Wir bleiben dabei: Mit dem geltenden Kindertagesstättengesetz haben wir einen guten gesetzlichen Rahmen geschaffen, der ganzheitliche Bildung, Erziehung, Betreuung und Versorgung in den Mittelpunkt stellt. Er gibt den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe und den Einrichtungsträgern Spielraum für eigenverantwortliches Handeln.
Zudem bezieht er die Familien ein. Kinder vom vollendeten 3. Lebensjahr haben bis zur Versetzung in die 5. Schuljahrgangsstufe einen Rechtsanspruch auf Erziehung, Bildung, Betreuung und Versorgung.
Nein. - Der Verantwortung der Eltern für die Erziehung und Betreuung von Kindern bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres messen wir bewusst große Bedeutung zu. Wir sagen aber gleichzeitig: Wenn die familiäre Situation es erfordert, ist auch in diesen Fällen Kindertagesbetreuung möglich, das heißt, dann greift der Rechtsanspruch. Der Begriff „familiäre Situation“ bezieht sich nicht nur auf die Erwerbstätigkeit, sondern auch auf den Erziehungsbedarf.
Liebe Kollegen von der PDS, wir lehnen Ihren Gesetzentwurf ab. Wir haben heute den Landeshaushalt eingebracht und von dessen Eckpunkten gehört. Im Hinblick auf viele Positionen ringen wir noch um Möglichkeiten, die finanziellen Mittel lockerzumachen, um noch das eine oder andere in den Landeshaushalt einstellen zu können. Ich sage nur: Landesjugendplan 2,8 Millionen Euro!
Sie legen heute einen Gesetzentwurf vor, der finanzielle Mittel in einer Größenordnung von schlappen 5 Millionen Euro zusätzlich binden soll.
Ich bin gleich fertig. - Das halten wir schlichtweg für unseriös. Ich fordere Sie auf, den derzeitigen gesetzlichen Rahmen vollinhaltlich auszufüllen. Lassen Sie uns weiterhin intensiv am Netzwerk Qualität arbeiten! Nehmen auch Sie bitte Einfluss
darauf, dass die Gesundheits- bzw. Reihenuntersuchungen vor Ort realisiert werden und dass wir endlich zu Rahmenvereinbarungen mit den Krankenkassen kommen. Sorgen Sie bitte mit dafür - da brauchen wir auch die Unterstützung der PDS -, dass die kommunalen Spitzenverbände die Grundsätze der Bildungsarbeit endlich akzeptieren. Das brauchen wir, damit wir den Erzieherinnen und Erziehern, aber auch den Jugendämtern mit ihren Praxisberatern vor Ort den Rücken stärken. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Vereinbarkeit von Beruf und Kindererziehung muss gefördert werden, zum Beispiel durch bessere Möglichkeiten außerfamiliärer Betreuung. So steht es im 4. Abschnitt des Parteiprogramms der Deutschen Volksunion. Der vorliegende Antrag entspricht also dem Parteiprogramm der DVU und wird deshalb auch von den Abgeordneten der Deutschen Volksunion hier im Landtag unterstützt.
Wir fragen uns allerdings, welche Beweggründe bzw. welchen ideologischen Hintergrund die Antragsteller haben könnten.
Schon die Nationalsozialisten wollten die Jugend so früh wie möglich in ihre Gewalt bekommen. Auch die heutigen Sozialisten wollen bei der Formung des sozialistischen Menschen möglichst früh anfangen.
Das war bei der SED so; das ist bei der PDS nicht anders. Sie wollen am liebsten alle Kinder im Kindergarten unter Ihrem Zugriff haben.
Dagegen steht vor allem der Grundgedanke, dass die Kindererziehung ehrenvolle Aufgabe der Eltern ist. Auch in Artikel 27 unserer Landesverfassung ist dies verankert: „Eltern haben das Recht und die Pflicht zur Erziehung ihrer Kinder“, können wir dort im zweiten Absatz lesen.
Doch so viele Gedanken ich mir auch über die wahren Absichten der marxistischen Kollegen mache, so mache ich mir doch wesentlich mehr Sorgen um unsere Kinder; denn leider - ich betone: leider! - gibt es zu viele Eltern hier im Land, die ihrer verfassungsgemäßen Erziehungspflicht nicht nachkommen können.
