Es ist aber an der Zeit, für etwas Wahrhaftigkeit zu sorgen. Es ist natürlich Unsinn, was die PDS in ihrem Antrag im Übrigen von sich gibt. Die CDU hat nie etwas blockiert, was der Verbesserung der Unterrichtsqualität dient. Wir haben mit der Bildungsoffensive viel auf den Weg gebracht, was uns auch von verschiedenen Institutionen und durch Studien bescheinigt worden ist. Wir haben mehr Leistung in die Schule gebracht, mehr Verbindlichkeit, mehr Vergleichbarkeit und Vergleiche.
- Denken Sie an die Berlin-brandenburgische Bildungskommission, Frau Große. Da ist uns das gesagt worden. Erklären Sie es bitte Ihren Kollegen in der PDS-Fraktion einmal.
Als es um die Frage ging, was wir vor dem Hintergrund zurückgehender Schülerzahlen tun wollen, war die Haltung der CDU immer eindeutig. Wir stehen zum bewährten Realschulbildungsgang. Wir stehen zum Unterricht im Klassenverband, nicht, wie die Herren von der PDS eben sagten, zum Frontalunterricht, sondern wir sind für Methodenvielfalt.
Wir stehen vor allem für Qualität im Schulsystem. Wir stehen ohne Wenn und Aber zum Absenken der Klassenfrequenzen in den Schulen im ländlichen Raum, um dort Standorte zu erhalten.
In den Gesprächen haben wir immer auf Sachsen verwiesen und gesagt: Lasst es uns doch so machen wie die PISA-Sieger in den neuen Ländern. Aber das war leider nicht durchsetzbar. In dieser Situation - ich erinnere an das Jahr 2000 - war die Alles-oder-Nichts-Position, also das zwangsweise Ersetzen der Gesamtschule und der Realschule durch eine Sekundarschule, nicht hilfreich.
Wie soll man denn Potsdamer Eltern gegenüber begründen, dass ihre Realschule geschlossen wird, weil in der Prignitz oder im Oderbruch Schüler fehlen, um eine Schule weiterzuführen?
Richtig ist, dass in den damaligen Gesprächen zur Schulgesetznovelle Einigkeit bezüglich der Einführung einer zusätzlichen Sekundarschule herrschte. Das hatte auch die Kommission zur Entwicklung der Schulen der Sekundarstufe I im ländlichen Raum empfohlen. Diese Kommission hatte erkannt, dass die Einführung einer solchen Schule, Frau Große, kein schülerschöpfender Vorgang ist - Sie waren damals noch nicht dabei, aber man kann es nachlesen -, sondern dass damit ein Schulstreit zwischen Gesamtschulen und Sekundarschulen verhindert werden sollte.
Richtig ist auch, dass durch die Umwandlung von Brandenburger Schulen in Sekundarschulen keine einzige Schule wirklich hätte erhalten werden können oder erhalten werden kann, weil einfach nicht mehr Schüler da sind.
Die PDS brilliert mit gewohntem Talent damit, auf Themen aufzuspringen, die die Bürger bewegen, um dann aber die Befürchtungen durch Panikmache noch zu vergrößern und zu behaupten, der bösen großen Koalition mache es Spaß, Schulen zu schließen,
sowie nebenbei zu erklären, sie selbst könne jede Schule erhalten und eine Sekundarschule könnte einzügig geführt werden.
Wenn der PDS die Qualität des Schulsystems am Herzen läge, hätte die Fragestellung der Aktuellen Stunde lauten müssen:
Was kann Politik tun, um trotz Schülerschwund Unterrichtsqualität zu erhalten und zu erhöhen? - Zweifellos ist das Austauschen des Schildes „Gesamtschule“ gegen das Schild „Sekundarschule“ bei gleichem Inhalt nicht die geeignete Maßnahme. Wer den Eindruck vermittelt, das Bild ändere sich, wenn man den Rahmen austauscht, verkauft die Bürger für dumm.
Ich will in diesem Zusammenhang nur auf die PISA-Schulformvergleiche und die zentralen Prüfungen in den 10. Klassen hinweisen, bei denen die Gesamtschule, obwohl sie nach dem Papier ja den Anspruch erhebt, Schüler bis zum Abitur führen zu wollen, landesweit durchweg schlechtere Ergebnisse erzielte, und das, obwohl sie bedeutend mehr Geld erhält und andere Prüfungsanforderungen - nämlich geringere - gestellt wurden. Diese Prüfungen verdeutlichen auch, dass die Gesamtschule ohne gymnasiale Oberstufe eigentlich eine Sekundarschule ist.
