Protokoll der Sitzung vom 17.05.2006

„Euer Gesetz [das brandenburgische Gesetz] enthält Vorschläge, die wir gern in unser Gesetz aufnehmen würden.“

Das hat die Fraktionsgeschäftsführerin einer Regierungspartei im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern zu unserem Gesetzentwurf gesagt.

(Dr. Scharfenberg [Die Linkspartei.PDS]: Man sucht sich immer das heraus, was man braucht!)

- Es kann ja sein, dass das Mitregieren die Perspektive auf einen Gesetzentwurf verändert.

(Zuruf des Abgeordneten Sarrach [Die Linkspartei.PDS])

Mein letzter Hinweis zu dem Gesetzentwurf insgesamt: Natürlich ist das kein Durchbruch. Aber Überregulierung und zu viel Bürokratie darf man sich nicht als ein dickes Papier vorstellen, das man mit einem Faustschlag durchschlagen und das Thema damit erledigen kann. Vielmehr ist das ein großes Fußballfeld, auf dem wir uns bewegen, und das Spiel geht über mindestens 90 Minuten - mit Verlängerungsmöglichkeit. Das heißt, wir müssen dafür sorgen, dass wir auf diesem Weg einen ersten Schritt machen.

Lassen Sie mich noch einen weiteren Satz zitieren:

„Wenn es [das Gesetz] scheitert, wäre es ein Sieg derer, die Bürokratieabbau verhindern wollen.“

Das sagte jemand vom Städte- und Gemeindebund. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Recht herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. - Die Rednerliste ist beendet.

Wir kommen zur Abstimmung.

(Zuruf)

- Ich habe darauf hingewiesen. - In dem Zusammenhang möchte ich noch einmal Folgendes sagen, weil Frau Funck vorhin etwas irritiert war: Während der letzte auf der Rednerliste verzeichnete Redner spricht, versuche ich stets und ständig zu signalisieren, dass die Herrschaften, die im Hause unterwegs sind, zur Abstimmung in den Saal kommen möchten. Das habe ich auch in diesem Fall getan. Deshalb können wir zur Abstimmung schreiten.

Das Präsidium empfiehlt die Überweisung der Vorlage in der Drucksache 4/2735 - Erstes Gesetz zum Abbau bürokratischer Hemmnisse im Land Brandenburg - an den Sonderausschuss zur Überprüfung von Normen und Standards zur federführenden Beratung und an alle Fachausschüsse. Wer dieser Überweisungsempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Damit ist dieser Überweisungsempfehlung einstimmig zugestimmt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 4 und rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Gesetz zu dem Staatsvertrag vom 28.03.2006 zwischen dem Land Berlin und dem Land Brandenburg zur Abwicklung der Feuersozietät Berlin Brandenburg und zur Haftungsregelung für die Öffentliche Lebensversicherung Berlin Brandenburg

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 4/2842

1. Lesung

Es wurde vereinbart, keine Debatte zu führen, sodass wir auch hier direkt zur Abstimmung kommen können. Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs in der Drucksache 4/2842, Staatsvertrag zur Abwicklung der Feuersozietät, an den Hauptausschuss zur federführenden Beratung und an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Wer dieser Empfehlung folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Auch dieser Überweisungsempfehlung wurde einstimmig gefolgt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 5 und rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Gesetz zu dem Staatsvertrag vom 17.03./23.03.2006 zwischen dem Land Berlin und dem Land Brandenburg über die Bergbehörde und ernergieaufsichtliche Zuständigkeiten

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 4/2753

1. Lesung

Es wurde vereinbart, keine Debatte zu führen, sodass wir auch hier sofort zur Abstimmung kommen können. Das Präsidium

empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs in der Drucksache 4/2753, Staatsvertrag über die Bergbehörde, an den Hauptausschuss zur federführenden Beratung und an den Ausschuss für Wirtschaft. Wer dieser Überweisungsempfehlung zustimmt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Auch dieser Überweisungsempfehlung ist einstimmig gefolgt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 6 und rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Föderalismusreform: Stärkung der bundesstaatlichen Ordnung und Sicherung gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen Teilen des Bundesgebietes

