Meine Damen und Herren, im Rahmen der Bauordnungsnovellierung im Jahr 2003 wurde die Rohbauabnahme abgeschafft. Bereits damals haben wir uns dagegen ausgesprochen. Die gegenwärtigen Unglücksfälle haben mich in dieser Überzeugung nur bestärkt. Wir können bei Gebäuden, in denen sich regelmäßig Hunderte von Menschen aufhalten, nicht nur durch die Deregulierungsbrille schauen, sondern nur aus der Perspektive der öffentlichen Sicherheit. Dem Schutz von Leib und Leben von Menschen gebührt hier die größte Aufmerksamkeit.
Herzlichen Dank, Frau Hesselbarth. - Das Wort erhält der Abgeordnete Schrey. Er spricht für SPD- und CDU-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Einsturz der Eissporthalle in Bad Reichenhall am 2. Januar hat uns alle bestürzt und betroffen gemacht. Aber auch der Einsturz der Messehalle in der polnischen Stadt Kattowice, der in Ihrem Antrag, wie nicht anders zu erwarten, natürlich nicht erwähnt wurde,
Seit den Unglücken sind einige Wochen ins Land gegangen und das hat uns den nötigen Abstand gegeben, um über eventuelle Konsequenzen nachzudenken. Die Landesbauministerkonferenz hat sich vor knapp zwei Wochen mit dem Thema der Gebäudesicherung beschäftigt. Es wurde in diesem sensiblen
Bereich kein Aktionismus an den Tag gelegt, sondern Experten sollen bis spätestens September klären, ob und welche Maßnahmen notwendig sind, um die Sicherheit von öffentlichen Gebäuden aufrechtzuerhalten.
Dies halte ich angesichts einer exakten Klärung der Ursachen und der daraus resultierenden Konsequenzen für den besten Weg und unterstütze ihn voll und ganz. Wir brauchen keine Schnellschüsse, um die Sicherheit unserer Bürger zu gewährleisten, sondern gut durchdachte und abgestimmte Maßnahmen.
Meine Damen und Herren von der DVU, Sie begründen Ihren Antrag unter anderem mit besonderen Belastungen, zum Beispiel mit „erheblichen Schneelasten auf Dächern“. Nun hat der diesjährige Winter auch in Brandenburg seine ganze Kraft gezeigt. Allerdings haben wir es hier nicht mit solchen Schneemassen zu tun wie in den südlichen Ländern der Bundesrepublik. Ich bin zwar kein Prophet, aber ich glaube nicht, dass sich das in den nächsten Jahren ändern wird.
Grundsätzlich liegt die Verantwortung für die Sicherheit von Gebäuden bei den jeweiligen Bauherren und Eigentümern. Das gilt für Private ebenso wie für die öffentliche Hand. Da sehr viele derartige Gebäude wie Festhallen und Mehrzweckhallen bereits von Privaten betrieben werden, sind diese auch für die Sicherheit der Gebäude verantwortlich. Für die öffentlichen Gebäude gilt dies natürlich entsprechend. Allerdings sind - wie schon gesagt - vorher genaue Analysen notwendig. Die Bauministerkonferenz hat daher auch beschlossen, dass in der erwähnten Arbeitsgruppe geklärt werden soll, wie die Gebäude nach Tragwerkskonstruktionen klassifiziert werden sollen und ob und wie ein standardisierter Prüfkatalog erstellt werden kann. Eine ständige Überprüfung von Gebäuden kann nur der Eigentümer vornehmen lassen, da dieser sich mit seinem Gebäude am besten auskennt und sich damit entsprechend befassen kann. Im Übrigen halte ich das System der Prüfung der bautechnischen Nachweise, der Bauüberwachung und der Überprüfung von sicherheitstechnischen Ausrüstungen in Gebäuden für ausreichend.
Alles in allem wird der vorliegende Antrag nicht die Zustimmung der Regierungskoalitionen erhalten; denn er trägt zu einem Aufblähen der Bürokratie bei, geht zum einen über das Ziel hinaus und vernachlässigt zum anderen entsprechende Beschlüsse der Bauminsterkonferenz zur Gebäudesicherheit. Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach dem Unglück von Bad Reichenhall hat der Bundesbauminister Tiefensee angeordnet, dass es für alle Bundesbauten - ich betone: Bundesbauten - einen Gebäudecheck geben soll. Er sagt:
„Wir wollen eine Gefahrenklassifizierung all unserer Gebäude vornehmen und scharfe Prüfkriterien festschreiben.“
Gleichzeitig soll er auf der Bauministerkonferenz der Länder angeregt haben, wie wir den Presseberichten entnehmen, dass sich auch die Länder verstärkt der Bausicherheit ihrer Gebäude annehmen sollen. Bei dieser Konferenz in Berlin haben sich die Bauminister dazu verständigt, eine Arbeitsgruppe einzurichten, die die bisherigen Kontrollverfahren überprüft und bis zum Herbst 2006 Verbesserungsvorschläge einreicht.
