Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und erteile dem Abgeordneten Senftleben von der Fraktion der CDU das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist sicherlich auch für jeden Abgeordneten dieses Landtages sichtbar, dass wir als Koalition in den letzten Jahren sehr vielfältige Initiativen im Verkehrssicherheitsbereich aufgegriffen haben. Dass wir heute unsere Vorstellungen hinsichtlich Kleintransporter- und LKW-Sicherheit vorlegen, ist deshalb nicht verwunderlich. Es geht darum, die Verkehrssicherheit in diesem Bereich zu erhöhen und die Debatte, die auf dem Verkehrsgerichtstag in Goslar geführt wurde, aufzugreifen und mit dieser Initiative in Brandenburg umzusetzen.
Welche Ausgangslage führt uns die Situation vor Augen? Es gibt erstens eine Untersuchung der Bundesanstalt für Straßenwesen, wonach letztendlich die Gruppe der Kleintransporter zwischen 2,8 und 3,5 Tonnen sehr unfallauffällig ist.
Zweitens - ich komme auf den Antrag der PDS zurück - gibt es Auswirkungen eines Tempolimits, die man aber als sehr gering einstuft.
Drittens etwas sehr Wichtiges an Zahlen, meine Damen und Herren: Der Fahrzeugbestand in diesem Bereich hat sich von 1996 bis 2002 verdoppelt, die Unfallzahlen im Gegenzug aber verdreifacht. Jährlich geschehen ungefähr 19 000 Unfälle mit Personenschäden, an denen Kleintransporter beteiligt sind.
Was ist der Hintergrund für diese Zunahme der Zahl an Kleintransportern? Letztendlich kann man das mit drei Worten umreißen: Sie sind schnell, flexibel und kostengünstig. Wer weiß, wie durch politische Maßnahmen in vielfältiger Art und Weise unsere LKW-Unternehmer alljährlich belastet werden, kann sich gut vorstellen, dass man auf solche Maßnahmen zurückgreift, um die Belastungen durch den Einsatz von Kleintransportern aufzufangen.
Punkt vier - auch eine Untersuchungsgrundlage - sind die Unfallursachen: Zeitdruck der Fahrer, Übermüdung der Fahrer, Überladung der Kleintransporter, Unerfahrenheit der Fahrer im Umgang mit den Transportern und mangelnde Ladungssicherheit.
Was auch auffällig ist, meine Damen und Herren: An 90 % aller Unfälle sind die Fahrer der Sprinter schuld. Das heißt, ein sehr großer Teil der Unfälle wird von den Fahrern dieser Kleintransporter verursacht. Genauso wie in vielen anderen Bereichen der Verkehrssicherheit ist hierbei auffällig, dass der Anteil der Kraftfahrer unter 25 Jahren doppelt so hoch ist wie bei den darüber liegenden Altersgruppen.
Die Zahlen, die wir alle, zumindest diejenigen, die sich in diesem Bereich politisch beheimatet fühlen, gut kennen, führen uns klar und deutlich vor Augen, dass ein Rückgang zu verzeichnen ist und dass auch in Bezug auf die Unfallopfer sinkende Zahlen registriert werden können, dass wir aber noch lange nicht an dem Punkt angekommen sind, dass wir uns damit zufrieden geben könnten.
2003 - auch eine Hochrechnung aus dem Innenministerium wurden allein in Brandenburg über 3 300 Kleintransporter beanstandet. Das sind pro Tag mit Sicherheit mehr, als wir Finger an unseren beiden Händen haben. Das zeigt, dass wir in diesem Bereich aktiv werden müssen. Es gab sehr oft Mängel in Bezug auf die Ladungssicherheit und an der technischen Ausstattung.
Wenn ich vorhin davon gesprochen habe, meine Damen und Herren, dass die Fahrer ein wichtiger Punkt in Bezug auf die Verkehrssicherheit sind, dann ist letztendlich auch offensichtlich, dass wir die begonnene Qualifizierungsoffensive für Kleintransporterfahrer - sprich: Fahrerschulung mit Fahrsicherheitstraining und Fahrersensibilisierung - weiter unterstützen müssen. Es gibt vielfältige Bereiche. Der ADAC führt momentan in Linthe, wenn ich das richtig mitbekommen habe, eine Aktion für Busfahrer durch. Derartiges sollte man für den Bereich der Kleintransporter aufgreifen.
