(Vietze [Die Linkspartei.PDS]: Das ist sehr richtig; das haben in der letzten Sitzung schon Frau Tack, Frau Weh- lan und Herr Schulze gesagt!)
Das ist das eine Argument. Das andere, was mich ebenfalls sehr berührt, ja sogar richtig wütend macht, ist die Scheinheiligkeit dieser DVU.
Wir hatten vor längerer Zeit eine Sitzung des Fachausschusses für Gesundheit und Soziales, in dem es um das Thema Ärztemangel in Brandenburg ging. Speziell haben wir die Situation der niedergelassenen Ärzte in der Lausitz betrachtet. Wir haben festgestellt, dass wir in einzelnen Regionen bereits einen Ärztemangel haben. Aufgrund dessen, dass das Alter der niedergelassenen Ärzte sehr hoch ist, werden wir diesbezüglich in den nächsten Jahren fast vor einem Kollaps stehen.
Nun zur Scheinheiligkeit der DVU: Die Kollegin der DVU im Fachausschuss fragte ganz scheinheilig, warum sich eigentlich keine ausländischen Ärzte in dieser Region niederlassen und den Ärztemangel abdecken. Heute bekommen wir vor dem Hintergrund die Frage serviert: Könnte es denn sein, dass ausländische Ärzte möglicherweise deutschen niedergelassenen Ärzten Arbeitsplätze wegnehmen? - Das ist doch der Hintergrund Ihrer Frage.
Diese Scheinheiligkeit finde ich gleichermaßen unerträglich. Sie muss offen gelegt werden. Jeder muss wissen, wo Sie, die Damen und Herren der DVU, stehen.
Warum stellen Sie nicht die Frage: Wie könnte die Landwirtschaft noch ohne EU-Mittel leben? Das war schon vor der EUOsterweiterung so.
Warum fragen Sie nicht: Wie könnten wir hier in Brandenburg unseren Arbeitsmarkt finanzieren, wenn wir die EU nicht hätten?
Diese Fragen stellen Sie wohlweislich nicht. Stattdessen kommen von Ihnen ideologisch geprägte Fragen.
Frau Lehmann, ist Ihnen bekannt, dass Deutschland der größte Nettozahler in der EU ist? All die Gelder, die wir aus Brüssel bekommen, haben wir fast doppelt eingezahlt.
Mit den Geldern, die wir aus den verschiedensten Fördertöpfen für die verschiedensten Bereiche bekommen, schaffen wir Werte, die unseren Brandenburger - und damit deutschen; ich erwähne das, weil Sie „deutsch“ immer wieder betonen - Unternehmen, Arbeitgebern und Arbeitnehmern, sehr wohl zugute kommen. Fahren Sie durch das Land Brandenburg! Es ist ländlich geprägt. Die Mittel für die Dorferneuerung stammen aus dem Dorferneuerungsprogramm, aus Geldern der EU. Davon profitieren Brandenburgerinnen und Brandenburger. Das finde ich völlig in Ordnung. Das ist gut so. So soll und so muss es bleiben.
Klar ist - ich denke, darin sind wir uns alle einig -: Nur ein starkes Europa kann im globalen Wettbewerb dauerhaft bestehen. Aus diesem Grunde sind Anlaufschwierigkeiten - es gibt sie; wir wollen sie nicht vom Tisch wischen - als Ansporn für künftige Verbesserungen anzusehen. So sollten wir die Dinge sehen.
Die EU-Mitgliedsstaaten dürfen keinesfalls gegeneinander ausgespielt werden. Das ist aber ebenfalls ein Hintergrund Ihrer Fragestellungen.
Von dieser Stelle aus soll noch einmal die klare Botschaft ausgehen: Die Bundesrepublik ist ohne EU-Osterweiterung nicht mehr denkbar. Das ist auch gut so! - Danke.
Recht herzlichen Dank. - Die Linkspartei.PDS hat Redeverzicht angezeigt, die CDU-Fraktion ebenso. Auch von der Landesregierung habe ich Redeverzicht signalisiert bekommen.
