Protokoll der Sitzung vom 22.02.2006

Zur Stärkung sind die bestehenden Kooperationen mit TMB, LTV, HOGA, IHK, OSV, VCB, Naturparken und anderen wichtigen Partnern auszubauen. Nur gemeinsam sind wir stark. Finanzielle Mittel und eine permanente Qualifizierung sind notwendig. Die Konzentration auf Aktivitäten in der Natur mit Rad-, Wasser- und Wandertourismus, Gesundheit und Wellness und internationalen Tourismus mit Tagungen und Kongressen in Netzwerken sind richtig und Voraussetzung für vermarktungsorientierte Wirtschaftspolitik.

Man verreist ja nur, um es daheim wieder schön zu finden. Das ist der Sinn des Tourismus, sagt Manfred Schmidt, ein deutscher Journalist, Zeichner und Schriftsteller.

Einige Kolleginnen und Kollegen kommen wie ich aus der Lausitz. So habe ich mich sehr gefreut, in einigen Absätzen zu dieser Destination konkrete Entwicklungsansprüche mit hoher Priorität zu finden, beispielsweise für den Wassertourismus in dem zu entwickelnden Lausitzer Seenland, und zwar auch als länderübergreifendes Projekt mit Sachsen und Polen. Vorreiter in dieser Region ist die IBA mit ihren interessanten Teilprojekten, vor allem den Industriedenkmalen. Ein Strukturwandel von großem Ausmaß erschließt hier neue Potenziale von der Energiewirtschaft über den Tagebau zum Tourismus. Der Zulauf von Gästen mit Entdeckerleidenschaft zu dem liegenden Eiffelturm F 60, Aktivtouren wie die Marswanderung durch die ehemaligen Tagebaue und das Kennenlernen sich neu entwikkelnder Landschaftsstrukturen in Verbindung mit Veranstaltungen auf dem Lausitzring oder/und ein Abstecher zu Tropical Islands zeigen die großen Möglichkeiten der Lausitz.

Wir müssen aufhören, über Reisegebietszuschnitte in Strukturen von Verwaltungsorganisationen zu denken, sondern Angebote zu den genannten Themen für unsere Gäste entwickeln. Die interessiert es überhaupt nicht, in welchem Landkreis et

was liegt. Der Tourist kommt, wenn er neugierig gemacht wird und unser Land bei hoher Qualität und guten Servicedienstleistungen entdecken kann. Ein zufriedener Gast kommt wieder. Das zeigen auch die stetigen Gästebefragungen als wichtiges Instrument zur Gestaltung notwendiger Marketingstrategien.

Liebe Frau Hackenschmidt, Sie sind zwar nicht zu laut, aber jetzt weit über Ihre Redezeit hinaus.

Ich liebe dieses Land, mein Land, mit dem roten Adler,

(Heiterkeit und Beifall)

und ich hoffe, Sie alle tun das auch. Gemeinsam kämpfen wir für diese für den wirtschaftlichen Aufschwung in Brandenburg wichtige Branche. - Danke schön.

(Beifall bei SPD und der Linkspartei.PDS)

Herzlichen Dank. Frau Hackenschmidt, ich wollte eigentlich nur dafür sorgen, dass auch der Minister Ihre konstruktiven Hinweise sehr gut versteht. Darauf bezog sich mein erstes Glockenzeichen. - Der Abgeordnete Karney ist dankenswerterweise schon nach vorn gekommen. Er spricht für die CDUFraktion. Bitte schön.

Ich werde bei der nächsten Tagesordnung darauf achten, Frau Hackenschmidt, dass Sie nicht vor mir reden. Sie werfen zu lange Schatten voraus.

(Heiterkeit)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Land Brandenburg bietet für alle Besucher und Gäste touristische Highlights. Das beginnt mit dem Fläming-Skate, geht über den Spreewald und endet bei einzigartigen Attraktionen wie Tropical Islands oder diversen Musikfestivals. Jeder Besucher kann sich in unserem Land nach seinen Wünschen erholen und die Mark genießen. In Zahlen ausgedrückt sind das mehr als 135 Millionen touristische Aufenthaltstage, ein Bruttoumsatz von 3,25 Milliarden Euro und Einkommenseffekte von 1,64 Milliarden Euro. Pro Jahr generiert der Brandenburgtourismus im Hinblick auf Nachfrage, Umsatz und Einkommen erhebliche Volumina.

Diese Ergebnisse zeigen, dass wir in puncto Tourismus seit der Wiedervereinigung eine dynamische Entwicklung vollzogen haben. Dass wir dabei fast bei null angefangen haben, ist noch jedem bewusst. Heute können wir sagen, dass der Auf- und Ausbau einer modernen, zukunftsfähigen touristischen Infrastruktur weitgehend abgeschlossen ist, die Strukturen für ein erfolgreiches Landesmarketing geschaffen sind.

