Protokoll der Sitzung vom 14.12.2005

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ministerpräsident hat zu Beginn seiner Regierungserklärung gesagt, Brandenburg sei ein Land in Bewegung. Das möchte ich ausdrücklich unterstreichen. Diese Bewegung muss ein Aufbruch sein. Wir wollen einen Aufbruch und wir brauchen einen Aufbruch für Brandenburg, damit es besser wird, damit mehr Arbeit entsteht, damit unsere Kinder hier bleiben und damit die Menschen optimistisch in die Zukunft schauen. Wir wollen, dass sich Brandenburg bewegt, und zwar nach vorn. Nur mit Bewegung überwinden wir Probleme, schaffen wir Wohlstand und soziale Sicherheit.

Stillstand bedeutet Rückschritt. Bewegung bedeutet Fortschritt, aber sie muss in die richtige Richtung gehen. Unsere Richtung ist nach vorn. Das ist die Richtung der Koalition aus SPD und CDU hier in Brandenburg. Ihre Richtung als Linkspartei.PDS ist es, zurückzublicken, und die Richtung der DVU ist es, ganz weit zurückzublicken. Das ist nicht die Zukunft für Brandenburg.

(Zurufe von der Linkspartei.PDS: Oh, oh!)

Frau Kaiser, wir wollen den Menschen Chancen geben. Sie wollen Ihnen sagen, was sie zu machen haben. Wir wollen Freiräume eröffnen. Sie wollen sie bevormunden. Das unterscheidet uns.

(Zuruf des Abgeordneten Vietze [Die Linkspartei.PDS])

Meine Damen und Herren, unsere Aufgabe hier im Parlament ist es, diesen Aufbruch voranzutreiben, ihm den Weg freizuräumen. Die vor uns liegenden Aufgaben sind groß, aber wir können und wir werden sie bewältigen. Diese Aufgaben lassen sich präzise umschreiben: Konzentration auf unsere Stärken, bessere Bildung für unsere Kinder, neue Freiräume für Unternehmen. Wir wollen außerdem, dass unsere Bürger sicher leben: sozial sicher, aber auch sicher vor Kriminalität.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von der Linkspartei.PDS: Sie wollen sie bevormunden!)

Wir sind dafür gewählt, das Land nach vorn zu führen. Wir dürfen uns nicht am Mittelmaß orientieren, sondern an den Besten. Dafür müssen wir mutig entscheiden. Wir können es aber nicht allen recht machen, auch das unterscheidet uns von der Opposition. Die Opposition muss nicht entscheiden, erweckt den Eindruck, es allen recht machen zu können, und bewegt in Wahrheit überhaupt nichts.

(Sarrach [Die Linkspartei.PDS]) : Das war vielleicht Ihr Selbstverständnis!)

Meine Damen und Herren, wir werden nur erfolgreich sein, wenn wir aus der Vergangenheit lernen, wenn wir einerseits aus den Fehlern die richtigen Konsequenzen ziehen und andererseits ganz konsequent an Erfolgen anknüpfen.

(Sarrach [Die Linkspartei.PDS]) : Fangen Sie doch endlich an! Das ist die zweite Wahlperiode!)

Wir haben in Brandenburg viele Erfolge zu verzeichnen. Das kann man nicht oft genug wiederholen. Wir haben sehr viele gelungene, erfolgreiche Projekte und Ansiedlungen in Brandenburg: Mehr als 50 erfolgreiche Großansiedlungen, von MTU in Ludwigsfelde bis BASF in Schwarzheide, und viele tausend kleine und mittelständische Unternehmen, die erfolgreich arbeiten. Wir täten gut daran, das Positive voranzustellen und dadurch das Bild und das Image von Brandenburg nach außen zu verbessern und unseren Bürgern Mut zu machen.

(Beifall bei der CDU)

Die besten Entscheidungen führen nicht zum Erfolg, wenn wir die Menschen außer Acht lassen. Sie sind es, für die wir handeln. Sie sind es, die eingebunden werden müssen, die überzeugt und mitgenommen werden wollen. Das ist Verpflichtung für uns alle, die wir hier das Volk vertreten. Diese Verpflichtung gilt ebenso für die Opposition. Opponieren heißt nämlich nicht, als Narr durchs Land zu laufen und alles mies zu machen. Das haben die Brandenburger als Gegenleistung für das, was sie geleistet haben, nicht verdient.

