Protokoll der Sitzung vom 14.12.2005

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat es ist angesprochen worden -: Nach nicht einmal drei Jahren Brandenburgischer Bauordnung sollen wir nun bereits das dritte Gesetz zur Änderung derselben beschließen. Auch die Frage: „Ist das nötig?“, ist - mit anderen Worten - gestellt worden. Meiner Meinung nach ist es nötig, denn wie jedes Gesetz muss sich auch und gerade eine Bauordnung vor allem in der Praxis bewähren. Wenn in der Praxis dringender Änderungsbedarf besteht, muss man auch so mutig sein, diesem noch vor einem langwierigen, aber nötigen Evaluationsprozess zu entsprechen.

Von dem, was ich eben gehört habe, geht vieles in die gleiche Richtung, in die auch die Koalitionsfraktionen gehen wollen: Verschlankung, mehr zu Regelungen der Musterbauordnung zu kommen, aber eben auch - deshalb ist es nicht so einfach - die Brandenburger Spezifika dabei zu beachten, das, was wir als Brandenburger im Rahmen der Musterbauordnung für uns regeln wollen.

Aus Sicht der Koalitionsfraktionen gibt es an einigen Punkten der bestehenden Bauordnung Änderungsbedarf. Dabei geht es eigentlich um eine ganze Reihe kleiner Änderungen, die aber durchaus wahrnehmbare Auswirkungen haben, erst recht für die Betroffenen.

Im Mittelpunkt der vorgesehenen Änderungen steht ganz klar der Wegfall der Schlussabnahme. Ich bin froh, dass dieses Anliegen in der Sache von fast allen Angehörten befürwortet wurde. Andere Länder haben nämlich bereits auf eine Schlussabnahme verzichtet, weil immer wieder bestätigt wurde, dass zu diesem Zeitpunkt grundlegende bauliche Mängel ohnehin nicht festgestellt werden können. Insofern wurde die Frage gestellt: Was bringt zu diesem Zeitpunkt noch eine Schlussabnahme? - Wer dabei aber wegen der Aufsichts- und Einsichtsbefugnis der Baubehörde Sorge hat, der sei auf § 75 der Bauordnung verwiesen, der „Überprüfung der Bauausführung“ heißt. Darin sind für die Zeit während des Baus - während des Baus ist genau der richtige Zeitrahmen - eine ganze Reihe von Verantwortlichkeiten für Prüfingenieure und Bausachverständige und natürlich auch Eingriffsrechte der Baubehörde festgelegt. Diese Regelungen bleiben ausdrücklich unberührt. Aber wenn mit Bauabschluss alle notwendigen Unterlagen bei der Behörde vorliegen, gilt der Bau binnen zwei Wochen als genehmigt und somit bezugsreif. Das schafft dann für den Bauherren Rechtssicherheit, das schafft Zeit- und Kostenersparnis.

Genau das bleibt auch das Ziel aller zukünftigen Reformen der Bauordnung. Das ist meiner Überzeugung nach auch in Einklang zu bringen mit dem Ziel der Wahrung öffentlicher Sicherheit und dem Ziel des Verbraucherschutzes.

Die Stellungnahmen im Rahmen der schriftlichen Anhörung haben allesamt gezeigt, dass die Verbände und Kammern grundsätzlich bereit sind, bisherige Regelungen infrage zu stellen und bei Vereinfachungen mitzuhelfen. Dank geht ausdrücklich an die Vertreter der Architekten und Planer, die wieder ein Stückchen mehr fachliche Verantwortung bekommen, Dank

auch an den Landkreistag, der sich nicht in erster Linie um weniger Arbeit in seinen Bauämtern gesorgt hat.

Auf andere Regelungen des Gesetzentwurfs - zur Feuerbeständigkeit von Gebäudeteilen, die nicht als Wohnraum dienen, oder zur Hinterlegung von Sicherheitsleistungen für privilegierte Vorhaben im Außenbereich -, möchte ich nicht detailliert eingehen. Darin wurde im Wesentlichen Bundesrecht umgesetzt oder Landesrecht auf das Niveau aller anderen Bundesländer gebracht.

Wir werden die Bauordnung in der Tat noch einmal im Rahmen von Bürokratieabbau und eines jetzt wohl gerade durch das Ministerium beauftragten Gutachtens insgesamt auf den Prüfstand stellen. Die Zielrichtung der Überprüfung habe ich beschrieben. Ich erwarte mir von dem entsprechenden Gutachten bis zum Sommer nächsten Jahres vor allem Aussagen darüber, ob die neue Bauordnung aus dem Jahr 2003 für den Bauherren schnellere, einfachere und kostengünstigere Verfahren mit sich gebracht hat.

