Protokoll der Sitzung vom 12.05.2004

Herr Staatssekretär, können Sie mir die Frage beantworten, wie Sie offene Briefe selbstherrlich definieren? Ist das eine Selbstdefinition des Ministerpräsidenten oder Ihres Amtes? Wer legt das fest?

Können Sie sich vorstellen, dass uns die Antworten nicht befriedigen, zumal wir neun Fragen gestellt hatten und bisher nur bestimmte Aspekte beantwortet sind?

Ich komme auf den Vorspann Ihrer Frage zurück, in dem Sie den höflichen Umgang miteinander angesprochen haben. Mein Empfinden ist zumindest so, dass Briefe unterschiedlich bewertet werden können, die, bevor sie eine Chance haben, beim Adressaten einzugehen, in den Medien nicht ohne Absicht, Herr Prof. Bisky - das zur Frage der zwischenmenschlichen Höflichkeit -, veröffentlicht werden. Das ist eine Frage der Interpretation. Aus meiner Sicht ist die Interpretation zutreffend, dass es sich bei solchen Vorgängen um offene Briefe handelt. Aber das ist, wie gesagt, eine Frage der Interpretation und der Höflichkeit des Umgangs miteinander. Jeder muss selbst wissen, wie er agiert. Ihre Aktion ist unsererseits nicht zu kritisieren, das gilt dann aber auch umgekehrt.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke Herrn Staatssekretär Speer. Ich erinnere an die Geschäftsordnung. Ich kann Nachfragen zu Antworten nicht zulassen.

Meine Damen und Herren, ich schließe den Tagesordnungspunkt 2 und rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

2. Lesung des Gesetzes zur Änderung des Krankenhausgesetzes des Landes Brandenburg

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 3/7217

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen

Drucksache 3/7320

Zu diesem Tagesordnungspunkt wurde vereinbart, keine Debatte zu führen. Ich komme sofort zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung, Drucksache 3/7320, seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist einstimmig so beschlossen und das Gesetz zur Änderung des Krankenhausgesetzes des Landes Brandenburg in 2. Lesung verabschiedet.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 3 und rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

2. Lesung des Gesetzes über den Beruf der Gesundheits- und Krankenpflegehelferin und des Gesundheitsund Krankenpflegehelfers im Land Brandenburg

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 3/7216

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen

Drucksache 3/7319

Auch hierzu wurde vereinbart, keine Debatte zu führen. Ich rufe zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung, Drucksache 3/7319, auf. Wer dieser Beschlussempfehlung seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist einstimmig so beschlossen und das Gesetz über den Beruf der Gesundheits- und Krankenpflegehelferin und des Gesundheits- und Krankenpflegehelfers im Land Brandenburg in 2. Lesung verabschiedet.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 4 und unterbreche die Sitzung des Landtages bis 13 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung: 12.16 Uhr)

(Fortsetzung der Sitzung: 13.00 Uhr)

Ich eröffne den Nachmittagsteil der 95. Sitzung des Landtages Brandenburg mit dem Tagesordnungspunkt 5:

2. Lesung des Gesetzes zur Neuregelung des Landesorganisationsrechts und zur Umsetzung des Haushaltssicherungsgesetzes 2003

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 3/6939 (einschließlich Korrekturblatt)

Beschlussempfehlung und Bericht des Hauptausschusses

Drucksache 3/7473

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der PDS-Fraktion. Herr Abgeordneter Vietze, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben es mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zu tun, weil sich aufgrund der Haushaltssituation ein besonders deutlicher Druck auf die Intensivierung der Verwaltungsreform und damit der Landesorganisation und der damit im Zusammenhang stehenden rechtlichen Regelung ergibt.

Es ist so, dass in den Ausschüssen intensiv diskutiert wurde. Im Hauptausschuss, der die Beschlussempfehlung gibt, wurde das Verfahren deutlich gestrafft und die Kollegen der Koalition hielten selbst die von ihren Kolleginnen und Kollegen in Fachausschüssen mitgetragenen Empfehlungen für nicht in der Situation erforderlich und geboten und bestätigten in Einmütigkeit: Es gibt nichts Besseres als das, was diese Landesregierung vorlegt. Der Termin mit Blick auf den Wahltag sollte dazu beitragen, im Auge zu behalten: Wer jetzt noch was verändern will, gefährdet das große Gesamtvorhaben.

Deswegen bin ich der festen Überzeugung, dass möglicherweise auch erst Ende des Jahres in einer anderen Atmosphäre wieder über dieses Thema diskutiert werden kann.

Gestatten Sie mir vier ganz kurze Bemerkungen. Ich möchte zunächst noch einmal das inhaltliche Defizit in der Arbeit dieses Parlaments benennen, weil ich glaube, dass durch uns in den vergangenen Monaten die Verständigung zu führen gescheut wurde. Wir haben es mit interessanten Überlegungen einzelner Minister und mit einer Verständigung in der Koalition auf die Position, die aus den jeweiligen Ministerien kommt, was nachvollziehbar ist, zu tun. Wir haben es nur nicht zu tun mit einer freimütigen, offenen Diskussion über die Aufgaben: Was ist nun Aufgabe des Staates im Land Brandenburg? Was sind die herausgehobenen Aufgaben dieser Landesregierung, und sind sie möglicherweise konkreter zu fassen als mit der Regierungserklärung, die von Matthias Platzeck hier in diesem hohen Hause gegeben wurde?