Wenn wir zusammenstehen, werden wir die Dinge im Land so vorantreiben, dass die Menschen eine Zukunft haben. Dafür muss Wachstum gesichert werden. Dafür muss Innovation angestoßen werden. Dafür muss das Gemeinwesen sozial und gerecht gestaltet werden. Dafür muss unsere Jugend eine Perspektive haben.

(Zuruf von der Linkspartei.PDS: Wer macht das?)

Wir müssen die Kräfte freisetzen und richtig organisieren.

(Zuruf von der Linkspartei.PDS: Was haben Sie in den letzten fünf Jahren getan?)

Unsere Brandenburger sind fleißig, hoffnungsfroh und haben das Herz am rechten Fleck. Sie wissen, wer etwas erreichen will, muss sich anstrengen und Leistung bringen. Sie wissen aber auch, dass die Schwachen nicht zurückgelassen werden dürfen.

Meine Damen und Herren, die Regierungspolitik steht mittlerweile inmitten einer grundsätzlichen Umwälzung bisheriger Handlungsstrategien. Diese Neugestaltung ist zwingend notwendig. Ich sage: Sie war überfällig, um die 90er Jahre endgültig hinter uns zu lassen und den Blick nach vorn zu richten. Brandenburg tritt damit in eine neue Phase ein. Wir lassen alte Strategien hinter uns und führen neue ein.

Wenn ich von einer neuen Phase spreche, bedeutet das die Weiterentwicklung unseres Landes. Die Menschen in Brandenburg haben in den letzten Jahren mehrere solcher Schritte durchlaufen. Ich erinnere daran, dass das nicht immer einfach war. Phase eins war die unmittelbare Nachwendezeit, die Umbruchphase, in der das totalitäre DDR-Regime abgeworfen und ausgekehrt wurde. Auf der einen Seite wurde mit Elan aufgebaut und umgebaut. Es herrschte das völlig Neue. Die Menschen gewannen eine Zukunft in Freiheit und viele neue Möglichkeiten. Auf der anderen Seite gingen dabei nicht alle Wünsche in Erfüllung und es gibt Menschen, die enttäuscht wurden. Dies gilt genauso für die Landespolitik: Es gab Erfolge und auch Fehler.

Die Privatisierung der Wirtschaft erfolgte in hohem Tempo.

es hat sich an vielen Stellen - nicht an allen - sichtbares Wachstum eingestellt. Oftmals ist das kostbare Nass auch versickert. Unter den künftigen Bedingungen müssen wir das, was entstanden ist, zielgerichtet unterstützen und im Umfeld Neues ansiedeln. Mehr Effizienz, zielgerichtete Förderung, Stärken stärken - das ist die neue Förderpolitik.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Dort, wo Stärken gestärkt werden können, heißt es klotzen und nicht kleckern.

Die CDU-Fraktion steht ausdrücklich zu dieser neuen Politik. Wir haben maßgeblich - gemeinsam mit der SPD - dazu beigetragen, dass sie im Koalitionsvertrag verankert wird, und wollen sie gemeinsam vorantreiben, weil sie erfolgreich sein wird.

Ulrich Junghanns gebührt Respekt dafür, die Branchenförderung in ihrer gesamten Breite zukunftsfähig gestaltet zu haben. Dieser Prozess war schwierig. Dazu gehörte die komplette Analyse unserer Stärken und Schwächen. Seine Definition von Branchenschwerpunkten ist bei Experten zu Recht auf Lob gestoßen. Diese Vorgehensweise ist solide und verlässlich. Wir orientieren uns damit daran, was entstanden ist und Zukunftspotenziale aufweist - ein klares, nachvollziehbares System. Das ist auch der Abschied vom Prinzip „Wünsch dir was!“.

Unser Ansatz vergisst im Übrigen die Menschen in den berlinfernen Regionen nicht. Hier hat es in der Debatte Irritationen gegeben. Förderfähige Branchenschwerpunkte sind in nahezu allen Regionen Brandenburgs entstanden und erhalten künftig besondere Zuwendung.

Im Übrigen - auch das hat der Ministerpräsident ausgeführt werden die kleinen und mittleren Unternehmen mit Investitionen bis 2,5 Millionen Euro - es handelt sich um eine sehr große, die überwiegende Zahl im ländlichen Raum - auch weiterhin höchste Fördersätze erhalten. Das ist ein Signal vom Land. Wir wollten die Unternehmen, wir haben ihre Ansiedlung unterstützt und wollen sie auch weiter unterstützen. Sie sind gewünscht, werden gefördert und wir werden ihnen helfen, wo wir es können.

