Protokoll der Sitzung vom 12.05.2004

Die Menschen, die in unserem Land etwas verändern wollen, müssen an die Hand genommen werden. Wir müssen ein einheitliches Verwaltungshandeln im Land erreichen. Die Debatte, die wir über das Denkmalschutzgesetz, das eine Aufgabe von den Kreisen auf das Ministerium hochzont, geführt haben, ist zu Recht intensiv und streitig gewesen. Wir wollen, dass die Probleme dort gelöst werden, wo sie entstehen, nämlich vor Ort. Aber was wir uns nicht leisten können, ist, dass Investoren von Landkreis zu Landkreis auf unterschiedliche Verhältnisse treffen. Sie können dann nicht kalkulieren, was durchsetzbar ist, welches Vorhaben Aussicht auf Erfolg hat und welches Vorhaben sie lieber gleich bleiben lassen.

Deshalb schlucke ich die Kröte, dass diese Aufgabe auf das Ministerium hochgezont wird, in der Hoffnung, dass wir dann in ganz Brandenburg eine einheitliche Handhabung haben und unkomplizierter zu Genehmigungsverfahren kommen werden. Ein Mentalitätswechsel in den Amtsstuben weg von der einfachen Verwaltung konservativer Vorschriften hin zu einer progressiven Begleitung der Vorhaben ist dringend vonnöten. Hierbei sind Amtsleiter, Amtsdirektoren, Bürgermeister und Landräte gefragt, die diesen Mentalitätswechsel in ihrem Verantwortungsbereich organisieren müssen.

Herr Abgeordneter, ich gehe davon aus, dass Sie noch einmal reden wollen. Deshalb bitte ich Sie, jetzt zum Schluss Ihres Beitrages zu kommen.

Herr Präsident, wenn Sie mir empfehlen, noch einmal zu reden, dann tue ich das gern.

Nur noch einmal!

Lassen Sie mich einen Schlusssatz sagen: Nachdem wir den Besuch in Graz gemacht und einen Vortrag gehört haben, der in der Aussage gipfelte, dass man eine arme Region mit Geld speisen kann, solange man will, sich aber trotzdem nichts ändern wird, wenn nicht die endogenen Potenziale in der Region geweckt werden, greife ich zurück auf die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten, der da gesagt hat: Besinnen wir uns auf die eigene Kraft! - Diese Aussage gilt nach wie vor.

(Beifall bei SPD und CDU)

Das Wort geht an die PDS-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Christoffers.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Fritsch, ich halte von Begrifflichkeiten wie „Schicksalsgemeinschaften“ sehr wenig.

(Beifall bei der PDS)

Ich lebe in einem vom Grundgesetz und von der Landesverfassung vorgegebenen Rechtsrahmen, ich habe politische Interessen durchzusetzen - und das sowohl im Wettbewerb als auch bezüglich Solidarität. Ich finde, dass der Begriff „Schicksalsgemeinschaft“ etwas Passives beinhaltet. Aber ich habe die Funktion, die Aufgabe und das Selbstverständnis, etwas zu verändern. Das Appellieren an Schicksalsgemeinschaften - das zeigt auch die Historie - hat noch nie richtig funktioniert.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Debatten über Steuerausfälle - dabei ist es egal, ob wir 12, 15 oder 18 Milliarden Euro zusätzliche Schulden in der Bundesrepublik haben werden, wenn der Arbeitskreis Steuerschätzung seine Ergebnisse bekannt gegeben hat -, die Debatten über den finanzpolitischen Kurs der Bundesrepublik, die Debatten über die Stabilitätskritierien der Europäischen Union, die Debatten um die Reform der Sozialsysteme, über die politische und wirtschaftliche Entwicklung im Osten, die Föderalismusdebatte und vieles andere mehr machen die Reformnotwendigkeit in der Bundesrepublik Deutschland deutlich. Sie widerspiegeln zugleich die Tatsache, dass in diesem Jahr noch 13 Wahlen anstehen und dabei die politischen Ausgangsverhältnisse für die Bundestagswahl 2006 geschaffen werden.