Das ist ein inhaltliches Defizit, was dann natürlich eine Konsequenz nach sich zieht. In besonderer Weise wird diese Auffassung sicherlich unser reformfreudiger Innenminister mit nachvollziehen: Wenn man die Kernaufgaben nicht exakt bestimmt, hat man große Schwierigkeiten in der Aufgabenkritik, und wenn man Schwierigkeiten in der Aufgabenkritik hat, hat man natürlich auch Schwierigkeiten in den Empfehlungen, wie man mit dem Sachverhalt umgeht, und dann kann man zum Beispiel, wie beim vorliegenden Gesetz, durchaus in die Situation kommen, dass man eben erst über die Privatisierung spricht und danach über die Kommunalisierung, wobei sicherlich ein bedeutender Aspekt sein wird, ob dann das, was noch übrig bleibt, wenn alles privatisiert ist, was Private erfolgreich machen können, noch eine politische Zielstellung hat.

Insofern will ich ganz einfach sagen: Diese Diskussion ist in diesem Hause nicht gewünscht. Man kann den Sachverhalt beklagen. Das tue ich hiermit. Ich sage aber auch ausdrücklich: Ich hätte mir gewünscht, dass wir die Kraft haben, über diese Aufgaben souveräner zu reden.

(Vereinzelt Beifall bei der PDS)

Das Zweite sind die Verwaltungsreform und die Haushaltssanierung. Es ist ja die Koalition gewesen, die zur Haushaltssa

nierung angetreten ist. Sie wird uns sicherlich noch erläutern, dass es in den letzten fünf Jahren hervorragend gelungen ist, den Schuldenstand im Lande zu erhöhen, und dennoch ein Erfolg der Haushaltssanierung in besonderer Weise zu Buche schlägt. Es wird Ihr Geheimnis bleiben, dass das besonders ein Verdienst der CDU ist, denn das ist in den Interviews der letzten Wochen, die der Innenminister und insbesondere sein Haushaltsexperte Herr Lunacek gegeben haben, nachzulesen. Auch das schmiedet die Koalition zusammen.

Ich möchte an dieser Stelle auch klar und deutlich sagen: Wir hätten uns gewünscht, dass nicht nur die Aspekte der Haushaltssituation eine Rolle spielen, wenn wir über Verwaltungsreform reden, sondern möglicherweise ist es in Brandenburg sogar noch so, dass die Bürgerin und der Bürger eine Rolle spielen. Es sollte überlegt werden: Was ist denn im Interesse der Optimierung von Verwaltungsstrukturen am Ende auch für die Bürgerinnen und Bürger von Vorteil? Was bringt ihnen kürzere Wege? Was erleichtert eine zügigere Bearbeitung ihres Anliegens? Wenn wir das mit aufgreifen und am Ende sogar Geld gespart werden kann - umso besser! Aber die alleinige Betrachtung, über die Haushaltsdefizite die Verwaltungsmodernisierung zu organisieren, ist ein deutliches Defizit.

(Beifall bei der PDS)

Das Dritte sind Verwaltungs- und Funktionalreform. Herr Fritsch, Sie haben mir einen großen Gefallen getan.

Herr Abgeordneter, bitte kommen Sie zum Schluss!

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. - Der Abgeordnete Fritsch, Vorsitzender des Hauptausschusses, hat darauf aufmerksam gemacht, dass ihm der Vorrang der Kommunalisierung auch sehr am Herzen liege und er gern noch einmal darüber reden würde. Ich möchte nur sagen: Wer jetzt das Privileg der Privatisierung festschreibt, braucht über die Kommunalisierung und deren Präferenz später nicht mehr zu reden.

(Beifall bei der PDS)

Ich würde mir wünschen, dass es mehr Aufgeschlossenheit gibt, und das ist der letzte Punkt: Dieses Parlament möchte am 19. September wieder gewählt werden. Ich möchte die Bitte äußern, dass Sie sich entscheiden, was Sie den Bürgern sagen, worauf Sie künftighin Einfluss nehmen wollen. Wenn man für viele Aufgaben, ob im Jugendbericht...

Herr Abgeordneter, bitte kommen Sie zum Schluss!

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. - Wenn man schon die Regierung von der Berichtspflicht befreien will, erklärt man, dass man darüber keine Information mehr wünscht. Man ist möglicherweise dann nicht mehr in dem Maße belästigt. Das stimmt. Aber Lesen schadet einem Parlamentarier nie, vor

allem dann nicht, wenn er die Absicht hat, etwas zu verändern. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Bevor ich dem Abgeordneten Schippel das Wort erteile, möchte ich Gäste begrüßen. Es sind Gymnasiasten aus Falkenberg und Frauen aus der Prignitz. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)