Ich muss in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass die privaten Rundfunk- und Fernsehanstalten noch auf dem Klageweg sind und dass fraglich ist, ob dieses in Zukunft in diesem Verhältnis, welches zum Teil ein Missverhältnis ist, so bestehen bleibt, denn mit der Erhöhung der Rundfunkgebühren, wie sie jetzt sehr maßvoll ausgestattet ist, aber trotzdem beschlossen wird, ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland bei knapp 8 Milliarden Euro, die zur Verfügung stehen, während es bei den Privaten nur knapp 5 Milliarden Euro sind.
Wir gehen davon aus, dass es sich bei dem Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag um die letztmalige Bestätigung eines zwingend reformbedürftigen sowie in seiner Struktur überholten Organisationsrahmens handelt.
Das heißt nicht, dass wir uns in Zukunft Diskussionen verweigern. Aber wir denken, dass der Ministerpräsident und die Rundfunkkommission der Länder viele Initiativen starten und unterstützen müssen, um vor allen Dingen die Grundversorgung neu und präzise zu definieren. Wir erwarten eine Beendigung der derzeitigen öffentlich-rechtlichen Programmexpansion und deren Rückführung auf ein vernünftiges Maß, also eine präzise Definierung der Grundversorgung. Nur so kann man unverhältnismäßige Zwangsbelastungen und weitere Belastungen der Gebührenzahler mindern.
Ich erinnere an ein Wort des früheren Umweltministers Töpfer, der sagte, man habe den Eindruck, es gebe immer mehr Programme und immer weniger Programm. Das stimmt. Wir haben über 80 Vollzeitprogramme, die noch gar nicht von allen empfangen werden können, das sind 60 Radioprogramme und über 23 TV-Programme, ohne regionale Fenster.
Ich denke, eine Intensivierung und Steigerung der Qualität wäre angezeigt. Das gilt natürlich alles nicht für zum Beispiel „Brandenburg aktuell“ und den „Landschleicher“, wofür sich manche Bürger im Land sogar den Wecker stellen.
Meine Damen und Herren, unsere Bürger sind verpflichtet, eine öffentlich-rechtliche Grundversorgung zu sichern bzw. zu unterhalten, die sich auf 83 Vollzeitprogramme summiert, und das sogar ohne die Möglichkeit, alle zu empfangen. Deswegen müssen Grundversorgung und Qualität, der Ordnungs- und Organisationsrahmen neu organisiert und definiert und die Empfehlungen, die von der KEF im letzten Bericht gegeben worden sind, wirklich eingehalten werden. Das sind Bedingungen, die wir formulieren. Sie sind die Grundlage dafür, in Zukunft überhaupt noch einmal über ähnliche Fragen der Änderung des Staatsvertrages und über Rundfunkgebühren zu reden.
Meine Damen und Herren, ansonsten unterstütze ich wie der Kollege Birthler die Empfehlung des Hauptausschusses. - Danke schön.
Vielen Dank. Die Position der Landesregierung trägt der Chef der Staatskanzlei vor. Bitte, Herr Staatssekretär Appel.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Der vorliegende Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist Ergebnis zäher Verhandlungen, in denen viele Vorstellungen und Wünsche geäußert worden sind. Natürlich lassen sich bei einer notwendigen Einstimmigkeit unter 16 Beteiligten nicht alle durchsetzen. Es handelt sich - ich sage das hier nochmals um einen Kompromiss.