In den letzten Jahren haben wir einige Meilensteine erfolgreich hinter uns bringen können. Ich möchte an dieser Stelle nur ei

nige Maßnahmenprojekte erwähnen, die das Tourismusland Brandenburg vorwärts gebracht haben. Dazu zählen die Gründung des Landestourismusverbandes Brandenburg, die Einführung einer gemeinsamen Dachmarke und die Erstellung von Tourismuskonzeptionen ebenso wie die beiden Bundesgartenschauen in Cottbus und Potsdam mit insgesamt fast 5 Millionen Besuchern. Daran kann man sehen, dass sich einige wichtige Indikatoren des Brandenburgtourismus seit 1990 gut oder sogar sehr gut entwickelt haben.

Um diesen erfolgreichen Weg weitergehen zu können, bedarf es einer genauen Analyse der Stärken und Schwächen der Branche. Genau dies hat die Landesregierung dem Parlament mit der Fortschreibung der Landestourismuskonzeption Brandenburg für den Zeitraum 2006 bis 2010 vorgelegt. Dabei zeigt sich einmal mehr, dass die im Herzen des Landes liegende Bundeshauptstadt eine große Bedeutung hat; denn die tragende Säule ist nach wie vor der Tagestourismus in Verbindung mit Berlin, der zwei Drittel des gesamten Umsatzes einbringt.

Die Branche weist aber auch noch einige Schwächen auf, die es abzustellen gilt. Da sind nicht nur wir Politiker, sondern alle Vereine und Verbände gefragt. Aber auch die einzelnen Hotelbesitzer oder die Kellnerinnen und Kellner müssen ihren Beitrag dazu leisten.

Ich möchte an dieser Stelle eine für mich wichtige Passage aus dem Bericht zitieren:

„Angesichts eines weitgehend gesättigten Inlandmarktes und eines sich stetig verschärfenden Wettbewerbs werden künftig aber nur die Destinationen und Anbieter gute Chancen haben, die sich mit klarem Profil und einer spezifischen Zielgruppenansprache präsentieren und in der Qualität von Hardware und Service alle Kundenwünsche perfekt erfüllen. Da zudem nur aus dem Auslandsgeschäft substanzielles Wachstum zu erwarten ist, kommt einem geschlossenen Marktauftritt sowie einem ausgeprägten Kooperationsmarketing eine entscheidende Bedeutung zu. Diesbezüglich besteht zweifellos Optimierungsbedarf.

In den nächsten Jahren kommt es darauf an, Brandenburgs Rolle als Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg und als Reisedestination innerhalb eines wachsenden Europas zu festigen sowie die Wettbewerbsfähigkeit und damit die wirtschaftliche Bedeutung des Brandenburg-Tourismus nachhaltig zu erhöhen.“

Das heißt für mich: Es ist nicht mehr ausreichend, ein Hotel oder eine Pension an einem schön gelegenen See zu eröffnen, um erfolgreich zu sein. Nein, man sollte sich schon genaue Gedanken über die potenziellen Gäste und das entsprechende einzigartige Angebot machen.

Lassen Sie mich einige Beispiele anführen, die zeigen, dass Brandenburg im Bereich des Tourismus noch Potenziale hat. Zum einen steht die Zahl der Bettenauslastung im Raum. Brandenburg lag im Jahr 2004 mit 29 % um 3,6 Prozentpunkte unter dem Durchschnitt aller ostdeutschen Länder und um 4,3 Prozentpunkte unter dem aller Bundesländer. Auch die Zimmerauslastung lag mit knapp 35 % noch um 3 Prozentpunkte unter dem Bundesdurchschnitt. Das sind Zahlen, die zeigen, dass es hier noch Aufholpotenziale gibt. Ein weiterer Punkt ist die saisonale Nachfrage. Der Brandenburg-Tourismus

ist durch eine starke Saisonalität gekennzeichnet. Die touristische Nachfrage konzentriert sich schwerpunktmäßig auf das Sommerhalbjahr von Mai bis September. Auf diesen Zeitraum fielen im Jahr 2004 56,4 % aller gewerblichen Übernachtungen. Veränderungen im Sinne einer Saisonverlängerung waren in den letzten Jahren ansatzweise festzustellen. Ein Beleg dafür ist die Aktion „Winterliches Brandenburg“, die durchaus erste Erfolge zeigt.

