Protokoll der Sitzung vom 23.02.2006

Bitte, Herr Minister Dr. Woidke.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Adolph, weder das Land noch die BVVG als Eigentümerin der Galopprennbahn Hoppegarten sind für die ungewisse Zukunft der Galopprennbahn verantwortlich. Der Pächter- und Rennbahnbetreiber Union-Club musste Insolvenz anmelden. Offenbar war es nicht möglich, ausschließlich mit Galopprennsport Einnahmen zu erzielen, die die hohen Kosten für Unterhalt, Sanierung und auch Rennbetrieb abdecken.

Alle Bemühungen waren darauf gerichtet, die Rennbahn zu erhalten. Die Frage war nur, auf welchem Wege dies am besten möglich wäre.

Die Landesregierung hat am Dienstag im Kabinett heftig um den besten Weg gerungen und auch heftig debattiert. Dass es unterschiedliche Meinungen gab, ist kein Geheimnis. Im Vorfeld der Kabinettsbefassung wurde in der Presse so getan - der Eindruck hat sich durch Ihre Frage, bewusst oder unbewusst, verstärkt -, als bedeute eine mögliche Entscheidung des Landes, sich nicht an einer Stiftung zu beteiligen, das Aus für die Galopprennbahn. Frau Adolph, ich kann Ihnen hier noch einmal versichern: Dem ist nicht so; ich werde es Ihnen belegen.

Was hätten zwei Eigentümer - Bund und Land - besser machen sollen als der alleinige Eigentümer Bund in den letzten zehn Jahren? Der Staat muss sich auf seine Kernaufgaben konzentrieren und diese Aufgaben richtig lösen. Ein neuer Eigentümer muss sich um die Pferde, den Sport und die Rennbahn kümmern und ich halte es nicht für eine Kernaufgabe des Staates, eine Galopprennbahn zu betreiben; auch dies konnten Sie bereits in der Presse nachlesen.

Die Landesregierung begrüßt und unterstützt die Suche der Eigentümerin, der BVVG - eine Tochter des Bundes -, nach Investoren. Der Minister für Wirtschaft und auch mein Haus werden Fördermöglichkeiten des Landes in Abhängigkeit vom vorgelegten Nutzungskonzept prüfen und den Investor, sofern er gefunden wird, begleiten. Ich freue mich, dass die BVVG - das konnten Sie in der gestrigen Pressemitteilung nachlesen - die Entscheidung der Landesregierung begrüßt hat. Eine vollständige Privatisierung ohne Wenn und Aber mit Übertragung der gesamten Verantwortung für die Gebäudemodernisierung und die Galopprennveranstaltungen sind nach fester Überzeugung des Sprechers der Geschäftsführung der BVVG die beste Möglichkeit, den Standort langfristig für den Galopprennsport zu sichern.

Die Voraussetzungen dafür, Hoppegarten wieder zu dem führenden Galopprenn- und Pferdesportzentrum Deutschlands zu machen, sind außerordentlich günstig. Zu den Gefahren einer Umnutzung des Geländes - Cash&Carry-Markt oder der Bau von Einfamilienhäusern auf 200 ha - hat der Parlamentarische Staatssekretär Diller im Bundesfinanzministerium auf Anfrage Ihrer Parteikollegin Enkelmann Stellung genommen. Ich zitiere ihn vom 26. Januar dieses Jahres, weil dies alle Fragen in diesem Zusammenhang beantwortet:

Durch ein Rundschreiben meines Hauses werden alle Landkreise und kreisfreien Städte in Brandenburg bezüglich der erstmaligen Diagnose „Mischinfektion von Trichinen in einem Wildschwein“ in Kenntnis gesetzt und über einzuleitende Maßnahmen informiert.

Vielen Dank. - Es gibt eine Nachfrage.

Hat sich die Landesregierung mit dem Bundesinstitut für Risikobewertung in Verbindung gesetzt, um sich darüber zu informieren, welche Maßnahmen von diesem Institut empfohlen werden?

Es besteht eine ständige Verbindung zum Bundesinstitut für Risikobewertung. Wir müssen uns da nicht im Einzelfall mit dem Institut in Verbindung setzen; vielmehr ist es so, dass das Institut, wenn es entsprechende Erkenntnisse hat, diese von sich aus an die Länder weiterleitet. So ist es auch in diesem Fall geschehen.

Vielen Dank, Herr Minister. Das mit dem Dachs wussten wir wohl alle noch nicht.

(Allgemeine Heiterkeit)

Eine Fragestunde ist doch sehr lehrreich.

Wir kommen zur Dringlichen Anfrage 28 (Galopprennbahn Hoppegarten), die von der Abgeordneten Adolph gestellt wird.