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS

Drucksache 4/2683

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort Herrn Abgeordneten Vietze, der für die Linkspartei.PDS spricht.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es liegen mehrere Anträge der Fraktion der Linkspartei.PDS zum Thema Föderalismusreform vor. Ursprünglich hatten wir uns an die Landesregierung mit der Bitte gewandt, zu dieser wichtigen Frage eine Regierungserklärung abzugeben, die Position der Regierung des Landes Brandenburg zu dem großen Paket der Föderalismusreform kundzutun mit dem Ziel, dass wir hier eine Aussprache darüber führen, welche Möglichkeiten es gibt, uns in den Prozess der Meinungsbildung im Deutschen Bundestag, in dem jetzt Anhörungen stattfinden und über 100 Sachverständige gehört werden, mit unseren Überzeugungen und Auffassungen einzubringen. Wir wurden darüber belehrt, dass die Regierungserklärung eine Erklärung der Regierung ist, dass die Entscheidung darüber, wann sie abgegeben wird, der Ministerpräsident zu treffen hat und dass er nicht die Absicht hat, eine Regierungserklärung abzugeben.

Also haben wir entschieden, umfängliche Anträge zu formulieren und sie hier einzubringen. Sie stehen jetzt auf der Tagesordnung. Ich möchte ausdrücklich meine große Freude äußern, Herr Ministerpräsident, dass Sie den Wunsch haben, zu einem Antrag gleich 20 Minuten zu sprechen. Wir gehen davon aus, dass wir dabei alles erfahren, was wir ursprünglich erfahren wollten, und Sie können sich so wie wir auf eine interessante Debatte einstellen. So weit die Vorbemerkungen.

Nun will ich auf einige Dinge, die mit dem konkreten Anliegen der Föderalismusreform zu tun haben, eingehen. Wir haben uns am Montag früh im Bundestag gesehen. Wir haben den ersten wichtigen Informationen von Gutachtern die notwendige Aufmerksamkeit geschenkt. Wir waren unterschiedlich lange dort. Herrn Appel habe ich außerordentlich lange dort gesehen. Das möchte ich ausdrücklich sagen, denn dies ist ein Thema, mit dem man sich wirklich auseinander setzen muss. Auch Herr Junghanns war dort. Es ist also wichtig.

Ich möchte zunächst noch einmal feststellen, dass natürlich das ist sicherlich auch für den gesamten Diskussionsprozess wichtig - der deutsche Föderalismus ein deutliches Zeichen für

die Wahrnehmung einer Gesamtverantwortung ist, sich zugleich durch eine Vielschichtigkeit in der Zuordnung der Aufgaben auf die Länder, sozusagen in einem sehr aufgeschlossenen, kooperativen Modell funktionierend, die unterschiedlichen Rahmenbedingungen berücksichtigend, also unterschiedliche Kultur, unterschiedlichen Gebietszuschnitt, Bevölkerungsstruktur usw., bewährt und - das muss man auch mit Blick auf die letzten 15 Jahre sagen - auch mit dem Prozess der deutschen Einheit eine ganz wichtige Probe als Gradmesser der Leistungsfähigkeit bestanden hat. Hier gibt es also etwas, was sich in dieser Gesellschaft erfolgreich entwickelt hat und was logischerweise nichts Starres ist, sondern sich in der Reaktion auf die sich verändernden gesellschaftlichen Verhältnisse beweisen muss.

Nun gibt es Dinge, die wie Entscheidungsprozesse die Eigenart haben, dass sie sich, sozusagen zur Zentralisation neigend, in einer bestimmten Zuordnung vollziehen. Deutschland ist auch in die EU eingebettet. Dadurch gibt es einen Zentralisationsprozess im Zusammenhang mit Brüssel und Straßburg, und es gibt den Zentralisationsprozess, der mit der Bundesregierung und dem Bundestag zusammenhängt. Es entstehen neue Herausforderungen auch im Zusammenhang mit der Osterweiterung der EU. Deshalb will ich sagen: Wir sind nicht in der Situation, uns hier in vorgeprägten Mustern zu bewegen, sondern wir müssen eine Aufgeschlossenheit an den Tag legen und uns fragen, wie wir mit diesen neuen Bedingungen unter dem Gesichtspunkt bewährter föderaler Strukturen umgehen. Das halte ich für notwendig. Deswegen möchte ich ausdrücklich sagen: Was Bundeskanzlerin Frau Merkel über die Europatauglichkeit des Föderalismus gesagt hat, halte ich für den Erfordernissen angemessen, und dem haben wir uns auch zu stellen.