Woher kommen eigentlich die Gäste? Genau dies ist ein Punkt, der noch ausbaufähig ist. 94 % aller Gäste kommen aus unserer Bundesrepublik. Nun ist wohl jedem klar, dass kein ausländischer Bürger wegen des Klimas nach Brandenburg in den Urlaub fährt, wie es meist bei Reisen in die Karibik oder auf die südliche Halbkugel der Fall ist. Um diese potenziellen Gäste ins Land zu locken, bedarf es noch einiger Anstrengungen. Dazu gehört im internationalen Marketing zum Beispiel die Bereitschaft, die Speisekarte mehrsprachig anzubieten. Andere Faktoren sind mehr Direktverbindungen aus Asien und Amerika. Diesbezüglich lege ich meine Hoffnungen ganz auf einen positiven Prozessausgang zum Ausbau des Flughafens Schönefeld; denn dies würde nicht nur Arbeitsplätze beim Bau bringen, sondern auch mehr Touristen nach Brandenburg locken.

Was können wir als Landespolitiker tun, um die Tourismusbranche zu stärken und entsprechende Arbeitsplätze im Land zu sichern bzw. neue zu schaffen? Mir fallen an dieser Stelle mindestens zwei Dinge ein. Zum einen muss der Umstand, dass Berlin mitten in Brandenburg liegt, besser genutzt werden. Das heißt, hier ist ein stärkeres Miteinander und weniger ein Neben- oder gar Gegeneinander notwendig.

Zum anderen müssen wir für tourismusfreundliche Öffnungszeiten im Handel und in der Gastronomie sorgen. Damit meine ich nicht nur die leidige Diskussion zwischen den brandenburgischen Ministerien in Bezug auf die Öffnungszeiten in der Außengastronomie. Ich hoffe, dass aufgrund der Landestourismuskonzeption der eine oder andere Ministerialbeamte begriffen hat, dass längere Öffnungszeiten für Biergärten nicht nur etwas mit Lärmbelästigung, sondern auch mit Kundenfreundlichkeit und damit mit dem Erhalt und der Schaffung von Arbeitsplätzen zu tun haben.

Die Fortschreibung der Landestourismuskonzeption für die kommenden fünf Jahre zeigt klar auf, dass das Reiseland Brandenburg noch nicht all seine Potenziale ausgeschöpft hat. Es kommt nun darauf an, dass jeder - von den Verbänden bis hin zum Kellner oder Zimmermädchen - dafür arbeitet, unser Land und seine touristischen Ziele noch attraktiver für die Menschen zu machen. Fangen wir gemeinsam an, dafür zu kämpfen! Fangen wir mit einem Lächeln an, einem Lächeln für Brandenburg! - Danke.

(Beifall bei CDU und SPD)

Herzlichen Dank. - Nun bekommt Frau Hesselbarth das Wort. Frau Hesselbarth, Herr Karney hat uns hier derartig überrannt, dass wir die Reihenfolge etwas durcheinander gebracht haben. Ich bitte Sie um Entschuldigung. - Herr Karney, Sie wären eigentlich noch gar nicht dran gewesen. - Bitte, Frau Hesselbarth.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich entschuldige das natürlich, Herr Karney.

In Brandenburg besteht folgende Situation: Der Tourismus stagniert. Wir haben das heute Morgen in der Fragestunde schon kurz erörtert. Die Marke Brandenburg ist bundesweit und noch mehr im Ausland nahezu unbekannt. Das ist die Wahrheit. So rauscht es derzeit durch den märkischen Blätterwald und so ist es auch in der vorliegenden Landestourismuskonzeption niedergeschrieben. Das, Herr Minister Junghanns, ist wirklich ein Armutszeugnis, vor allen Dingen auch angesichts der Tatsache, dass Sie seit Jahr und Tag nicht nur im Wirtschaftsausschuss, sondern auch hier immer erzählen, wie viel in Brandenburg für den Tourismus getan wird.

Dabei ist der Tourismus in Brandenburg wirklich derzeit mit die wichtigste Branche des Landes. Brandenburg überschritt im letzten Jahr die Zahl von 3 Millionen Besuchern deutlich. Die Gäste buchten mehr als 8,1 Millionen Übernachtungen. Diese Gästezahlen bewirkten in Brandenburg laut vorliegender Konzeption für das Jahr 2004 einen Bruttoumsatz von 3,25 Milliarden Euro, eine Nettowertschöpfung von 1,61 Milliarden Euro, ein Umsatzsteueraufkommen von 350 Millionen Euro und sichern den Lebensunterhalt von 115 000 Menschen plus 6 600 Auszubildenden.

Trotzdem liegt in Brandenburg im Tourismus sehr vieles im Argen. Sie, Herr Minister, haben das jahrelang beschönigt.