Wir wissen, dass die Landesregierung bereits an einer erneuten - der vierten - Änderung der Brandenburgischen Bauordnung arbeitet. Das wissen auch Sie von der DVU. Dem Vernehmen nach soll es dabei auch um neue Prüfkriterien für die Standsicherheit von Bauwerken gehen. Dazu werden wir uns im Fachausschuss verständigen und dort werden wir unsere Anträge einbringen. Es reicht aus unserer Sicht nicht, nur für alle Gebäude des Bundes einen verbindlichen Gebäudecheck zu fordern, denn die Mehrzahl der öffentlich zugänglichen Gebäude ist in kommunaler Hand. Hier liegt das Problem. Wir wissen, in welcher finanziellen Lage die Kommunen sind. Auch das muss geregelt werden, wenn wir über Sicherheit reden. Wenn also ein verbindlicher regelmäßiger Gebäudecheck durchgeführt werden soll, muss das entsprechende Verfahren auch im Interesse der Kommunen geklärt werden.
Diese Fragen wollen wir insgesamt klären und jetzt nicht durch Zustimmung zu Ihrem Antrag Einzelheiten entscheiden. Wir erwarten von der Landesregierung eine zügige Vorlage für die neue Bauordnung. Hier werden wir uns als Fraktion der Linkspartei.PDS intensiv einbringen. - Danke.
Herzlichen Dank. - Die Landesregierung verzichtet. Deshalb gebe ich das Wort noch einmal an Frau Hesselbarth.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Schrey, ich habe ausdrücklich betont, dass es bei der Einsturzgefahr nicht nur um die Schneelast geht. Sie müssen mir zuhören, wenn ich hier vorne rede!
Die Antwort der Landesregierung auf meine Kleine Anfrage in Drucksache 4/2507 hat die Notwendigkeit und die Richtigkeit unseres vorliegenden Antrags bestätigt. Die dort geäußerte Rat- und Hilflosigkeit vor der Problematik zeigt sich explizit in dem wiederholten ständigen Verweis auf die besondere Verantwortung des Bauherren sowie des Objekt- und Tragwerkplaners. Das ist wenig zielführend, meine Damen und Herren.
Der Qualitätsstandard von Gebäuden und deren Sicherheit war in Deutschland immer weltweit führend. Natürlich geht es hier nicht um Panikmache. Dennoch lehren uns das Unglück von Bad Reichenhall und die anderen in letzter Zeit publik gewordenen Unglücksfälle, dem Vorsorgeprinzip mehr Beachtung zu schenken. Bad Reichenhall zeigt uns, dass Eigentümer oder Betreiber von Bauwerken mit Publikumsverkehr eine besondere Verantwortung haben. Zwar sind diese jetzt schon dem Grunde nach verpflichtet, durch Inspektionen die Sicherheit von Bauwerken zu garantieren, das alleine ist jedoch nicht aus
Unser Antrag zielt deshalb darauf ab, eine Pflicht zur regelmäßigen fachlich qualifizierten Überprüfung von Bauwerken zu gewährleisten, und zwar von der zuständigen Ordnungsbehörde der staatlichen Bauaufsicht. Dazu ist diese geschaffen worden. Das ist auch ihre zentrale Aufgabe. Was nützt es, wenn die Brandenburgische Bauordnung letztlich nur einen Appell enthält, nämlich den, dass Gebäudebetreiber während der Nutzung des Gebäudes die Sicherheit gewährleisten müssen? Problematisch ist dabei, dass die Detail- und Verfahrensfragen der Überprüfung nicht im Einzelnen ausgeführt sind und deshalb lediglich im Ermessen des Betreibers liegen.
Nun ist jedem bekannt, dass insbesondere Kommunen, aber auch private Gebäudeträger bei Objekten der genannten Größenordnung regelmäßig nicht bereit sind, Ausgaben zu tätigen, zu denen sie staatlicherseits nicht zwingend verpflichtet sind. Das ist bei privaten Betreibern nicht anders als bei öffentlichrechtlichen, die bekanntermaßen gerade im Land Brandenburg erheblichen Haushaltszwängen unterworfen sind.
Beispielsweise zeigten auch die Einstürze der Strommasten in der Vergangenheit die Problematik, dass eine fortschreitende Privatisierung zusammen mit deregulierenden Maßnahmen nicht von selbst funktioniert. Gerade im Bereich der öffentlichen Einrichtungen befinden wir uns zurzeit auf einem Deregulierungsund Privatisierungstrip. Dieser hat nun einmal Folgen. Ein dramatischer Abbau des technischen Know-how in den Bauverwaltungen hat dazu geführt, dass niemand mehr wirklich eingreifen kann. Die Frage nach der Sicherheit wird heutzutage mehr von Kaufleuten und Juristen als von Ingenieuren entschieden. Deshalb bewegt man sich immer weiter weg von der Gefahrenprävention hin zur Schadensregulierung und beschäftigt lieber im Nachgang von Unglücksfällen Gerichte und Versicherungen.