Fakt ist aber auch, dass aus gutem Grunde der deutsche Föderalismus von Anfang an das Prinzip der Solidarität der Starken mit den Schwachen zum Gegenstand hatte. Es gab nach dem Krieg eine sehr unterschiedliche Entwicklung auch in den westlichen Besatzungsgebieten. Man hat aufbauend auf die sich dann vollziehende Entwicklung - bishin zum Finanzausgleich vor 20 Jahren - die Veränderungen aufgegriffen und bestimmte Leistungsprämissen gesetzt. Das Grundprinzip des Föderalismus ist Solidarität, Kooperation, Kollegialität. Das ist das, was am Föderalismus schön ist.

Als Reaktion auf die neuen Herausforderungen erfolgt ein Umdenken. Herr Ringstorff, der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, die Vertreter der SPD-Bundestagsfraktion, Herr Danckert und Herr Reiche, haben umfangreiche schriftliche Materialien verschickt. Frau Bulmahn sieht die Zukunft durch den Föderalismus gefährdet. Es gibt also ernst zu nehmende Anzeichen dafür, dass sich hier etwas in der gesellschaftlichen Entwicklung vollzieht, was möglicherweise den Erfordernissen nicht gerecht wird. Was propagiert wird, ist der Wettbewerbsföderalismus, das heißt eine Bewegung weg vom kooperativen, solidarischen Prinzip hin zum Wettbewerbsprinzip. Die Protagonisten dieses Wettbewerbsprinzips sind die Väter der Reform wie Herr Stoiber in Bayern, Herr Oettinger, Herr Koch, das heißt die Ministerpräsidenten der Länder, die ökonomisch stark und finanzstark agieren.

Der Gegenpol sind die Länder, die bei der Erarbeitung der Föderalismusreform, bei der Gesamtdebatte, gar nicht mehr präsent waren, die neuen Bundesländer. Dadurch entsteht die Situation, dass es eine große Aufgeschlossenheit für die vorherr

schende Meinung in der Partei gibt. Herr Ministerpräsident, ich bin sehr froh, dass Sie jetzt nicht mehr neben Ihrem Amt als Ministerpräsident noch Bundesvorsitzender Ihrer Partei sind; denn ich habe gemerkt, wie schwierig es ist, in dieser Situation im Interesse des Landes zu agieren.

(Ministerpräsident Platzeck: Was Sie alles merken!)

- Das ist ja auch gut. Ich nehme an, das haben auch Sie mitbekommen, Herr Schönbohm.

(Zuruf von Ministerpräsident Platzeck)

- Ach, das machen Sie so. - Ich habe erlebt, wie Sie mit anderen Ministerpräsidenten im Bundesrat Ihre Gegenstimme abgegeben haben. Das alles gab es schon. Auch das hat etwas mit der aktuellen Situation zu tun.

Der Vertreter des Landes Schleswig-Holstein spricht das Problem für die Christdemokraten an. Dort ist das Geld zu knapp. Herr Ringstorff spricht für die Sozialdemokraten. Der Kollege Matschie aus Thüringen hat einen Antrag für seine SPD-Fraktion in den Landtag eingebracht, dessen Zielrichtung sich mit der unsrigen deckt. Ich kann Ihnen dieses Material gern zur Verfügung stellen. Das ist dort tatsächlich später passiert als in Brandenburg. Man kann nicht sagen, wer hier der Initiator war. Das alles liegt vor.

Mich interessiert außerordentlich die Antwort auf die Frage ich bitte Sie, Herr Ministerpräsident, darauf einzugehen, wenn Sie nachher sprechen -: Welche Meinung hat denn nun der Ministerpräsident des Landes Brandenburg? - Wenn Herr Ringstorff bestätigt bekommt, er vertrete die Interessen der Bürgerinnen und Bürger seines Landes, wenn er gegen dieses Paket agiere und entsprechenden Handlungsbedarf artikuliere, dann würde ich gern von Ihnen hören, wo Sie Handlungsbedarf sehen und wie Sie die Interessenvertretung Brandenburgs gewährleisten wollen. Ich könnte mir vorstellen, dass Sie dann an der Seite der Bundestagsabgeordneten Ihrer Partei sind.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)