Langfristiges Ziel muss dann in der Tat eine gemeinsame Bauordnung mit Berlin sein. Das heute zu beschließende Änderungsgesetz betrachte ich als einen ersten kleinen Zwischenschritt in genau diese Richtung. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Schrey [CDU])

Herzlichen Dank, Herr Günther. - Es spricht jetzt die Abgeordnete Hesselbarth. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Abbau von Normen und Standards muss und darf nicht gleichzeitig Infragestellung von Sicherheitsstandards bedeuten. Dies trifft besonders auf die Änderung des § 76 zu.

Bereits im Ausschuss habe ich darauf hingewiesen, dass eine Kannbestimmung bei der Schlussabnahme nicht ausreichend ist, vor allem nachdem im Jahr 2003 bereits die Rohbauabnahme aus der Bauordnung gestrichen wurde. Wie soll so noch eine effektive Kontrolle der Bausicherheit gewährleistet werden? Es kann nicht sein, dass sich die öffentliche Verwaltung bei einem so wichtigen Thema wie dem der Überprüfung der Bausicherheit einfach aus der Verantwortung stiehlt.

(Bischoff [SPD]: Vertrauen Sie Ihren Handwerkern nicht mehr - oder?)

Während Steuern und Abgaben steigen, werden staatliche Leistungen abgebaut. Ich glaube, nein, ich bin mir sicher, dass kein Bürger unseres Landes dafür Verständnis hat, besonders wenn es, wie in diesem Fall, nicht nur um seine Rechtssicherheit geht, sondern im Extremfall auch um die Sicherheit an Leib und Leben.

(Beifall bei der DVU)

Es muss daher auch weiterhin die Aufgabe der Staatlichen Bauaufsicht sein, das Ergebnis eines Bauprozesses vor Ort auf der Baustelle zu überprüfen.

Keine Frage: Dort, wo Normen überflüssig oder sogar kontraproduktiv sind, müssen sie abgeschafft werden. Auf wesentliche Teile des Änderungsgesetzes trifft das zu und findet auch unsere Zustimmung. Dies darf aber nicht auf Kosten der öffentlichen Sicherheit und Ordnung geschehen.

(Beifall bei der DVU)

Herzlichen Dank. Es spricht der Abgeordnete Schrey für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Abbau von Normen und Standards, Bürokratieabbau - bei all diesen Schlagwörtern fällt vielen Bürgern in Brandenburg immer wieder ein Gesetz ein, das daran gemessen wird: die Brandenburgische Bauordnung.

Die Novellierung im Jahr 2003 war mit langen und zähen Verhandlungen verbunden. Heraus kam eine Bauordnung, die - so sagen die Experten - durch ihre Konzentrationswirkung einzigartig und empfehlenswert ist.

Aber Expertenmeinungen sind das eine. Die Meinung der Brandenburger Bürgerinnen und Bürger sollte dabei nie außer Acht gelassen werden. Denn sie sind es, die mit den Gesetzen leben müssen. Deren Meinungen und Erfahrungen müssen wir berücksichtigen.

Sie sind es, die eingebunden, überzeugt und mitgenommen werden wollen. Bei solch bürgernahen Gesetzen wie der Bauordnung sollte der Gesetzgeber immer ein offenes Ohr für die Belange der Bürger haben.

In der Zwischenzeit sind Informationen über fachliche und praktische Unzulänglichkeiten und Fehler durch die Baubehörden vor Ort und durch Bauherren an uns herangetragen worden. Aus diesem Grund will die Regierungskoalition mit dem Dritten Änderungsgesetz einige Vereinfachungen für die Bürger erreichen. Hierbei ist eindeutig die Abschaffung der bisher zwingend vorgeschriebenen Schlussabnahme hervorzuheben. Damit wäre Brandenburg das letzte Bundesland, das diese zwingende Vorschrift aus seiner Bauordnung streichen würde. In allen anderen Bundesländern wurde sie entweder bereits gestrichen oder die Entscheidung den unteren Bauaufsichtsbehörden überlassen. Unstrittig ist auch, dass die Schlussabnahme mit Mehraufwand für den Bauherren und für die Verwaltung sowie mit höheren Kosten verbunden ist. Mit der Abschaffung der Schlussabnahme leisten wir einen weiteren Beitrag zur Entlastung der Bürger und der Behörden im Land.

Es muss aber auch allen hier im Haus klar sein, dass die mit dem Dritten Änderungsgesetz und auch die schon mit dem Zweiten Änderungsgesetz verbundenen Neuerungen viele Anpassungen an bestehendes Bundes- und Europarecht, aber nur wenige wirkliche Neuerungen beinhalten. Aus diesem Grund haben die SPD und die CDU schon in ihrem Koalitionsvertrag eine Evaluierung und gegebenenfalls eine Novellierung der Brandenburgischen Bauordnung vorgesehen.

Auch der Sonderausschuss zum Abbau von Normen und Stan

dards hat das Ministerium für Infrastruktur und Raumordnung gebeten, die Bauordnung auf den neuesten Stand zu bringen. Dazu zählen nicht nur reine Änderungen im Gesetz, sondern auch die Überprüfung eines Benchmarkings von Rechtsverordnungen im Baurecht oder eine Überprüfung der Bauvorlagenverordnung hinsichtlich möglicher Absenkungen von administrativen Lasten für Bauwillige, soll heißen: weniger Papierkrieg und weniger Vorschriften für den Bauherrn.