Frau Abgeordnete Fechner, Sie haben demzufolge noch einmal das Wort. Ihnen stehen noch knapp zwei Minuten zur Verfügung.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Lehmann, ich habe Sie bisher als fachkompetente Person kennen gelernt. Das, was Sie soeben von sich gegeben haben, lässt daran gewisse Zweifel aufkommen.
Ich komme auf besagte Ausschusssitzung zu sprechen, in der ich beanstandet habe, dass polnische oder andere ausländische Ärzte aus Brandenburg abwandern. Hintergrund ist, dass pol
nische oder tschechische Ärzte hierher kommen und eine Arbeitserlaubnis für Brandenburg erhalten; weil insbesondere hier Ärzte fehlen. Diese Ärzte benutzen die Arbeitserlaubnis für Brandenburg oftmals als Sprungbrett, um in die westlichen Bundesländer abzuwandern. Meine Frage zielte darauf, wie man es schaffen kann, diese Ärzte, die nur für Brandenburg eine Arbeitserlaubnis erhalten haben, in Brandenburg zu halten.
Es ist traurig genug, dass wir auf dem Papier über genügend Ärzte verfügen und dennoch auf ausländische Fachkräfte angewiesen sind. Es ist traurig genug, dass wir Ärzte aus Polen oder Tschechien abziehen. Auch dort werden Ärzte gebraucht; für ihre Ausbildung hat man dort viel Geld bezahlt.
Wir wollten mit der Großen Anfrage wissen, ob die Landesregierung über gesicherte Erkenntnisse verfügt. Die Landesregierung stellt sich ständig hin und lobt die EU-Osterweiterung. Sie spricht sogar davon, dass sich die Chancen auf Arbeit und Einkommen verbessert hätten. Wir wollten konkret wissen: Wie haben sich die Chancen verbessert? Die Landesregierung hat darauf keine Antwort, sie behauptet immer nur.
Dass der Landesregierung bewusst ist, dass sie mit Behauptungen agiert, die sie in keiner Weise beweisen kann, wird auch daran deutlich, dass sie hierzu Redeverzicht angezeigt hat. Sie hätte jetzt die Möglichkeit gehabt, Stellung zu beziehen. Aber um ehrlich zu sein: Mir ist es lieber, die Landesregierung schweigt, als dass sie alles schönredet. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Ich beende die Aussprache. Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 14 der DVU-Fraktion ist damit zur Kenntnis genommen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der eine oder andere in diesem Hause kennt vielleicht die alte Volksweisheit „Gelegenheit macht Diebe“. Das soll nicht dazu führen, Bürger
unserer neuen EU-Staaten unter Generalverdacht zu stellen, aber auf die Tatsache hinweisen, dass sich zusätzlich zu unseren Bürgerinnen und Bürgern vermehrt solche der neuen EUMitgliedsstaaten bei uns in Brandenburg aufhalten, wohl auch aus Drittstaaten, und die neuen EU-Mitgliedsstaaten als Transitländer nutzen.
Das Öffnen von Grenzen eröffnet mehr Möglichkeiten, mehr Bewegungsfreiheit und sozusagen mehr Gelegenheit - leider nicht nur für rechtschaffene Bürger, sondern auch für Ganoven. Das kann und darf man bei den Planungen für unsere innere Sicherheit nicht außer Acht lassen. Wer das Gegenteil behauptete, meine Damen und Herren, hätte ideologische Tomaten auf den Augen. Das ginge an der Lebenswirklichkeit und den Tatsachen vorbei. Nur darum geht es hier.
Das will heißen: Wir müssen uns der Wirklichkeit nach der EU-Osterweiterung stellen und daraus für die innere Sicherheit Brandenburgs die richtigen Schlüsse ziehen. Dafür eine Grundlage zu schaffen war und ist Anliegen unserer Großen Anfrage.