Die Landesregierung hat sich mit ihrer Entscheidung vom Dienstag aus der Verantwortung für die Galopprennbahn Hoppegarten gezogen. Das ist ein schwerer Schlag gegen die Bemühungen der Region Märkisch-Oderland, hier mit der vorhandenen - ich unterstreiche: vorhandenen - Marke Hoppegarten einen touristischen Schwerpunkt zu erhalten und auszubauen.

In der Region wurden auf Veranlassung einer Bürgerinitiative mehr als 1 000 Unterschriften zum Erhalt der Anlage gesammelt. Wir haben uns gestern im Zusammenhang mit dem Thema der Landestourismuskonzeption darüber unterhalten, wie wichtig derartige Highlights für den Wirtschaftszweig Tourismus im Lande sind.

Ich frage die Landesregierung: Was gedenkt sie zu tun, um die traditionsreiche Galopprennbahn Hoppegarten als Ganzes zu erhalten?

(Schulze [SPD]: Frau Adolph, die Entscheidung der Lan- desregierung ist ein wertvoller Beitrag zur Verhinderung eines Untersuchungsausschusses! - Heiterkeit bei der SPD)

„In einem Verkaufsverfahren würde allen ernsthaften Interessenten die Möglichkeit zur Teilnahme geboten. Die dauerhafte Zweckbestimmung des Kerngeländes als Galopprennsportanlage wird durch Bauplanungs-, Denkmalschutz- und umweltschutzrechtliche Regelungen gesichert. In diesem rechtlichen Rahmen ist eine Umwidmung des Kerngeländes der Galopprennbahn Hoppegarten, beispielsweise für bauliche Zwecke, in einem nennenswerten Umfang nicht denkbar. Bei einer Weiternutzung der Galopprennbahn Hoppegarten für den Pferdesport wird weiterhin Bedarf für Arbeitsplätze im Umfeld gesehen.“

Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Ich denke, dass das Kabinett eine gute Entscheidung getroffen hat.

Vielen Dank, Herr Minister. Obwohl Staatssekretär Diller erschöpfend geantwortet hat, gibt es vier Nachfragen. Frau Adolph spricht als Erste.

Zum einen vielen Dank. Meine Nachfrage erübrigt sich eigentlich durch Ihre Unterstreichung.

Dann lassen Sie es einfach.

Zunächst eine Feststellung.

(Zurufe von der SPD: Fragen!)

Eine Frage bitte!

Ja. Stimmen Sie mir zu, dass die Rennbahn für den Pferdesport als Ganzes zu erhalten ist? Pferderennen finden auf der schönsten Galopprennbahn Europas schon seit über 100 Jahren statt. Ist es nicht eine Kernaufgabe des Landes, Arbeitsplätze zu erhalten?

Ich beginne mit Ihrer zweiten Frage. Ich habe an drei Untersuchungsausschüssen in diesem Landtag teilhaben dürfen. Die meisten davon sind von Ihrer Fraktion beantragt, einberufen und durchgeführt worden.

Stets war es so, dass am Anfang eine tolle Sache stand, für die sich leider kein privater Investor gefunden hat. Dann hieß es immer: Liebes Land, nimm doch wenigstens eine Zeit lang die Verantwortung in die Hand. - Meist wurde aus der kurzen Zeit eine längere Zeit, aus 600 000 Euro wurden 6 Millionen Euro und am Ende 60 Millionen Euro.

Deswegen muss man grundsätzlich sagen: Wenn ein Investor gefunden ist, muss um ihn herum der Rahmen gestrickt werden; denn jeder Investor wird andere Vorstellungen zur Nut

zung haben. Es muss mit ihm nach einem Weg gesucht werden, wie man den Galopprennsport in Hoppegarten erhält und ihm gleichzeitig erlaubt, zu einem Konzept zu kommen, mit welchem er zumindest mittelfristig schwarze Zahlen schreibt. Am Ende ist es egal, ob Sie eine Stiftung, eine GbR, eine GmbH, einen e. V. oder sonst etwas haben. Wenn man nicht mittelfristig auf schwarze Zahlen kommt, ist jedes - wie auch immer geartete - Konzept zum Scheitern verurteilt.

(Zuruf der Abgeordneten Adolph [Die Linkspartei.PDS])

Oder man schröpft den Steuerzahler. Das hat mir in Ihrer gestrigen Pressemitteilung gefehlt, Frau Adolph. Es gehört dazu, zu sagen, wie viel Steuergeld wir für die Galopprennbahn in Hoppegarten auszugeben bereit sind.

(Frau Adolph [Die Linkspartei.PDS]: Für Spaßbäder ist Geld da!)

