Protokoll der Sitzung vom 27.10.2004

(Zuruf der Abgeordneten Osten [PDS])

dass er mit dem Thema „Hartz IV“ hinter uns liegt, weil wir jetzt endlich auch in diesem Hause fachlich und sachlich die Umsetzung von Hartz IV diskutieren können. Populismus wird es hierbei nicht geben; jedenfalls wird er beim Thema „Hartz IV“ keine Chance haben.

Das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt regelt im Wesentlichen die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu einem einheitlichen Leistungssystem der Grundsicherung für Arbeitsuchende sowie die Schaffung einheitlicher Strukturen für die Leistungsbezieher in den Arbeitsgemeinschaften oder kommunalen Anlaufstellen im Falle der optierenden Kommunen.

Die Landesregierung Brandenburg hat sich in der zurückliegenden Legislaturperiode sowie im Vermittlungsverfahren immer eindeutig dafür ausgesprochen, die beiden steuerfinanzierten Fürsorgesysteme Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe zu

sammenzuführen. Auf dieser Grundlage hat das Arbeitsministerium in den zurückliegenden Monaten das Hartz-IV-Gesetzgebungsverfahren aktiv begleitet. Seit März arbeiten die Landesregierung, die Arbeitsverwaltung, die kommunalen Spitzenverbände und die Kommunen in dieser Angelegenheit intensiv zusammen. Ziel ist es sicherzustellen, dass die neue Grundsicherung pünktlich ab Januar 2005 ausgezahlt wird und dass die Vermittlung von Langzeitarbeitslosen ab dem kommenden Jahr deutlich verbessert wird. Hauptakteure sind die Agenturen für Arbeit sowie die Kreise und kreisfreien Städte vor Ort.

Hauptanliegen des nun vorliegenden Gesetzentwurfs ist es darauf hat die Ministerin bereits verwiesen -, die notwendigen Ausführungsbestimmungen zu Hartz IV für Brandenburg zu beschließen. Das Gesetz regelt die Zuständigkeiten auf Landesebene hinsichtlich Aufsicht und zuständiger Landesbehörde, die Möglichkeit der Heranziehung von Ämtern und amtsfreien Gemeinden zur Aufgabendurchführung seitens der Landkreise sowie Grundsätzliches zur Weiterleitung von Bundes- und Landesmitteln an die kommunale Ebene.

Auf die betroffenen Arbeitslosengeld-II-Empfänger hat das Gesetz keine direkte Auswirkung. Bezüglich der Auswirkungen auf die kommunalen Kassen sind, denke ich, zwei Punkte hervorzuheben:

Erstens: Die vom Bund zugesagte Beteiligung an den Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von zunächst 29,1 % wird über das Land zügig 1 : 1 an die Kommunen weitergegeben.

Zweitens: Des Weiteren wird das Land nach dem vorliegenden Entwurf seine Einsparungen beim Wohngeld an die Kommunen weiterreichen. Wie auch in den anderen Bundesländern werden aber die Belastungen für das Land durch die Umsatzsteuer im Zusammenhang mit dem durch Hartz IV ausgelösten Finanzausgleich gegengerechnet.

In Brandenburg werden fünf Landkreise - Spree-Neiße, Uckermark, Oberhavel, Ostprignitz-Ruppin und Oder-Spree - die Option nach dem SGB II wahrnehmen. Das heißt, für eine Erprobungszeit von zunächst sechs Jahren wollen sie die Betreuung von Langzeitarbeitslosen komplett übernehmen. Die Landesregierung wird mit dem vorliegenden Gesetzentwurf auch diesem Anliegen gerecht, indem bundesrechtliche Vorschriften hierfür organisatorisch und verfahrensrechtlich umgesetzt werden.

Lassen Sie mich an dieser Stelle auch sagen, dass wir beide Wege, Optionsmodell und Arbeitsgemeinschaft, genauestens verfolgen werden. Das wird nicht nur über die eingesetzte Monitoring-Gruppe und die Ombudsleute geschehen, sondern auch wir selbst werden dies als Abgeordnete vor Ort tun.

Ich möchte bei allen beteiligten Abgeordneten in den zuständigen Ausschüssen dafür werben, den Gesetzentwurf im Parlament zügig zu beraten. Wir befürworten, den vorliegenden Entwurf schon im kommenden Monat in 2. Lesung zu beraten, sodass das Gesetz dann auch verabschiedet werden kann.

Nach dem Verfahren der Erarbeitung des Entwurfs auf Regierungsebene werden die kommunalen Spitzenverbände auch in der Ausschussberatung des Landtags die Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Hier kann ich den Kollegen von der PDS beruhigen: Wir werden morgen bei der Konstituierung des

Ausschusses einen entsprechenden Antrag auf Anhörung einbringen. Wir werden die dann dort gegebenen Hinweise einer ernsthaften Prüfung unterziehen.