Die Zahl der Kinder, die bei den Schulantrittsuntersuchungen Entwicklungsdefizite aufweisen, ist Besorgnis erregend. Wenn die Kinder, deren Eltern mit ihrer Erziehungsaufgabe überfordert sind, im Kindergarten wären, könnten diese Defizite frühzeitig erkannt werden. Mit vergleichsweise geringem Aufwand könnte dann von besonders ausgebildeten Erziehern in den Kitas gegengesteuert werden. Ein sehr großer Anteil dieser Ent
wicklungsdefizite könnte auf diesem Wege verschwinden, oder, was sogar noch besser wäre, würde gar nicht erst auftreten.
Meine Damen und Herren, um es noch einmal ausdrücklich zu sagen: Wir von der Deutschen Volksunion sind nach wie vor der Meinung, dass die Eltern für ihre Kinder verantwortlich sein sollten. Es ist auch einsehbar, dass Eltern, die zu Hause sind, sich auch um die Betreuung ihrer Kinder kümmern. Doch leider ist es so, dass immer mehr Kinder gerade aus sozial schwachen Familien einer regelrechten sozialen und moralischen Verwahrlosung ausgesetzt sind. Ich möchte das nicht verallgemeinert wissen. Es ist aber leider so, dass sich etliche Eltern ihrer Verantwortung nicht bewusst sind und ihre Kinder gröblichst vernachlässigen. Wir sind der Meinung, dass diese Kinder in einer Kita besser aufgehoben sind als zu Hause. Nur aus diesem Grunde stimmen wir dem Antrag der PDS-Fraktion zu.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der PDS-Fraktion ist Polemik pur oder man könnte auch sagen, alter Wein in neuen Schläuchen. Seit der Gesetzesänderung 2001, also der Konditionierung der Rechtsansprüche, befassen wir uns permanent mit der Frage der Standards in den Kitas, aber weniger mit den Inhalten und mit dem, was in der Kindertagesstätte wirklich passieren soll, also mit der Bildung und der Erziehung in der Kindertagesstätte oder auch im Elternhaus. Das tun wir in drei Wochen im Bildungsausschuss, wie wir es kürzlich vereinbart haben.
Sie, meine Damen und Herren von der PDS, führen aus, dass Kinder vom vollendeten 2. bis zum vollendeten 3. Lebensjahr nur dann einen Rechtsanspruch auf Betreuung haben, wenn beide Elternteile berufstätig sind. Ein Blick in das Kita-Gesetz hätte genügt und sie hätten festgestellt, dass das nicht die Wahrheit ist. Kinder bis zum vollendeten 3. Lebensjahr haben ebenfalls einen Rechtsanspruch, wenn ein besonderer Erziehungsbedarf - der wird diagnostiziert - Tagesbetreuung erforderlich macht.
Natürlich ist es legitim, sich zu wünschen, dass alle Kinder so betreut werden, dass sie sich optimal entwickeln. Aber Kinder sind genauso wie wir 88 Abgeordnete, die hier sitzen, verschieden. Ein Teil der Kinder braucht die Familie, fühlt sich in ihr besonders wohl und kann dort Erziehung und Bildung sehr gut genießen. Es ist auch die vorderste Pflicht von Eltern, die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Es gibt natürlich auch einen Teil von Kindern - und die haben diesen Rechtsanspruch mit dem 2. Lebensjahr auch -, die in einer Kindertagesstätte gut und oft auch besser aufgehoben sind.
Frau Große sprach sehr deutlich über die Frage der Bildung in der Kindertagesstätte. Aus dem Bericht „Einschüler in Brandenburg - soziale Lage und Gesundheit“ aus dem Jahr 1999 geht hervor, dass zwischen 1994 und 1999 der Anteil der Ein
schüler, bei denen medizinisch relevante Sprach-, Sprech- und Stimmstörungen diagnostiziert worden sind, von 6 auf 9 % gestiegen ist. Das heißt, in einer Zeit, in der es einen uneingeschränkten Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung für Kinder von null bis zwölf Jahren in Brandenburg gab, ist der Anteil der Kinder mit Sprach-, Sprech- und Stimmstörungen um 3 % angestiegen. Das heißt für mich, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen staatlich uneingeschränkter Betreuung und Sprachentwicklung empirisch nicht zu geben scheint, wie Sie ausgeführt haben.
Die PDS vergisst bei ihren Forderungen, die sie hier in Brandenburg stellt, dass sie sich in unterschiedlichen Positionen befindet. Es genügt ein Blick nach Berlin oder Mecklenburg-Vorpommern. Sie hat unterschiedliche Denk- und Sichtweisen und artikuliert sie auch, wenn sie - wie hier in Brandenburg - Oppositionspartei ist. Anders sieht es aus, wenn sie - wie in Berlin in der Regierungsverantwortung steht.