Meine Damen und Herren! Ich habe bei mancher Entscheidung der Bundesregierung und auch beim Agieren von Parteien den Eindruck, dass es einen Strategiewechsel gibt. Ja, ich glaube, dass der Osten nicht mehr im Fokus der Aufmerksamkeit steht, weil Wahlen in den alten Bundesländern gewonnen werden sollen. Da haben wir im Land Brandenburg von PDS bis CDU eine gemeinsame politische Verantwortung. Wir leben hier und wir haben die Situation im Osten zu thematisieren, um tatsächlich Veränderungen zu erreichen.

(Beifall bei der PDS)

Dieser Prozess, der eigentlich eine breite gesellschaftliche Diskussion erfordert, stößt bei den Bürgerinnen und Bürgern auf

Skepsis und Ablehnung, erzeugt Vertrauensverlust gegenüber Parteien und politischen Lösungen. Das ist nicht Ausdruck von Reformunwilligkeit, meine Damen und Herren. Ich kenne keine Region in Deutschland, in der so viele Menschen eine neue Arbeit angenommen bzw. einen neuen Beruf erlernt haben. Ich kenne keine Region in Deutschland, in der ein so hoher Grad an Mobilität vorhanden ist, ein Veränderungswillen, der sich in den letzten 14 Jahren massiv gezeigt hat. Es geht also nicht um Reformunwilligkeit, sondern es ist Ausdruck des Erreichens von Belastungsgrenzen bei den Bürgern, es ist Ausdruck einer Unübersichtlichkeit im politischen Agieren.

Um ein Beispiel zu nennen, meine Damen und Herren: Wenn die CDU im Bundestag beschließt, dem Alterseinkünftegesetz nicht zuzustimmen, dann eine politische Debatte darüber anfängt, im Bundesrat zuzustimmen, die „Operation Gesichtswahrung“ beginnt und der Vermittlungsausschuss angerufen wird, hat das nichts mit Stringenz zu tun. Wenn ich das HartzIV-Gesetz nehme - ich komme noch einmal darauf zurück -, das von der Bundesregierung beschlossen worden ist, bei dem das Chaos nach seiner Einführung und dessen Wirkungen absehbar sind und bei dem es gegenwärtig keine Tendenz gibt, es zumindest auszusetzen, dann zeigt all das eines deutlich: Die Stringenz politischer Entscheidungen ist für die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr nachvollziehbar und das bewirkt einen Vertrauensverlust. An diesem Problem haben wir zu arbeiten.

(Beifall bei der PDS)

Das ist auch nicht Ausdruck handwerklicher Fehler oder von Kommunikationsdefiziten, sondern es ist Ausdruck der Steuerpolitik, der Entwicklung von Renten- und Sozialsystemen sowie der Arbeitsmarktpolitik, die an der sozialen Wirklichkeit der Bürgerinnen und Bürger vorbeigeht.

Damit ich richtig verstanden werde: Die Reformnotwendigkeit wird von niemandem bestritten. Aber der gesellschaftliche Diskurs über Inhalt und Tempo von Reformen fehlt und diesen kann man nicht einfach durch Entscheidungen ersetzen. In diesen Kontext ist auch ein Teil der Debatte über die Perspektiven der Ostförderung einzuordnen. Der Vorstoß der Arbeitsgruppe um Herrn von Dohnanyi hat dazu beigetragen, dass die politische Rahmensetzung für den Osten wieder stärker in das Zentrum der politischen Debatte gerückt worden ist. Das ist zu begrüßen.

Zurückzuweisen ist jedoch, dass das Problem Ostdeutschland vorrangig und einseitig als die Ursache der allgemeinen Wachstumsschwäche in Deutschland behandelt wird. Meine Damen und Herren, das ist falsch. Der Aufbau Ost hat zu einer Sonderkonjunktur West geführt. Diese Sonderkonjunktur West hat auch in den Altbundesländern die Illusion genährt, dass man den Aufbau Ost durch eine bloße Übertragung von Regelungen aus der alten Bundesrepublik gestalten kann, sie hat die Illusion genährt, dass man auf dem Gebiet der Altbundesländer keine Reform umsetzen muss. All das geschah zu einem Zeitpunkt - spätestens im Jahr 1989 -, zu dem auch in der alten Bundesrepublik der Reformdruck im Bereich Arbeitsmarktpolitik, im Bereich Föderalismus, im Bereich Finanzpolitik, im Bereich Steuerpolitik sowie im Bereich Sicherung sozialer Systeme offenkundig gewesen ist.