Zum Schluss möchte ich gern - das ist mir wichtig - einen kurzen Appell formulieren. Ich bitte alle Verantwortlichen in den Kreisen, kreisfreien Städten, Kommunen sowie auch bei den Arbeitsagenturen vor Ort, die notwendigen Entscheidungen für die Umsetzung von Hartz IV zügig zu treffen. Sie müssen hierfür nicht auf den Tag der Verabschiedung des Ausführungsgesetzes warten. Der Bund gewährt im SGB II entsprechende Spielräume, das jetzt - viele tun es schon - auch wirklich umzusetzen. Also nutzen Sie diese und konzentrieren Sie sich auf die reibungslose Umsetzung von Hartz IV! Es verstecke sich bitte niemand vor Ort hinter Rechtskonstruktionen.

Im Namen der SPD-Fraktion empfehle ich die Überweisung des Gesetzentwurfs zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie sowie an den Ausschuss für Inneres und den Ausschuss für Haushalt und Finanzen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die DVU-Fraktion spricht die Abgeordnete Fechner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung soll der Ausführung der Hartz-IV-Gesetzgebung dienen. Wir, die DVU-Fraktion, lehnen bekanntlich das Hartz-IV-Gesetz in seiner jetzigen Form ab. Wir haben dazu einen entsprechenden Aufhebungsantrag gestellt und halten anstelle von Hartz IV völlig neue Regelungen für erforderlich, Regelungen, welche den betroffenen Arbeitslosen helfen und sie nicht wie Hartz IV ohne realistische Perspektive massenhaft und dauerhaft in Armut stürzen. Dieser Gegenvorschlag, die Alternativlösung zu Hartz IV und nicht Hartz IV light à la PDS, kommt in einer der nächsten Sitzungen von uns auf die Tagesordnung.

Darüber hinaus ist aus Sicht unserer Fraktion noch Folgendes festzustellen: Auch die Vorläufer von Hartz IV, also Hartz I, II und III, gehören noch einmal auf den Prüfstand. Vor diesem Hintergrund, meine Damen und Herren, unterhalten wir uns über den hier vorliegenden Gesetzentwurf. Wir als DVU-Fraktion müssen und werden diesen Gesetzentwurf ablehnen.

Begründung:

Erstens: Wir, die DVU-Fraktion, sind nicht von den Bürgern in dieses Parlament gewählt worden, um sozusagen Nibelungentreue vor dem Herrn, konkret dem Bundeskanzler und seinem rot-grünen Reformmurks, walten zu lassen.

Zweitens: Wir, die DVU-Fraktion, haben in dieser Sitzung beantragt, die unerträgliche Hartz-IV-Gesetzgebung per Bundesratsinitiative zu beseitigen. Dazu benötigen wir ganz sicher nicht das Ausführungsgesetz der Landesregierung.

Drittens: Wir, die DVU-Fraktion, werden in der nächsten Sit

zung einen Antrag einbringen, der völlig anderes beinhaltet als Hartz IV und Hartz IV light à la PDS.

Auch für unseren folgenden Antrag benötigen wir nicht dieses Ausführungsgesetz der Landesregierung und deshalb lehnen wir den vorliegenden Gesetzentwurf ab.

Noch einen letzten Satz: Für auftretende Unannehmlichkeiten, die mit der Nichtannahme dieses Gesetzentwurfs verbunden sind, sind nicht wir als DVU-Fraktion verantwortlich, sondern Hartz IV. Die Verantwortung dafür tragen diejenigen, die diesem rot-grünen Regierungskauderwelsch in Gestalt von Hartz IV uneinsichtig und unbelehrbar nach wie vor folgen. Auch das sind nicht wir von der Deutschen Volksunion, sondern das ist diese Landesregierung. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Für die CDU-Fraktion spricht die Abgeordnete Schulz. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist klar: Es geht um die organisatorische und verfahrensrechtliche Umsetzung des SGB in landesrechtliche Regelungen. Das ist hier schon deutlich geworden. Ich kann nur noch sagen: Wir sollten diesen Gesetzentwurf zügig und sehr schnell beraten, weil die Beteiligten auf das Gesetz warten. Ich bin nicht der Auffassung, dass sich die Beteiligten dahinter verstecken oder verstecken könnten.

Ich hoffe, Herr Otto, das hohe Haus überweist den Antrag in die Ausschüsse, damit dort eine qualifizierte Beratung und Mitberatung ermöglicht wird.