Zwischen beiden Dingen liegen Welten. Ich möchte das auch begründen. In Berlin hat die PDS nichts dagegen gehabt, dass im Kita-Bereich Standards abgebaut wurden. So wurden in Berlin die Gruppengrößen erhöht, zahlreiche Kitas wurden geschlossen
In Brandenburg wollen Sie nun - Frau Lehmann hat es bereits angesprochen - zusätzlich 5 Millionen Euro ausgeben und es stört Sie nicht, dass diese 5 Millionen Euro quasi ein ungedeckter Scheck sind. So kennen wir Sie eigentlich seit Jahren. Sie produzieren einen ungedeckten Scheck nach dem anderen Gott sei Dank! nur verbal.
Sie kennen die finanzielle Situation des Landes; wir haben heute Morgen darüber gesprochen. Sie kennen aber auch die finanzielle Situation der Kreise und Kommunen. Die Erfüllung des konditionierten Rechtsanspruchs im 3. Lebensjahr aus dem Jahr 2003 entstammt dem kommunalen Entlastungsgesetz - Sie haben darüber schon gesprochen. Ich werfe Ihnen vor, dass Sie vor dem Hintergrund dieser Kenntnisse in allen Bereichen versuchen, die Standards zu erhöhen. Ich nenne noch einige Dinge: die Schülerfahrtkosten, einzügige Einheitsschulen, die sehr viel Geld kosten, das Kita-Gesetz. Insgesamt sind es - Herr Lunacek hat es heute früh gesagt - 400 Millionen Euro als ungedeckte Schecks. Das sind die Gründe, aus denen die Sozialdemokraten, aber auch die Christdemokraten dieses Landtages Ihrem Antrag nicht zustimmen werden. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus fachlicher Sicht wird vermutlich kaum jemand in diesem Haus dem vorliegenden Antrag der PDS widersprechen. Aber es waren ja auch nicht fachliche Gründe, die zu einer Einschränkung des Rechtsanspruchs geführt haben. Die Änderung diente ausschließlich dem Ziel, die Kommunen finanziell zu entlasten. Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, dass wir trotz dieser Einschränkung des Rechtsanspruchs mit unserem KitaGesetz bzw. der daraus resultierenden Versorgungsquote bundesweit immer noch eine Spitzenposition einnehmen.
Angesichts der schwierigen Haushaltslage des Landes bin ich sehr froh, dass die Landesregierung den Kita-Bereich aufgrund einer eindeutigen Prioritätensetzung in ihren Haushaltsbeschlüssen von Einsparungen prinzipiell ausgenommen hat.
Zusätzlich 5 Millionen Euro für diesen Bereich aufzubringen ist vor diesem Hintergrund völlig ausgeschlossen. Wir müssen uns auch leisten können, was wir uns leisten wollen.
Wenn wir wirklich über Verbesserungen in der Versorgungsstruktur nachdenken, dann würde ich persönlich in eine ganz andere Richtung gehen, als Sie vorschlagen. Ich bin ausdrücklich nicht dafür, die alternativen Angebotsformen auszuklammern, sondern würde mir stattdessen wünschen, dass solche Angebotsformen weiter ausgebaut werden könnten. Soweit sie alternativ zu Kita-Plätzen angeboten werden, könnte dies Geld sparen, mit dem wiederum Angebote zum Beispiel in Spielgruppen für die Kinder unterbreitet werden könnten, welche bisher keinen Rechtsanspruch haben.
Ich meine, wir sollten aufhören, in den einfachen Kategorien von mehr oder weniger zu denken. Wir sollten gemeinsam mehr Kreativität aufbringen, wie wir Dinge anders gestalten, um einerseits zu sparen und andererseits trotzdem möglichst den Bedarf zu decken. In dieser Richtung wollen wir die Entwicklung der Kindertagesbetreuung voranbringen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Rupprecht. - Wir sind damit am Ende der Rednerliste zu diesem Tagesordnungspunkt.
Die Fraktion der PDS beantragt die Überweisung des Gesetzentwurfs in der Drucksache 4/657 an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport. Wer diesem Ansinnen Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Das ist wohl die Mehrheit. Besteht jemand auf Auszählung? Ganz eindeutig ist das Ergebnis nicht. - Nein, es ist also eine Mehrheit. Damit ist der Überweisungsantrag abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung in der Sache. Wer den Gesetzentwurf in der Drucksache 4/657 annehmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit wurde der Gesetzentwurf mit knapper Mehrheit abgelehnt.