Was ist der Hintergrund unseres Antrages, was will die große Koalition mit solchen Maßnahmen bewirken?
Erstens: Wir wollen eine europaweite Harmonisierung der Vorschriften über Lenk- und Ruhezeiten und damit zur Erhöhung der Verkehrssicherheit beitragen. Wir wollen uns natürlich auch der Problematik des toten Winkels stellen. Es ist ja bekannt, meine Damen und Herren, dass in der Europäischen Union ab 2006 der vierte Spiegel bei LKWs Pflicht wird, aber nur bei Neufahrzeugen über 7,6 Tonnen. Hier, meine Damen und Herren, ist unser Antrag weitergehend, da wir sagen, wir sind auch für die Nutzung derartiger Spiegel, um den toten Winkel zu reduzieren, aber ausdrücklich für LKW ab 3,5 Tonnen.
Drittens: Höhere Sanktionen, Fahrverbote und Ähnliches sollen auch für das Unterschreiten des gesetzlich geforderten Mindestabstandes erlassen werden können. Meine Damen und Herren, hier geht es also auch darum, die polizeilichen Mittel besser zu nutzen, den Verkehrssündern entgegenzutreten und sie mit den Möglichkeiten, die wir haben, zu bestrafen.
Viertens: Wir wollen präzisere Vorschriften in Bezug auf das sichere Verstauen der Ladung erlassen. Es geht darum, dass ungesicherte Ladungen ein gewisses Verhalten bei Bremssituationen, aber auch bezüglich der Fahrstabilität bedingen. Deswegen müssen wir auf diesen Bereich hinweisen. Wenn Sie in einem Sprinter schwere Ladung haben, die nicht gesichert ist, dann entsteht im hinteren Bereich des Fahrzeugs ein Unfallrisiko. Hierzu hat die Industrie klare Vorgaben gemacht, die in den nächsten Jahren umgesetzt werden sollen. Das betrifft übrigens auch die Industrie in Brandenburg.
Fünftens: Wir wollen einen Appell - ich sagte es schon - an die Automobilhersteller richten, die technische Grundausstattung zu verbessern. Hier gibt es bereits Zusagen.
Sechstens: Wir wollen eine streckenbezogene Höchstgeschwindigkeitsbegrenzung und damit verbunden auch eine stärkere Überwachung erreichen. Das bedeutet ein klares Nein zu einem Tempolimit. Es ist auffällig, dass in Baustellenbereichen ungefähr 70 % aller Unfälle von Kleintransportern durch Geschwindigkeitsüberschreitungen passieren.
Wenn ich das Argument aus dem PDS-Antrag einmal aufgreifen darf: Frau Tack, in Ihrem Antrag heißt es:
„Die Empfehlung von Verkehrsexperten, ein Tempolimit für Kleintransporter einzuführen, wird deshalb aufgegriffen.“
Erstens müssen Sie mir einmal erklären, welche Verkehrsexperten Sie damit meinen; denn ich habe eingangs gesagt, dass auch der Verkehrsgerichtstag in Goslar festgestellt hat, dass es eben nicht zu einem solchen Tempolimit kommen soll. Sie wissen ja auch, dass maximal 2 bis 4 % aller Unfälle infolge Geschwindigkeitsüberschreitungen auftreten. Das heißt, 96 % aller Unfälle mit Kleintransportern geschehen im Bereich von Baustellen oder dort, wo aufgrund streckenabhängiger Anordnungen bereits Tempolimits bestehen. Das heißt, Sie wollen ein Tempolimit einführen, um damit maximal 2 bis 4 % der Unfälle zu verhindern. Dieses Instrument lehnen wir generell ab.
Ich gehe davon aus, dass der Minister im Zusammenhang mit der Verkehrsministerkonferenz dazu noch einiges sagen wird. Es müssen also auch in Schwerpunktbereichen, zum Beispiel Baustellen, verstärkt Kontrollen durchgeführt werden.