Ich sage auch ganz klar: Die Menschen können stolz auf die Entwicklung des Landes sein, die es trotz der schwierigen Umstände genommen hat. Wenn Sie den Blick auf unsere Branchenschwerpunkte richten, sehen Sie, was alles geleistet wurde und wo das Land seine Stärken hat. Dahinter stehen die Menschen, die fleißig ihren Beitrag dazu leisten, dass es weiter vorangeht. In der Vielseitigkeit unserer Branchen spiegelt sich die Modernität unseres Landes wider. Hierin liegt unsere Stärke von der Luftfahrttechnik über die Kunststoffproduktion und Optik bis hin zur Kraftstoffproduktion. Bereits heute wird ein Drittel des deutschen Biodiesels in Brandenburg produziert. Rolls-Royce und MTU bauen und entwickeln bei uns Flugzeugtriebwerke. Wir haben die BASF im Land. ALTANA und BRAHMS sind in den Bereichen Biotechnologie und Pharma tätig. Die Kfz-Zulieferung ist bei uns angesiedelt. Wir haben eine starke optische Industrie und die Holzwirtschaft in Brandenburg. Auch die Metallindustrie ist in Brandenburg vertreten. Daran erkennt man unsere zukunftssichernde Grundlage.

Dazu passen auch die jüngsten Zahlen. Die Exportquote brandenburgischer Unternehmen wird in diesem letzten Jahr um

Auf der einen Seite sind sehr viele national wie international wettbewerbsfähige Unternehmen entstanden. Eine neue Verwaltung, ein neues Staatswesen wurde aufgebaut. Großartige Leistungen wurden in kurzer Zeit vollbracht. Auf der anderen Seite wurde zum Beispiel in der Bildungspolitik vieles unnötig über Bord geworfen und der Leistungsgedanke vernachlässigt. Heute korrigieren wir das schrittweise.

Die Verschuldung des Landes wurde zu weit nach oben getrieben, ohne an die Folgen zu denken. Noch heute kämpfen wir jedes Jahr darum, Einnahmen und Ausgaben in die Waage zu bringen. Bürokratie wurde gezwungenermaßen aus Westdeutschland mit allen Vor- und Nachteilen übernommen. In vielen Punkten wurde allerdings noch eins draufgesetzt. Das hat vieles schwerer gemacht. Auch das ändern wir Schritt für Schritt.

(Frau Kaiser [Die Linkspartei.PDS]: Das haben Sie frei entschieden!)

Mitte der 90er Jahre folgte die Stabilisierungsphase. Es wurde konsolidiert und konsequent fortentwickelt. Insbesondere ging es darum, im Land eine stabile Basis an Unternehmen zu schaffen, um Arbeit und Wohlstand zu sichern. Die Förderpolitik war nach wie vor breit angelegt. Praktisch jeder, der im Land etwas unternehmen wollte, bekam staatliche Unterstützung.

Der Verschuldung wurde der Kampf angesagt, die Personalausgaben im öffentlichen Dienst wurden reduziert und der Abbau von öffentlichem Personal eingeleitet.

Jetzt befinden wir uns in einer Erneuerungsphase - Erneuerung aus eigener Kraft, so haben wir es beschrieben. Mit der Gemeindegebietsreform haben wir gemeinsam mit unseren Kommunalpolitikern effiziente Strukturen geschaffen. Mit der Polizeireform wurde die Effizienz der Polizei wesentlich verbessert. Die Aufklärungsquoten bei Kriminalität erreichen in Brandenburg inzwischen deutsches Spitzenniveau.

Wir haben spürbar weniger Schulden gemacht, solange es uns die Einnahmebasis ermöglichte. Wir verbessern die Bildungspolitik. Leistung, Erziehung, bessere Ergebnisse an den Schulen sind die Leitgedanken der dortigen Erneuerung.

Auch wirtschaftlich haben wir uns stabil entwickelt. Der Anteil des verarbeitenden Gewerbes ist kontinuierlich gestiegen und die Exportkraft der brandenburgischen Wirtschaft wächst.

Dennoch - auch das muss man nüchtern einräumen - ging die schwierige Lage der letzten Jahre in Deutschland natürlich nicht an Brandenburg und auch nicht an Ostdeutschland insgesamt vorbei. Wir haben in Brandenburg - wie in allen neuen Bundesländern - seit dem Jahre 2000 fast 14 % der Arbeitsplätze verloren. Das zeigt, dass wir neue Wege beschreiten müssen. Dazu brauchen wir zwingend neue Impulse.

