Ähnlich wie in Berlin sollen Sitzungen der brandenburgischen Landtagsausschüsse grundsätzlich öffentlich abgehalten werden. Dies forderten Sie doch auch, Herr Landtagspräsident Fritsch. Auch Sie, Herr Baaske, Frau Fischer und Frau Funck, machten sich gegenüber der Presse dafür stark, dass Ausschusssitzungen öffentlich stattfinden sollen. Wieso dann jetzt - gelinde gesagt - diese Zurückhaltung bei unserem Antrag?
Stattdessen verstecken Sie sich alle hinter der Tatsache, dass die Geschäftsordnung im Hauptausschuss erst noch verabschiedet werden muss, und werfen uns bezüglich unseres Antrags präjudizierendes Verhalten hinsichtlich der weiteren Ausschussberatungen vor. Welch Heuchelei!
Unser Antrag ist eben nicht, wie von Ihnen behauptet, ein reiner Geschäftsordnungsantrag, sondern ein Signal an die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes für mehr parlamentarische Transparenz.
Es ist erst in einigen Monaten damit zu rechnen, dass der Hauptausschuss den Entwurf der neuen Geschäftsordnung vorlegt. Wir sind der Meinung, dass bis dahin alle Ausschüsse, insbesondere auch der Hauptausschuss, öffentlich tagen sollten, damit der Bürger Ihnen, meine Damen und Herren, auf die Finger schauen kann und bei den Beratungen zur neuen Geschäftsordnung sieht, ob Sie es mit Ihrer hier verkündeten neuen Offenheit wirklich ernst meinen.
(Schulze [SPD]: Herr Nonninger, gehen Sie einmal in sich, auch auf die Gefahr hin, dort niemanden anzutref- fen!)
Herr Nonninger, ich halte die Ordnung im Landtag gern selbst ein. - Ich richte das an alle Betroffenen: Wir sollten nicht allzu schweres Geschütz gegeneinander auffahren. Keine Gewalt bitte!
Wenn unser Antrag dazu dient, bei Ihnen eine Perestroika gegenüber Ihrem bürgerfernen Gehabe zu bewirken, so hat sich die präjudizierende Wirkung wirklich gelohnt. Wir als DVUFraktion werden den Bürgerinnen und Bürgern draußen im Land zu erklären wissen, wer sich für Bürgernähe und Transparenz im Landtag einsetzt, nämlich wir - die DVU-Fraktion.
Mit einer grundsätzlichen Öffnung der Ausschüsse könnte auch der zunehmenden Parlamentsverdrossenheit deutlich entgegengewirkt werden. Schließlich wird immer wieder der Wunsch nach größerer Beachtung der Arbeit des Landtags laut, um dem Bild eines leeren Plenarsaals und dem damit verbundenen Eindruck von Faulheit oder Desinteresse der Landtagsabgeordneten in der Öffentlichkeit zu begegnen.
Die Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen bietet doch Möglichkeiten zur besseren Außendarstellung der Arbeit der Abgeordneten. Die Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen könnte zu mehr Rationalität des politischen Willensbildungsprozesses beitragen, fachgerechte Berichterstattung in den Medien ermöglichen und damit den Landtag wieder näher an seine Wähler heranführen.
Öffentlichkeit der Ausschüsse gäbe dem Bürger einen guten Einblick in die Arbeit des Landtags und seiner Abgeordneten und führte damit zur besseren Nachvollziehbarkeit der Prozesse parlamentarischer und politischer Arbeit. Die gründliche Information der Bürgerinnen und Bürger, die Offenlegung von Sinn und Ziel einer neuen gesetzlichen Regelung, die öffentliche Diskussion aller Argumente sind doch - da werden Sie mir zustimmen - ein unverzichtbarer Teil jedes Gesetzgebungsprozesses.
Nur wenn die Transparenz der parlamentarischen Abläufe und der Mitgestaltungsmöglichkeiten der Bürger erhöht und deren Teilnahme am Parlamentarismus gefördert sowie Minderheitsrechte im Parlament gestärkt werden, kann der zunehmenden Demokratieverdrossenheit der Bürgerinnen und Bürger entgegengewirkt werden.
Ich möchte noch ein Wort zur Toleranz hier im Hause verlieren: Ich weiß, dass ich schwerbehindert bin und eine Sprachstörung habe. Wenn sich Herr Schulze einbildet, über Schwerbehinderte herziehen zu können, dann muss ich sagen: Das ist unter der Würde des hohen Hauses.
Die DVU-Fraktion hat namentliche Abstimmung über ihren Antrag in Drucksache 4/20 beantragt. Ich eröffne die Abstimmung und bitte um das Verlesen der Namen.
Die namentliche Abstimmung hat ergeben, dass sechs Abgeordnete dem Antrag zugestimmt haben. 66 Abgeordnete haben dagegen gestimmt.
Ich schließe damit diesen Tagesordnungspunkt und bitte zu akzeptieren, dass Herr Christoph Schulze eine persönliche Erklärung abgeben möchte. - Bitte.
