Wer möchte in dieses Land investieren, wenn er riskieren muss, dass er und seine Mitarbeiter angegangen, irgendwelchen dumpfen Nazi-Parolen ausgesetzt werden oder ihnen womöglich die Bude über dem Kopf abgefackelt wird? Ich habe dafür Verständnis, dass Menschen so reagieren. Darum denke ich, dass Rechtsextremismus dieses Land eher spaltet und die Menschen verhetzt. Wir brauchen aber Aufbau und Zusammenhalt.
Im Kampf gegen Rechtsextremismus müssen wir aber vor allem den Jugendlichen so etwas wie einen emotionalen Anker bieten. Wir müssen ihnen signalisieren und deutlich erklären, was Heimat ist, dass Heimat nichts mit Blut und Boden zu tun hat, dass sie nichts damit zu tun hat, dass man irgendetwas gegen irgendjemanden erkämpfen muss, sondern dass Heimat etwas ist, woher die Verbundenheit mit den eigenen Wurzeln kommt, dass Heimat etwas ist, was man lieben und mitentwickeln kann und sollte. Wir sollten uns nicht scheuen, den Begriff Heimat auch in diesem Sinne in die Landschaft zu tragen und ihn so mit jungen Menschen zu diskutieren. Wir sollten den Begriff Heimat erst recht nicht den Rechtsextremen überlassen.
Darum ist es auch wichtig, dass wir unsere Programme für ein tolerantes Brandenburg fortführen. Darum ist es auch wichtig, dass wir unser 610-Stellen-Programm nicht auf ein 410-Stellen-Programm absenken. Wir als Parlament werden in den nächsten Tagen verhandeln, damit wir eine Lösung finden, um diese Programme vernünftig weiterzuführen,
damit wir die Menschen, die dort arbeiten, auch in Zukunft als Transmissionsriemen für die brandenburgische Jugend nutzen können.
Wir fordern an dieser Stelle die Gesellschaft auf, sich auch schon bei den geringsten Anzeichen von Rechtsextremismus einzumischen.
Jeder, der sich hier einmischt, zeigt damit deutlich, dass er gegen Rechtsextremismus und somit für Brandenburg ist. Ich bitte, aus diesem Grunde diesem Antrag zuzustimmen. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Oktober 2000 verabschiedete der Landtag Brandenburg mit den Stimmen der drei demokratischen Parteien den Beschluss „Gegen Rechtsextremismus und fremdenfeindliche Gewalt - für ein tolerantes und weltoffenes Brandenburg“. Der heutige Antrag trägt denselben Titel.
Dafür, dass Sie als Präsident dieses Landtages die Initiative zu diesem Antrag ergriffen, gebührt Ihnen, Gunter Fritsch, ausdrücklich der Dank der PDS-Landtagsfraktion.
Sie haben durch Ihr bedachtes Handeln verhindert, dass sich die Initiative in ihr Gegenteil verkehrt.
Auch in Brandenburg steigt die Zahl rechtsextremer Delikte von Jahr zu Jahr an. Wurden 2001 noch 907 Fälle registriert, so mussten im vergangenen Jahr 1 051 Delikte mit eindeutig rechtsextremistischem Hintergrund festgestellt werden. Besonders bedenklich ist die Tatsache, dass mit 131 Fällen die Zahl rechter Gewaltdelikte in Brandenburg weiter zunahm.
In diesem Zusammenhang möchte ich an die Ausstellung erinnern, die vor kurzem im Landtag gezeigt worden ist. Initiiert vom „Verein Opferperspektive“ gedachte sie der Opfer rechter Gewalt seit 1990 in Deutschland, der mindestens 93 Menschen, die seit 1990 durch Gewalttaten mit rechtsextremem Hintergrund ums Leben kamen. Von vielen Toten ist nicht einmal ein Foto bekannt; sie haben in der Öffentlichkeit kein Gesicht und mitunter auch keinen Namen. Diese 93 Toten sind eine erschreckende Bilanz für das angeblich so zivilisierte und tolerante Land Bundesrepublik.
Ich erinnere an die schreckliche Gewalttat in Potzlow, bei der ein 16-Jähriger auf bestialische Art ermordet wurde. Ich erinnere an den kürzlich abgeschlossenen Prozess gegen eine Gruppe von Jugendlichen im Havelland, die organisiert und planmäßig Brandanschläge auf Imbissbuden verübte, die von Ausländern betrieben wurden. Vor wenigen Tagen gab es in Rheinsberg erneut einen Brandanschlag auf einen Döner-Imbiss, der einem kurdischen Mitbürger die Existenzgrundlage nahm. Ich erinnere an die Schändung jüdischer Friedhöfe, an Nazi-Schmierereien, braune Hetzparolen und Übergriffe auf linke Jugendeinrichtungen, zum Beispiel das Dosto in Bernau.
Es war höchste Zeit, auch mit dem Mittel des Verbots gegen rechtsextreme Gruppierungen wie die „Kameradschaft“ in Rathenow vorzugehen.