Den Schwerpunkt des Änderungsstaatsvertrages bildet die vereinbarte und bereits mehrfach erwähnte Erhöhung der Hörfunk- und Fernsehgebühren um insgesamt 88 Cent. Die Regierungschefs haben bei ihrer Entscheidung von der im Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, von dem Vorschlag der KEF, nach dem eine Erhöhung von 1,09 Euro vorgesehen war, abzuweichen, wenn dies geboten ist. Wegen der deutlich angespannten wirtschaftlichen Lage, die für alle Teile der Bevölkerung große Herausforderungen und finanzielle Einschränkungen mit sich bringt, hielten die Regierungschefs eine Abweichung für begründet. Ich sage im Hinblick auf das Gutachten: Die rechtliche Begründung, Frau Kaiser-Nicht, trägt auch bei Abwägung der Argumente, von dem Gutachten abzuweichen. Sie ist meines Erachtens auch rechtlich noch vertretbar. Den Vertragspartnern war bewusst, dass dieser Gebührenbeschluss erhebliche Anstrengungen seitens der Rundfunkanstalten erfordert.
In diesem Zusammenhang begrüße ich ausdrücklich die von den Rundfunkanstalten vorgelegten Selbstverpflichtungserklärungen, die genau auf diesem Weg liegen. Sie bekräftigen ihren Willen, noch vorhandene Einsparpotenziale aufzuspüren und zu nutzen. Hiermit haben sie gezeigt, dass auch sie sich den Herausforderungen, die sich aus der allgemeinen wirtschaftlichen Lage ergeben, konstruktiv stellen wollen. Die im Gegenzug im Rahmen der Novellierung des Rundfunkgebührenstaatsvertrages vorgesehenen Vereinfachungen der Gebührenbefreiungstatbestände werden ebenfalls zu Einsparungen führen. Vor diesem Hintergrund ist der Gebührenbeschluss als sachgerecht und angemessen anzusehen.
Die nunmehr in den Rundfunkgebührenstaatsvertrag übernommene Befugnis der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, auf die in der Bundesrepublik zulässige Adressbeschaffung zurückzugreifen, dient dazu - das mache ich hier noch einmal deutlich -, Schwarzseher aufzuspüren. Diese Vorschrift ist aus Gründen der Rundfunkgebührengerechtigkeit geboten. Jeder Rundfunkteilnehmer ist verpflichtet, solidarisch einen Beitrag zur angemessenen Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu leisten. Das ist erforderlich, um diesen in die Lage zu versetzen, die ihm verfassungsrechtlich zugewiesenen Aufgaben auch zu erfüllen.
Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich darauf hinweisen, dass es auch Aufgabe des Gesetzgebers ist, für Gebührengerechtigkeit zu sorgen. Erlauben Sie mir, weil von Eingriffsverwaltung die Rede war, den Hinweis, dass nach meiner Kenntnis der Rundfunkteilnehmer dies immer noch freiwillig ist. Ich
kenne noch keine Zwangsmitgliedschaft. Darum ist es auch juristisch absolut in Ordnung, dass die Sender Schwarzseher ermitteln können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zur Verfahrenserleichterung sind in Zukunft die Befreiungstatbestände an die Bescheide geknüpft, aufgrund derer soziale Leistungen erfolgen. Insoweit wird auch hier entbürokratisiert.
Alles in allem ist der vorgelegte Staatsvertrag aus Brandenburger Sicht als gelungener Kompromiss zu bezeichnen. Meine Damen und Herren, ich bitte Sie deshalb um Ihre Zustimmung zu diesem Gesetz. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke, Herr Staatssekretär. - Wir sind damit am Ende der Rednerliste angelangt. Ihnen liegen der Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 4/207 sowie die Beschlussempfehlung und der Bericht des Hauptausschusses in Drucksache 4/569, über die ich jetzt abstimmen lasse, vor. Wer der Beschlussempfehlung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Mit einer merklichen Anzahl von Gegenstimmen und Stimmenthaltungen ist das Gesetz angenommen.
Es wurde vereinbart, dazu keine Debatte zu führen, sodass wir gleich zur Abstimmung kommen. Wer dieser Beschlussempfehlung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Gesetzentwurf einstimmig angenommen worden.
Sozial statt marktradikal - diese EU-Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt muss verhindert werden!
