier bald zu Ende ist;

(Zuruf des Abgeordneten Schuldt [DVU])

denn wieder einmal musste man feststellen, dass Sie nicht wissen, wovon Sie reden.

Herr Dombrowski, etwas mehr Selbstkritik Ihrerseits hätte ich mir in der Frage, wer die Verantwortung dafür trägt, dass die Planung um dieses Bombodrom überhaupt begann, schon gewünscht.

(Dombrowski [CDU]: Die sowjetischen Freunde!)

- Nach 1989.

(Weiterer Zuruf des Abgeordneten Dombrowski [CDU])

Ich hätte mir natürlich auch mehr Konkretes gewünscht und ich glaube, den Bürgerinnen und Bürgern in der Region geht das ähnlich. Die Ablehnung einer Inbetriebnahme des Luft-BodenSchießplatzes ist die eine Seite. Die andere Seite sind die konkreten und auch vom Landtag unterstützten Forderungen an die rot-grüne Bundesregierung.

Ich bitte Sie um Unterstützung für die Neuruppiner Resolution. Damit bekräftigen Sie die Forderung Tausender Bürgerinnen und Bürger unseres Landes an die Bundesregierung und an den Bundestag. Diese Resolution wurde am vergangenen Samstag per Akklamation verabschiedet. In der Resolution heißt es:

Erstens: Nehmen Sie die Entscheidung des Bundesministers der Verteidigung vom 9. Juli 2003 zur Weiternutzung des Truppenübungsplatzes und Luft-Boden-Schießplatzes in Wittstock

unverzüglich zurück! Zweitens. Verzichten Sie ein für alle Mal auf eine militärische Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide! Drittens: Führen Sie eine endgültige Entscheidung für eine zivile, touristische Nutzung des Schießplatzes bis zur Landtagswahl am 19. September 2004 herbei! Viertens: Nehmen Sie umgehend Ihre Pflicht zur Konversion wahr! Fünftens: Stellen Sie das zur Beräumung des Areals notwendige Geld zur Verfügung; denn die von der Bundeswehr in Aussicht gestellte Konversion wird aus Steuergeldern finanziert! Bereits die Konversion schafft sofort und dauerhaft viele hundert Arbeitsplätze in der Region. Sechstens: Verzichten Sie auf die geplanten Tiefund Nachtflüge in Südmecklenburg und in Nordbrandenburg! Siebtens: Befreien Sie uns von der Investitions- und Entwicklungsbremse Bombodrom! Achtens: Handeln Sie endlich zum Wohle der Menschen und der Wirtschaft in dieser Region!

Diese Forderungen können Sie unterstützen, wenn es Ihnen mit der Ablehnung Ernst ist.

Herr Abgeordneter, bitte kommen Sie zum Ende Ihres Beitrages!

Einen Satz noch. - Ich werde gemeinsam mit dem Kollegen Gemmel eine Unterschriftenliste durch den Saal gehen lassen und würde mich freuen, wenn viele Kolleginnen und Kollegen ihre Unterschrift unter die Resolution setzten. Ich bitte aber auch um Unterstützung des PDS-Antrags.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort erhält noch einmal die SPD-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Gemmel.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dombrowski, Sie sprachen von Ehrlichkeit. - Ich wundere mich schon sehr, wenn ich sehe, wie sich die CDU jetzt gedreht hat - eine komplette Kehrtwende der ganzen Mannschaft! In Anbetracht dessen sollten Sie sich etwas zurücknehmen. Bei allem Respekt vor der Wende, aber, bitte schön, wenn Sie Rotgrün Unehrlichkeit vorwerfen, muss ich daran erinnern, Herr Schönbohm, dass Sie noch vor kurzem, nämlich am 14.10., gesagt haben, Sie befürworten die Geschichte, weil das auch Entlastung im Westen bringt.

(Minister Schönbohm: Danach hat die Bundesregierung das geändert!)

- Das haben Sie gesagt. Das ist eine Position, die in Ihrer Fraktion unlängst noch feststand. Jetzt haben Sie sich gewendet. Also sich ein bisschen zurücknehmen und nicht nach anderen mit Steinen werfen, wenn man selbst im Glasthaus sitzt!

Am 24. September letzten Jahres haben wir uns im Plenum mit dem Thema Lärmschutz beschäftigt. Ich habe damals gesagt, Brandenburg könnte sich als herausragendes Land der Stille für den Tourismus profilieren, habe damals jedoch nicht ge

glaubt, dass dies in so kurzer Zeit mit der CDU tatsächlich möglich sein würde.

(Zuruf von der CDU: Unterschätze uns nicht!)