Meine Damen und Herren, wir brauchen neue Möglichkeiten bezüglich Erhöhung der Verkehrssicherheit bei Kleintransportern, wie ich mit meiner Argumentation verdeutlich wollte. Wir werden die Empfehlungen der Verkehrsexperten, die wir gründlich gelesen haben, Frau Tack, im Wesentlichen aufgreifen. Das Ganze soll eine sinnvolle Ergänzung des zukünftigen, dann auch wieder in Brandenburg neu aufgelegten Verkehrssicherheitsprogramms sein. Ich bitte deshalb um die Zustimmung zum Antrag der großen Koalition. Der Antrag der PDS
Ich danke dem Abgeordneten Senftleben und gebe der Abgeordneten Tack von der Fraktion der PDS das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir unterstützen sehr, dass die Koalition diese Initiative ausgelöst und diesen Antrag vorgelegt hat. Auch im Bundestag sind dazu bereits mehrere Initiativen gelaufen. Herr Senftleben hat sich auf den Verkehrsgerichtstag in Goslar bezogen. Auch ich habe mich sachkundig gemacht. Dass der Arbeitskreis, der sich mit Verkehrssicherheit bei Kleintransportern befasst hat, natürlich so zusammengesetzt war, dass wirtschaftliche Interessen und nicht die Interessen der Verkehrssicherheit eine Mehrheit finden, war schon deutlich nachzuvollziehen.
Wir haben einen Änderungsantrag eingebracht, weil wir das unterstützen wollen, was Sie in Ihren Punkten a) bis h) aufgeschrieben haben, nämlich Initiativen auszulösen. Wir wollen es sozusagen mit der entscheidenden Konsequenz abrunden, dass das Ganze nur insgesamt wirkungsvoll wird, wenn ein Tempolimit für Kleintransporter ausgesprochen wird. Denn wir alle sind uns einig, dass viele Maßnahmen - Ausbildung der Fahrer, Fahrzeugsicherheit, Ladungssicherung - zusätzlich nötig sind. Sie haben das alles sehr ausführlich beschrieben, Herr Senftleben. Nur lässt sich ein Tempolimit ziemlich schnell und konsequent einführen - das wäre sofort möglich - und die Verkehrssicherheit wäre um ein Vielfaches größer, bevor die schrittweise von Ihnen beantragten Initiativen überhaupt zum Tragen kämen. Wir haben deshalb diesen Änderungsantrag eingebracht.
Zum Punkt f), für Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 2,8 bis 3,5 Tonnen ein Tempolimit von 130 km/h einzuführen: Sie wissen, dass andere der Überzeugung sind, dass dieses Tempolimit auf 120 km/h festgelegt werden sollte. Wir ändern damit auf diesen Vorschlag hin in dem Änderungsantrag den Punkt g), den Sie aufgeführt haben, dass die streckenbezogen angeordnete Höchstgeschwindigkeit stärker kontrolliert werden soll. Wir sagen, dass generell die angeordnete Höchstgeschwindigkeitsbeschränkung verstärkt überwacht werden soll.
An dieser Stelle will ich sagen, dass die Kontrolle auf Straßen und Autobahnen ein Thema ist, das bei der Verkehrssicherheit immer eine große Rolle gespielt hat. Die Straßenverkehrsordnung ist so gut, wie ihre Einhaltung kontrolliert wird. Wir haben uns in Bezug auf das Tempolimit auf der A 24 und zu anderen Tempolimits schon verständigt und festgestellt, welche guten Auswirkungen sie haben, wenn denn auch kontrolliert wird.
Vergangenen Freitag haben sich der Potsdamer Polizeipräsident und seine Schutzbereichsleiter mit der Landesverkehrswacht und den Vertretern der Kreisverkehrswachten im Land getroffen. Dort gab es zur Stärkung der Verkehrssicherheit ganz eindeutig die Forderung an die Polizei, auf den Autobahnen, den Bundes-, Landes- und kommunalen Straßen verstärkt
zu kontrollieren; denn für viele - ich gucke da niemanden speziell an, ich kann da in alle Richtungen schauen - Bürgerinnen und Bürger, auch Abgeordnete unseres Parlaments, ist die Nichteinhaltung der Straßenverkehrsordnung immer noch ein Kavaliersdelikt. Ich denke, im Interesse der Verkehrssicherheit sollten wir uns alle von dieser Auffassung verabschieden.
Argumente der übrigen Maßnahmen für die Verkehrssicherheit bei den Kleintransportern sind ausgetauscht. Wir sind der Überzeugung, dass ein Tempolimit sehr hilfreich sein wird, denn überhöhte Geschwindigkeit gilt als eine der Hauptursachen für Unfälle mit Kleintransportern. Fahrer von Kleintransportern unterliegen häufig einem enormen wirtschaftlichen und Termindruck. Wir alle wissen das.