(Beifall bei der PDS)

Dass diese Reformnotwendigkeit nicht anerkannt worden ist, dass keine Entscheidungen gefällt worden sind, ist die zentrale Ursache für eine mangelnde Wachstumsdynamik in der gesamten Bundesrepublik, die jetzt deutlich wird. Das heißt, der Aufbau Ost ist nicht in erster Linie daran schuld, dass es in der Bundesrepublik Deutschland nicht zu einer Wachstumsdynamik gekommen ist. Ich finde, die Ehrlichkeit in dieser Debatte, die von allen eingefordert wird, gebietet es, genauso klar anzusprechen, dass auch eine bestimmte Reformunwilligkeit vor 1989 in der alten Bundesrepublik dazu geführt hat, dass sich die Situation, in der wir uns jetzt befinden, so gravierend darstellt.

(Beifall bei der PDS)

Notwendige Strukturreformen wurden nicht in Angriff genommen. Ich erinnere nur an die Debatten zur Subventionspolitik; ich denke auch - lassen Sie mich noch einmal darauf zurückkommen - an die Debatten über die Sozialsysteme. Allein die politische Vorstellung, große Teile der Kosten für den Aufbau Ost über Sozialsysteme finanzieren zu wollen - zu einem Zeitpunkt, zu dem die Grenze der Belastung auch aufgrund der demographischen Entwickung schon lange deutlich geworden ist -, war eine Entscheidung, die, wie ich finde, an der Lebenswirklichkeit vorbeiging. Die Konsequenzen sehen wir heute.

Ich meine, dass in der Gesamtdebatte in der Bundesrepublik beide Sachverhalte - sowohl die Reformunwilligkeit der alten Bundesrepublik als auch der Aufbau Ost - zusammengeführt werden müssen, wenn wir zu einer insgesamt ehrlichen Debatte über Wachstumsdynamik kommen wollen. Die zentrale Ursache für die Wachstumsschwäche ist also die Tatsache, dass es in den alten Bundesländern auch eine Reformverweigerung gegeben hat. Die Folgen sind deutlich zu sehen. Der Osten Deutschlands wird vorrangig als Kostenfaktor, als Transfergebiet wahrgenommen. Das dominierende Interesse am Osten reduziert sich auf die Begrenzung der Kosten und Transferleistungen.

Meine Damen und Herren, wenn wir nicht ehrlich über die Ursachen der eigentlichen Krise in Deutschland reden, wird sich aufgrund dieser Tatsache der Mentalitätsunterschied zwischen Ost und West wieder verfestigen. Sie alle kennen die Umfragen. Ich finde, wir haben eine Aufgabe: die bundesstaatliche Verfasstheit der Bundesrepublik Deutschland in Politik auch umzusetzen. Deswegen kann ich nur an uns alle appellieren, die ehrliche Debatte tatsächlich zu führen: über eigene Fehlleistungen im Osten - davon haben wir genug -, aber natürlich auch über Sachverhalte, die aus einer gewissen Überheblichkeit resultieren, mit der man die nationale Aufgabe der Einigung Deutschlands vollziehen wollte.

Zugleich, meine Damen und Herren, ist festzustellen, dass der Verteilungskampf der Länder und Kommunen untereinander zunimmt. Strukturschwache Regionen und Kommunen in Ost und West brauchen eine Entwicklungsperspektive, einen Neuanfang der Bund-Länder-Kompetenzen, eine Entbürokratisierung, stabile kommunale Haushalte, eine Korrektur von Fehlentscheidungen in Ost und West, die auch zur Verschwendung von finanziellen Mitteln geführt haben.