Ich will das kurz begründen: Der Landtag hat sich in seiner 1. Legislaturperiode - das müssen wir einmal aufarbeiten - klar gegen das Bombodrom positioniert. Damals gab es vier Gegenstimmen - das waren Gegenstimmen aus der CDU -, aber insgesamt ein ganz klares Votum gegen das Bombodrom.

In der 2. Legislaturperiode, in der ich in den Landtag gewählt wurde, gab es keine Befassung, keinen Beschluss, sondern lediglich einen Prüfauftrag zu einem Bericht.

In der 3. Legislaturperiode, in der uns der Wählerwille die jetzige große Koalition brachte, begann die Entscheidungsblockade. Wir lösen sie heute auf; das ist das Positive daran. Aber das gehört zur Ehrlichkeit.

Ich will auch deutlich sagen, dass bei allen drei Anträgen - es waren im Übrigen alles PDS-Anträge - die CDU geschlossen, wirklich geschlossen, verhindert hat, dass hier eine klare Positionierung gegen das Bombodrom erfolgen konnte. Das muss man sagen. So ist es. Nun dieser plötzliche Sinneswandel. Darüber könnte man sich fast freuen. Ich freue mich auch darüber,

(Zuruf von der CDU: Lach doch mal!)

muss aber ehrlich sagen, der erstaunte Zuschauer wundert sich schon ziemlich, wie das so plötzlich, ohne Vorankündigung, von einem Tag auf den anderen zustande kommt.

Der Äußerung von Minister Junghanns - die man jetzt nicht negativ sehen darf; denn er ist erst seit kurzer Zeit hier vertreten und hat sich erstmals positioniert; das ist auch gut so - und am Tag darauf die Äußerung von Minister Schönbohm erinnern an die Nacht, in der Schabowski einen Zettel gereicht bekam und sagte: Die Mauer wird geöffnet. - Alle haben sich gewundert: Donnerwetter, die Mauer wird geöffnet! - Schabowski wundert sich heute noch darüber.

(Allgemeine Unruhe und vereinzelt Heiterkeit)

So ist diese Geschichte wohl zustande gekommen. Ich weiß es nicht. Sie müssen dies erklären.

Sie müssen es auch erklären, weil Sie gesagt haben, Sie sind gegen das Bombodrom, weil die Garnison nicht kommt. Wären Sie, wenn die Garnison käme - Herr Struck hat ja inzwischen gesagt, wenn er sich durchsetzt, kommt sie -, dafür?

(Minister Schönbohm: Der Struck setzt sich doch nicht durch; das ist lange entschieden!)

- Wenn er sich aber durchsetzen sollte, sind Sie dann für den Bombenabwurfplatz? Das müssen Sie erklären. Das sollten die Leute wissen.

In Wittstock haben viele Menschen und Unternehmen lange auf die Bundeswehr als Zukunftsmotor gesetzt. Auch das gehört zur Wahrheit. Es gibt auch jene, die davon profitierten, wenn die Bundeswehr käme. Das muss man zugestehen; denn wenn Menschen in Not sind, greifen sie nach jedem Strohhalm. Das muss man einfach akzeptieren.

Aber darüber wollen wir heute nicht reden. Ich verzichte jetzt auch auf die Auseinandersetzung mit Pro und Kontra; die einzelnen Argumente sind hundertfach ausgetauscht. Entscheidend ist das Negativimage, das schon allein durch den Begriff „Bombodrom“ entstanden ist. Der Imageschaden ist so immens und nachhaltig, dass wir ihn nur schwer werden kompensieren können.

Ich habe wenig Zeit.

Bitte kommen Sie zum Schluss Ihres Beitrags, Herr Abgeordneter.

Deshalb komme ich zum Schluss. Aus Neuruppin haben wir einen Hilferuf der Wirtschaft gehört, den wir besorgt zur Kenntnis nehmen. Er darf auch in Berlin nicht ungehört verhallen. Ich begrüße ausdrücklich die Ankündigung des Ministerpräsidenten, mit politischen Mitteln hier zu einer schnellen Lösung gelangen zu wollen. Gelingt dies nicht, haben wir eine dauerhafte Pattsituation, die für die Region eine Katastrophe wäre. Dies dürfen wir nicht zulassen.

Herr Abgeordneter, Sie überziehen erheblich.

Wenn wir uns politisch nicht durchsetzen können, dann sollten wir es auch rechtlich versuchen. Ich hoffe, dass wir zu einem klaren Votum kommen, damit diese Pattsituation, die dieser Landtag jetzt mit verursacht hat, aufgehoben wird. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und PDS)

Wir sind am Ende der Rednerliste angelangt und ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung.

Form- und fristgemäß beantragt ist die namentliche Abstimmung über den Antrag der Koalitionsfraktionen auf Drucksache 3/7253.