Wenn wir zur Kenntnis nehmen, dass 49 % der Kleintransporter von Handwerkern benutzt und gefahren werden, dann können wir uns vorstellen, welche Rolle Termindruck in diesem Zusammenhang spielt. 34 % der Kleintransporter werden von Lieferorganisationen genutzt und nur 17 % sind Privat- und Mietfahrzeuge. Hieran kann man ermessen, dass im Interesse von Arbeitsplatzerhaltung oft Druck ausgeübt wird.
Wenn es darum geht, ein Tempolimit für Kleintransporter einzuführen, dann berufen wir uns dabei auf Verkehrsexperten. Das sind also nicht diejenigen, die auf dem Verkehrsgerichtstag mehrheitlich vertreten sind, sondern das sind die Verkehrsexperten, die sich insbesondere mit Verkehrssicherheit befassen. Diese befürworten das Tempolimit und dafür sprechen wir uns ebenfalls aus.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch etwas ansprechen. In der vergangenen Woche fand die Jahreshauptversammlung der Landesverkehrswacht statt. In dieser Hauptversammlung wurde der Beschluss gefasst, sich für ein Tempolimit zu engagieren. Diesen Mehrheitsbeschluss haben wir dem Bundesverkehrsminister übermittelt. Damit erhält auch der Brandenburger Verkehrsminister von uns eine weitere Rückenstärkung.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Tack, und erteile das Wort der Fraktion der SPD. Bitte, Herr Abgeordneter Ziel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Brandenburger Verkehrsminister bekommt seine volle Rückenstärkung natürlich insbesondere von den Koalitionsfraktionen.
Wir alle sind uns wohl einig bezüglich der Punkte a) bis h). Wir wollen mehr Sicherheit auf den Straßen. Es gibt, wie mir scheint, einen Punkt, über den wir uns streiten. Das ist die Geschwindigkeitsbegrenzung. Ich habe vorhin gesehen, dass ein Kollege meiner Fraktion das sehr positiv aufgegriffen hat.
Auch ich möchte hier ein Bekenntnis zur Geschwindigkeitsbegrenzung ablegen, dies aber nicht nur für Kleintransporter, weil ich dagegen Bedenken hätte. Ich will dies auch begründen:
Ich hielte eine Geschwindigkeitsbegrenzung zum Beispiel auf 130 km/h für alle - für alle! - für vernünftig.
Also für alle und nicht nur für Transporter, weil das Problem eigentlich die Differenzen zwischen den normalen Geschwindigkeiten und den riesengroßen Geschwindigkeiten sind. Ich kenne Kollegen in diesem hohen Hause, die große Autos besitzen, damit 200 km/h fahren und sagen, ihr Auto habe auch die Bremsen für eine solche Geschwindigkeit. Das Problem ist dabei allerdings die große Differenz zu einem anderen, der vielleicht auch einmal einen LKW überholen möchte. Die große Differenz zwischen den Geschwindigkeiten führt oft zu Unfällen.
Ich habe mit Interesse gelesen, was die PDS-Fraktion in ihrem Antrag vorschlägt. Darüber sollten wir aber dann in einem anderen Zusammenhang reden. Dann werden wir sehen, ob es für diesen Vorschlag Mehrheiten gibt.
Gegen den nach dem Motto „Laisser faire“ geprägten Satz „Freie Fahrt für freie Bürger“ habe ich große Vorbehalte, weil ich viel zu viele Beispiele dafür gesehen habe, was dabei passieren kann.
Hier ist das Wort Handwerker gefallen. Herr Karney hört das sicherlich gar nicht gern, wenn wir in diesem Zusammenhang darauf abheben. Sicherlich geht es nicht um die Transporter, in denen Personen sitzen, sondern um die Fahrzeuge, die mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 2,8 bis 3,5 t als Gütertransporter gelten. Ich lehne es jedenfalls ab, das Problem auf eine spezielle Berufsgruppe herunterzubrechen, weil es nicht richtig wäre, hier nur eine bestimmte Gruppe anzusprechen. Anderenfalls könnte ich zum Beispiel sagen: Auch Abgeordnete werden manchmal vom Rhythmus gepackt