Das widerspricht aber den Kernaufgaben der Staatsgewalt. Bauordnungsrecht ist bekanntlich eines der klassischen und typischen ordnungsrechtlichen Bereiche des präventiv staatlichen Handelns.
Wir als DVU-Fraktion setzen auf Gefahrenabwehr. Das heißt, wir verlangen die Wiedereinführung der Rohbauabnahme für größere öffentliche Gebäude. Wir verlangen wiederkehrende Kontrollen der Tragkonstruktion solcher Gebäude. Nur so können wir nachhaltig schlimme Unglücksfälle vermeiden. Deshalb bitte ich nochmals um Zustimmung zu unserem Antrag. Danke für die Aufmerksamkeit.
Die Fraktion der DVU beantragt die Überweisung des Antrags „Besondere Prüfung größerer baulicher Anlagen auf die Bausicherheit“ - Drucksache 4/2514 - an den Ausschuss für Infrastruktur und Raumordnung. Wer diesem Überweisungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt.
Für den Fall der Ablehnung des Überweisungsantrags bittet die DVU-Fraktion um Abstimmung in der Sache. Ich stelle den Antrag in Drucksache 4/2514 also zur direkten Abstimmung. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dieser Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Sie im Namen meiner Fraktion um Ihre Zustimmung zu unserem gemeinsam mit der CDU eingebrachten Antrag „Brandenburger Seniorenpolitik aktivieren“ bitten. Ein solcher Antrag und Landtagsbeschluss ist längst fällig. Dieser Antrag lässt deshalb bei all jenen, die sich in der Arbeit mit den Alten und für die Alten engagieren, vor allem bei den vielen ehrenamtlich Tätigen, das Herz höher schlagen.
Die Landesregierung wird mit diesem Antrag aufgefordert, seniorenpolitische Grundsätze und Leitlinien zu erarbeiten und dem Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie bis Ende Mai dieses Jahres einen ersten Entwurf vorzulegen. Diese Leitlinien sollen durch die Ausführung von für die Altenarbeit wichtigen Handlungsfeldern und die Bestimmung der hier zu erreichenden Ziele konkretisiert werden.
Bedeutsam ist, dass mit Annahme dieses Antrags des Landtags die Landesregierung aufgefordert wird, den Seniorenrat des Landes Brandenburg in angemessener Form in diese Arbeit einzubeziehen. Erste Verständigungsrunden zwischen dem Vorstand des Seniorenrates und dem Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie haben bereits stattgefunden.
Wie wir die Diskussion über die Leitlinien mit den im Seniorenrat vertretenen Organisationen und Verbänden und den Seniorenbeiräten in den Landkreisen, Städten und Gemeinden organisieren wollen, habe ich schon heute Vormittag dargestellt. Dann wäre eine allgemeine Aussprache über Seniorenpolitik sicherlich sehr wichtig und sehr günstig.
Brauchen wir überhaupt diesen Antrag und seine Beschlussfassung? Um es vorwegzunehmen: Ja, die Alten und auch die Jungen, die Landesregierung, die Verantwortlichen in den Landkreisen, Städten und Gemeinden, die Wirtschaftsunternehmen, die auf sozialem Gebiet, in Bildung, Kultur und Sport Tätigen, alle brauchen diesen Landtagsbeschluss.
Erstens: Die Landesregierung Brandenburg hat 1998 erstmalig und leider letztmalig eine umfassende Sozialberichterstattung „Altenpolitik in Brandenburg“ - Landesaltenbericht - vorgenommen und dabei wichtige Aspekte der Politik für und mit älteren Menschen formuliert. Die sozialpolitischen Konzepte, Grundsätze, Programme und Leitlinien anderer Bundesländer sind jüngeren Datums. In zwei Demografieberichten zu der neuen Förderpolitik und dem Schwerpunkt Familienpolitik, hat die Landesregierung die Weichen für eine Politik gestellt, die den Herausforderungen des demografischen Wandels begegnet und seine Chancen zu erschließen hilft. Die Grundsätze und Leitlinien „Alt werden in Brandenburg“ runden diese politischen Weichenstellungen ab. Brandenburg kann sich aus eigener Kraft nur erneuern, wenn alle Brandenburger, auch die älteren, ihre Kräfte aktiv einsetzen.
Zweitens: Entscheidende Veränderungen in der Politik können nur vollzogen werden, wenn sie mit einem gesellschaftlichen Mentalitätswandel verbunden sind. Das gilt für Familien- und Kinderfreundlichkeit und mit Blick auf die ältere Generation gleichermaßen.
Der demografische Wandel verlangt ein Bild vom Alter, das die Alten in die Gesellschaft integriert. Das Alter ist eine aktive Lebensphase. Wie Frühling, Sommer, Herbst und Winter zusammengehören, sind die Alten und Älteren Teil der Gesellschaft. Ein Altenbild, das die Alten schlechthin als kranke, hilflose und pflegebedürftige Betreuungsobjekte auffasst und behandelt, geht an der Realität vorbei und schließt - ob gewollt oder nicht - die Alten aus dem gesellschaftlichen Ganzen aus,