Wenn ich mir eine Bemerkung noch erlauben darf: Die Zuweisung der Wohngeldersparnis des Landes an die kommunalen Träger wird sicher einer der spannenden Punkte unter „Lösungsansätze B“ in dem Gesetzentwurf sein, ansonsten ist meines Erachtens alles dazu gesagt worden. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Die Fraktionen der SPD und der CDU beantragen die Überweisung des Entwurfs des Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch im Land Brandenburg (Bbg AG- SGB II) - Drucksache 4/14 - zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie sowie an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen und an den Ausschuss für Inneres. Wer diesem Überweisungsantrag folgt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Überweisung bei drei Gegenstimmen beschlossen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 5 und wir kommen zum Tagesordnungspunkt 6:

1. Lesung des Gesetzes zur Außerkraftsetzung des Gesetzes zu dem Staatsvertrag vom 26. April 2004 über die Errichtung gemeinsamer Fachobergerichte der Länder Berlin und Brandenburg sowie zur Änderung der Verfassung des Landes Brandenburg und anderer Gesetze

Gesetzentwurf der Fraktion der DVU

Drucksache 4/16

in Verbindung damit:

Kündigung gemäß Artikel 33 Absatz 1 des Staatsvertrages über die Errichtung gemeinsamer Fachobergerichte der Länder Berlin und Brandenburg vom 26.April 2004

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 4/18

Ich eröffne die Aussprache. Für die einbringende Fraktion spricht der Abgeordnete Schuldt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Außer Spesen nichts gewesen. - Jetzt, nachdem sich die Landesregierung, bestätigt durch die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten heute Morgen, offen von der Länderfusion im Jahre 2009 verabschiedet hat und sich deswegen im offenen Streit mit dem Berliner Senat befindet, geht es um Schadensbegrenzung. Schadensbegrenzung deshalb, weil wir nicht warten können, bis im Zuge eines in Gang gesetzten OVG-Umzugs für den Landeshaushalt nachteilige Fakten geschaffen worden sind, meine Damen und Herren. Dass eine länderübergreifende Fusion von Obergerichten dauerhaft Bestand haben muss, habe ich bereits in meinen Redebeiträgen zur 1. und 2. Lesung des Gesetzes zum Staatsvertrag über die Errichtung gemeinsamer Fachobergerichte ausgeführt. Über die verfassungsrechtlichen und umsetzungstechnischen Bedenken, insbesondere aber über die Kostenfolge, brauche ich mich heute nicht mehr groß zu äußern. Das habe ich in meinen damaligen Redebeiträgen ausführlich getan.

Mit dem Staatsvertrag über die Errichtung gemeinsamer Fachobergerichte und dem Ratifikationsgesetz bewegt sich das Land Brandenburg derzeit auf sehr dünnem Eis. Das Land begibt sich eines wesentlichen Teiles seiner dritten Gewalt. Der Gegenstand des Staatsvertrages und des Gesetzes, die Judikative als wesentliches Element unserer Landessouveränität mit derjenigen von Berlin zusammenzuführen, und das trotz der Vielzahl begründeter Bedenken dienstrechtlicher, personeller und haushalterischer Art, hatte schließlich eine großartige Prämisse, die bereits in der Präambel des Staatsvertrages ausgedrückt wird:

„Die Länder Berlin und Brandenburg gehören historisch zusammen und stehen nicht zuletzt in einer gemeinsamen Rechtstradition. Sie bilden für viele Menschen einen einheitlichen Lebensraum.“

Weiter heißt es zur Gerichtsfusion:

„Dieses geschieht nicht nur mit dem Willen, eine effiziente Justizstruktur in der Region Berlin-Brandenburg aufzubauen, sondern auch in der Hoffnung, das weitere Zusammenwachsen der Länder zu fördern.“

Bereits in der Präambel steht, dass eine der wesentlichen Vertragsgrundlagen die Aussicht auf eine in absehbarer Zeit durchgeführte Länderfusion ist, meine Damen und Herren. In meiner Rede zur 2. Lesung des Gesetzes habe ich wiederholt darauf hingewiesen, was geschehen wird, wenn die Fusion unserer Länder erneut scheitert.

Heute, gerade eineinhalb Monate nach der Landtagswahl, hat sich diese Befürchtung schneller bewahrheitet, als man damals dachte. Die Landesregierung hat sich vom bisherigen Zeitplan für die Länderfusion bis zum Jahre 2009 endgültig verabschiedet. Ein nur noch am Rande geäußertes Postulat, „die Landesregierung bekennt sich dazu“, ist indes ohne jegliche Verbindlichkeit, ohne jegliche politische Verlässlichkeit und mithin nichtig. Dies wird vor allem dadurch deutlich, dass sich die Koalitionsfraktionen einhellig darauf geeinigt haben, die Frage der Länderfusion gar nicht in ihren Koalitionsvertrag aufzunehmen, ja nicht einmal in irgendeinem Satz auch nur zu benennen. Die damit letztlich in den Bereich der Spekulation gerückte Perspektive einer Länderfusion - der Ministerpräsident hatte dies heute Morgen ausdrücklich geäußert; in diesem Jahrzehnt passiert jedenfalls nichts mehr - bedeutet damit letztlich nichts anderes als den Wegfall der Vertragsgrundlage, nämlich den in der Präambel des Staatsvertrages niedergeschriebenen Willen der Landesregierung, die Länderfusion in einem überschaubaren Zeitraum zu realisieren.