Die Debatte wird mit dem Redebeitrag der PDS eröffnet. Frau Abgeordnete Stobrawa, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der vergangenen Europaausschusssitzung wurde in Bezug auf die EU-Dienstleistungsrichtlinie festgestellt, Europa werde häufig zum Buhmann gemacht für Entscheidungen, deren Ursachen allerdings häufig in Deutschland liegen. Man solle sich, so wurde gesagt, die Richtlinie genau ansehen und nicht einfach mit Schlagwörtern hantieren. Beidem stimmt meine Fraktion ausdrücklich zu.
Dennoch ist nicht zu übersehen: Die Ansätze der PDS-Fraktion unterscheiden sich erheblich von denen der Koalitionsfraktionen. Das verwundert uns schon angesichts der zunehmenden Kritik am Entwurf in der deutschen Öffentlichkeit, an der sich bisher mit Ausnahme des Handwerkskammerpräsidenten von Frankfurt (Oder) nach eigenem Bekunden auch die CDU-Fraktion beteiligt. Allerdings habe ich so meine Zweifel bekommen, nachdem ich den Antrag gelesen habe. Er bleibt nicht nur hinter dem zurück, was SPD, PDS und CDU im Europaausschuss schon ausgehandelt hatten, ehe der Unvereinbarkeitsbeschluss der Christdemokraten mal wieder zuschlug, nein, es ist vor allen Dingen auch viel weniger, als die CDU am 30. November in ihrer „Brüsseler Erklärung“ von Brüssel aus verkündete. Das kann ich mir eigentlich nur so erklären: Es gab heftigen Gegenwind von sozialdemokratischer Seite.
Nachdem SPD-Mitglieder im Europaausschuss mit dem Thema „Dienstleistungen am Binnenmarkt“ zunächst nichts anzufangen wussten, nachdem der Bundeskanzler zunächst bekennender Anhänger des Kommissionsentwurfes war und Wolfgang Clement bis heute tapfer gegen die neue Meinung von Gerhard Schröder und die alte der Bundesgrünen kämpft, war anderes auch nicht zu erwarten. Ministerpräsident Platzeck hatte bei seinem Treffen mit dem Verband der Freien Berufe auch die Richtung vorgegeben. Ein bisschen Kritik darf sein, aber um Himmels willen ja nicht zu viel.
Die Erwartung der Kollegin Richstein, der Ministerpräsident werde nun auch aktiv gegenüber der Bundesregierung werden, war zugegebenermaßen etwas überzogen.
Der Antrag der PDS-Fraktion ist kein Schnellschuss. Seit mehreren Jahren setzt sich unsere Partei mit der Gestaltung der europäischen Rahmensetzung für Dienstleistungen auseinander. Wir haben das hier im Landtag getan, Vertreter unserer Fraktion haben dazu in Brüssel Gespräche geführt und auch die PDS-Abgeordneten im Europäischen Parlament sind an diesem Thema dran. Wir haben vor und nach den Europawahlen im Land über dieses Thema diskutiert - gerade auch mit Kommunalpolitikern, die die Gefahren der Richtlinie für die Brandenburgerinnen und Brandenburger sehr wohl erkennen.
Ich habe mich sehr gefreut, dass sich die SPD- und die PDSFraktion in Berlin - anders als das bei den hiesigen Regierungsfraktionen der Fall ist - klar gegen den Kommissionsentwurf ausgesprochen haben.
Die Kommission hat Änderungen angekündigt. Die Ankündigung war aber mit der Ansage verbunden, dass man am Herkunftslandprinzip nicht rütteln werde. Herr Sabathil, der Leiter der Vertretung der Kommission in Deutschland, hat dies bestätigt. Im Herkunftslandprinzip liegt aber unserer Meinung nach der grundsätzlich falsche Ansatz dieses Entwurfs. Deshalb reicht es nicht, wie Herr Schröder, Herr Platzeck und die Koalitionsfraktionen meinen, den Kreis der Ausnahmen vom Herkunftslandprinzip zu erweitern und einige andere Regelungen etwas zu entschärfen.