Fakt ist, dass rechtsextreme, neofaschistische Auffassungen immer wieder einen Nährboden finden und in der Gesellschaft weiter verbreitet sind, als allgemein wahrgenommen wird. Darauf macht auch eine aktuelle Studie der Professoren Niedermeyer und Stöss aufmerksam. Davor darf niemand die Augen verschließen.
Die Bekämpfung des Rechtsextremismus verlangt ein möglichst breites gesellschaftliches Vorgehen, vor allem die Bündelung aller demokratischen Kräfte gegen Rechts. Das ist eine wichtige Lehre aus der Zeit der faschistischen Gewaltherrschaft in Deutschland.
Eine weitere ist: Rechte Gefahr darf - egal, in welchem Gewand sie erscheint - nicht verharmlost werden! Die DVU ist in ihrem Geiste ebenso eine rechtsextreme Partei wie die NPD oder die Republikaner. Wer wie die DVU „Arbeit nur für Deutsche“ plakatiert, stellt sich bewusst in die Tradition des deutschen Faschismus.
Wenn wir gerade im Jahr des 60. Jahrestages der Befreiung Lehren aus der Geschichte ziehen, sollten wir immer die historische Warnung ernst nehmen, dass das Erstarken des Faschismus in Deutschland nicht nur wegen der Unterstützung durch die damals Herrschenden und durch das Großkapital möglich war, sondern vor allem auch wegen der Uneinigkeit und damit der Schwäche der demokratischen Kräfte. So etwas darf sich in Deutschland niemals wiederholen!
Es ist wichtig, dass gerade im unmittelbaren Umfeld des 60. Jahrestages der Befreiung des deutschen Volkes vom Hitlerfaschismus in diesem hohen Haus ein Antrag zustande gekommen ist, zu dem alle drei demokratischen Fraktionen beigetragen haben. Sein Wert besteht vor allem darin, dass ungeachtet aller Differenzen und Unterschiede bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus wichtige Gemeinsamkeiten bestimmt werden. Damit wurde eine gute Grundlage auch für künftiges gemeinsames Handeln gegen Intoleranz und Menschenverachtung geschaffen.
In Brandenburg wurde bereits 1997 das „Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit“ geschaffen. Seit 1998 gibt es das Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“. Auf dessen Grundlage entstand eine Vielzahl von lokalen Initiativen. Der Landtag hat sich wiederholt mit der Umsetzung des Konzeptes befasst. Wir halten die Entscheidung, den Berichtsrhythmus von einem auf zwei Jahre zu verlängern, angesichts des Anwachsens der Zahl rechtsradikaler Gewalttaten für nicht mehr zeitgemäß.
Mehr als problematisch jedoch sind die aktuellen Streichungen von Finanzzuschüssen für das Konzept „Tolerantes Brandenburg“, das Aktionsbündnis sowie den Verein „Opferperspektive“.
Im Rahmen der Haushaltsberatungen sollten wir gemeinsam überlegen, wie wir dafür sorgen können, dass die finanzielle Grundlage für die Arbeit dieser Initiativen gesichert wird. Insofern bin ich über die klaren Worte zum 610-Stellen-Programm froh.
Mit dem vorliegenden Antrag erhält die Bekämpfung des Rechtsextremismus in Brandenburg neue Impulse. Er ist konkrete Anleitung zum Handeln. Er soll nicht nur die Einrichtungen auf Landesebene wie das Aktionsbündnis, den Landespräventionsrat und die Mobilen Beratungsteams stärken, sondern auch möglichst viele örtliche Initiativen anspornen. Es liegt an uns allen, den Beschluss - wenn wir ihn denn fassen; davon ge
he ich aus - mit Leben zu erfüllen und dem Rechtsextremismus in unserem Land schrittweise den Boden zu entziehen. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die beiden demokratischen Fraktionen von SPD und CDU haben in den vergangenen Wochen intensiv an einem Antrag gegen Rechtsextremismus gearbeitet. Er liegt Ihnen - leicht abgewandelt - vor.
Extremismus, insbesondere Rechtsextremismus, ist in Brandenburg ein ernstes Problem. Die jüngsten Ereignisse um das Verbot der überwiegend in Brandenburg tätigen „Kameradschaft Hauptvolk“ und ihrer Jugendorganisation „Sturm 27“ unterstreichen dies. Sie verdeutlichen auch die Aktualität dieses Antrags hier und heute. Beide Gruppen werden für zahlreiche in den vergangenen Jahren begangene Gewalttaten und für Propagandadelikte verantwortlich gemacht. Mitgliedern dieser Organisationen werden nach Angaben des Verfassungsschutzes Überfälle auf Linksgerichtete, Schikanierung von Asylbewerbern, Hetze gegen die jüdische Bevölkerung, Leugnung des Holocaust, Verherrlichung von Nazi-Größen und Ähnliches mehr vorgeworfen.