Das Schlimme daran ist, dass es hierbei nicht um eine Einmalsumme geht. Sobald die erste Summe gezahlt wurde - das wissen Sie genauso gut wie ich, schließlich sind Sie schon einige Jahre dabei -, wird das Land de facto erpressbar. Dann werden Stimmen laut, die meinen: Jetzt habt ihr schon so viel Geld hineingesteckt, nun könnt ihr euch doch nicht mehr zurückziehen! - Deswegen halte ich die Entscheidung, dass der Bund den Investor sucht und wir uns an einen Tisch setzen und die Rahmenbedingungen stricken, für richtig. Wir versuchen natürlich alles, um die 100 Arbeitsplätze zu sichern bzw. neue Arbeitsplätze zu schaffen.

(Bravo! und Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Karney [CDU])

Herr Holzschuher stellt die nächste Frage.

Warum wurde eigentlich im Fall Hoppegarten ursprünglich ein Stiftungsmodell überhaupt ins Auge gefasst?

Das Stiftungsmodell wurde ins Auge gefasst, um vor Beendigung des Rechtsstreits über die Zuordnung des Grundvermögens die Weichen für eine positive Entwicklung zu stellen. Dazu ist zu sagen, dass der Rechtsstreit zur Idee des Stiftungsmodells beigetragen hat, weil sich Bund, Land und Union-Club fanden, die gern hätten Eigentümer werden wollen. Unter ihnen wurde ein Rechtsstreit ausgefochten, der 1995 zugunsten des Bundes entschieden worden ist. Das Stiftungsmodell wurde schon vorher vereinbart. Allerdings hat sich der Bund erst im Jahr 2005 bereit erklärt, Gelder für diese Stiftung zur Verfügung zu stellen.

Wir setzen mit der Frage des Abgeordneten Homeyer fort.

Herr Minister, wenn es kein Landesinteresse an der Galopprennbahn Hoppegarten gibt, frage ich Sie, welche Interessen

Herr Andrä, Abteilungsleiter Ihres Hauses, in den letzten zehn Jahren in der Rennbahn-GmbH vertreten hat.

Zweitens: Kennen Sie die Äußerungen Herrn Andräs bzw. seine Hinwendung im Interesse des Landes Brandenburg zur Rennbahn-GmbH? Sie sind protokolliert.

Herr Homeyer, ich habe Ihre Frage eigentlich schon beantwortet. Wir haben nicht gesagt - und werden es auch nicht sagen -, dass wir kein Interesse an der Galopprennbahn Hoppegarten haben. Das können Sie nirgendwoher ableiten. Wir haben gesagt, wir haben kein Interesse daran, Eigentümer der Galopprennbahn Hoppegarten zu werden. Das ist ein gewaltiger Unterschied.

(Beifall bei der SPD)

Darüber, was der Abteilungsleiter meines Hauses, der vor allen Dingen die Interessen des Pferdesports und der -zucht, wofür mein Haus zuständig ist, vertritt, in Aufsichtsräten sagt, können wir uns in Ruhe unterhalten. Ich habe nicht alle Protokolle zur Hand. Jedoch hat er mit Sicherheit nicht gesagt, dass das Land Brandenburg Eigentümer der Galopprennbahn werden soll. - Danke sehr.

Frau Kaiser hat noch Klärungsbedarf.

Vielen Dank, Herr Minister. Ich akzeptiere Ihre Argumente zum großen Teil und Ihr Engagement für die Galopprennbahn durchaus. Aber ich frage dennoch: Wie antworten Sie auf den Vorwurf aus der Region, dass die Landesregierung durch jahrelanges Nichthandeln die Verantwortung dafür trägt, dass mit Hoppegarten eine Volksrennbahn, die ein wichtiges Kulturgut im Land ist, quasi in Gefahr geriet?

Der Vorwurf der Unterlassung wird damit begründet, dass man es versäumt habe, den Stiftungsprozess über zehn Jahre hinweg zu einem zielgerichteten Ergebnis zu führen, Briefe seien unbeantwortet geblieben, es sei kein Fördermittelantrag bei der EU vorbereitet und gestellt worden und es habe Widersprüche zwischen SPD- und CDU-Positionen gegeben, die nicht geklärt worden seien, wodurch die politische Blockade nicht aufgehoben worden sei.

Meine zweite Frage ist: Wie bewerten Sie die Bedeutung von Hoppegarten für Beschäftigung, Sport und Kultur in der Region? Sie haben die Kernaufgaben genannt. Deshalb frage ich: Welche Bedeutung hat Hoppegarten für Sie aus wirtschaftsund beschäftigungspolitischer Sicht?