Sie sehen also, meine Damen und Herren, dass uns die Brandenburgische Bauordnung in den nächsten Monaten immer wieder beschäftigen wird. Ich bitte Sie, dem Dritten Änderungsgesetz als einem ersten Schritt hin zu einer bürgerfreundlicheren Bauordnung Ihre Zustimmung zu geben. - Danke schön.

(Beifall bei CDU und SPD)

Herzlichen Dank. Ich rufe nun die Wortmeldung der Landesregierung auf. Herr Minister Szymanski, Sie haben das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist richtig, dass die geltende Brandenburgische Bauordnung zum 1. September 2003 in Kraft getreten ist. Sie beinhaltet erhebliche Änderungen materiell-rechtlicher wie auch insbesondere verfahrensrechtlicher Fragen: Konzentrationswirkung, Subsidiaritätsprinzip gestärkt, mehr Kompetenzen und Gestaltungsfreiheiten für die Gemeinden, natürlich auch mehr Verantwortung für die Bauherren und für diejenigen, die sie unterstützen. Damit haben wir den Bedürfnissen der Praxis entsprochen und haben damit auch Erfolg. In den Landkreisen und kreisfreien Städten, wo diese Bauordnung auch sehr klug angewandt wird, hat sich die Zeit für die Erteilung von Baugenehmigungen deutlich verkürzt. Das heißt, damit werden Investitionshemmnisse abgebaut.

Was bringt nun das Dritte Gesetz? Insbesondere der Wegfall der Schlussabnahme ist ein mutiger, aber ein in anderen Bundesländern auch schon erprobter Schritt. Das muss man so deutlich sagen. Die Bauaufsichtsbehörden werden künftig nicht mehr präventiv, sondern repressiv tätig werden. Das bedeutet wiederum eine Erhöhung der Verantwortung der Objektplaner und der Bauherren. Ich weiß, dass insbesondere die Ingenieure dies in den Anhörungen auch kritisiert haben. Wer den Abbau von Bürokratie will, muss aber auch die Folgen eigenverantwortlichen Handelns akzeptieren; sonst geht es nicht.

(Beifall bei der SPD)

Frau Böhnisch, wenn Ihre Einschätzung richtig ist - ich will jetzt kein Gleichnis aus dem Märchen „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ bringen, in dem es ja auch einen Prinzen gibt.

(Heiterkeit und Beifall bei SPD und Linkspartei.PDS)

Ich verwahre mich auch davor, Ministerialbeamte in diesem

Gleichnis darzustellen. Denn warum interessieren sich andere Bundesländer gerade für unsere Bauordnung, die natürlich in Teilen von der Musterbauordnung abweicht? Hamburg zum Beispiel hat großes Interesse daran, Mecklenburg-Vorpommern will sogar noch einen Schritt weiter gehen und will auch die fachgesetzlichen Genehmigungen, wenn eine Baugenehmigung erteilt wird, wegfallen lassen. Es ist richtig, dass ich im Zuge des Bürokratieabbaugesetzes weitere Vorschläge in Richtung Staatskanzlei gemacht habe, die wir prüfen werden. Es ist auch richtig, dass man drei Jahre danach auch ein novelliertes Baugesetzeswerk evaluieren muss, um zu schauen, welche Wirkungen es erzielt hat. Ich gehe davon aus, dass wir Mitte 2006 wieder eine sehr umfassende Diskussion führen werden, denn wir haben vor wenigen Tagen die Evaluation unserer Brandenburgischen Bauordnung in Auftrag gegeben. Es ist richtig: Im Bauordnungsgeschehen und im Bauordnungsrecht des Landes Brandenburg liegen ein gutes Tempo und eine gute Dynamik. Deswegen unterstütze ich diesen Antrag. Herzlichen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Wir kommen zur Abstimmung.

Dazu liegt Ihnen die Beschlussempfehlung, Drucksache 4/2190 - Änderung der Bauordnung -, vor. Wer dieser Beschlussempfehlung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei mehreren Stimmenthaltungen ist dieses Gesetz in 2. Lesung verabschiedet.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 3 und wir kommen zu Tagesordnungspunkt 4:

Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Zuständigkeit und des Verfahrens nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 4/1750

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Inneres

Drucksache 4/2201(Neudruck)

Es wurde vereinbart, zu diesem Tagesordnungspunkt keine Debatte zu führen, sodass wir gleich zur Abstimmung kommen können.

Wer der Beschlussempfehlung, Drucksache 4/2201, Neudruck, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei sechs Gegenstimmen und mehreren Stimmenthaltungen ist dieses Gesetz in 2. Lesung verabschiedet.