Die PDS spricht sich für die Schaffung eines EU-Binnenmarktes für Dienstleistungen aus; denn das ist gut für die Verbraucherinnen und Verbraucher und es ist gut für die Schaffung neuer Arbeitsplätze - wohl nicht 600 000, wie die Kommission in Aussicht stellt, aber immerhin. Es ist dringend notwendig, die Rahmenbedingungen für grenzüberschreitende Dienstleistungen innerhalb der Europäischen Union zu vereinfachen, darin stimme ich sogar mit Herrn Karney überein. Allerdings wird das Zusammengehörigkeitsgefühl in der EU 25 nur dann wirklich wachsen, wenn man den zweiten Schritt nicht vor dem ersten tut. Man darf also nicht erst den Binnenmarkt erweitern und dann die Regeln für sein Funktionieren bestimmen. Erst muss die Steuer-, Arbeits-, Sozial- und Umweltgesetzgebung der Mitgliedsstaaten weiter harmonisiert werden und dann kann sich der Binnenmarkt auf der Grundlage vergleichbarer Konditionen entwickeln.
Würde der Binnenmarkt für Dienstleistungen aber nach den Plänen der Kommission gestaltet werden, würde angesichts der Arbeitskosten im Industrie- und Dienstleistungssektor in der EU 15 und in der EU 10 dem gnadenlosen Kampf um die niedrigsten Sozial-, Arbeits- und Umweltstandards Tür und Tor geöffnet. Ich verweise auf den „Spiegel“ von vergangener Woche; darin war dies Thema. Die Zahl der Arbeitslosen - über 5 Millionen sind es in Deutschland - wird dann nicht nur nicht sinken, sondern weiter in die Höhe schnellen. Daran haben nicht nur die Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik, sondern auch die Bürger in den anderen Mitgliedsstaaten kein Interesse. Wenn diese Entwicklung dann noch mit grundsätzlich fehlenden Kontrollmöglichkeiten für die Behörden der Länder, in denen Dienstleistungen durch ausländische Dienstleister erbracht werden, gepaart ist, kommt es zur Katastrophe.
Dass das Subsidiaritätsprinzip nicht über das erforderliche Maß hinaus eingeschränkt wird, wie es im Koalitionsantrag heißt, scheint sich selbst bei SPD und CDU herumgesprochen zu haben. Eine solche Entwicklung würde europafeindlichen Kräften weiteren Auftrieb geben. Wir sehen es auch heute wieder anhand eines Entschließungs- bzw. Änderungsantrags. Wie man angesichts der gesellschaftlichen Debatte, angesichts der unterschiedlichen Verordnung der Kritiker der Grundkonstruktion des Entwurfs, auch vor dem Hintergrund abnehmender EU-Strukturförderungen für Brandenburg, einen solch butterweichen Antrag formulieren kann, wie Sie es getan haben, ist mir schleierhaft.
Das Handwerk braucht eine Dienstleistungsrichtlinie, aber nicht die jetzt vorliegende, formulierten die drei Brandenburger Handwerkskammern vor zwei Wochen. Dieser Gedanke steht klar über unserem Antrag; dies ist aber nicht der Antrag der Koalitionsfraktionen. Deshalb werden wir Ihren Antrag auch ablehnen. - Ich danke.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Gerade hat es einen spannenden Wettbewerb um die Ansiedlung eines großen Dienstleistungsunternehmens gegeben; es ging um 600 neue Arbeitsplätze bei mehr als 100 europäischen Tochterfirmen von BASF. Gewonnen hat die größte Stadt in Brandenburg: Berlin gegen Bratislava. Es geht also. Das Angebot an gut qualifizierten Arbeitskräften hat dafür den Ausschlag gegeben.