Nun zu der Frage, um die es eigentlich gehen muss: Was macht Unterricht vor dem Hintergrund schwindender Schülerzahlen besser? Zu Recht hat das Bildungsministerium unter den heutigen haushalterischen Bedingungen der einzügigen Schule im ländlichen Raum eine Absage erteilt; denn diese ist nicht in der Lage, die Qualitätsstandards zu halten, die wir brauchen. Das hatte übrigens auch die erwähnte Kommission bereits festgestellt. Ich wiederhole die Begründung von Frau Siebke nicht, in der dies verdeutlicht wurde, sondern schließe mich ihr uneingeschränkt an.
Wir leben in Brandenburg nicht im abgeschlossenen, luftleeren Raum. Die jungen Leute müssen sich deutschlandweit, ja weltweit um Ausbildungsplätze bewerben.
Wer eine einzügige Schule will, muss den Menschen auch sagen, dass diese unter den heutigen Bedingungen die erforderliche Qualität nicht halten kann und die Anerkennung der an dieser Schule erworbenen Abschlüsse in anderen Bundesländern fraglich ist.
Die CDU ist nicht überheblich, sondern blickt dorthin, wo man gute Schulqualität anbietet, nämlich nach Süden. Zum Verständnis: Wir blicken besonders nach Sachsen - noch nicht nach Nordrhein-Westfalen; das kommt später. Dort praktiziert man schon seit Jahren erfolgreich das Modell der so genannten Mittelschule. Aber im Gegensatz zu dem, was meine Vorrednerinnen und wahrscheinlich auch die nachfolgenden Redner glauben machen wollen, wird dort kein alle gleich machender Unterricht angeboten, sondern in erster Linie differenzierter Unterricht für jede Begabung, der sich zuallererst an den Bildungsgängen orientiert.
Auch das Ablenken, Frau Große, aufs „Internationale“ bringt uns nicht weiter. Die Erläuterung, warum das finnische Schulsystem nicht auf Deutschland übertragbar ist, würde den Rahmen der Aktuellen Stunde sprengen.
Daher nur so viel: Wenn Bayern bei PISA allein, also als eigenständiges Land, bewertet worden wäre, hätte es einen Platz im vorderen Drittel belegt. Baden-Württemberg errang bei IGLU die Plätze 3 bis 7. Sprechen wir es also noch einmal deutlich
aus: Wir sind nicht wegen des gegliederten Schulsystems schlecht, sondern wegen der Bundesländer, die das gegliederte Schulsystem nachhaltig entwertet haben.
Lassen Sie mich noch einige Worte zum Anmeldeverfahren der 7. Klassen sagen. Ich staune über die Aussagen eines Schulrats, Herr Minister, der sich nach meinem Verständnis selbstherrlich über seine Kompetenz hinweggesetzt hat.
Er behauptet, er sichere die Grundversorgung, betreibt in Wahrheit jedoch die Abschaffung der Realschule. Die zentralörtliche Gliederung - ein Thema, das zurzeit wieder sehr aktuell ist und zur Argumentation benutzt wird - wird vorgeschoben. Sie entspricht jedoch längst nicht mehr der Realität. Sie darf gleich gar nicht als Argument dafür dienen, den Elternwillen aufs Gröbste zu missachten. Es darf nicht sein, dass eine Schule trotz des Nachweises der vorgeschriebenen 40 Anmeldungen geschlossen werden soll, nur um eine Nachbarschule mit 24 Anmeldungen durch Zwangszuweisungen künstlich am Leben zu erhalten. Der Schulrat, den ich meine, stellt sich im Bildungsausschuss des Landkreises hin und sagt, dass ihn die Anmeldezahlen eigentlich nicht interessieren. Aus diesen Worten spricht eine unerträgliche Arroganz.
Wir alle wissen, dass gute Schule nur mit engagierten Lehrern, Eltern und natürlich Schülern zu machen ist, die sich mit ihrer Schule identifizieren.
Wenn gute Arbeit vor Ort durch das Anwahlverhalten der Eltern honoriert, dann jedoch derart mit Füßen getreten wird, ist dies kein Beitrag zur Erhöhung der Qualität von Bildung.
Es findet eine Abstimmung mit den Füßen statt; das offenbaren die Anmeldezahlen. Beispielsweise wollen 20 % der Schüler in Märkisch-Oderland eine Realschule besuchen. Nach den Vorstellungen der dortigen Schulverwaltung werden dies jedoch nur 10 % können. Wo bleibt da der Elternwille?
Insgesamt wird deutlich: Eltern wollen den Klassenverband, Eltern wollen Qualität im Schulsystem. Wir wollen kein Schulsystem gegen die Eltern, sondern mit den Eltern gestalten.
Die Entscheidungen zu den Schulstandorten sind noch nicht gefallen. Ich bitte die Landesregierung, dafür Sorge zu tragen, dass Schule so organisiert wird, dass der Elternwille in größtmöglichem Maße berücksichtigt wird. - Vielen Dank.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Hartfelder. - Nun erhält die Landesregierung das Wort. Herr Minister Reiche, bitte.