Insbesondere wegen der demografischen Katastrophe erhält das Land keine positiven Entwicklungen. Sie müssen auch hier dringend umsteuern; sonst droht auch dieser Branche das Aus.

(Beifall bei der DVU - Zuruf der Abgeordneten Hacken- schmidt [SPD])

- Eine Bettenauslastung - Frau Hackenschmidt, ja, Sie können alles schönreden, ich werde niemals etwas totreden - von nur 29 % im Jahr 2004 - diese Zahlen sprechen Bände - gegenüber 33,4 % im Bundesdurchschnitt, eine Zimmerauslastung von 35,2 % gegenüber 38,6 % im Bundesdurchschnitt und eine durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Touristen von nur 2,8 Tagen spricht nicht gerade für eine positive Entwicklung, Frau Hackenschmidt.

Außerdem macht der Tagestourismus sage und schreibe 78 % aller touristischen Aufenthaltstage und gut zwei Drittel des gesamten touristischen Umsatzes in Brandenburg aus. Dieser kommt, wie alle Statistiken beweisen, ausschließlich aus Berlin. Fakt ist: Wenn der vor allem am Wochenende stattfindende Berliner Tagestourismus - warum auch immer - wegbricht, gibt es im Land fast keinen Tourismus mehr. Das ist auch kein Wunder, denn für länger bleibende Touristen ist die marode Infrastruktur in den berlinferneren Regionen des Landes nahezu unzumutbar. Wenn 76 % aller Touristen mit dem Pkw anreisen und nur 17 % mit Bahn oder Bus, fragen wir Sie, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, und zwar wohl nicht gerade zu Unrecht, ob dies nicht an der unzureichenden Infrastruktur liegt.

Das Chaos bei der Bäderplanung des Landes wurde bereits während der Januarsitzung thematisiert. Ebenso wie die mit zig

Millionen Euro geförderten touristischen Großprojekte wie Tropical Islands, Lausitzring usw. waren sie oft ein Thema. Die zuständigen Ministerien bringen es nicht einmal fertig, trotz der bevorstehenden Fußballweltmeisterschaft die Ladenöffnungszeiten in der Außengastronomie zu verlängern, warum auch immer.

(Beifall bei der DVU)

Die Anhörung der Tourismusverbände im Wirtschaftsausschuss ergab, dass die betriebswirtschaftliche Situation des Großteils der kleinen und mittelständischen Tourismusbetriebe in Brandenburg mehr als schlecht ist. Dazu kommt in Brandenburg - auch das muss ich leider ansprechen - im Gegensatz zu benachbarten Bundesländern landauf, landab eine mangelnde Dienstleistungsorientierung.

Und zu schlechter Letzt: Während Sachsen 27 % seiner GAMittel in die Infrastrukturförderung steckt und MecklenburgVorpommern sogar 35 %, waren es in Brandenburg 2004 nur 16 %.

Die in der nächsten Förderperiode deutlich abgesenkten GAwie EFRE- und ESF-Mittel sowie die auch im Tourismus gewollte Durchsetzung Ihres famosen neuen Förderkonzepts werden ihr Übriges tun. Da helfen auch 85 Seiten bedrucktes Papier nichts.

Wir als DVU-Fraktion fordern Sie auf: Steuern Sie wie in allen anderen Bereichen Ihrer Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik auch im Tourismus um! Herr Minister, nicht schönreden, sondern handeln, wirklich handeln! Brandenburg hat zweifellos vorhandene touristische Potenziale. Brandenburg könnte ein echter bundes- und europaweit bekannter Tourismusstandort werden. Wenn Sie dafür noch einen Markennamen suchen, dann schlagen wir den Namen „Preußen“ vor. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Die Redezeit, die den Abgeordneten zusteht, ist beendet. - Ich sehe, der Minister hat noch Klärungsbedarf, obwohl er vorhin seine Redezeit ausgeschöpft hat. Aber bitte schön! Somit haben die anderen auch die Chance, sich noch einmal zu äußern.

Ich möchte nur kurz darauf antworten.

Ich sehe der Diskussion des Konzeptes im Ausschuss - auch unter Einbeziehung von Experten - mit Spannung entgegen. Wie Sie der Lektüre des Materials entnehmen konnten, haben wir bereits Expertenverstand einbezogen.

Frau Hesselbarth, Sie müssen sich einmal vor Augen führen, dass die Mitautoren der Konzeption die gleichen Zahlen zur Kenntnis nehmen wie Sie. Sie reden die Zahlen und damit das Land schlecht. Die anderen treiben es voran, indem sie sagen, dass das der Weg ist, den wir gehen müssen.