Dabei ist aber insgesamt eine Besonderheit des Ostens zu beachten. Es gibt kein flächenmäßig größeres Gebiet, in dem Wachstumsschwäche, Arbeitslosigkeit und der Abbau von sozialen Funktionen derart gravierende Auswirkungen hat wie im

gesamten Osten Deutschlands. Es geht seit Mitte der 90er Jahre - so lange ist diese Entscheidung verschoben worden - um eine Grundsatzentscheidung. Die Nachwendezeit ist seit Mitte der 90er Jahre zu Ende. Die Alternative lautet in der Perspektive: selbsttragende innovative Entwicklung oder dauerhaft strukturschwache Regionen mit einigen wenigen Leuchttürmen oder Clustern.

Diese Grundsatzentscheidung - das war allen klar, die die Zahlen kannten, und ich unterstelle uns allen, dass wir die Zahlen seit Mitte der 90er kannten, den Abbruch der Wachstumsdynamik, den Rückgang von Wachstumsraten und die Zunahme der Arbeitslosigkeit - hätte Mitte der 90er Jahre gefällt werden müssen. Wir haben jetzt noch einmal eine Chance, weil der Solidarpakt uns bis 2019 Mittel generiert, aber, meine Damen und Herren, ab 2008 werden diese Mittel schrittweise zurückgefahren. Das heißt, wenn wir in der nächsten Legislaturperiode - gesellschaftliche Entwicklungen vollziehen sich nun einmal nicht in Legislaturperioden, sondern dauern länger - nicht ein grundsätzliches Umsteuern angehen, dann haben wir die Chance, die sich uns jetzt bietet, verpasst. Ich bin dafür, Chancen auch zu gestalten, weil ich finde, das wir das den Brandenburgerinnen und Brandenburgern schuldig sind.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren, ich gehe davon aus, dass die neue Phase in der gesamtdeutschen Entwicklung - die Vollendung der nationalen Aufgabe „Deutsche Einheit“ - in Brandenburg damit verbunden ist, dass wir eine Konsolidierungphase benötigen, in der das Umsteuern inhaltlich und institutionell eingeleitet wird. Niemand soll sich eine Illusion darüber machen, dass das kurzfristig möglich ist. Das Umsteuern wird mit Sicherheit ein oder zwei Jahre dauern. Aber gehen wir es jetzt nicht an, dann, glaube ich, verlieren wir die Chance, die uns geblieben ist, die wir noch haben, um eine selbsttragende Entwicklung besser zu unterstützen.

(Beifall bei der PDS)

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Schluss Ihres Beitrages!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich halte es für notwendig, unter anderem eine ehrliche Debatte darüber zu beginnen, wie die Solidarpakt-II-Mittel einzusetzen sind. Ich fordere uns alle auf, die 51 Milliarden Euro, die gegenwärtig noch nicht gesetzlich gesichert sind, gesetzlich einzufordern, sodass sie durch den Bund gesetzlich untermauert werden, weil hier natürlich die Begehrlichkeiten zunehmen. Ich fordere uns auf, Hartz IV zurückzustellen, weil es schlicht und ergreifend unmöglich ist, Hartz IV in der jetzigen Verfasstheit umzusetzen; die Berichte aus den Kreisen und Städten kennen Sie alle. Ich fordere uns auf, die Eigenkapitalschwäche der Brandenburger Unternehmen als eines der zentralen Probleme zu betrachten, die es anzugehen gilt. Wir werden sonst flächendeckende Insolvenzen und eine Zunahme von Arbeitslosigkeit haben. Und ich fordere uns auf, einen Umbau der ordnungsstaatlichen Fördersysteme vorzunehmen, sodass sie unseren Bedingungen entsprechen.

Herr Abgeordneter, kommen Sie zum Schluss!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und hoffe, dass diese Diskussion dazu beiträgt, die Debatte um die Ostförderung zu versachlichen. Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort geht an die CDU-Fraktion. Für sie spricht die Fraktionsvorsitzende Blechinger.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Angestoßen durch die Einschätzung der Kommission der Bundesregierung unter Leitung des ehemaligen Hamburger Bürgermeisters Klaus von Dohnanyi zu den bisherigen Ergebnissen der Ostförderung, hat sich eine neue politische Debatte entwickelt, die Chancen und Risiken für Brandenburg mit sich bringt. Die Diskussion über den Aufbau Ost an sich ist nicht neu. Zu groß sind die Probleme in unserer Region wie die hohe Arbeitslosigkeit, die zunehmende Abwanderung, schwaches Wirtschaftswachstum und wegbrechende Staatseinnahmen, als dass das Thema nicht ständig präsent wäre.