Wir begrüßen deshalb das besonders entschlossene Vorgehen des Innenministers Jörg Schönbohm gegen solche extremistischen Umtriebe. Wir begrüßen es ferner, dass die Landesregierung in Gänze dieses Vorgehen trägt. Von hier muss klar das Signal ausgehen: Extremisten, Rechtsextremisten haben in Brandenburg keinen Boden und werden bei uns nicht geduldet!
Rechtsextremismus ist in Brandenburg ein ernstes Problem. Andere Bundesländer, aber auch andere Nationen haben ähnliche Probleme. Ich erinnere daran, dass es selbst in den für Toleranz und Weltoffenheit bekannten Niederlanden, aber auch in osteuropäischen Staaten, die unter der NS-Gewaltherrschaft wahrlich schwer gelitten haben, solche Verirrungen gibt.
Als Besonderheit kommt bei uns in Brandenburg wie auch in den übrigen neuen Ländern die hohe Gewaltbereitschaft der Extremisten hinzu. Sie schrecken vor Brandschatzungen und selbst vor Tötungsdelikten nicht zurück.
Ursache für diese Tendenzen ist die fehlende Orientierung insbesondere vieler junger Menschen. Wir beklagen einen hohen Verlust an Bindungen in unserer Gesellschaft sowie an Werten, die unsere Gesellschaft tragen. Seien es christliche oder humanistische Werte - alle sind in ihrer Bedeutung zurückgedrängt worden.
Wir haben auch keine gute Tradition aus der Zeit der ehemaligen DDR. Nicht Toleranz und Achtung vor der Meinung und
der Lebensauffassung des Einzelnen standen damals im Vordergrund, sondern Intoleranz, Gleichschaltung und Uniformität waren staatliche Maxime.
Ich verweise darauf, wie mit den Arbeitern, die seinerzeit aus, wie man sagte, „Bruderländern“ kamen, umgegangen wurde. Sie waren quasi interniert, Kontakte zur Bevölkerung wurden vermieden, sie wurden schlecht bezahlt. Ich erinnere daran, wie mit den russischen Truppen umgegangen wurde. Mein Vater hat in den 70er Jahren versucht, einen russischen Soldaten zur Weihnachtsfeier einzuladen; das war nicht möglich. Bis auf staatlich verordnete gemeinsame Feiern war damals nichts auf persönlicher Ebene möglich.
Der Antrag ist wichtig, um Position zu beziehen, damit ganz klar ist, wo das Parlament steht. Wir stehen zu den präventiven Maßnahmen, seien es das Konzept „Tolerantes Brandenburg“ oder der Landespräventionsrat. Wir unterstützen das konsequent harte Vorgehen bei der Repression gegen Rechtsextremisten. Auf diesem Gebiet ist in den letzten Jahren viel geschehen. Die Möglichkeit der Beschlagnahme von rechtsextremistischem Material ist ausgeweitet worden. Wer heute in Brandenburg Hetzjagden auf Asylbewerber veranstaltet, dessen Auto kann beschlagnahmt werden. Wenn CDs rechtsextremistischen Inhalts gefunden werden, können auch die Player beschlagnahmt werden. Diese Möglichkeiten sind sehr ausgeweitet worden. Unter Fachleuten ist unstrittig, dass die Schraube hier bis zum Anschlag angezogen ist. Hier wird gegen Rechtsextremisten harte Kante gezeigt. Dies sollten wir mit aller Kraft unterstützen. Das ist unsere Aufgabe.
Herr Scharfenberg, wenn Sie es als Vorsitzender eines Innenausschusses vorziehen, Sondersitzungen wegen einiger Festplatten durchzuführen, dann kann ich Ihnen nur sagen: Diesen Vorgang zu skandalisieren hilft nicht. Es hilft, den Innenminister in dem Anliegen zu unterstützen, konsequent gegen den Rechtsextremismus vorzugehen. Das ist unsere Aufgabe.
Extremisten versuchen, den Menschen weiszumachen, es gebe für Probleme einfache Lösungen; sie haben immer Schuldige, auf die sie mit dem Finger zeigen. Beispiele dafür sind die unsägliche und populistische Art und Weise, wie vonseiten der NPD und der DVU gegen die Arbeitsmarktreformen im letzten Jahr Front gemacht wurde, sowie die Hetzparolen gegen den Staat und politische Verantwortungsträger: Es wurde polemisiert, es wurde verunsichert, man hat versucht, den Menschen Angst zu machen.
Auch die PDS hat sich bereitwillig in dieses Boot gesetzt und mitgetan. Die PDS wollte diesen Antrag, den wir erarbeitet haben, mit unterzeichnen. Muten Sie uns das bitte nicht zu. Sie haben immer noch Gruppierungen wie die Kommunistische Plattform in Ihren Reihen, die offen und unverblümt die freiheitlich-demokratische Grundordnung und damit die Selbstbestimmung des Einzelnen infrage stellt und noch immer keine klare Distanz zur zweiten deutschen Diktatur der DDR hat.