Erneuerung aus eigener Kraft - dieses Motto steht auch für die Erneuerung der Förderpolitik des Landes. Der Rückgang der Bevölkerung im ländlichen Raum macht ein Umsteuern der Förderpolitik notwendig. Wir müssen berücksichtigen, dass in Zukunft weniger Fördergelder fließen werden. Deshalb ist eine Konzentration der logische und folgerichtige Schritt. Um einen Vergleich zu bringen: Bisher wurde die Fläche bewässert und

voraussichtlich 20 % steigen. Das ist ein Beweis dafür, dass wir durchaus eine leistungsfähige Industrie haben und auf einer guten Basis aufbauen können.

Die Branchenschwerpunkte sind das wesentliche politische Steuerungsinstrument und eng verbunden mit den regionalen Wachstumskernen. Beide Konzepte sind miteinander verbunden, sie ergänzen sich. Auch für die Wachstumskerne gilt, dass wir unsere Stärken stärken müssen. Während man mit den Branchenschwerpunkten intelligente Unternehmensförderung betreibt, sind die regionalen Wachstumskerne auch und insbesondere auf den Ausbau der Infrastruktur gerichtet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Neuausrichtung der Förderpolitik ist ein richtiger und notwendiger Schritt. Ich habe bereits gesagt, dass wir dazu stehen. Wir müssen es den Bürgern erklären. Ich möchte aber dringend davor warnen, jetzt zu meinen, dass es damit getan wäre. Es ist damit nicht getan. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Wirtschaft in den neuen Bundesländern in den letzten Jahren immer noch langsamer als in den alten Bundesländern gewachsen ist. Das kann und darf so nicht weitergehen. Wenn wir an der Angleichung Ost-West festhalten wollen - wir wollen daran festhalten -, brauchen wir neue Impulse. Wir müssen auch auf anderen Gebieten aktiv werden.

Die große Koalition im Bund hat nun die Möglichkeit eröffnet, Abweichungen vom Bundesrecht zuzulassen. Auf Deutsch gesagt: Wir haben die Chance, einen Teil dieser verfluchten Bürokratie, die auch von dort kommt, über Bord zu werfen. Deshalb sage ich, dass es jetzt die Aufgabe der Landesregierung ist, Konzepte zu entwickeln, die darüber Auskunft geben, an welchen Stellen wir das tun wollen. Der Ball liegt auf dem Elfmeterpunkt. Wir sind jetzt gehalten, den Ball zu schießen und an diesen Stellen aktiv zu werden. Das ist eine wichtige Aufgabe.

(Beifall bei der CDU)

Bezüglich des Bürokratieabbaus sind wir im Land auf einem guten Weg. Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich bei den Ministern für ihre Kooperation und Mitarbeit bedanken. Mit dem Sonderausschuss zum Abbau von Normen und Standards des Landes hat der Landtag Brandenburg bundesweit ein Zeichen gesetzt. Es ist Neuland, dass das Parlament einen Sonderausschuss dafür einsetzt und das zielgerichtet vorantreibt. Das Zeichen ist einfach: Bürokratie ist kein Selbstzweck, sondern muss zweckdienlich sein und auf ein Minimum reduziert werden. Denn vom „Dienen“ zum „Einschränken“ ist es leider oftmals nur ein sehr kurzer Weg. Bürokratie neigt dazu, zu viel zu regeln.

Mit dem Sonderausschuss wollen wir das erkannte Defizit bekämpfen. Wir haben das Ziel klar definiert: Runter mit der Anzahl der Vorschriften, weg mit brandenburgischen Sonderregelungen, deren Zahl über der anderer Bundesländer, des Bundes oder der Europäischen Union liegt! Je mehr wir davon abschaffen, desto mehr Freiheit gewinnen unsere Bürger zurück. Das sieht man an solch einfachen Dingen wie der Bauordnung. Was bei der Bauordnung geht, geht auch in anderen Bereichen. Handeln wir nach der Maxime: Was die Bürger selbst vernünftig regeln können, geht den Staat nichts an. - Die Menschen werden es uns danken, wenn wir die Freiräume erweitern. Gerade die Wirtschaft profitiert davon.

Meine Damen und Herren, die Interessen der Wirtschaft sind die gleichen Interessen wie die der Bürger.

(Beifall bei der CDU)

Es geht alles Hand in Hand, es handelt sich nicht um verschiedene Interessenlagen. Wenn es der Wirtschaft gut geht, entsteht Arbeit. Wo Arbeit entsteht, geht es den Menschen gut. Das müssen wir immer wieder erkennen und danach handeln.