Erfolge des Aufbaus Ost, aber auch Misserfolge haben wir in Brandenburg ständig vor Augen. Die Menschen in den neuen Bundesländern wissen, dass der Aufbau Ost und der notwendige Strukturwandel nicht innerhalb von wenigen Jahren abgeschlossen sind. Neu an der jetzigen Debatte ist, dass der Verteilungskampf zwischen Ost und West deutlich herausgestellt wird.

Die Diskussion wird oft auf die einfache Formel gebracht: Der Aufbau Ost dauert zu lange, der Aufbau Ost kostet zu viel, die Erfolge sind nicht sichtbar. Grund genug für einige Politiker - und nicht nur Lokalpolitiker -, die Kürzung der Transferleistungen für den Osten einzufordern. Antworten auf die Frage, wie der im Grundgesetz verankerte Auftrag, gleichwertige Lebensbedingungen in allen Teilen Deutschlands herzustellen, erfüllt werden soll, bekommt man in diesem Zusammenhang nicht.

Meine Damen und Herren! Wir dürfen eine Darstellung des Aufbaus Ost, die die Erfolge und Leistungen der Menschen in Brandenburg sowie die wirtschaftliche und infrastrukturelle Entwicklung negiert, nicht hinnehmen, weil sie schlicht falsch ist. Wer in dieser Weise versucht, die Solidarität der Menschen aus dem alten Bundesgebiet und das Engagement unserer Bürgerinnen und Bürger kleinzureden, hat weder die Interessen des Ostens noch die Interessen Gesamtdeutschlands vor Augen.

(Beifall bei der CDU)

Das Gefährliche, das Risiko an einer so geführten Debatte ist, dass den Menschen bei uns im Land die Perspektiven und

Hoffnungen auf Arbeit und Wohlstand genommen werden. Dass Perspektivlosigkeit Probleme nicht löst, darf ich sicherlich unwidersprochen in den Raum stellen.

Es ist daher Aufgabe der Politik in den neuen Bundesländern, sich aktiv in die gegenwärtige Debatte einzumischen, und zwar nicht jammernd, sondern selbstbewusst, aber auch selbstkritisch. Wenn ich einerseits sehe, was in den letzten 14 Jahren in Brandenburg an strukturellen Änderungen und Aufbauleistungen vollbracht wurde, und andererseits sehe, wie viele Jahre, ja Jahrzehnte der Strukturwandel im Steinkohlenbergbau hinausgezögert wird, müssen wir uns und unsere Menschen sich nicht verstecken.

Aber selbstkritisch müssen Dinge, die im Land falsch gemacht wurden, benannt und korrigiert werden. Sonst laufen wir Gefahr, im Verteilungskampf, der durch die gegenwärtige Wachstumsschwäche und die damit zusammenhängenden Steuerausfälle eher noch zunimmt, denen in die Hände zu spielen, die den Aufbau Ost insgesamt infrage stellen.

Die Korrekturen sind insbesondere auch notwendig, um neue Perspektiven und Chancen für die Menschen in Brandenburg zu eröffnen. Ich möchte dazu vier Punkte nennen:

Erstens: Vollständiger Einsatz der Solidarpaktmittel für den Aufbau Ost. Nicht jeder Euro, den wir für den Aufbau Ost bekommen, wurde in den vergangenen Jahren auch für den Aufbau Ost eingesetzt. Der Solidarpakt II wurde mit dem weiterhin hohen infrastrukturellen Nachholbedarf und der finanziellen Schwäche unserer Kommunen durch die neuen Länder begründet. Dafür sind die Mittel in den kommenden Jahren komplett einzusetzen. Wenn uns das Umsteuern haushaltspolitisch nicht gelingt, werden wir den infrastrukturellen Nachholbedarf bis 2019 nicht abbauen. Andererseits wird die Zweckentfremdung dazu führen, dass uns die Mittel nicht mehr zur Verfügung gestellt werden. Dann haben wir die Situation, dass weder soziale Ausgaben noch der Infrastrukturausbau damit finanziert werden können. Das Umsteuern ist ohne Alternative!