Herr Präsident! Werte Kollegen! Herr Nonninger, es tut mir Leid, ich wollte Ihnen persönlich nicht zu nahe treten. Im Handbuch des Landtages ist nicht verzeichnet, dass Sie
schwerbehindert und mit einer Sprachstörung geschlagen sind. Es tut mir Leid. Ich möchte mich dafür entschuldigen. Allerdings konnte ich das auch nicht wissen. Es ist nicht allgemein öffentlich bekannt, dass Sie schwerbehindert sind. Ich meine, dass ich auf diesen Punkt in Zukunft nicht zurückkommen werde, aber ich möchte auch festhalten, dass wir hier nicht im „Häkelkurs“ sind, sondern in einem Landtag, in dem es auch harte politische Auseinandersetzungen gibt, und wer sich dem stellt, muss das dann auch aushalten.
Das war eine persönliche Erklärung des Abgeordneten Schulze. - Herr Nonninger, Sie hatten sich gemeldet. Das ist zur Geschäftsordnung möglich. Wir können jetzt nicht in eine Debatte eintreten. Ich muss korrekt vorgehen. Ich hatte gesagt, Herr Schulze habe sich zu einer persönlichen Erklärung gemeldet, und wir wollen die Sache jetzt nicht weiter verfolgen.
Bundesratsinitiative zur Änderung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. September 2003
Ich eröffne die Aussprache und erteile der Frau Abgeordneten Fechner das Wort, die für die einbringende Fraktion spricht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gab einmal eine Zeit - lang, lang ist es her -, da wurden Politiker dafür gewählt und bezahlt, dass sie wussten, wo es langgeht. Heute, in Zeiten globaler Verwirrung, bekommen sie ihre Gehälter und Diäten dafür, dass sie Leute kennen, die angeblich wissen, was zu tun ist. Diese werden in alle möglichen Expertenkommissionen berufen, in denen sie dann raten, was die Regierung tun soll.
Einer dieser so genannten Berater hat in Deutschland bereits eine sprichwörtliche Größe. Ich meine den Wirtschaftsprofessor und VW-Manager Peter Hartz.
Hartz IV ist für die derzeitige Bundesregierung, einschließlich ihrer Pseudoopposition, angeblich die heiß ersehnte Wundermedizin für den siechenden Arbeitsmarkt, für Millionen Betroffene dagegen die lebensbedrohlichste Schröpfkur, die die Berliner Kurpfuscher diesem Volk je verordnet haben.
Doch anders als die durch Hartz IV in Armut und Not Gedrängten bleiben den derzeit Regierenden ebenso wie ihren ach so klugen Beratern aufgrund der anhaltenden Ratlosigkeit ihre Pfründe auf lange, lange Jahre gesichert.
Der Präsident des größten deutschen Sozialverbandes, des VdK Deutschland, Walter Hirrlinger, erklärte kürzlich gegenüber der Presse:
„Mit Hartz IV tun sich Koalition und Opposition keinen Gefallen. Mit der Zusammenlegung von Arbeitslosenhil
fe und Sozialhilfe haben sie sich ein sozialpolitisches Armutszeugnis ausgestellt. Verlierer von Hartz IV sind Arbeitslose, die wegen Krankheit, Schwerbehinderung oder Alter nur schwer vermittelbar sind.“
Arbeitslose würden - so Herr Hirrlinger weiter - unter Druck gesetzt, unterqualifizierte und billige Jobs anzunehmen und damit den Billiglohnsektor zu schaffen. Die so genannte Reform blähe die bereits vorhandene Bürokratie zudem weiter auf.
Dem ist eigentlich seitens unserer DVU-Fraktion nichts hinzuzufügen. Doch inzwischen zweifeln selbst führende deutsche Verfassungsjuristen daran, ob Hartz IV mit dem Grundgesetz überhaupt vereinbar ist.
Prof. Heinrich Lang, Verfassungsrechtler an der Universität Köln, machte beispielsweise auf mögliche Probleme mit der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes aufmerksam.
Uwe Berlit und Ralf Rothkegel - beide am Bundesverwaltungsgericht als Richter tätig - hegten in wissenschaftlichen Ausarbeitungen Zweifel daran, ob die Vorgaben von Hartz IV überhaupt noch rechtsstaatlichen Prinzipien entsprächen.
Zweifelhaft - so die beiden Bundesverwaltungsrichter - sei auch, ob die neuen Regelsätze, die die Höhe der Leistungen für den Lebensunterhalt bestimmten, dem Verfassungsgebot einer ausreichenden Existenzsicherung überhaupt genügten.
Schon die bisherigen Hartz-Gesetze I bis III sollten neue Beschäftigungsmöglichkeiten schaffen. In Wirklichkeit haben sie keinerlei Arbeitsplätze geschaffen. Die Vermittlung von Leiharbeit durch Personalserviceagenturen erwies sich als Flop. So wurden im Jahr 2003 statt der geplanten 350 000 nur 15 600 Menschen in Dauerarbeitsplätze vermittelt. Die meisten IchAGs sind von vornherein zum Scheitern verurteilt und bringen nur eingesessene kleine und mittelständische Betriebe durch diese Konkurrenz zusätzlich um Aufträge.